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Die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA), auch Röntgenfluoreszenzspektroskopie (RFS) genannt (im Englischen X-ray fluorescence spectroscopy, XRF) ist eine Methode aus der Materialanalytik. Sie ist eine der am häufigsten eingesetzten Methoden zur qualitativen und quantitativen Bestimmung der elementaren Zusammensetzung einer Probe, da die Proben durch die Messung nicht zerstört werden und keine Aufschlüsse benötigt werden. Besonders breite Anwendung findet sie in der metallverarbeitenden Industrie, bei der Untersuchung von Glas, Keramik und Baustoffen sowie bei der Analyse von Schmierstoffen und Mineralölprodukten. Die Nachweisgrenze liegt etwa bei einem Mikrogramm pro Gramm (ppm).
Sie geht auf Versuche von Richard Glocker und Hans-Wilhelm Schreiber aus den Jahren 1929 zurück.
Zusammenfassende Beschreibung
Bei der Röntgenfluoreszenzanalyse wird die Technik der Fluoreszenzspektroskopie auf Röntgenstrahlung angewendet. Die Materialprobe wird dabei entweder durch polychromatische Röntgenstrahlung, Gamma- oder Ionenstrahlung angeregt (Anregung mit Elektronenstrahl → EDX). Dabei werden kernnahe Elektronen von inneren Schalen des Atoms auf weiter außen gelegene gehoben. Dadurch können Elektronen aus höheren Energieniveaus zurückfallen. Die dabei freiwerdende Energie wird in Form von elementspezifischer Fluoreszenzstrahlung abgegeben. Diese Fluoreszenzstrahlung kann von einem Strahlungsdetektor ausgewertet werden. Die Röntgenfluoreszenzanalyse ermöglicht eine Identifizierung und Konzentrationsbestimmung aller Elemente ab Ordnungszahl Z = 9 (Fluor) in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen. Besonders leistungsfähig ist der Nachweis von geringen Verunreinigungen, wie beispielsweise Schwermetallen, die eine hohe Ordnungszahl haben.
Bauartvarianten
Es existieren bezüglich Anregung und Auswertung verschiedene Bauarten, die für unterschiedliche Einsatzzwecke optimiert sind:
EDXRF
In einem energiedispersiven Röntgenfluoreszenzspektrometer (EDRFA) (engl. energy dispersive X-Ray fluorescence spectrometer, EDXRF) wird die Anregung der Probe durch Röntgenstrahlen erreicht. Zur Anregung bestimmter, gewünschter Elemente oder zur Unterdrückung von Hintergrundrauschen können Filter aus verschiedenen Elementen zwischen die Röntgenquelle und die Probe geschaltet werden. Ein energiedispersiver Detektor misst, ähnlich wie bei der EDX, die Energie der ausgestrahlten Röntgenquanten.
WDXRF
Bei einem wellenlängendispersiven Röntgenfluoreszenzspektrometer (WDRFA) (engl. wavelength dispersive X-Ray fluorescence spectrometer, WDXRF) erfolgt die Anregung genau wie beim EDXRF. Der Unterschied liegt in der Detektion und Auswertung der emittierten Röntgenstrahlen: Diese werden durch einen Kollimator parallel ausgerichtet, in einem Analysatorkristall gebeugt und durch einen geeigneten Detektor registriert. Der Kristall dient dabei dazu, durch Beugung das Spektrum der von der Probe ausgehenden polychromatischen Sekundärstrahlung nach Wellenlängen aufzuspalten und anhand des Beugungswinkels der Röntgenstrahlung die qualitative Bestimmung des Elementes und durch Messung der Intensität der Röntgenstrahlung eine mengenmäßige Bestimmung zu ermöglichen.
