Wrykolakas

Wrykolakas

Der Ausdruck Wrykólakas (griechisch βρυκόλακας auch Wrukólakas, Brukolák, maskulin.) bezeichnet in der griechischen Mythologie einen Vampir. Ursprünglich slawischer Herkunft bezeichnete er einen Werwolf.

Nach dem griechischen Volksglauben führte ein frevelhafter Lebenswandel, die Exkommunikation, der Abfall vom orthodoxen Glauben, die Bestattung in ungeweihter Erde, besonders aber der Verzehr von Fleisch eines vom Werwolf gerissenen Schafes dazu, dass ein Mensch nach seinem Tod zum Wrykólakas wird. Nach bestimmten Vorstellungen verwandelte sich auch ein getöteter Werwolf in einen mächtigen Vampir, der dabei die Fangzähne, behaarten Handflächen und die glühenden Augen des Werwolfs übernimmt. Der Wrykólakas klopfte nachts an die Haustür und rief die Bewohner beim Namen. Wenn er beim ersten Mal keine Antwort bekam, ging er vorbei, ohne Schaden anzurichten. Daher antwortete man in bestimmten Gebieten erst beim zweiten Mal auf Klopfen oder Rufen. Opfer des Wrykólakas wurden selbst zu Vampiren. Da ein solcher Blutsauger immer mächtiger wurde, wenn er ungehindert seinem Treiben nachgehen konnte, musste dem verdächtigen Leichnam so schnell wie möglich der Garaus gemacht werden. Traditionelle Methoden waren das allseits bekannte Pfählen, Enthaupten, Ausreißen des Herzens mit anschließendem Aufkochen in Essig und das Verbrennen des Leichnams. Dabei wurden auch die von ihm befallenen Opfer wieder vom Fluch der untoten Existenz befreit.

Im griechisch-orthodoxen Ritus war es üblich, nach 40 Tagen das Grab eines Verstorbenen zu öffnen und im Beisein des Priesters zu überprüfen, ob die Verwesung so weit fortgeschritten war, dass mit einer Rückkehr des Toten als Vampir nicht mehr zu rechnen war. Schien die Verwesung jedoch nicht eingesetzt zu haben, galt der Leichnam nach allgemeiner Überzeugung als vom Teufel besessen und musste daher vernichtet werden. Als unverweslich galt jeder Tote, der nicht erlöst werden konnte. Es wird häufig berichtet, dass die orthodoxe Kirche diesen Volksglauben ausgenutzt habe, um die Gläubigen vom Übertritt zum Islam abzuhalten. Die Furcht, nicht erlöst werden zu können, beherrschte die Menschen auf dem Balkan.

Die merkwürdige Begriffsverwirrung ist bedingt durch die Übernahme des slawischen Wortes "vurkudlak", das übersetzt "Wolfspelz" bedeutet und auch bei den Serben und Makedoniern inzwischen die Bedeutung von "Vampir" angenommen hat, zuweilen aber auch den Werwolf bezeichnet. Hintergrund ist der europaweit verbreitete Volksglaube, dass ein Mensch, der zu Lebzeiten andere in Gestalt eines Werwolfs schädigte, unerkannt blieb und nicht bestraft wurde, nach seinem Tod als Vampir wiederkehren oder als Nachzehrer aus dem Grab heraus die Lebenden schädigen werde, wenn nicht entsprechende Maßnahmen zum Bannen oder Vernichten des Unholds ergriffen wurden. Das ursprüngliche griechische Wort für Werwolf lautete "kallikántsaro", während der häufig in der Literatur gefundene Begriff "lykanthropos" (wörtlich: "Wolfsmensch") nur in der Gelehrtensprache, etwa bei den Medizinern, vorkam. Ein urgriechischer Begriff für Vampir, der aus der Zeit vor der Übernahme des slawischen Wortes datiert, ist nicht bekannt, was zu der Annahme geführt hat, die Griechen hätten den Vampirglauben erst durch den Kontakt mit den einwandernden Slawen angenommen. Bislang brachten alle Versuche, die unterschiedlichen Wurzeln des griechischen Vampirglaubens zu ermitteln, keine befriedigenden Erfolge. Es ist jedenfalls nicht gesichert, dass andere blutsaugende Wesen, die uns aus der antiken Mythologie bekannt sind, als Vorläufer der Vampire zu sehen sind, denn es handelt sich bei ihnen um Dämonen (Lamien oder Empusen) und nicht um wiederkehrende Tote, also menschliche Wesen. Sie haben daher einen anders gelagerten mythischen Hintergrund, auch wenn einige der ihnen zugeschriebenen Eigenschaften mit denen der Vampire verschmolzen sind.

Literatur

  • George Frederick Abbott: Macedonian Folklore (Results of Researches into the Folklore of the Greek Speaking Parts of Macedonia. Cambridge 1903.
  • John Cuthbert Lawson: Modern Greek Folklore and Ancient Greek Religion. London 1910.
  • Leopold Kretzenbacher: Kynokephale Dämonen südosteuropäischer Volksdichtung. Vergleichende Studien zu Mythen, Sagen, Maskenbräuchen um Kynokephaloi, Werwölfe und südslawische Pesoglavci. (Beiträge zur Kenntnis Südosteuropas und des Nahen Orients, Band 5) München 1968.
  • Bernhard Schmidt: Das Volksleben der Neugriechen und das hellenische Alterthum. Leipzig 1871.

Siehe auch:


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