Wiesenthaler Pass

Wiesenthaler Pass
Die historischen Pässe über das Erzgebirge
Postverbindungen über das Erzgebirge (1825)

Erzgebirgspässe sind Übergänge und Durchlässe im Kamm des Erzgebirges, über die Wege, Straßen, Eisenbahnlinien und Produktenleitungen vom Freistaat Sachsen der Bundesrepublik Deutschland nach Böhmen in der Tschechischen Republik bzw. umgekehrt führen.

Inhaltsverzeichnis

Der Naturraum des oberen Erzgebirges aus Sicht des Transportwesens

Höhenprofil des im Osterzgebirge über den Nollendorfer Pass führenden Kulmer Steiges

Unter den physikalisch-geografischen Bedingungen üben vor allem die Oberflächengestalt und das Klima bis in die heutige Zeit einen bestimmenden Einfluss auf die Verkehrsführung und -gestaltung der Wege über das Erzgebirge aus. Morphologisch stellt das Gebirge eine im Süden angehobene Pultscholle mit einer allmählichen Abdachung nach Norden dar. Der Gebirgseindruck wird im sächsischen Teil weniger durch die absoluten Höhen als vielmehr durch bis zu 200 Meter tief eingekerbte und teils windungsreiche Täler hervorgerufen. Die zwischen den Tälern gelegenen sanft ansteigenden Hochflächen ermöglichten frühzeitig verkehrsgünstige, d. h. vor allem steigungsarme Trassenführungen. Problematisch gestaltete sich die Verkehrsführung nur dort, wo eines der tief eingeschnittenen Täler gequert werden musste. Eine deutliche Verkehrsungunst weist hingegen der markante Steilabfall nach Süden in Richtung Böhmen auf, da hier das Erzgebirge auf weniger als 10 Kilometer um bis zu 700 Meter abfällt. Noch heute weisen selbst ausgebaute Transitstraßen in diesem Abschnitt Steigungen von zum Teil über 10 Prozent auf.

Der Erzgebirgskamm selbst bildet eine Abfolge von Hochflächen und Einzelbergen, die von Sätteln unterbrochen wird. Vom Vogtland an steigt der Kamm auf ca. 1.000 Meter an und fällt bei Johanngeorgenstadt (Plattener Pass) auf ca. 900 Meter ab. Ein weiterer Anstieg erfolgt bis zum Fichtelberg/Keilberg (Klínovec) auf über 1.200 Meter. Zwischen beiden Bergen senkt sich der Kamm im Wiesenthaler Pass auf 1.080 Meter. Bis zum Deutscheinsiedler Sattel, dem tiefsten Durchgang des Gebirges, erfolgt über den Reitzenhainer Pass (820 m) eine Absenkung bis auf 750 Meter. In nordöstlicher Richtung erreicht der Kamm im Kahleberg noch einmal über 900 Meter Höhe, bevor er auf ca. 500 Meter zum Elbsandsteingebirge hin abfällt.

Aufgrund des Fehlens eines Durchbruchstales liegen die Gebirgspässe vergleichsweise hoch. So beträgt die mittlere Kammhöhe des Erzgebirges ca. 880 Meter, die mittlere Sattelhöhe liegt mit 810 Meter nur knapp darunter. Wegen der einseitigen Hebung der Pultscholle längs des Egergrabens und des abweichenden Verlaufes der Grenze von der Kammlinie, erreicht das Erzgebirge seine größten Höhen auf der böhmischen Seite. Dadurch liegt auch ein Großteil der Pässe bereits in Böhmen. Sie erreichen im Schnitt Höhen von 700–900 m ü. NN. Der höchstgelegene Pass ist der Wiesenthaler Pass auf 1.083 m ü. NN, der niedrigstgelegene der Nollendorfer Pass auf 680 m ü. NN.

winterliche Verkehrsverhältnisse im oberen Erzgebirge bei Breitenbrunn

In den oberen Lagen des Erzgebirges ist das Klima deutlich als rau zu charakterisieren. Daher wurde die Gegend des oberen Erzgebirges in der Vergangenheit auch als Sächsisches Sibirien bezeichnet. Die jährlichen Niederschlagsmengen steigen bis in die Kammlagen auf über 1.100 Millimeter an, wobei ein Großteil als Schnee fällt. Die Jahresmitteltemperaturen erreichen nur Werte von 3 bis 5 °C. Im auf 922 m ü. NN gelegenen Oberwiesenthal treten im Schnitt nur etwa 140 frostfreie Tage im Jahr auf. Im Transportwesen führen diese winterlichen Temperaturen und die Schneefälle vor allem auf den Passhöhen selbst in den Wintermonaten bis in die heutige Zeit hinein zu Verkehrsbehinderungen, -stockungen und -ausfällen. Dabei müssen, den Berichten älterer Chronisten nach, die Winter in den vergangenen Jahrhunderten in den oberen Erzgebirgslagen noch härter als heute gewesen sein. Lang anhaltende Frostperioden und durchgehende Schneedecken, meterhohe Verwehungen und wiederholte Schneestürme haben einzelne Wege und Pässe über Wochen unpassierbar gemacht. Berichte der Posthalterei der an der Straße zum Deutscheinsiedler Sattel gelegenen Bergstadt Sayda vom Februar 1855 besagen, dass „…wegen der ungeheuren Schneemassen das Fortkommen fast noch nicht möglich [ist], ebenso unmöglich auch das Zustandekommen des Schneeauswerfens“. Die Post musste mit kleinen Schlitten und durch Boten befördert werden, weil „zwei Pferde nebeneinander die Schneemassen durchwaten nicht im Stande sind“.[1]

Erwähnt werden muss auch die Hochwassergefahr während der Schneeschmelzen bzw. bei sommerlichen Gewittern. Hochwasser haben in der Vergangenheit wiederholt, zuletzt im August 2002, beträchtliche Zerstörungen an den in Tallagen befindlichen Zufahrtstraßen zu den Erzgebirgspässen verursacht.

Geschichte der Erzgebirgspässe

Vorgeschichte und Frühmittelalter

frühneuzeitliche Darstellung eines Fahrwegs

Der dichte Grenzwald des Erzgebirges wurde trotz seiner scheinbaren Undurchdringlichkeit schon vor dem Mittelalter teilweise genutzt und an seinen Rändern als Verbindung zwischen den fruchtbaren Altsiedellandschaften des heutigen Nord- und Mitteldeutschlands und Böhmens gequert. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass beim Passieren des Erzgebirges der östliche Teil zwischen Altenberg und dem Elbtal sowie das westliche Übergangsgebiet zum Elstergebirge im Vogtland bevorzugt wurde, da hier das Erzgebirge am niedrigsten und der Waldsaum am schmalsten war. Die wichtigste Verbindung stellte in der Ur- und Frühgeschichte und bis in das 12. Jahrhundert der etwa parallel zum Elbdurchbruch verlaufende Kulmer Steig dar. Im Osterzgebirge weisen zahlreiche bis in die Kammlagen aufgetretene archäologische Funde (Beile, Äxte, Gräber) aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit auf einen seit alters her vorhandenen Gebirgsübergang hin. Es ist erwiesen, dass sich bereits vor der Einrichtung der Markgrafschaft Meißen, deren Mittelpunkt die an der Elbe gelegene Burg Meißen war, im Bereich zwischen Pirna und Litoměřice ein Netz von Pfaden, Wegen und Steigen über das Gebirge zog. Der exakte Verlauf dieser vorgeschichtlichen Wege ist heute allerdings nicht mehr genau rekonstruierbar. Mit Sicherheit bereits in prähistorischer Zeit, vermutlich auch noch im frühen und hohen Mittelalter, wurde auch das wesentlich flachere Vogtland über den Ullitzer Paß gequert. So wurde das relativ hohe Mittel- und Westerzgebirge nicht nur östlich, sondern auch westlich umgangen.

Hoch- und Spätmittelalter und Frühe Neuzeit

Die in der ersten Hälfte und der Mitte des 12. Jahrhunderts einsetzende dichte Besiedlung des Erzgebirges bis auf die meißnischen und böhmischen Kammlagen führte zwangsläufig zur deutlichen Erweiterung des Wege- und Straßennetzes. Nicht zufällig sind gerade aus der Zeit um 1100 die ersten Steige und Pässe auch urkundlich erwähnt. Gleichzeitig beschleunigte die Besiedlung des Gebirges den Ausbau der vorhandenen Straßen. So besagt eine Urkunde aus dem Jahr 1449, dass die von Chemnitz über Zschopau nach Böhmen führende Verbindung bei ihrer Führung über freies Feld derartig befestigt werden sollte, dass drei beladene Rüstwagen nebeneinander fahren konnten. In einer etwa zur gleichen Zeit erschienenen Landkarte der meißnisch-thüringischen Länder sind Straßenverbindungen von Lübeck über Halle, Leipzig, Borna, Chemnitz, Heinzebank, Marienberg, Komotau (Chomutov) nach Prag (Praha) sowie von Heinzebank über Annaberg, St. Joachimsthal (Jáchymov) nach Karlsbad (Karlovy Vary) und Eger (Cheb) eingezeichnet.