Vergleich EDXRF/WDXRF
Da die Wellenlänge eines Röntgenquants indirekt proportional zu seiner Energie ist, wäre zu erwarten, dass die Ergebnisse von EDXRF und WDXRF bis auf eine Spiegelung des Spektrums identisch wären. Tatsächlich ergeben sich aber aufgrund der unterschiedlichen Bauart einige signifikante Unterschiede:
Energieauflösung
Die Energieauflösung beschreibt die Trennschärfe zweier spektraler Peaks. Sie wird meist für die Röntgenenergie von 5.9 keV (Mangan K-alpha Linie) angegeben. Die Auflösung eines WDXRF-Systems hängt vom Kristall und dem Design der Optik ab. Es können Auflösungen von 20 eV bis 5 eV erreicht werden. Dagegen erreicht die Auflösung eines EDXRF-Systems nur Werte von 600 eV bis 120 eV. Damit ist ein WDXRF-System deutlich genauer, so dass auch nahe beieinander liegende Peaks noch getrennt werden können. Allerdings sind die hochgenauen Kristalle und Optiken teuer und fehleranfällig. Zudem erfordern WDXRF-Systeme deutlich längere Messzeiten.
Effizienz
Die Effizienz beschreibt, wie gut die Röntgenstrahlung der Röntgenquelle genutzt wird, um die Probe anzuregen und dort Röntgenstrahlung zu emittieren. Dieser Faktor bestimmt wesentlich, welche Leistung die Röntgenquelle haben muss und ist damit einer der zentralen Kostenfaktoren. Das WDXRF ist hier deutlich im Nachteil, da beim EDXRF mit direkter Anregung so gut wie keine Energie verloren geht, wohingegen beim WDXRF fast die hundertfache Leistung eingesetzt werden muss, um die gleiche Ausbeute an Röntgenquanten zu erreichen.
Zusammenfassung
Das EDXRF stellt eine deutlich kostengünstigere Variante dar, die allerdings auch eine deutlich geringere Energieauflösung bietet, so dass je nach Anwendung entschieden werden muss, welche Bauform geeigneter ist.
Komponenten
Strahlungsquelle
Als Strahlungsquelle können eingesetzt werden
- eine Röntgenröhre. Dazu verwendet man entweder eine:
- Seitenfensterröhre. Hierbei wird eine Anode aus Chrom, Wolfram, Molybdän, Gold oder Rhodium mit einem Elektronenstrahl beschossen. Es entsteht sehr viel Wärme und Röntgenstrahlung, die die Röntgenröhre durch die Beryllium-Fenster an den Seiten verlässt.
- Weitaus häufiger wird wegen der besseren Strahlendichte eine Endfensterröhre eingesetzt. Hierbei befindet sich die Anode gegenüber vom Beryllium–Fenster, und die Kathode ist ringförmig um die Anode aufgebaut. Legt man eine Spannung an, wandern die Elektronen auf einer gebogenen Bahn zur Anode.
- Radioaktive Nuklide. Für transportable Spektrometer können statt einer Röntgenröhre auch Primärstrahler wie Eisen (55Fe) oder Plutonium (238Pu) verwendet werden. Allerdings sind die Nachweisgrenzen hier sehr hoch.
- eine Synchrotronstrahlungsquelle.
Filter
Verwendet man eine Röntgenröhre als Strahlungsquelle, besteht die erzeugte Röntgenstrahlung zum einem aus Bremsstrahlung und zum anderem aus einem charakteristischen Linienspektrum des beschossenen Anodenmaterials. Wird beispielsweise Chrom als Anodenmaterial verwendet, wird man auch das charakteristische Linienspektrum von Chrom am Ende detektieren. Es kann dabei nicht unterschieden werden, ob das Linienspektrum nur aus der Röntgenröhre stammt oder ob die Probe auch noch Chrom enthält. Daher wird zwischen Röhre und Probe ein Selektivfilter gesetzt, um die charakteristischen Kbeta- und Kalpha-Linien zu absorbieren. Der Selektivfilter besteht immer aus dem Element, dessen Ordnungszahl um genau ein oder zwei Protonen kleiner ist als das Element, aus dem die Anode besteht. Beispielsweise wird ein Titanfilter (22 Protonen) für eine Chromröhre (24 Protonen) verwendet.
Spaltsystem
Als Spaltsystem können sowohl dünne Rohre (Kollimatoren) als auch Metall-Lamellen (Soller-Blenden) verwendet werden. Ihr Zweck ist es, aus der divergenten Strahlung ein paralleles Bündel zu selektieren.
