Witkojc

Witkojc

Mina Witkojc, deutscher Name: Wilhelmine Wittka, (* 28. Mai 1893 in Burg/Spreewald; † 11. November 1975 in Papitz, Niederlausitz) war eine niedersorbische Dichterin und Publizistin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mina Witkojc besuchte bis 1907 die Volksschule in Burg und arbeitete anschließend bis 1917 in Berlin als Dienstmädchen, Blumenbinderin und in der Rüstungsindustrie. Von 1918 bis 1921 war sie Tagelöhnerin in Burg.

Im August 1921 traf sie zufällig auf eine Gruppe tschechischer und obersorbischer Intellektueller, die im Spreewald unterwegs war. Diese Begegnung, die sie in einem ihrer ersten Gedichte beschrieb, führte dazu, dass sie sich ihrer wendisch/niedersorbischen Nationalität bewusst wurde. Dies führte zu ihrer Übersiedlung nach Bautzen, wo sie von 1923 bis 1933 an der niedersorbischen Zeitung Serbski casnik mitarbeitete. Vielfältige Kontakte zu sorbischen Intellektuellen entstanden während ihrer Bautzener Jahre, insbesondere zu Arnošt Muka und Jan Cyž.

1926 nahm sie am Europäischen Minderheitenkongress in Genf teil, 1930 am allslawischen Sokol-Treffen in Jugoslawien. In den 20er und 30er Jahren übersetzte sie auch andere slawische Autoren ins Sorbische, so Božena Němcová und Petr Bezruč.

1933 erhielt sie durch die neue nationalsozialistische Regierung Schreibverbot. Bis 1936 verblieb sie arbeitslos in Bautzen. Im selben Jahr zog sie wieder in die alte Heimat nach Burg. Dort verdiente sie sich von 1936 bis 1941 wieder ihren Lebensunterhalt als Tagelöhnerin in der Landwirtschaft. Da sie sich durch ihre Texte und Gedichte innerhalb des wendisch/sorbischen Kulturlebens sehr exponiert hatte und darüber hinaus durch Kontakte zu anderen slawischen Intellektuellen in den Verdacht eines (pan)slawischen Nationalismus geriet, praktizierten die Nationalsozialisten an ihr das, was schon in den Jahren ab 1937 mit der Ausweisung sorbischer Kulturschaffender und Geistlicher aus der Lausitz begann: 1941 erhielt Mina Witkojc ein Aufenthaltsverbot für den Regierungsbezirk Dresden, 1942 dann eines für den Regierungsbezirk Frankfurt/Oder. Damit war sie gezwungen, die Lausitz zu verlassen.

In den Jahren 1942 bis 1945 lebte sie dann in Erfurt, wo sie unter anderem als Angestellte in einem Gärtnereibetrieb tätig war. In ihrem groß angelegten Gedicht „Erfurtske spomnjeśa“ („Erfurter Erinnerungen“) zog sie 1945 die Bilanz ihres bisherigen Lebens, was bei Mina Witkojc nicht Selbstreflexion, sondern Abrechnung mit ihrem bisherigen Wirken für die Sorben bedeutete. In ihrem Exil pflegte sie intensive Kontakte zu dem ebenfalls aus seiner Heimat vertriebenen niedersorbischen Pfarrer Bogumił Šwjela und den in Weimar lebenden wendischen Maler Fryco Latk. 1946 lebte sie als Mitarbeiterin der Domowina wieder in Bautzen, übersiedelte aber nach einer vorübergehenden Verhaftung 1947 nach Prag, wo sie bis 1954 lebte. In der Niederlausitz wurden in dieser Zeit noch jegliche sorbische Aktivitäten durch die SED-Bezirksleitung Cottbus unterdrückt. So wurde Witkojc beim Kleben sorbischsprachiger Plakate für die Gemeindewahlen wegen angeblicher pro-tschechoslowakischer Agitation verhaftet. Erst Mitte 1948 erlaubten die Behörden die Tätigkeit sorbischer Organisationen auch in der Niederlausitz.

1954 ließ sich Mina Witkojc wieder in ihrem Heimatdorf Burg nieder, wo sie bis kurz vor ihrem Lebensende wohnte. Sie trat noch als Mitautorin einer Anthologie und mit einzelnen Gedichten und Beiträgen im Nowy casnik, dem niedersorbischen Wochenblatt, hervor. 1955 erschien noch ein Gedichtband „K swětłu a słyńcu“ („Zum Licht, zur Sonne“), der teilweise aus im Sinne des verordneten Abschieds vom slawischen Gemeinschaftsgedanken umgearbeiteten Gedichten der 20er und 30er Jahre besteht. Als Beispiel sei genannt, dass die Überschrift ihres ersten Gedichtes von 1921 lautete „Erinnerung an das erste Treffen mit tschechischen und obersorbischen Brüdern“, in der Fassung von 1955 aber nur noch von „obersorbischen Brüdern“ die Rede ist. Ihre letzten Monate verlebte sie im Altersheim von Papitz.

Bedeutung

Mina Witkojc nahm in der niedersorbischen Lyrik eine ähnliche Vorreiterrolle wie Jahrzehnte vor ihr Jakub Bart-Ćišinski für die obersorbische Sprache ein. Ihre Gedichte bringen eine enge Verbundenheit zu ihrem sorbischen Volk und ihrer Heimat, dem Spreewald, zum Ausdruck. Sie förderte vor allem mit ihrer Arbeit als Redakteurin für die niedersorbische Zeitung „Serbski Casnik“ und für den sorbischen Buchkalender „Pratyja“ das Selbstverständnis der Wenden/Sorben besonders in der preußischen Niederlausitz, wo die gegenüber Sachsen von jeher stärkere Germanisierungspolitik am Anfang des 20. Jahrhunderts zum fast völligen Verlust des nationalen (Selbst)bewusstseins geführt hatten. Charakteristisch für ihre Dichtung ist die häufige allegorische Verwendung von Naturbildern (Sonne, Mond, Meer) in Bezug auf den Zustand des sorbischen Volkes. Beispielsweise wird wie auch schon von Jakub Bart-Ćišinski die Stellung der Sorben mit einer Insel im stürmischen Meer verglichen.

Werke

  • Dolnoserbske basni (Niedersorbische Gedichte), Bautzen 1925
  • Wěnašk błośańskich kwětkow (Ein Strauß Spreewaldblumen), Bautzen 1934
  • K swětłu a słyńcu (Zum Licht, zur Sonne), Berlin 1955
  • Prědne kłoski (Erste Ähren, Mitautorin), Berlin 1958
  • Po drogach casnikarki (Als Redakteurin unterwegs, Prosasammlung, Hg.: Kito Lorenc), Bautzen 1987, ISBN 3-7420-0281-3
  • Echo aus dem Spreewald (Gedichte, Hg.: Christiane Piniek, dt. Übersetzung: Elke Nagel), Bautzen 2001, ISBN 978-3-7420-1857-1

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