Alte Martersäule bei Liebstadt am Pilgerweg nach Nordböhmen

Eine der frühesten Beschreibungen der Gegend stammt von ca. 1490. Dort heißt es, übersetzt aus dem Lateinischen, u. a.: Ein ungeheurer Wald ergießt sich zusammenhängend gegen Lichtenstadt. Er birgt in sich Berge, Hügel und jähe Täler. Darinnen sprudeln viele Quellen, die Anfänge von Bächen und Flüssen. Der Wanderer ist besonders darüber erstaunt, daß dort auf einem Berg zwei Flüsse entspringen, die sich nach verschiedenen Gegenden wenden. Zur Rechten die Mulde, die ihren Lauf durch einen großen Teil Meißens nimmt, zur Linken, gar nicht weit davon, die Zwota, die nach Böhmen fließt, aber ihren Namen verliert, sobald sie in die Eger einmündet. Jedoch ragt nicht nur ein Gipfel auf, sondern es gibt viele, besonders nach dem Kamm des Waldgebirges zu. Der Wald ist weiträumig und so langgestreckt, daß er beinahe ganz Böhmen umschließt. Deswegen heißt er Böhmischer Wald.[2]

Vor allem Händler und Kaufleute nutzen die Wege über das Erzgebirge. Eines der ersten Handelsgüter dürfte das Salz gewesen sein. Böhmen und auch die weiter südlich gelegenen Donauländer waren zum Kochen und vor allem zum Haltbarmachen von Nahrungsmitteln auf die Einfuhr von Salz angewiesen, das in den heimischen Landen als Rohstoff völlig fehlte und deshalb insbesondere aus den Salinen in Halle (Saale) und Umgebung bezogen werden musste. Die sogenannten Salzstraßen zogen sich einem Wegbündel gleich in mehreren Routen über den Erzgebirgskamm. Eine nutzte nachweislich von Zwickau kommend den Preßnitzer Pass, eine weitere den zwischen Sayda und Brüx (Most) gelegenen Sattel nahe dem heutigen Ort Deutscheinsiedel. Weitere Handelsgüter waren Bergbauprodukte und Fernhandelsgüter wie Wein, Lederwaren, Felle, Stoffe, Tücher und Fisch, die an überregional bedeutsamen Markt- und Messeplätzen wie Leipzig gehandelt wurden.

Neben Händlern und Pilgern (zum Beispiel zum Kloster Mariaschein nahe Graupen) wurden die Wege natürlich auch von Heeren und kleineren Militäreinheiten genutzt. In Zeiten militärischer Auseinandersetzungen wurden die Pässe verhauen, d. h. gesperrt. Dies tat man u. a. mit Spanischen Reitern und dem Einsatz von Wachmannschaften. Am einfachsten war das Fällen von Bäumen, wie es z. B. von Christian Lehmann für das Jahr 1632 beschrieben wird: „Do fielen viel 100 beume und ein gantzer strich auf einmahl 3 bis 6 Ellen hoh, daß die erde bebete, und wer auß Böhmen was haben und hohlen wollt, muste entweder solches drüber steigendt schleppen oder drunder durchziehen.“[3] Der nach 1990 einsetzende Autoschmuggel hat das neuzeitliche Verhauen zahlreicher Waldwege mittels Baum- und Steinsperren forciert. Die Pässe selbst sind davon aber nicht betroffen.

Entwicklung des Botenwesens und der Poststraßen

Darstellung eines deutschen Läuferboten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts

Ab dem 15. Jahrhundert gewannen die Straßen und Pässe auch für das Botenwesen an Bedeutung. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die wichtigsten Verbindungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den kursächsischen Land- und Grenzkommissar Adam Friedrich Zürner (1679–1742) exakt vermessen und mit Postmeilensäulen versehen und zum Teil weiter ausgebaut. Zu dieser Zeit war die Dresden-Teplitzer Poststraße eine der wichtigsten Verbindungen über das Osterzgebirge, die in zunehmendem Maße auch von Kurgästen von Teplitz (Teplice) benutzt wurde. Regen Zuspruch fand bei Besuchern des sich zu Weltruf entwickelnden Karlsbad (Karlovy Vary) der Pass über die Bergstadt Platten, im ausgehenden 18. Jahrhundert dann der niedriger gelegene Pass über Wildenthal und Hirschenstand (Jelení).

Insgesamt gesehen blieben aber die von Sachsen nach Böhmen führenden Straßen genau wie das ganze sächsische Straßennetz bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert in einem schlechten Zustand, da Kriege und damit verbundene wirtschaftliche Flauten oft einen kontinuierlichen Ausbau verhinderten. Trotz zahlreicher Straßenbaumandate, so zum Beispiel auf sächsischer Seite von 1781, blieben viele Straßen nur spärlich befestigte Wege, deren festgefahrenes Erdreich bei schlechtem Wetter oder an steilen Passagen oft nur mühsam oder manchmal auch gar nicht mehr passierbar war. So wird aus der am Handelsweg Oederan–Brüx (Most) gelegenen Bergstadt Sayda berichtet, dass sich die Straße bereits bis 1550 etwa drei Meter tief ausgefahren hatte. Der Grundherr ließ sie deshalb im Stadtbereich bereits 1555 pflastern, was allerdings eine Ausnahme dargestellt haben dürfte. In der Regel bildeten die Zufahrtswege zu den Pässen bis ins 18. Jahrhundert hinein ein Bündel mehrerer nebeneinander führender Pfade oder Hohlwege, sogenannte Gleise, die in Abhängigkeit vom Wetter und den zu transportierenden Gütern benutzt wurden.

Die Postkutsche – bis in das 19. Jahrhundert eines der beliebtesten Reisemittel

Im Unterschied zu den Hochgebirgspässen verliefen diese Wege im Mittelalter und der Frühen Neuzeit fast ausschließlich auf den Höhenzügen, da die engen und sumpfigen Flusstäler als Verkehrswege meist ungeeignet waren. Sie konnten zudem im Kriegsfall leicht gesperrt werden. Für die Nutzung der Hochflächen sprachen außerdem das Fehlen von extremen Steigungen bzw. Gefällen und die Möglichkeit, sich wegen fehlender Karten und Wegmarkierungen quasi durch den Blick von oben an markanten Bergen und Landschaftspunkten orientieren zu können. Erst nach Erlass der kurfürstlich-sächsischen Befehle von 1795 und 1800 kann von einem beginnenden plan- und chausseemäßigen, d. h. befestigten Ausbau auch der Passstraßen auf kursächsischer Gebirgsseite gesprochen werden. Im Königreich Böhmen wurden ähnliche Straßenbaumandate nur wenige Jahre später erlassen. Als eine der ersten Verbindungen wurden ab 1803 die Straße Leipzig–Reitzenhain und ab 1810 die zum Nollendorfer Pass führende Neue Dresden-Teplitzer Poststraße grundlegend ausgebaut.

Industrialisierung

Mit der Industrialisierung setzte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein deutlicher Bedeutungswandel der Passstraßen ein. Der Verkehr verlagerte sich einerseits von den Höhenstraßen zu den neuerbauten Talstraßen. So wurde beispielsweise der bis dahin recht bedeutungslose Gebirgsübergang bei Zinnwald durch den Bau der Müglitztalstraße ab 1846 und den Ausbau der Verbindung DresdenDippoldiswaldeSchmiedeberg–Altenberg ab 1842 aufgewertet, während die benachbarte Alte Dresden-Teplitzer Poststraße über den Pass an der Geiersburg (Kyšperk) verödete und der Grenzübergang nahe Fürstenwalde 1860 geschlossen wurde. Auch der Pass über die Bergstadt Graupen (Krupka) nach Zinnwald verlor durch den chausseemäßigen Ausbau der Strecke über Eichwald (Dubí) seine frühere Bedeutung.

1858 kam es auf sächsischer Seite des Gebirges zu einer grundlegenden Neuerung, da alle damals vorhandenen Postkurse neu vermessen und mit königlich-sächsischen Meilensteinen gekennzeichnet wurden. Unmittelbar an den Grenzübergängen der als Postroute befahrenden Postkurse wurden sogenannte Grenzübergangssteine aufgestellt, von denen heute noch einige Exemplare vorhanden sind. In Böhmen hingegen wurde die beispielhafte Errichtung von Postsäulen und Meilensteinen nicht übernommen, hier blieb man bei den hölzernen Wegtafeln.

