Witzens

Witzens

Udo Witzens (* 1941 in Karwin, heute Karviná, Tschechien) ist ein deutscher Politologe und Orientalist.

Witzens studierte Politische Wissenschaften, Orientalistik, Germanistik, Anglistik und Philosophie an den Universitäten Heidelberg und Freiburg. Er promovierte im Fach Orientalistik an der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften der Universität Heidelberg über die Thesen von Karl A. Wittfogel zum „Orientalischen Despotismus“. Als Mitarbeiter des Südasieninstituts der Universität Heidelberg arbeitete er über die politischen Implikationen des Neobuddhismus in Südostasien mit den Schwerpunkten Sri Lanka und Birma. Es folgte eine Lehrtätigkeit als Dozent für Politische Bildung in der Lehrer- und Erwachsenenbildung.

Seit einigen Jahren untersucht Witzens Fragestellungen zum Verhältnis von orientalischer und westlicher Kultur. Er bestreitet Samuel Huntingtons These vom „Kampf der Kulturen“ und postuliert im Gegensatz zu diesem die Kompatibilität von muslimischem und christlichem Kulturkreis, die in Europa seit Jahrhunderten miteinander verflochten sind. Nach Witzens machen kulturelle Vielfalt und kosmopolitische Tradition die wahre Identität Europas aus. Witzens verwirft die unter anderem von Huntington und dem französischen Historiker Jacques Le Goff betriebene Reduktion der EU auf das römisch-christliche Abendland, ein Konzept, das sowohl die christlich-orthodoxen als auch muslimischen Völker und Nationen aus Europa ausschließt. Deshalb wendet er sich auch dezidiert gegen die Ausgrenzung der Türkei aus der Europäischen Union, wie sie im Gefolge Huntingtons von nationalkonservativen deutschen Politikern und Historikern betrieben wird. Er hat das Vorwort zu Cem Özgönüls Der Mythos eines Völkermordes - eine kritische Betrachtung der Lepsiusdokumente sowie der deutschen Rolle in Geschichte und Gegenwart der "Armenischen Frage" geschrieben. Darin schreibt Witzens, dass die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten, die er als Kind miterlebt hat, und die Deportation der Armenier im Osmanischen Reich analoge Ereignisse sind und beide Ereignisse keinen Völkermord sondern Ethnische Säuberungen darstellen. Dabei stützt er sich insbesondere auf die Arbeiten von Bernard Lewis, Guenter Lewy sowie auf Özgönüls Ergebnisse, der "anhand einer Fülle neuer Dokumente mit althergebrachten Stereotypen" aufräume und "so eine neue Sichtweise auf die damaligen Ereignisse" eröffne.[1] Witzens schließt sein Vorwort mit den Worten, es gehe in diesem Buch nicht um Geschichtsrevisionismus, sondern um die Korrektur eines einseitigen Geschichtsbildes, in welchem aufgrund selektiver Wahrnehmung und fragwürdiger Legendenbildung wesentliche Aspekte systematisch ausgeblendet worden seien.[1]

Der parteilose Politologe Witzens ist ein Vertreter der strukturvergleichenden (komparatistischen) Methode, wie sie von seinen akademischen Lehrern Manuel Sarkisyanz, Dieter Oberndörfer und Gottfried-Karl Kindermann in der Tradition von Arnold Bergstraesser entwickelt wurde.

Veröffentlichungen

  • Aufnahme oder Ausgrenzung? Gehört die Türkei zu Europa? (2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Köln 2007)
  • Aufnahme oder Ausgrenzung? Gehört die Türkei zu Europa? (1. Auflage, Köln 2004)
  • Kritik der Thesen Karl A. Wittfogels über den Orientalischen Despotismus. Karlsruhe 2000
  • als online-Ressource:
  • Die politischen Aspekte des Neobuddhismus in Ceylon und Birma (Freiburg 1967)

Quellen

  1. a b Cem Özgönül Der Mythos eines Völkermordes - eine kritische Betrachtung der Lepsiusdokumente sowie der deutschen Rolle in Geschichte und Gegenwart der "Armenischen Frage", Önel Verlag 2006, S. 23

Weblinks


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