William Marston

William Marston

William Moulton Marston (* 9. Mai 1893 in Cliftondale, Massachusetts, USA; † 2. Mai 1947 in Rye, New York) war ein US-amerikanischer Psychologe, feministischer Theoretiker und Autor von Comics. Er war u. a. gemeinsam mit seiner Frau, Elizabeth (Sadie) Holloway Marston, Schöpfer von „Wonder Woman“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marston studierte an der Harvard-Universität, die er 1921 mit einem Doktortitel in Psychologie abschloss. Er unterrichtete zunächst an der American University in Washington D.C.. 1929 ging Marston für ein Jahr zu den Universal Studios in Kalifornien. 1940 wurde durch seine Äußerungen zum Erziehungspotential von Comics der Comic-Herausgeber Max Gaines auf Marston aufmerksam und stellte ihn als Erziehunggsberater für Detective Comics (jetzt DC Comics) ein. Die letzten 6 Jahre seines Lebens war er Autor von Wonder-Woman-Comics. Marston starb an Krebs. Seine Frau Elisabeth lebte weiter mit Olive Byrne (die als Autorin unter dem Pseudonym Olive Richard arbeitete), die mit dem Paar in einer polyamoren Beziehung gelebt hatte. Olive starb in den späten 1980ern; Elizabeth starb 100-jährig 1993.

Psychologie

Marston entwickelte gemeinsam mit seiner Frau eine frühen Form des Lügendetektors, den so genannten Polygraph, bei dem er davon ausging, dass sich der Blutdruck erhöht, wenn man die Unwahrheit sagt. Das Gerät diente auch als Vorbild für das „magische Lasso“ von Wonder Woman.

Weiterhin schrieb er Aufsätze und Bücher zu populären psychologischen Themen. Sein bekanntestes Buch ist „Emotions of Normal People“, in dem sich Marston mit der Frage beschäftigte, welche Emotionen der normale Mensch zeigt und wie sie sich unterscheiden lassen. Der Begriff „normaler Mensch“ sollte die Abgrenzung zu psychisch-kranken gewährleisten. Er stellte fest, dass sich Menschen grundsätzlich in zwei Hinsichten unterscheiden, sie

  • betrachten sich stärker als Ihr Umfeld (Umwelt) oder schwächer.
  • betrachten Ihr Umfeld entweder freundlich oder feindlich.

Bei seinen Untersuchungen stellte er immer wiederkehrende Verhaltensgrundmuster fest, die er mit den vier Begriffen Dominance(Dominanz), Inducement(Veranlassung), Submission(Unterwerfung) und Compliance(Befolgung, Einhaltung) belegte. Aus diesen Grundmustern des Verhaltens, die er selbst als "Phänomene" bezeichnete, entwickelte in den 1960er Jahren Prof. Dr. John G. Geier an der University Minnesota das heute weltweit bekannte und anerkannte DISG-Modell. Geier entwickelte im Laufe seiner Forschungen auch die Begrifflichkeiten weiter, so wie die Verhaltensdimensionen heute bekannt sind: Dominance, Influence, Steadiness, Compliance, (DISC), in Deutschland auch als dominant, initiativ, stetig, gewissenhaft (DISG) bekannt sind.

Seine bekannteste These war, dass es ein männliches Unabhängigkeitsbestreben absolut archaisch und gewalttätig sei, und das die gegensätzliche weibliche Taktik, Männer zu verführen (um sie zu halten) eine Unterwerfung unter eine liebende Macht sei. Seine Bedenken über die Stereotype von Geschlechterrollen in der Populärkultur drückte er 1944 in einem Artikel im „The American Scholar“ aus:

„Nichtmal Mädchen wollen Mädchen sein, solange unsere weiblichen Stereotype nicht mit Macht, Stärke und Kraft verbunden sind...Die naheliegende Lösung ist es, einen weiblichen Charakter mit den Stärken von Superman und dem Reiz der guten und schönen Frau zu schaffen (Marston, 1944, p. 42-43)“.

Entwicklung von Wonder Woman

In einem Interview beschrieb Marston 1940, was er als großes Erziehungspotential von Comic-Büchern sah. Er betrachtete die Detective Comics-Serie, die voller männlicher Superhelden war, allen voran Superman. Angesichts diese ganzen männlichen Helden dachte sich Marston, dass weibliche Helden fehlen und entwickelte mit seiner Frau Elizabeth, die teilweise auch als Model diente, die unkonventionelle und selbstbewusste Wonder Woman.

Unter dem Namen Charles Moulton entwickelte er für DC Comics die Serie. „Suprema“, wie die Figur zuerst heißen sollte, sollte einerseits „zärtlich, unterwürfig, friedvoll wie alle guten Frauen“ sein, und dabei „die ganze Stärke von Superman mit dem Reiz der guten und schönen Frau verbinden“. Seine Figur war die Eingeborene eines weiblichen Utopia, die zur einer US-Regierungsagentin wurde und Verbrechen bekämpft. Dabei benutzt neben ihrer übermäßigen Kraft und Beweglichkeit sie ihre Fähigkeiten, Bösewichter durch ihr magisches Lasso dazu zu zwingen, die Wahrheit zu sagen. Ihr Erscheinungsbild, inklusive ihrer silbernen Armreifen, mit denen sie Kugeln abwehrt, war an Olive orientiert.

Im Dezember 1941 trat Wonder Woman zum ersten mal im All Star Comics #8 auf. Dann tauchte sie wieder in Sensation Comics #1 im Januar 1942 auf, und 6 Monate später wurden die Comics mit ihr als Hauptfigur regelmäßig veröffentlicht. Die Geschichten wurden ursprünglich von Marston verfasst, und von dem Zeitungszeichner Harry Peter illustriert.