Im ausgehenden 19. Jahrhundert veränderte letztendlich der Bau der Erzgebirgsquerbahnen Rolle und Bedeutung der Erzgebirgspässe. 1872 verkehrte die erste Eisenbahn auf der Strecke Chemnitz–Weipert (Vejprty)Komotau (Chomutov) über das Gebirge. Ihr folgten 1875 die Strecke Chemnitz–Komotau über den Reitzenhainer Pass, 1885 Freiberg–Brüx (Most) (Teplitzer Semmeringbahn) über den Pass von Klostergrab (Hrob), 1886 KlingenthalFalkenau (Sokolov) über den Grasslitzer Pass und 1899 Johanngeorgenstadt–Karlsbad (Karlovy Vary) über den Plattener Pass.

Räuberhauptmann Nikol List
Sühnekreuz für einen 1799 ermordeten Fuhrmann am Frühbußer Pass

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren die dichten Kammwälder des Erzgebirges oftmals beliebter Aufenthaltsort von Räuberbanden, Schmugglern und Wilddieben. Nicht ohne Grund wurden zahlreiche Verordnungen zur Bekämpfung der Räuberunwesens auf beiden Seiten des Gebirges erlassen. Legendär wurde im Erzgebirge insbesondere der Wilddieb Karl Stülpner, aber auch von den beiden Räuberhauptmännern Nikol List und Lips Tullian erzählt man sich noch heute unzählige Geschichten. Insbesondere dort, wo die Passstraßen in die dichten Erzgebirgswälder hinein führten, wurden mit besonderer Vorliebe von Straßenlagerern Postkutschen und Passanten überfallen, ausgeraubt und oft sogar getötet. Mehrere Stein- und Sühnekreuze erinnern noch heute an grausam verübte Morde.

20. Jahrhundert

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden, nicht zuletzt auch durch den im Oktober 1938 erfolgten Anschluss des Sudetenlandes, die Pässe über den Erzgebirgskamm am intensivsten genutzt. Schmidt (1935) nennt allein 16 große Heerstraßen, welche die sächsisch-böhmische Grenze überschritten. Hinzu kamen eine Vielzahl kleinerer Wege und die bereits erwähnten fünf Eisenbahnlinien.

Diese Durchlässigkeit wurde nach 1945 für etwa 25 Jahre durch die Schließung der Eisenbahnübergänge und fast aller Straßenübergänge drastisch reduziert. Eine erhöhte Durchlässigkeit trat erst nach Einführung des visafreien Grenzverkehrs zwischen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Tschechoslowakei (ČSSR) ab 1972 wieder ein. Dem sich entwickelnden beiderseitigen Urlaubs- und Einkaufstourismus trug vor allem die (Wieder-)Eröffnung der jahrhundertealten Straßengrenzübergänge im Zuge der Pässe Wiesenthal (1972) und Reitzenhain (1978) Rechnung. Mit der Eröffnung des Grenzübergangs Bahratal wurde (1976) auch die nördliche Zufahrt zum Nollendorfer Pass wieder für den Verkehr freigegeben. Die über den Erzgebirgskamm führenden fünf Eisenbahnlinien blieben aber während des Bestehens der DDR geschlossen. Eine Zugfahrt von Sachsen nach Böhmen und umgekehrt war vor 1990 nur über die außerhalb des Erzgebirges gelegenen Grenzübergänge Bad Brambach/Vojtanov im Vogtland und Bad Schandau/Děčín im Elbtal möglich. Mit der Erdgasleitung Nordlicht (1972) und der Chemieproduktenleitung BöhlenOberleutensdorf (Litvínov) (beide über den Sattel von Deutscheinsiedel) sowie einer 380kV-Hochspannungsleitung von Röhrsdorf nach Hradec und einer 220kV-Hochspannungsleitung von Zwönitz nach Hradec wurden zu DDR-Zeiten auch neue Infrastrukturleitungen über das Erzgebirge geführt.

Nach der wirtschaftlichen Öffnung der osteuropäischen Staaten erlangte auch das Erzgebirge 1990 seine frühere Bedeutung als Transitland im Nord-Süd-Verkehr wieder. Dies führte zur Wiedereröffnung zahlreicher Straßen- und Fußgängerübergänge und zur Wiederaufnahme des Bahnverkehrs zwischen Klingenthal und Falkenau (Sokolov), Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary) sowie zwischen Chemnitz und Komotau (Chomutov) über Weipert (Vejprty). Durch die Erweiterung des Schengener Abkommens am 21. Dezember 2007 und die völlige Öffnung der Grenze nach Tschechien haben sich weitere neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben.

Gegenwart

Alte Dresden-Teplitzer Poststraße und Trasse der A 17 bei Göppersdorf

Im Zuge der Anpassung der Verkehrswege an neue Anforderungen wurden seit 1990 auch einige der Zufahrtsstraßen zu den Erzgebirgspässen vor allem durch den Bau von Ortsumgehungen neu trassiert. Dies betrifft u. a. Abschnitte der B 170 Dresden–Zinnwald, der B 174 Chemnitz–Reitzenhain und der Straße Komotau (Chomutov)–Reitzenhain. Den derzeit einzigen Straßenneubau über das Erzgebirge stellt die im Dezember 2006 fertiggestellte Bundesautobahn 17 Dresden–Prag (Praha) dar. Ihr Verlauf folgt weitgehend der jahrhundertealten westlichen Trasse des Kulmer Steiges. Dies spricht vor allem unter ökonomischen Gesichtspunkten für die Rationalität, nach der unsere Vorfahren ihre Wege über das Gebirge suchten.

Mit Stand Januar 2008 sind zwischen Klingenthal und Bahratal derzeit drei Eisenbahnübergänge, vierzehn Straßenübergänge und zwanzig Wanderwegübergänge geöffnet. Sie nutzen dabei weitgehend teils jahrhundertealte Pässe und Steiganlagen. Im ehemaligen Landkreis Aue-Schwarzenberg bestand lange kein Straßengrenzübergang zwischen Sachsen und Böhmen, da sich die tschechische Gemeinde Breitenbach (Potůčky) erfolgreich gegen die Wiedereröffnung des Johanngeorgenstädter Überganges wehrte, um von den Einnahmen für den auf tschechischer Seite entstandenen, überdimensional großen Einkaufmarkt zu profitieren. Der Übergang wurde am 16. Januar 2008 auch für Kraftfahrzeuge geöffnet.[4]

Die Teplitzer Semmeringbahn endet seit 1972 auf dem Kamm in Moldava

Die Bundesautobahn 17 schneidet Dresden zuerst in West-Ost-Richtung im Süden des Stadtgebiets und wendet sich hinter Pirna Richtung Südosten. Zum einen dient die von Dresden nach Prag führende Europastraße damit dem regionalen Straßenverkehr, zum anderen nutzt sie den flachen Nollendorfer Pass. Durch die modernen Spannbetonbauwerke über die Kerbtäler, so zum Beispiel die Lockwitztalbrücke oder die Seidewitztalbrücke wurde dieser Pass wieder aus den Tallagen in die ebenen Höhenlagen der erzgebirgischen Pultscholle verlagert. Damit folgt die einzige Autobahn, die das Gebirge quert, dem wohl ältesten Pass. Sie nähert sich der Alten Dresden-Teplitzer Poststraße, die teilweise auch als Staats- und Kreisstraße noch genutzt wird, häufig auf wenige Meter und schneidet diese.

Planungen des Landes Sachsen sehen mittel- bis langfristig auch die Neutrassierung der B 93 zwischen Schneeberg und Johanngeorgenstadt zur Weiterführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) über einen völlig neu zu schaffenden Grenzübergang, zwischen Plattener und Hirschenstander Pass gelegen, vor. Dieser soll vor allem die im Raum Aue- Schneeberg zufließenden Hauptströme des grenzüberschreitenden Fernverkehrs bündeln. Eine Querverbindung bis zur B 101 bei Lauter ist Bestandteil der Planung. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, die Lücke zwischen der Teplitzer Semmeringbahn und der Strecke Nossen-Holzau wieder zu schließen sowie eine Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Dresden–Prag (Praha) zu bauen. Letztere soll mit der Autobahn 17 als Verkehrskorridor im Bereich des Kulm-Nollendorfer Passes gebündelt werden. Wegen der starken Steigungen wäre diese Strecke nur für Personen- und leichten Güterverkehr geeignet.

Die Elbtalbahn zwischen Dresden und Děčín umgeht das Erzgebirge östlich und ist eine der wenigen leistungsfähigen Hauptstrecken zwischen Deutschland und Tschechien. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Radien im engen Elbtal ist dort kein Hochgeschwindigkeitsverkehr möglich.

Ersterwähnungen von Wegen über das Erzgebirge

Joachimsthaler Straße bei Breitenbrunn/Erzgeb., ein Nebenweg des Rittersgrüner Passes

Die ältesten schriftlichen Quellen belegen lediglich eine direkte Verbindung zwischen Sachsen und Böhmen, ohne das Aussagen zur einer genauen Streckenführung getroffen werden. Sofern aus der Beschreibung der näheren Umstände überhaupt Anhaltspunkte für eine Lokalisierung gewonnen werden können, so deuten sie jedoch bis in die Zeit um 1100 ausschließlich auf eine Nutzung des Kulmer Steigs hin.

