Windmühle Saalow

Windmühle Saalow
Außenansicht der Scheunenwindmühle
Außenansicht mit geschlossenem Tor
Innenansicht der Scheunenwindmühle
Verfallende Scheunenwindmühle am ursprünglichen Standort in Podemus, etwa 1970

Die Scheunenwindmühle in Saalow, teils auch nur als Scheunenmühle bezeichnet, ist eine weltweit einmalige Windmühle. Sie stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde ursprünglich im heutigen Dresdner Ortsteil Podemus errichtet. Die Mühle wurde so konstruiert, dass der Wind, der die Flügel antreibt, direkt durch das Gebäude hindurchströmt und nicht, wie allgemein üblich, um die Mühle herumgeleitet wird. Von Fachleuten wird sie daher mitunter als „hölzerne Windturbine“ klassifiziert.

Inhaltsverzeichnis

Standort

Das Gebäude mit der Adresse Dorfaue Saalow 19 befindet sich in Saalow, einem Ortsteil der Gemeinde Am Mellensee im Landkreis Teltow-Fläming in Südbrandenburg. Es steht neben dem dortigen Bürgerhaus in der Dorfmitte.

Aufbau und Funktionsweise

Die Scheunenwindmühle ist ein viereckiger, zweigeschossiger Fachwerkbau, der in verschlossenem Zustand zunächst einer einfachen Scheune ähnelt. An zwei Seiten des Gebäudes befinden sich zwei achteckige hölzerne Scheunentore mit direkt dahinter liegenden Windrädern aus Fichtenholz. Das größere Windrad an der Westseite hat einen Durchmesser von 4,70 m. Es besitzt zwei Kammräder, von denen das vordere den Schrotgang antrieb und das hintere als Bremse diente. Für den Sackaufzug nutzte man als Antrieb das kleinere Windrad an der Südseite, das einen Durchmesser von 3,85 m aufweist. Das komplett erhaltene Mahlwerk dieser Getreidemühle befindet sich im Obergeschoss. Bei den zum Bau verwendeten Holzarten herrschen Rotbuche und Stieleiche vor. Das Mühleninnere enthält einige volkskünstlerische Verzierungen.

Um die Mühle in Gang zu bringen, öffnet man die beiden Scheunentore. Die insgesamt vier Flügel des größeren Tores dienen als Leitflächen für die einströmende Luft. Der Wind treibt die in die Gebäudemauern eingelassenen Windräder an, strömt durch den Innenraum des Untergeschosses hindurch und verlässt das Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite durch zwei Öffnungen. Werden die beiden Tore wieder verschlossen, endet die Rotation der von ihnen vollständig verdeckten Windräder. Nicht belegt und sehr fraglich ist, ob diese Konstruktion effektiv gearbeitet hat.

Heutige Nutzung

Gepflegt und verwaltet wird die Scheunenwindmühle durch den Verein „Arbeitsgruppe Bürgerhaus Saalow e. V.“. Er betreibt in dem Gebäude im Auftrag der Gemeinde ein kleines Museum und bietet Besichtigungen und Führungen über technische und kulturgeschichtliche Aspekte an. Hierbei dient die Mühle als leerlauffähige Schauanlage. Auch Hochzeitsfeiern werden am Gebäude durchgeführt.

Höhepunkt der Veranstaltungen ist das Saalower Mühlenfest, das alljährlich am Pfingstmontag anlässlich des Deutschen Mühlentages gefeiert wird. Im Dorfkern vor der Mühle sind dann Handwerks- und Marktstände aufgebaut und es gibt neben Musik und Bewirtung auch Angebote für Kinder.

In Saalow wurde außerdem der Saalower Mühlenweg eingerichtet. Start- und Zielpunkt dieses mit einem grünen Punkt und einer weißen Vier markierten Lehrpfads liegen am Erlebnisbahnhof Mellensee-Saalow. Der Mühlenweg führt auch an der vollständig erhaltenen Saalower Paltrockwindmühle vorbei. Durch das Vorhandensein dieser beiden Mühlen gilt Saalow als regelrechtes Mühlendorf.

Geschichte

Die Scheunenwindmühle ist ursprünglich eine sächsische Erfindung. Im Jahre 1864 wurde sie von Johann Traugott Leberecht Schubert im heutigen Dresdner Ortsteil Podemus errichtet. Schubert war Bauer, lebte zwischen 1820 und 1889 und war ein Tüftler und Hobbytischler mit handwerklichen und künstlerischen Begabungen. Er besaß einen kleinen Dreiseithof im Bauerndorf Podemus. Um den Mühlenzins zu umgehen, ohne jedoch die für den Betrieb einer eigenen Windmühle eigentlich notwendige Konzession zu besitzen, baute er notgedrungenermaßen die Mühle in eine damals ungenutzte Scheune auf seinem Anwesen hinein. Die Mühle stand auf einem fast ebenerdigen Feldsteinfundament insgesamt 110 Jahre lang in dem kleinen Ort im Meißner Hochland. Im Jahre 1914 erhielt sie einen elektrischen Antrieb und blieb bis 1957 in Betrieb. Anschließend verfiel sie und war nach mehreren Jahren derart baufällig, dass sie 1974 abgebrochen werden musste. Mitarbeiter des Instituts für Denkmalpflege Dresden fotografierten und zeichneten das Gebäude jedoch unmittelbar zuvor und schufen somit die Grundlage für einen späteren Wiederaufbau. Das Museum für Volkskunst Dresden und Mitglieder der Kulturbundgruppe Oberwartha bauten anschließend die Einzelteile aus und bargen und katalogisierten sie, um sie der Nachwelt für eine museale Wiederverwendung zu erhalten. Die Scheunenwindmühle galt in der DDR als „einzigartiges Denkmal der Produktionsgeschichte, von einem Bauern geschaffen und volkskünstlerisch verziert“.

In einjähriger Bauzeit wurde die Mühle von 1992 bis 1993 in Saalow, mehr als 100 km nördlich ihres ursprünglichen Standorts, wieder aufgebaut. Dies geschah auf Initiative einer Architektin, die nach der Wende die Reste des mittlerweile in Saalow zwischengelagerten Denkmals aufstöberte, sowie des Vereins „Scheunenwindmühle Saalow e. V.“ und des Saalower Mühlenfachmanns Bernd Maywald, der als (mittlerweile ehemaliger) Inhaber der örtlichen Paltrockmühle in der Zeit der DDR als einer der führenden Experten auf diesem Gebiet galt. Da der Standort hinter dem Bürgerhaus aber nicht ideal ist, wurde das Haus aus Platzgründen nun seitenverkehrt errichtet. Beim Wiederaufbau richtete man sich jedoch nach den alten Zeichnungen und Fotografien, baute die noch erhaltene Technik wieder ein und ging besonders beim Innenausbau möglichst detailgetreu vor. Seit 1995 ist die Scheunenwindmühle für Touristen zugänglich und ist ein besonderer und auffälliger Bestandteil der Saalower Dorfbebauung.

Weblinks

52.19527777777813.37757Koordinaten: 52° 12′ N, 13° 23′ O


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