Wüppesahl

Wüppesahl
Thomas Wüppesahl

Thomas Wüppesahl (* 9. Juli 1955 in Hamburg) ist ein deutscher Politiker und ehemaliger Bundestagsabgeordneter (ehemals Die Grünen).

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

Wüppesahl kam im Oktober 1971 im Alter von 15 Jahren zur Hamburger Polizei. Nachdem er seine Ausbildung zum Polizeibeamten 1974 beendet hatte, absolvierte er 1977 auch den einjährigen Kriminalbeamtenanwärterlehrgang.

Im Jahre 1985 wurde Wüppesahl zum Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung im Fachbereich Polizei FHÖV/P zugelassen. Im dritten Semester unterbrach er das Studium, um von 1987 bis 1991 ein Bundestagsmandat auszuüben. Den Abschluss des Studiums zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) erhielt er im November 1994. Er konnte nach weiteren Lehrgängen mit acht Monaten Dauer als ausgebildeter Wirtschaftskriminalist im Landeskriminalamt Hamburg tätig werden. Zudem ließ er sich zum Vertrauensmann der Gewerkschaft der Polizei schulen.

Nach den Ereignissen des Hamburger Kessels gründete Wüppesahl 1987 zusammen mit anderen Polizeibeamten die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten in Hamburg, die sich für Bürgerrechte und stärkere Kontrolle der Polizei einsetzt. Seit 1998 ist er Sprecher der Arbeitsgemeinschaft.

Wüppesahl wurde Ende 1999 wegen des Verdachts des Aktendiebstahls und Verwahrungsbruchs an der OK-Dienststelle für Kfz-Hehlerei und betrügerische Verkehrsunfälle des LKA Hamburg für rund ein Jahr vorläufig vom Dienst suspendiert. Im September 2000 erfolgte der Freispruch am Amtsgericht Hamburg-Altona.

Partei

Wüppesahl engagierte sich ab 1975 in der Bürgerinitiative gegen das Kernkraftwerk Krümmel und wurde schon 1978 Mitglied einer grünen Gruppe, später Grün-Alternative Liste, in Hamburg. Er gründete zu den Kommunalwahlen 1982 zwei grüne Wählergemeinschaften für die Ratsversammlung in Geesthacht und den Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg.

Im Jahre 1986 wurde er in das Präsidium des Landeshauptausschusses des grünen Landesverbandes in Schleswig-Holstein gewählt. Am 31. Mai 1987 trat er wegen interner Streitigkeiten aus der Partei aus.

Abgeordneter

Von 1982 bis 1986 gehörte Wüppesahl der Ratsversammlung von Geesthacht, Schleswig-Holstein, sowie dem Kreistag des Herzogtum Lauenburg in Ratzeburg an. Im Kreistag war er für zwei Jahre Fraktionsvorsitzender.

Nach der Bundestagswahl 1987 zog er über die Landesliste Schleswig-Holstein in den Deutschen Bundestag ein. Nachdem er im Mai 1987 aus der Partei ausgetreten war, wurde er am 26. Januar 1988 aus der Bundestagsfraktion Die Grünen ausgeschlossen. Dadurch verlor er neben seiner Funktion als innenpolitischer Sprecher der Fraktion auch seine Sitze in den Ausschüssen.

Als fraktionsloser Abgeordneter wollte auch Wüppesahl das Recht für Gesetzesinitiativen, den Rechtsanspruch auf einen Ausschussplatz, auf einfache Anträge sowie Schriftliche Kleine Anfragen haben. Ebenso wollte er den Rechtsanspruch auf ein angemessenes Rederecht im Plenum des Bundestags nicht verlieren. Nicht zuletzt beanspruchte er zwecks Gleichsetzung mit den Abgeordneten in den Bundestagsfraktionen einen Zuschuss aus dem Haushalt, um sich − wie andere Abgeordnete − damit Zuarbeit (Gutachten, Experteneinladungen, Rechtsberatung usw.) erwerben zu können. Seine diesbezüglichen Anträge wurden im Plenum des Deutschen Bundestages abgelehnt.

Als er zu diesen Punkten die Aussprache im Bundestag begehrte und entsprechende Änderungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages beantragte, wurde ihm Redezeit durch das Parlament verweigert. Deswegen führte Wüppesahl vor dem Bundesverfassungsgericht ein Organstreitverfahren, bei dem Antragsgegner sowohl der Deutsche Bundestag, als auch die Bundestagspräsidentin und die grüne Bundestagsfraktion waren.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Verwehrung der Mitgliedschaft in einem Ausschuss mit Rede- und Antragsrecht (aber ohne Stimmrecht) sowie der völlige Ausschluss von Einflussnahmen auf das Gesetzgebungsverfahren gegen das Recht des Abgeordneten aus Artikel 38 Abs. 1 S. 2 GG verstoßen würde (Urteil vom 13. Juni 1989, 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188).[1] Seit dieser Entscheidung haben Einzelabgeordnete auch das Recht auf Änderungsanträge in 2. Lesung. Des Weiteren erhielt er ein angemessenes Rederecht im Plenum. Alle anderen Anträge Wüppesahls wurden mit Verweis auf fehlende Formvorgaben (6-Monatsfrist) zurückgewiesen.

Wüppesahl war noch bis zum Ende der 11. Wahlperiode 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Verhaftung und Verurteilung

Am 25. Oktober 2004 wurde Wüppesahl wegen des Verdachts der Vorbereitung einer Straftat verhaftet. Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft war ein ehemaliger Polizist und Kollege Wüppesahls. Dieser besorgte zum Schein für Wüppesahl eine unbrauchbare Pistole aus Polizeibeständen und ein Messer, mit denen ein Raubmord durchgeführt werden sollten. Die Festnahme fand bei der Übergabe in der Wohnung des Bekannten statt. [2]

Wüppesahl führte an, er habe die Vorbereitung nur zum Schein inszeniert, um seinen ehemaligen Kollegen als Spitzel der Polizei zu entlarven. Er vermutete eine Racheaktion der Hamburger Justiz wegen seiner unbequemen Tätigkeiten.[3]

Die Prozesseröffnung fand am 4. März 2005 statt. Das Landgericht Hamburg verurteilte Wüppesahl am 7. Juli 2005 wegen der Planung eines Verbrechens und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Nach der zurückgewiesenen Revision wurde das Urteil gültig. Wüppesahl wurde in verschiedenen Haftanstalten untergebracht, ab Mai 2007 wurde er in den offenen Vollzug verlegt.[4] Im Oktober 2007 wurde er nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe entlassen.[5]

Wüppesahl reichte am 27. Dezember 2006 am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen seine Verurteilung ein. [2] Das Verfahren ist noch nicht entschieden.

Einzelnachweise

  1. Wüppesahl-Urteil, 13. Juni 1989, 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (online)
  2. a b Wüppesahl-Fall vor Euro-Gericht. In: Die Tageszeitung, 29. Januar 2007 (online)
  3. Kai Portmann: Ein Raubmord gegen gesellschaftliche Missstände. In: Stern, 8. Juli 2005 (online)
  4. Kurzer Weg in die Freiheit. In: Tagesspiegel, 30. Juni 2007 (online)
  5. Wüppesahl aus der Haft entlassen. In: Hamburger Abendblatt, 25. Oktober 2007 (online)

Weblinks


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