  • 805: In diesem Jahr ließ Karl der Große den in Böhmen agierenden Herrscher Semela mit drei Heeren angreifen, von denen eins gemeinsam mit den Sachsen über das Warnenfeld und Daleminzien nach Böhmen zog ("tertium vero transmisit cum Saxonibus super Hwerenofelda et Demelchion", Chronicon Moissiacense). Die drei Heere trafen sich an der Eger ("ad fluvium qui vocatur Agara") und anschließend kam es zu Kämpfen an der Burg Canburg.
  • 892: Der Würzburger Bischof Arn wurde auf dem Rückweg von einem Heereszug nach Böhmen zusammen mit seinen Gefährten von Slawen überfallen und getötet. Thietmar von Merseburg beschrieb in seiner Chronik etwa hundert Jahre später, dass dies "in pago Chutizi" geschehen sei. Die genutzte Route und der genaue Ort sind nicht überliefert. Spätere Lokalisierungsvorschläge entbehren einer glaubhaften Begründung. Allerdings verfestigte sich im 19. und 20. Jahrhundert die Anschauung, der Todesort von Arn hätte im Bereich der Chemnitz oder Zschopau gelegen, weshalb das Martyrium Arns häufig als angeblicher Beleg für eine frühe Nutzung der Steige entlang der beiden Flüsse genannt wird. Wesentlich wahrscheinlicher ist jedoch auch hier ein Zug Arns über den Kulmer Steig und sein gewaltsamer Tod im Bereich des Altsiedellandes entlang von Elbe, Mulde oder Pleiße.
  • 929/30: König Heinrich I. eroberte die Brandenburg an der Havel und Gana, die Hauptburg der Daleminzier. Anschließend gründete er die Burg Meißen an der Elbe und zog mit sehr hohen Wahrscheinlichkeit über den Kulmer Steig nach Böhmen.
    Sächsisch-böhmische Grenze
  • um 960/970: Der arabischen Kaufmannes Ibrahim Ibn Jakub reiste im Anschluss an seine Teilnahme an einem Hoftag Kaiser Ottos des Großen in Quedlinburg über Halle, Nienburg (Saale) und das Muldegebiet (Wurzen oder Püchau) nach Prag. Dabei wird unter anderem eine hölzerne Brücke erwähnt, die irgendwo auf der langen Strecke lag. Diese Brücke wurde und wird noch heute häufig mit der Stadt Most in Nordböhmen in Verbindung gebracht und daraufhin angenommen, dass Ibrahim ibn Jaqub über einen der böhmischen Steige ins böhmische Becken gelangte. Tschechische Historiker und Archäologen konnten jedoch nachweisen, dass diese Gleichsetzung der im Text erwähnten Brücke mit Most keinerlei Grundlage hat und alle archäologischen und historischen Indizien dagegen sprechen. Man kann aufgrund des Textes als einzige Quelle für die Reise nichts konkretes über die Verbindungen zwischen Mitteldeutschland und dem böhmischen Becken aussagen. Es ist aber anzunehmen, dass auch Ibrahim ibn Jaqub über den Kulmer Steig reiste.
  • Der meißnische Markgraf Ekkehard II. zog 1040 mit einem Heer über den Kulmer Steig nach Böhmen.
  • 1118: Bei der Stiftung einer Kirche in Zwickau durch die mit den Schwarzburgern verwandte Gräfin Bertha wurde unter anderem eine Zollstelle erwähnt. Diese kann als ein indirekter Beleg für die Existenz eines Weg von Leipzig über Zwickau, Grünhain, Weipert (Vejprty) und über den Preßnitzer Pass nach und Kaaden (Kadan) gewertet werden. Urkundlich belegt ist dieser Weg seit 1325.
  • 1143: Eine Urkunde belegt die Existenz eines von Altenburg über Waldenburg und Zschopau nach Böhmen führenden Steiges (semita Bohemica)
  • 1185: Der Pass über Deutscheinsiedel wird erstmals in einer Urkunde des Markgrafen Otto von Meißen urkundlich erwähnt.[5].

Historische Pässe, gelistet von Ost nach West

Lage der historischen Erzgebirgspässe auf einer Skizze von 1920
  • Nollendorfer Pass
  • Pass am Geiersberg
  • Graupener Pass
  • Pass von Klostergrab
  • Pass von Sayda über den Deutscheinsiedler Sattel
  • Reitzenhainer Pass
  • Preßnitzer Pass
  • Wiesenthaler Pass
  • Rittersgrüner Pass
  • Plattener Pass
  • Frühbußer und späterer Hirschenstander Pass
  • Graslitzer Pass

Nollendorfer Pass

An der Nollendorfer Höhe
Winter am Nollendorfer Pass

Eine Wegvariante des Kulmer Steiges führte über den Nollendorfer Pass im östlichen Osterzgebirge. Der Fahrweg querte zwischen Fürstenwalde im Westen und Oelsen im Osten die sächsisch-böhmische Grenze und führte über den Steilabfall des Erzgebirges in das böhmische Kulm (Chlumec u Chabařovic) und weiter in das Innere des Königreichs Böhmen.

Der Kulmer Steig wurde nachweislich bereits im 13. Jahrhundert benutzt. Bekannt wurde der Pass durch die Befreiungskriege und die Schlacht bei Kulm und Nollendorf am 29. und 30. August 1813. In Berlin-Schöneberg sind der Nollendorfplatz und die Nollendorfstraße nach dem kleinen Erzgebirgsdorf Nollendorf (Nakléřov) benannt, von dessen heute nicht mehr existierendem Kirchturm der Legende nach Napoleon das Schlachtgeschehen beobachtet haben soll. Von 1913 bis kurz nach 1950 stand auf der Nollendorfer Höhe ein 21 Meter hoher Aussichtsturm, der die Namen Kaiserwarte und nach 1919 Carl-Weis-Warte trug.

Der Nollendorfer Pass hat in der jüngeren Geschichte immer wieder für positive wie negative Schlagzeilen gesorgt. 1936 passierte das olympische Feuer auf seinem Weg von Athen nach Berlin die Passstraße. Ein am Grenzübergang Bahratal aufgestellter Gedenkstein erinnert daran. 1968 nutzte die Rote Armee den Gebirgsübergang, um zur Niederschlagung des Prager Frühlings in die damalige CSSR einzumarschieren.

Pass am Geiersberg

Mückentürmchen auf dem Mückenberg unweit des Passes
Passstraßenverlauf vom Geiersberg nach Ebersdorf

Der Geiersberger Pass, über den bis 1860 die bekannte Alte Dresden-Teplitzer Poststraße verlief, begann im heutigen Graupener (Krupka) Stadtteil Hohenstein (Unčín). Hier erreichte der Weg von Teplitz (Teplice) kommend hinter dem Kloster Mariaschein (Bohosudov) den Waldsaum. Er führte von dort aus steil ansteigend an der Geiersburg (Kyšperk) und dem vor 1785 errichteten Goldammerkreuz vorbei auf den Osterzgebirgskamm. Dieser wurde etwa 1,5 Kilometer östlich vom Mückenberg (Komáří hůrka) in einer Höhe von ca. 720 m ü. NN überschritten. Danach verzweigte sich die Wegeführung. Ein Zweig folgte der ins Elbtal führenden Alten Dresden-Teplitzer Poststraße über das kleine böhmische Dorf Ebersdorf, von dem heute nur noch wenige Reste übrig geblieben sind. Der Grenzübertritt wurde vom Schwarzen Kreuz (ebenfalls bereits vor 1785 errichtet) markiert. Ein anderer Zweig führte westwärts zum Mückenberg und erreichte die von hier nach Freiberg (Sachsen) führende Straße. Ein nahe Bobritzsch befindlicher Abschnitt dieser Zinnstraße trägt noch heute den Beinamen Geiersweg.

Die ursprünglich von Hohenstein (Unčín) auf den Kamm führende Geiersbergstraße ist wahrscheinlich in weiten Teilen von Graupener Bergleuten als schmaler Weg in den Fels des böhmischen Erzgebirgssteilabfalls gehauen wurden. Darauf weisen noch heute Felsengassen hin, die abseits der jetzigen Trassenführung abschnittsweise erkennbar sind. Der Abstieg über den Geiersberger Pass nach Hohenstein (Unčín) gehörte in der Vergangenheit zu den steilsten und damit risikoreichsten Wegeabschnitten der Erzgebirgspässe. Ein Reisebericht von 1698 vermerkt: „Das Herabsteigen vom berühmten Geiersberg ist keine Sache, der man flüchtig und schweigend vorbeigeht. So erfahren Sie denn, dass wir angelangt an dem Rande der Abgründe, welche mit heiligen Schreck dem Reisenden Zittern verursachen, anhielten und aus dem Wagen stiegen. Wir setzten uns in die Lehnstühle, welche mehrere Träger das Gebirge hinabtrugen. Ich erwog in Gedanken, welchen Vorteil es haben könnte, sich das Genick zu brechen, während die Träger von einem Stein auf den anderen sprangen.“[6] Diese topografischen Gegebenheiten dürften für das rasche Veröden der Straße nach dem Ausbau der benachbarten Chausseen zwischen Eichwald (Dubí) und Zinnwald sowie Peterswald (Petrovice u Chabařovic) und Kulm (Chlumec u Chabařovic) zu Beginn des 19. Jahrhunderts verantwortlich sein. Heute wird die Geiersbergstraße nur noch als Forstwirtschafts- und Wanderweg genutzt.