Bondage-Motive

Marstons Wonder Woman wird oft als ein frühes Beispiel dafür genannt, wie Bondage-Themen in der Populärkultur verarbeitet werden. Physische Unterwerfung taucht immer wieder in Marstons Comics auf. Wonder Woman und ihre Gegner sind oft aneinandergefesselt oder anderweitig physisch eingeschränkt, und ihre Amazonen-Freundinnen ringen gerne und fesseln sich. Diese Elemente wurden von späteren Autoren etwas entschärft. Obwohl Marston den weiblichen Charakter als unterwürfig beschreibt, bezeichnet er die Unterwürfigkeit gegenüber Frauen als noble und möglicherweise weltrettende Praxis, die letztendlich zur Errichtung eines Matriarchats führe. Dabei klammerte er die sexuelle Komponente nicht aus.

Rechte an den Wonder-Woman-Comics

Aufgrund geschickter Verhandlungstaktik war Marston möglicherweise der erste Comic-Buch-Autor, der einen nennenswerten Anteil Geld aus den Verkäufen von einem großen Verlag bekam. Siegel & Shuster, die Schöpfer von Superman, mussten dafür 1975 einen Rechtsstreit mit DC-Comics führen. Marstons Erben dagegen bekamen kleine Anteile aus allen Verkäufen von allen mit Wonder Woman in Verbindung stehenden Artikeln. Es gab sogar eine Klausel, dass, wenn länger als einen Monat kein Comic-Buch mit Wonder Woman veröffentlicht wird, alle Rechte an Marstons Familie gehen.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • (1930) Walter B. Pitkin & William M. Marston, The Art of Sound Pictures. New York: Appleton.
  • (1931) Integrative psychology; a study of unit response (with C. D. King & E. H. Marston). London, England: Harcourt, Brace.
  • (c. 1932) Venus with us; a tale of the Caesar. New York: Sears.
  • (1936) You can be popular. New York: Home Institute.
  • (1937) Try living. New York: Crowell.
  • (1938) The lie detector test. New York: Smith.
  • (1941) March on! Facing life with courage. New York: Doubleday, Doran.
  • (1943) F. F. Proctor, vaudeville pioneer (with J. H. Feller). New York: Smith.
  • (1999; Erstveröffentlichung 1928) Emotions of Normal People. Taylor & Francis Ltd. ISBN 0415210763

Literatur

  • Marston, William Moulton (1928). Emotion of Normal People New York (Minneapolis 1979).
  • Bunn, Geoffrey C. (1997). The lie detector, Wonder Woman and liberty: The life and works of William Moulton Marston. History of the Human Sciences, 10, 91-119. (englisch)
  • Daniels, Les, and Chip Kidd. (2000). Wonder Woman: A Complete History. Chronicle Books. ISBN 0811829138

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • William Marston House — Infobox nrhp | name =William Marston House nrhp type = caption = location= Barnstable, Massachusetts lat degrees = 41 lat minutes = 39 lat seconds = 8 lat direction = N long degrees = 70 long minutes = 24 long seconds = 53 long direction = W… …   Wikipedia

  • William Moulton Marston — (l to r) William Moulton Marston, H. G. Peter, Sheldon Mayer, Max Gaines (1942) Born May 9, 1893(1893 05 09) Cliftond …   Wikipedia

  • William Moulton Marston — (* 9. Mai 1893 in Cliftondale, Essex County, Massachusetts; † 2. Mai 1947 in Rye, New York) war ein US amerikanischer Psychologe, feministischer Theoretiker und Autor von Comics. Er war unter anderem gemeinsam mit seiner Frau, Elizabeth… …   Deutsch Wikipedia

  • Marston House — may refer to: in the United States (by state then city) Collins Marston House, Mobile, Alabama, listed on the National Register of Historic Places in Mobile, Alabama Greene Marston House, Mobile, Alabama, listed on the National Register of… …   Wikipedia

  • Уильям Марстон(William Marston) — Уильям Моултон Марстон (англ. William Moulton Marston) (9.05.1893  2.05.1947)  американский психолог, теоретик феминизма, изобретатель и автор комиксов, создавший «Удивительную женщину». Прообразом Удивительной Женщины послужили его жена Элизабет …   Википедия

  • William Moulton Marston — El Doctor William Moulton Marston (9 de mayo de 1893 – 2 de mayo de 1947) fue un psicólogo, feminista, teorista, inventor, y autor de historietas que creó al personaje de la Mujer Maravilla. Contenido 1 Biografía 1.1 Vida y carrera …   Wikipedia Español

  • Marston — is the name of several places in the United Kingdom: Marston, Cheshire Marston, Herefordshire Marston, Lincolnshire Marston, Oxfordshire Marston, Brewood, Staffordshire Marston, Stafford, Staffordshire Marston, Warwickshire Marston, Wiltshire… …   Wikipedia

  • William Moulton Marston — Surnom Charles Moulton Naissance 9 mai 1893 Saugus, Massachusetts Décès 2 mai 1947 (à 53 ans) Rye (New York) Nationalité …   Wikipédia en Français

  • Marston Morse — Marston Morse, 1965 Harold Calvin Marston Morse, oder kurz Marston Morse, (* 24. März 1892 in Waterville, Maine; † 22. Juni 1977 in Princeton, New Jersey) war ein US amerikanischer Mathematiker, der auf dem Gebiet der Variationsrechnung …   Deutsch Wikipedia

  • Marston's Brewery — Marston s plc Type Public (LSE: MARS) Industry Brewing F …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”