Analysatorkristall
Um die Fluoreszenzlinien der Röntgenstrahlung später analysieren zu können, muss sie zunächst an einem regelmäßigen Gitter gebeugt werden. Als Beugungsgitter für Röntgenstrahlung bieten sich Einkristalle wie zum Beispiel LiF-Einkristalle oder Multilagenspiegel an. Bragg-Gleichung
wobei:
- n die Beugungsordnung;
- d den Gitterabstand;
- θ den Glanz- oder Braggwinkel;
- λ die Wellenlänge bezeichnen. Die längste messbare Wellenlänge λmax ergibt sich durch Einsetzen von θmax = 90°.
Korrigierte Bragg-Gleichnung für Multilagenspiegel:wobei:
- δ die Dispersion der beteiligten Schichmaterialien
Szintillationszähler
Szintillationszähler werden für Elemente mit einer höheren Ordnungszahl als Eisen (26 Protonen) verwendet und bestehen meist aus einem NaI–Kristall, welcher mit Thallium dotiert ist. Trifft die Röntgenstrahlung auf den Kristall, wird die Röntgenstrahlung in fluoreszierende Strahlung umgewandelt. Die fluoreszierende Strahlung wird in dem nachgeschalteten Photomultiplier in elektrische Impulse verwandelt und um ein Vielfaches verstärkt.
Zählrohr
Zählrohre werden zur Messung von längerwelliger Strahlung eingesetzt, welche von den leichteren Elementen Beryllium (4 Protonen) bis Mangan (25 Protonen) ausgesendet wird. Ein Zählrohr ist mit einem Inertgas (beispielsweise Argon) gefüllt. Trifft Röntgenstrahlung auf ein Argonatom, schlägt es ein Photoelektron heraus. Dieses Photoelektron wandert zur Drahtanode und erzeugt auf dem Weg dorthin durch Sekundär-Stoßionisation bis zu 10.000 Elektron-Ion-Paare (Gasverstärkung). Die Rückwanderung der positiven Ionen zur Zählerwand verursacht eine kurzzeitige (Mikrosekunde) Störung des elektrischen Feldes, was dann am Vorverstärker einen Strom-/Spannungsimpuls erzeugt. Die Höhe dieses Impulses ist proportional zur eingestrahlten Energie des Röntgenquants (vgl. Proportionalzähler - im Gegensatz zum Geigerzähler, in dem die Information über die Energie verloren geht).
Die Anwendung der Röntgenfluoreszenzanalyse in der Praxis
Ein Röntgenfluoreszenzspektrometer wird im Analysegerät CheMin des für 2011 geplanten Marsrovers Mars Science Laboratory (MSL) eingesetzt werden.
Die Grenzen der Methode
Die Röntgenfluoreszenzanalyse kann nicht auf Elemente angewendet werden, die leichter als Bor sind. Vernünftige Analysenwerte sind erst ab Fluor, gute Werte erst ab Natrium möglich, da die Röntgenstrahlung der leichteren Elemente so leicht absorbiert wird, dass sie gar nicht erst in den Detektor eindringen kann.
Art und Form der zu analysierenden Probe
Im allgemeinen analysiert man feste Proben. Man kann auch Flüssigkeiten analysieren, indem man sie in ein Plastik-Gefäß füllt, das einen Boden aus einer dünnen Folie hat. Meist verwendet man feste Probenkörper, die die Form einer runden Scheibe (ähnlich einem großen Geldstück) mit einem Durchmesser von 2 bis 5 cm haben. Die Probe muss mindestens eine ebene Fläche haben, von der die Röntgenstrahlen reflektiert werden können
Probenpräparation
Am einfachsten kann man Metallscheiben analysieren. Pulverförmige Proben müssen erst fein gemahlen werden und zusammen mit einem Bindemittel (z. B. Parafffinwachs, Cellulosepulver) zu einer Probentablette gepresst werden. Eine andere Möglichkeit ist das Mischen von Gesteinspulver etc. mit Lithiumtetraborat und die Herstellung einer glasartigen Schmelze, welche in eine Gießform gegossen wird. Bei diesem Vorgang wird die Probe natürlich zerstört.