Graupener Pass

Graupen zu Beginn des 19. Jahrhunderts
Der nach dem Bau der Umgehungsstraße geschlossene Grenzübergang in Zinnwald

Der Graupener Pass führt von der Bergstadt Graupen (Krupka) an der Rosenburg (Rosenberg) vorbei nach Obergraupen (Horni Krupka) und erreicht die Hochfläche auf dem Kamm des Osterzgebirges unmittelbar am 808 Meter hohen Mückenberg (Komáří hůrka). Die Entstehung dieser Verbindung ist im Zusammenhang mit dem Zinnbergbau zu sehen. Böhmische Bergleute drangen auf der Suche nach neuen Vorkommen wahrscheinlich schon seit Ende des 14. Jahrhunderts über den Gebirgskamm vor und entdeckten um 1440 die bedeutende Altenberger Zinnlagerstätte. Dabei legten sie bei ihrem Vordringen diesen Weg an oder bauten einen bereits bestehenden Pfad aus. Der Graupener Pass wurde z. B. im Juni 1426 in Zusammenhang mit der verlustreichen Schlacht bei Aussig von teilnehmenden Söldnerheeren benutzt. Auf der Nordseite des Gebirges weist der Übergang drei Zugänge auf, was einerseits auf seine hohe Frequentierung und andererseits auf die höhere Bedeutung gegenüber dem eng benachbarten Geiersberger Pass hinweist. Ein Zugang erfolgte vom erzgebirgischen Bergbauzentrum Freiberg (Sachsen) kommend über Zinnwald auf der sogenannten Zinnstraße. Der zweite Zugang bestand von Dippoldiswalde und Altenberg kommend auf dem Fürstenweg. Ein dritter Zugang führte von Lauenstein kommend auf den Pass. Dieser Weg war Teil eines mittelalterlichen Pilgerweges, der bis zum 16. Jahrhundert vom Elbtal kommend über Dohna und Liebstadt zum Kloster Mariaschein (Bohosudov) nahe Graupen (Krupka) führte. Nach dem Ausbau der Chaussee zwischen Eichwald (Dubí) und Zinnwald zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die heute als Transitstrecke B 170 genutzte Verbindung zwischen Dresden und Prag (Praha), verlor der Graupener Pass seine Bedeutung und wurde nur noch als Nebenstrecke benutzt.

Pass von Klostergrab

Passstrasse über den Stürmer
Alte Passstraße bei Neustadt am Stürmer

Über diesen Pass führte die Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße. Zwischen den Quellen des Hirschbaches und denen des Holperbaches überschritt sie beim heutigen Altenberger Ortsteil Neurehefeld die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Sachsen und dem Königreich Böhmen, wo sich unmittelbar nach der Grenze mehrere Häuser, darunter das einst weitbekannte Gasthaus Fischerhaus, um den 1884 errichteten Grenzbahnhof Moldau (Moldava) gruppieren.

Den Grenzübergang und den jetzigen Ort Neustadt (Nove Mesto) verbindet heute eine asphaltierte Straße über den früheren Glaserberg. Beiderseits davon sind lange Gräben erkennbar, die Reste des alten Straßenverlaufes sind. Neustadt (Nove Mesto) befindet sich fast auf der höchsten Stelle der im Süden herausgehobenen Pultscholle des Erzgebirges. Von hier aus gelangt man heute auf sehr abschüssiger Straße nach Niklasberg (Mikulov). Diese Straße wurde erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts neu angelegt, da sich deren alter Verlauf als zu steil und besonders bei der Schneeschmelze als kaum passierbar erwiesen hatte. Von Niklasberg (Mikulov) gelangt man im Bourlivec-Tal nach Klostergrab (Hrob). In den früheren Jahrhunderten scheint jedoch die kürzere Verbindung über den 869 m hohen Stürmer (Bouřňák) bevorzugt worden zu sein. Westlich der heutigen Verbindungsstraße zwischen Neustadt (Nove Mesto) und dem Bergplateau befindet sich auf längeren Strecken ein unübersehbarer, ca. 2 bis 3 m breiter, ausgefahrener Graben. Nach dem Geländebefund wurde der Steilabbruch des Erzgebirges ca. 300 m westlich des Gipfelplateaus und als Fortsetzung dieses Grabens überwunden. Dort befinden sich mehrere, bis zu ca. 6 m tiefe, gestaffelte und nach Süden gerichtete Hohlwege. Dabei handelt es sich um Überreste der jahrhundertealten Passstraße nach Klostergrab (Hrob) und weiter nach Teplitz (Teplice).

Die seit 1885 über den Pass von Klostergrab (Hrob) führende Eisenbahnstrecke Nossen-Moldau hatte in Moldau (Moldava) Anschluss an die Teplitzer Semmeringbahn nach Brüx (Most). Der grenzüberschreitende Verkehr wurde aber 1945 eingestellt, wohl auch, weil der Bahnkörper durch die Befahrung sowjetischer Panzer beim Vormarsch Richtung Prag (Praha) unbrauchbar geworden war. Der Scheitelpunkt der Bahn befindet sich im böhmischen Streckenabschnitt nahe Moldau (Moldava) auf 791 m ü. NN. Derzeit werden Planungen zum mittelfristigen Lückenschluss erarbeitet. Die Kosten werden auf etwa 20 Millionen Euro veranschlagt.

Pass von Sayda über den Deutscheinsiedler Sattel

Deutsch- und Böhmisch-Einsiedel links und rechts der Grenze
Neuhausen: Schloss Purschenstein, ehem. Zoll- und Geleitsburg

Über die bereits 1250 als oppidum urkundlich erwähnte, 680 m ü. NN. hoch gelegene ehemalige Rast- und Zollstelle Sayda und den mit 720 m ü. NN nur wenig höher gelegenen und damit vergleichsweise flachen Gebirgssattel bei Deutscheinsiedel führte im Mittelalter die alte Handelsstraße LeipzigPrag (Praha). Dabei passierte sie Wurzen, Leisnig und Oederan, bevor sie über Sayda die Grenze bei Böhmisch-Einsiedel (Mnisek) erreichte. Die hier befindliche Zollstätte von Brüx (Most) erreichte auch eine Querverbindung von Marienberg aus. In Böhmen führte der weitere Verlauf über Osek (Ossegg) nach Brüx (Most) und weiter ins Landesinnere.

Geschützt wurde dieser Alte Böhmische Steig, wie der Pass von Sayda auch genannt wurde, u. a. durch die Zoll- und Geleitsburg Purschenstein am rechten Ufer der Flöha, welche später Sitz eines Amtmannes war. Die Stadt Sayda gehörte ab 1300 zur Markgrafschaft Meißen und gelangte er nach der Leipziger Teilung von 1485 als böhmisches Lehen in den Besitz der Wettiner. Zu dieser Zeit hatte der Gebirgsübergang seine Bedeutung als Handelsweg aber bereits zugunsten der benachbarten Pässe verloren. Zwar ist überliefert, dass der Weg 1555 in Sayda selbst sechs Ellen tief ausgefahren war, was auf die frühere Bedeutung hinweist. Gleichzeitig förderten landesherrliche Anweisungen im östlichen Erzgebirge seit 1318 eine Wegführung über das benachbarte Freiberg, sie besagten …daß nirgends Wagen nach Böhmen fahren sollten außer über die Stadt Freiberg.[7] In späteren Jahren, insbesondere im Siebenjährigen Krieg und in den Befreiungskriegen wurde der Pass von Sayda mehrfach von Heeresverbänden benutzt, die wiederholt die Stadt ausplünderten.

Über den Deutscheinsiedler Sattel sollte in den 1920er Jahren mit der Schweinitztalbahn eine sechste Erzgebirgsquerbahn gelegt werden. Zu DDR-Zeiten wurden mit der Erdgasleitung “Nordlicht“ (1972) und der Chemieproduktenleitung Böhlen – Oberleutensdorf (Litvínov) zwei weitere ökonomisch bedeutsame Infrastrukturleitungen über diesen Sattel geführt. Die Straßenübergänge Deutschneudorf und Deutscheinsiedel blieben allerdings nach 1945 geschlossen. Seit 2002 ist der Übergang von Deutscheinsiedel nach Böhmisch-Einsiedel (Mnisek) wieder für Kraftfahrzeuge benutzbar, seit 2007 auch der von Deutschneudorf.[4]

Reitzenhainer Pass

Durch Komotau (Chomutov) führte die Salzstraße nach Prag
Die Passhöhe bei Reitzenhain

Über den Reitzenhainer Pass führt eine der alten, von Halle (Saale) über Leipzig und Chemnitz kommenden Salzstraßen weiter nach Komotau (Chomutov) und Prag (Praha). Sie diente vorrangig dem Salzhandel und -transport nach Böhmen und in die südlich liegenden Donauländer und wurde auch als Hohe, Reitzenhainer oder Böhmische Straße bezeichnet. Ursprünglich führte der Pass von Zschopau über Zöblitz, Kriegwald, Platten (b. Komotau, nicht zu verwechseln mit der Bergstadt Platten) nach Komotau. Nach der 1521 erfolgten Gründung von Marienberg wurde der Straßenverlauf über diese neue Bergstadt und Kühnhaide verlegt, bis sich letztendlich der Straßenverlauf über das neugegründete Grenzdorf Reitzenhain dauerhaft durchsetzte. Etwa zwei Kilometer nordwestlich des Ortes weist ein Gedenkstein mit der Inschrift An der einstigen Umspanne 1400–1823 auf die ehemals vorhandene Pferdewechselstation hin. Die Passhöhe der heutigen Straßenführung befindet sich zwischen Reitzenhain und Sebastiansberg (Hora Svatého Šebestiána) auf etwa 840 m ü. NN. Der Pass ist damit einer der niedrigsten im zentralen Erzgebirge. Seine nördliche Zufahrt stellt heute die Bundesstraße 174 dar. Der Grenzübergang Reitzenhain selbst war nach Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Oktober 1978 gesperrt. Über den Reitzenhainer Pass führte auch die Eisenbahnverbindung von Marienberg (Flöhatalbahn) nach Komotau (Chomutov) (Buschtěhrader Eisenbahn). Sie überschritt den Erzgebirgskamm nahe Sebastiansberg (Hora Svatého Šebestiána) auf 822 m ü. NN. Allerdings wurden die Gleise auf tschechischer Seite nach 1945 demontiert.

Preßnitzer Pass

Erzgebirgshochfläche mit Preßnitz-Talsperre
Grenzbahnhof Weipert

Der Preßnitzer Pass stellt eine der ältesten Pfadanlagen dar, die aus dem Zentrum Mitteldeutschlands über den dichten Grenzwald nach Böhmen führte. Sein ursprünglicher Verlauf ging von Halle (Saale) kommend über Altenburg, Zwickau, Hartenstein, Grünhain und Zwönitz nach Schlettau. Hier wurde die obere Zschopau gequert. Anschließend führte der Weg über Kühberg am Blechhammer vorbei nach Weipert (Vejprty) und erreichte dann östlich schwenkend über Pleil (Černý Potok) mit Preßnitz (Přísečnice) die älteste Bergstadt des Erzgebirges. Von hier aus verlief der sogenannte Böhmische Steig vermutlich über Kaaden (Kadaň) und bis nach Saaz (Žatec). Die Passhöhe selbst befand sich auf böhmischer Seite nahe Pleil (Černý Potok) auf ca. 800 m ü. NN. Damit war der Preßnitzer Pass deutlich niedriger als die sich nach Westen hin anschließenden Pässe über Wiesenthal, Rittersgrün, Platten, Hirschenstand und Frühbuß. Dies war einer der Gründe für seine häufige Benutzung während des Dreißigjährigen Krieges.

Der Handelsweg über Preßnitz (Přísečnice) wurde bereits 1118 in einer Zwickauer Kirchenurkunde erwähnt, urkundlich belegen lässt sich die Existenz der Verbindung seit 1325. Auch wenn über den Preßnitzer Pass eine der alten Salzstraßen führte, war die Verkehrsdichte relativ gering. Die an der Passstraße liegende Klosterstadt Grünhain wurde um 1700 nur von fünf bis sechs Salzhandelszügen (a 20–30 Fuhrleute) pro Jahr passiert. Zwischen September 1830 und März 1831 wurden am Preßnitzer Pass selbst 81 Salzwagen mit ca. 4.700 Zentnern Koch-, Vieh- und Düngesalz gezählt.

Heute ist der Pressnitzer Pass der einzig nicht mehr nutzbare weil nicht mehr existente Erzgebirgspass. Sein zentraler, durch die namensgebende Stadt Preßnitz (Přísečnice) führender Abschnitt musste Anfang der 1970er Jahre wie die Stadt selbst dem Bau der Talsperre Preßnitz (vodní nádrž Přísečnice) weichen.

Wiesenthaler Pass

Blick zum Wiesenthaler Pass bei Gottesgab
Postsäule in Oberwiesenthal mit Entfernungsangaben über den Pass nach Karlsbad

Über den Wiesenthaler Pass führte die aus Leipzig über die beiden einst selbständigen Bergstädte Annaberg und Buchholz kommende Passstraße weiter in den bekannten Kur-und Badeort Karlsbad (Karlovy Vary). Sie folgte hinter der im 16. Jahrhundert entstandenen höchstgelegenen deutschen Stadt Oberwiesenthal dem Zechengrund allmählich aufwärts zum Erzgebirgskamm und zum Grenzübergang nach Gottesgab (Boží Dar) beim zwischen Keil- und Fichtelberg gelegenen Neuen Haus.

Die Passhöhe liegt in einer Höhe von 1083 m ü. NN. und ist damit der höchstgelegene Pass des Erzgebirges. Im Winter war die über ihn führende Straße oft mehrere Wochen fast völlig unpassierbar, was heute kaum mehr vorstellbare Folgen hatte. So kamen in einem kalten Winter zu Beginn der 1730er Jahre mehrere Salzburger Exulanten bei ihrer Vertreibung aus Österreich-Ungarn am unpassierbaren Wiesenthaler Pass ums Leben und wurden außerhalb der Gottesgaber Friedhofsmauer verscharrt.

Im Dreißigjährigen Krieg wurden der Wiesenthaler und der nur wenige Kilometer weiter westlich verlaufende Rittersgrüner Pass wiederholt von zahlreichen Truppen passiert, die in Oberwiesenthal und anderen Städten im oberen Erzgebirge große Verwüstungen hinterließen. Deshalb wurde der Pass mehrfach gesperrt. Dies tat man u. a. mit sogenannten Spanischen Reitern und der Errichtung von Wachhäusern. Zur Abschreckung wurde an der Grenze zeitweilig auch ein Galgen aufgestellt.

Mit dem Aufblühen des Bade- und Kurwesens in Karlsbad (Karlovy Vary) wurde der Pass beim Beginn und dem Ende der Badesaison von zahlreichen Kurgästen frequentiert und die am Pass liegenden Orte erlebten die Durchreise zahlreicher berühmter Persönlichkeiten. Dies steht natürlich auch im Zusammenhang mit der ab 1708 regelmäßig über diesen Erzgebirgspass verkehrenden Leipziger Post.

1945 wurde auch der Grenzübergang am Neuen Haus für lange Jahre gesperrt. Eine Wiedereröffnung erfolgte erst 1972. Seit 1976 entlastet eine zum Pass führende Ortsumgehungsstraße der Bundesstraße 95 den Stadtkern von Oberwiesenthal und eine Anfang der 2000er Jahre errichtete Ortsumgehung um Boží Dar vom Durchgangsverkehr. Dieser hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2004 passierten im Schnitt 3.950 Fahrzeuge den Grenzübergang am Wiesenthaler Pass, 2000 waren es noch 2.500.

Rittersgrüner Pass

Grenzübergang unweit der Böhmischen Mühle bei Rittersgrün
Datei:Raschauer Thalgrund.jpg
Der Rittersgrüner Pass querte den Raschauer Talgrund

Der Weg über den Rittersgrüner Pass verbindet Schwarzenberg/Erzgeb. über Rittersgrün, vorbei an der Böhmischen Mühle und den kleinen Streusiedlungen Goldenhöhe (Zlatý Kopec) und Försterhäuser (Myslivny) mit der Bergstadt Sankt Joachimsthal (Jáchymov). Dabei ist zwischen Försterhäuser und Sankt Joachimsthal eine Höhe von 980 m ü. NN zu überwinden. Westlich des Rittersgrüner Passes führte über einen Höhenrücken ein Nebenarm der Passstraße, die sogenannte Halbmeiler oder Joachimsthaler Straße. Von Breitenbrunn aus verlief dieser Weg über die in eine sächsische und böhmische Hälfte geteilte Bergbausiedlung Halbemeile/Halbmeil (Rozhraní) und die Himmelswiese nach Försterhäuser (Myslivny) im oberen Schwarzwassertal. Hier vereinigte sie sich wieder mit der Rittersgrüner Straße. Von Halbmeile aus bestand aber auch ein Weg über Zwittermühl (Háje) und Irrgang (Bludná) nach Neudek (Nejdek) und Karlsbad (Karlovy Vary).

Im Gegensatz zu den benachbarten Pässen erlangte der Rittersgrüner Pass erst nach der 1516 erfolgten Gründung von Sankt Joachimsthal (Jáchymov) eine gewisse Bedeutung. Er diente wohl vor allem dem Transport von Erzen und Bergbauprodukten zwischen Sankt Joachimsthal (Jáchymov) und der bedeutenden westerzgebirgischen Hammerwerksgegend um Aue und Schwarzenberg. Im Dreißigjährigen Krieg gehörte der Rittersgrüner Pass zu den am meisten von Kriegstruppen genutzten Erzgebirgsübergängen. Insbesondere der kaiserliche Feldmarschall Heinrich Graf von Holk fiel mit seinen Truppen wiederholt über den Pass nach Sachsen ein und hinterließ große Verwüstungen in den am Straßenverlauf gelegenen Siedlungen. Mit der Aufnahme regelmäßiger Postkutschen- und Botenkurse verlor der Rittersgrüner Pass im 18. Jahrhundert zugunsten der benachbarten Pässe an Bedeutung. Als lokale Verbindungsstraße zwischen Sachsen und Böhmen behielt er jedoch bis 1945 überregionale Bekanntheit.

Plattener Pass

Historischer Eisenbahnzug bei der Grenzüberquerung, 1992
Fahrt der letzten Postkutsche über den Plattener Pass, 1899

Der Plattener Pass führte von Schwarzenberg/Erzgeb. bzw. Schneeberg über das 1651 gegründete Hammerwerk Wittigsthal an der Mündung des Breitenbachs in das Schwarzwasser. Oberhalb von Wittigsthal entstand am Fastenberg 1654 die Exulantensiedlung Johanngeorgenstadt, die schon bald als letzte Bergstadt des Erzgebirges aufblühte und zu einer Belebung des Handels im oberen Erzgebirge führte.

Die Passstraße überquerte in Wittigsthal die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen und führte nun, vorbei an mehreren, im 17. Jahrhundert entstandenen Blaufarbenwerken im Tal des Breitenbaches aufwärts bis zur Bergstadt Platten(Horní Blatná). Bis zum Ende des Schmalkaldischen Krieges 1547 befand sich die Grenze südlich von Platten (Horní Blatná). Nach dem Abtreten des Gebietes um Platten (Horní Blatná) und Gottesgab (Boží Dar) an den König von Böhmen verschob sich der Grenzverlauf etwa 8 km nach Norden. Für die Wegführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) existierten Abstiege über Bärringen (Pernink), Lichtenstadt (Hroznětín) oder Hohenstollen bei Neudek (Nejdek).

Der Plattener Pass wurde bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert als Poststraße benutzt. Selbst Goethe reiste 1785 und 1786 über Johanngeorgenstadt nach Karlsbad (Karlovy Vary). Im 19. Jahrhundert verlor der Plattener Pass zugunsten des über Oberwildenthal nach Hirschenstand (Jeleni) führenden neuen Passes an Bedeutung. 1899 verkehrte über ihn die letzte Postkutsche zwischen Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary), da in jenem Jahr die durchgängige Eisenbahnlinie Johanngeorgenstadt-Neudek (Nejdek)-Karlsbad (Karlovy Vary) den Betrieb aufnahm. Der Straßengrenzübergang wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschlossen. Seit 1991 kann er von Fußgängern und Radfahrern wieder benutzt werden. Da dem Wirtschaftsraum um Zwickau somit eine leistungsfähige Straßenverbindung nach Nordböhmen fehlt, wird mittelfristig die Öffnung des Übergangs für den KfZ-Verkehr angestrebt. Allerdings lassen die topographischen Verhältnisse einen Ausbau bestehender Straßen nicht zu, so dass die B 93 zwischen Schneeberg und Johanngeorgenstadt zur wahrscheinlichen Weiterführung über einen noch zu schaffenden Grenzübergang nach Karlsbad (Karlovy Vary) völlig neu trassiert werden soll. Die derzeit bevorzugte Variante 3 der Planungsunterlagen sieht im südlichen Bereich folgenden Verlauf vor: Neubau Jägerhäuser Flügel – Umfahrung Schwarzwassertal – Ortsumfahrung Johanngeorgenstadt zwischen den Ortsteilen Steinbach und Neustadt. Eine auf sächsischer Seit ebenfalls untersuchte Trassenführung in Richtung Hirschenstander Pass wurde aus finanziellen und ökologischen Gründen verworfen. Bei der jetzt favorisierten Trassenführung wird allein für das 24 km lange sächsische Teilstück von Kosten in Höhe von ca. 96,6 Mill. € ausgegangen. Mit der Inbetriebnahme dieser neuen Gebirgsquerung ist allerdings nicht vor 2015 zu rechnen.[8]. Hingegen wurde der seit 1991 bestehende Fußgängergrenzübergang in Johanngeorgenstadt am 16. Januar 2008 für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen bis 3,5 t geöffnet, wodurch dieser alte Erzgebirgspass auf seiner alten Streckenführung eine wesentliche Belebung erfuhr.

Frühbußer und späterer Hirschenstander Pass

Die Karlsbader Straße am Ortseingang von Hirschenstand
Alte Poststraße am Ortsausgang von Wildenthal

Der Pass über die Bergstadt Frühbuß (Přebuz) ist einer der ältesten des Westerzgebirges und einer der höchstgelegenen im Erzgebirge überhaupt. Sein nördlicher Hauptzugang querte von Schneeberg kommend das Tal der Zwickauer Mulde nördlich von Eibenstock und führte über die Eibenstocker Hochfläche, am früheren Gasthaus Waldschänke vorbei, in den dichten Hochwald. Hier setzte sich der Verlauf in südlicher Richtung auf der noch heute so genannten Früßbußer Straße (früher auch Frühbußer Steig genannt), am 964 m hohen Brückenberg und dem spätmittelalterlichen Bergwerk Fletschmaul vorbei bis zum Zollamt bei Weitersglashütte fort. Die sächsisch-böhmische Grenze wurde unweit des Großen Kranichsees auf 943 m ü. NN überschritten. Auf böhmischer Seite führte die Passstraße über Sauersack, Frühbuß (Prebuz), Schönlind nach Heinrichsgrün (Jindřichovice v Krušných horách), wo sie auf die vom Graslitzer Pass kommende Straße traf. Beide Straßen stiegen von hier aus gemeinsam ins Egertal nach Falkenau (Sokolov) hinab.

Nach dem Aufblühen des neuangelegten Hammerwerkes Wildenthal in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zogen immer mehr Fuhrwerke über den genannten Hammer im Tal der Großen Bockau, um den langen und unsicheren Straßenabschnitte im Erzgebirgswald zwischen der Waldschänke und Sauersack (Rolava) zu vermeiden. Auch der offizielle Postkurs von Zwickau über Schneeberg nach Karlsbad (Karlovy Vary) wurde über Wildenthal gelegt. Dabei führte die Straße ursprünglich von Oberwildenthal über Sauschwemme und Steinbach nach Johanngeorgenstadt um dann weiter über den Plattener Pass Karlsbad (Karlovy Vary) zu erreichen. Diese Führung änderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurde der Fahrweg im oberen Tal der Großen Bockau südlich von Oberwildenthal immer mehr für Fahrten und Gänge nach Böhmen genutzt, denn dieser Weg wies weniger Steigungen auf als die Poststraße über die Sauschwemme nach Johanngeorgenstadt. 1819 wurde diese Route über Hirschenstand (Jelení), die ihren höchsten Punkt beim Grenzübertritt auf 938 m ü. NN erreichte, in einem Vertrag zwischen Sachsen und Österreich als Extrapostroute festgelegt. 1827 begann der chausseemäßige Ausbau der Straße von Schneeberg über Eibenstock und Wildenthal zur Grenze unweit des Buchkamp südlich von Oberwildenthal. Die Arbeiten zum Ausbau der Chaussee auf böhmischer Seite von Karlsbad (Karlovy Vary) über Neudek (Nejdek), Neuhammer (Nové Hamry) nach Hirschenstand (Jeleni) wurden erst 1829 in Angriff genommen. Als letztes Teilstück wurde das zwischen Hirschenstand (Jeleni) und der Grenze 1832 fertiggestellt. Seit 1837 nutzte die stark frequentierte Eilpost-Sommerlinie Zwickau-Karlsbad (Karlovy Vary) die neue Chaussee. Im Gegenzug verlor die Verbindung über Johanngeorgenstadt und Platten nach Karlsbad (Karlovy Vary) an Bedeutung. Eine weitere Aufwertung des Hirschenstander Passes erfolgte mit der Einstufung seiner nördlichen Zufahrt als Reichsstraße 93 im 20. Jahrhundert. 1945 erfolgte die Schließung des Grenzübergangs, der nach der 1997 erfolgten Wiedereröffnung von Wanderern, Rad- und Skifahrern benutzt wird. Eine Überquerung der Grenze mit Kraftfahrzeugen ist an dieser Stelle nicht möglich. Für die wechselvolle Geschichte der alten Erzgebirgspässe ist dieser Grenzübergang von exemplarischer Bedeutung: Während noch im Mai 1968 die Teilnehmer der Internationalen Friedensfahrt auf ihrer 5. Etappe das Grenztor passierten, rollten wenige Wochen später, in der Nacht zum 21. August 1968, sowjetische Panzer zur Niederschlagung des Prager Frühlings hier durch.

Graslitzer Pass

Durch das spätere Klingenthal führte der Pass nach Graslitz
Die Vogtlandbahn fährt auch über den Graslitzer Pass

Der nördliche Zugang zum Graslitzer Pass nahm in der Vergangenheit seinen Anfang in der vogtländischen Hauptstadt Plauen und verlief von dort über die Hochflächen nach dem bereits um 1200 angelegten Burgflecken Schöneck. Von hier aus durchquerte die Passstraße den waldreichen Schönecker Forst und zog sich bis zur Landesgrenze im späteren Musikwinkel, wo um 1600 der Marktflecken Klingenthal entstand. Nach dem Passieren der Grenze führte die Passstraße zuerst im Tal der Zwota durch die böhmischen Stadt Graslitz (Kraslice), bevor sie über Heinrichsgrün (Jindrichovice) Falkenau (Sokolov) an der Eger erreichte. Von hier war in westlicher Richtung die Kaiserstadt Eger (Cheb) schnell zu erreichen, während es nach Westen bis nach Karlsbad (Karlovy Vary) von dort nur noch etwa 15 Kilometer Entfernung waren. Geologisch gesehen, befindet sich der Graslitzer Pass noch im westlichen Erzgebirge, politisch gehörte die Gegend um Klingenthal jedoch bereits zum Territorium des Vogtlandes und wird deshalb in einigen Veröffentlichungen als Erzgebirgspass nicht immer anerkannt. Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass der Graslitzer Pass einer der wenigen historischen Erzgebirgspässe ist, der in weiten Teilen einem Talverlauf folgt. Die seit 1886 ebenfalls über den Graslitzer Pass führende Vogtlandbahn bildet wie der obengenannte Graslitzer Pass eine Ausnahme. Sie erreicht im Gegensatz zu den anderen Erzgebirgsquerbahnen ihren auf 767 m ü. NN gelegenen Scheitelpunkt bereits nahe dem sächsischen Schöneck.

Den Erzgebirgskamm überschreitende Eisenbahnlinien

Ehemaliger Bahnhof Hermsdorf-Rehefeld der Bahnstrecke Nossen–Moldau

Wie bereits erwähnt wurde das Erzgebirge zwischen 1872 und 1899 an fünf Stellen überschient. Dabei überwinden die Schienenübergänge den Kamm auf einer durchschnittlichen Höhe von 835 m ü. NN, d. h. 25 m über der durchschnittlichen Sattelhöhe. Mit 914 m ü. NN weist die Eisenbahnstrecke Johanngeorgenstadt – Karlsbad (Karlovy Vary) (Erzgebirgischer Semmering) den höchsten Scheitelpunkt unter den Erzgebirgsquerbahnen auf. Bemerkenswert ist, dass dieser Scheitelpunkt den der bekannten österreichischen Semmeringbahn um 16 m übersteigt. Die Eisenbahnstrecke Nossen-Moldau führte über den Pass von Klostergrab und hatte in Moldau (Moldava) Anschluss an die Teplitzer Semmeringbahn nach Brüx (Most). Die Flöhatalbahn nutzte den Reitzenhainer Pass, wo die Verbindung mit der Buschtěhrader Eisenbahn nach Komotau (Chomutov) hergestellt wurde. Die von Annaberg-Buchholz kommende Bahnstrecke über Bärenstein und Weipert (Vejprty) führt entlang des Erzgebirgskammes nach Krima (Křimov). Hier zweigte bis 1945 die Strecke über den Reitzenhainer Pass ab. Die bereits im Vogtland gelegene Vogtlandbahn bildet, wie der obengenannte Graslitzer Pass, eine Ausnahme. Als 1927 die Schweinitztalbahn ihren Betrieb aufnahm, war eine Fortführung der Bahn nach Wiesa (Louka) vorgesehen. Dieses Projekt einer weiteren Eisenbahnverbindung über das Gebirge scheiterte jedoch 1931 wegen des Desinteresses auf tschechischer Seite.

Literatur (Auswahl)

  • Auer Beschäftigungsinitiative e. V. (Hrsg.): Informative und unterhaltsame Betrachtungen zur Verkehrsentwicklung im Westerzgebirge. Aue 2004.
  • Autorenkollektiv: Lexikon kursächsische Postmeilensäulen. Berlin 1989.
  • Adolf Böhm: Die ehemaligen Erzgebirgsquerbahnen. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, Heft 1/1995. Dresden 1995. S. 18–25.
  • Ingolf Gräßler: Pässe über das Erzgebirge. Paßwege und Paßstraßen zwischen Freiberger und Zwickauer Mulde im Mittelalter. In: Rainer Aurig/Steffen Herzog/Simone Lässig (Hrsg.): Landesgeschichte in Sachsen. Tradition und Innovation. Dresden 1997, S. 97–108. ISBN 3895342106.
  • Johannes Hemleben: Die Pässe des Erzgebirges. Diss. Berlin 1911.
  • Albrecht Kirsche: Generationen der Fernwege über das Erzgebirge. in: Sächsische Heimatblätter Heft 4/2007, S. 311-321
  • Christian Lehmann: Die Kriegschronik. Sachsen mit Erzgebirge. Nachdruck der 1916 von Leo Bönhoff bearbeiteten Ausgabe. Scheibenberg 1998.
  • Gerhardt Müller: Die ältesten Wege in unserere Heimat. In: Bezirkslehrerverein Pirna (Hrsg.): Heimat. Jugendblätter zur Heimatkunde für die Sächsische Schweiz und Osterzgebirge. 4. Jahrgang. Heft Nr. 8. S. 60–62.
  • Christian Preiß: Die Alte Teplitzer Poststraße. Vom vorgeschichtlichen Steig zur Autobahn des 21. Jahrhunderts. Pirna 2004 (Eigenverlag).
  • Manfred Ruttkowski: Altstraßen im Erzgebirge. Archäologische Denkmalinventarisation Böhmische Steige. In: Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 44, 2002, ISSN 0402-7817, S. 264-297.
  • Sächsisches Institut für Straßenbau (Hrsg.): Die historische Entwicklung des Straßennetzes in Sachsen. Rochlitz 1997.
  • Paul Schmidt: Die Straßen des Freistaates Sachsen, geographisch betrachtet. Diss. Borna/Leipzig 1935.
  • Heinrich Schurtz: Die Pässe des Erzgebirges. Leipzig 1891.
  • Hans Siegert: Die Pässe des Erzgebirges. In: Kalender für das Erzgebirge und das übrige Sachsen, 1920. S. 21–26.
  • Arthur Speck: Die historisch-geographische Entwicklung des sächsischen Straßennetzes. Leipzig 1953.
  • Tomáš Velímský/Eva Černá: Výsledky rekognoskace středověké cesty z Mostu do Freiburgu. In: Archaeologia historica 15, S. 477–487.
  • H. Wiechel: Die ältesten Wege Sachsens. Sitzungsberichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis. Dresden 1901.
  • R. Wißuwa: Die Entwicklung der Altstraßen im Gebiet des heutigen Bezirkes Karl-Marx-Stadt von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis Mitte des 14. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Rekonstruktion des Altstraßennetzes auf archäologischer Grundlage. Dissertation (A)1987

Quellen

  1. o.A.: Schneestürme in den Wintern 1855 und 1856. in: Saydaer Amts- und Heimatblatt. Heft 12/2004. S. 16
  2. Gerhard Heilfurth: Gottes Richterspruch, in: Glückauf 55 (1933), S. 176.
  3. Christian Lehmann: Die Kriegschronik. Sachsen mit Erzgebirge. Nachdruck der 1916 von P. Bönhoff bearbeiteten Ausgabe. Scheibenberg 1998. S. 33
  4. a b http://www.smwa.sachsen.de/set/431/Nutzung%20Januar%2008.pdf
  5. Codex diplomaticus Saxoniae regiae I A 2 Nr. 510
  6. zit. in Christian Preiß: Die Alte Teplitzer Poststraße. Vom vorgeschichtlichen Steig zur Autobahn des 21. Jahrhunderts. Pirna 2004 (Eigenverlag). S. 60
  7. zit. in Eduard Zak: Wetterfichten am Kahleberg. Dresden 1955. S. 49
  8. http://www.dtpa.de/archiv/nachricht22374.html

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