Pulvertabletten für die Analyse von Gesteinspulvern, Zement, Schlacke, Flugasche
3 Gramm der Untersuchungssubstanz werden mit 0,6 Gramm Paraffinwachs-Pulver gemischt und in einer Tablettenpresse gepresst. Stabilere Tabletten werden mit 2 Gramm Borsäure erhalten, wenn die Probenmischung aufgegeben wird daraus eine Tablette gepresst wird. So befindet sich die Substanz auf der Borsäureschicht, die unter Druck bessere Fließeigenschaften hat.
Schmelztabletten für die Analyse von Gesteinspulvern, Zement, Schlacke
Bessere Meßergebnisse werden mit Schmelztabletten erhalten. Dazu wird ein Gewichtsteil (1 bis 2 Gramm) des Gesteinspulvers fünf Teilen (5 bis 10 Gramm) Dilithiumtetraborat (Li2B4O7) im Achatmörser gründlich verrieben und dadurch vermischt, anschließend in einen Platin-Tiegel gegeben. Der Inhalt im Tiegel wird im Elektroofen mindestens 12 Minuten auf 1050 bis 1080 °C erhitzt und die flüssige Schmelze in eine Gießform über der Bunsenbrenner überführt. Diese Schmelze in der Gießform wird mit Pressluft abgekühlt, damit die Schmelze zwischen 1000 °C und 600 °C nicht auskristallisiert. Zemente werden nur bis zur schwachen Rotglut gekühlt, danach wird langsamer ausgekühlt um das Zerspringen der Tabletten zu verhindern. Gegen das Ankleben der Tablette an der Gießform, wodurch die Tablette zerspringt, wird zwei Minuten vor dem Abgießen eine kleine Menge Lithiumjodid (20 mg) zugegeben. Bei wenig Probensubstanz können auch 250 mg Probe mit 7,25 g Lithiumtetraborat angesetzt werden.
Beim Gießen der Tabletten sind Ofenschaubrille, lange Tiegelzange und Schutzhandschuhe nötig, um vor der Wärmestrahlung zu schützen. Beim Zugeben von Lithiumjodid entstehen Joddämpfe so sollte der Ofen unter einem Abzug stehen.
Für Schmelztabletten existieren auch automatische Aufschlussgeräte die bis zu 6 Schmelzaufschlüsse gleichzeitig produzieren.
Nachweisgrenzen in Schmelztabletten
Es wird ein Mischungsverhältnis von 1 + 59 zugrundegelegt. Erreichbare Mindest-Nachweisgrenzen liegen wenigstens:
- Na, Mg: 100 ppm
- Al, Si, P, S: 50 ppm
- K, Ca, Ba, Ti: 30 ppm
- Fe, Mn, Cr, Ni, Cu, Zn: 10 ppm
- Rb, Sr, Y, Zr, Nb: 6 ppm
Die Nachweisgrenze von Pulvertabletten ist um den Faktor 2 bis 3 besser, auf Grund von Korngrößeneffekten und schlechterer Homogenität der Proben ist aber die Genauigkeit der Analysen geringer, die Toleranzen sind größer.
Kalibrierung des Röntgenfluoreszenzgerätes
Man verwendet Kalibrierproben bekannten Gehaltes, die man sich entweder selbst herstellt oder käufliche Standardproben, deren Gehalte von vielen renommierten Labors ermittelt wurden. Drei Kalibrierverfahren sind Kalibrierung über externe Standards, interne Standards oder Standardaddition, wobei in der Röntgenfluoreszensanalyse meistens die Methode des internen Standards Verwendung findet.
Literatur
- Tertian, R., Claisse, F.: Principles of quantitative X-ray fluorescence analysis, Heyden & Son Ltd., 1982, ISBN 0-855-01709-0
- Agarwal, B.K.: X-Ray Spectroscopy: An Introduction, Springer, 1991, ISBN 0-387-092684
- Klockenkaemper, R.: Total-Reflection X-Ray Fluorescence Analysis, John Wiley & Sons, 1996, ISBN 0-471-305243
- Van Grieken, R., Markowicz, A.A.: Handbook of X-Ray Spectrometry, Marcel Dekker Inc., 2002, ISBN 0-8247-0600-5
- Beckhoff, B., Kanngießer, B., Langhoff, N., Wedell, R., Wolff, H.: Handbook of Practical X-Ray Fluorescence Analysis, Springer, 2006, ISBN 3-540-28603-9
Weblinks
- eine Röntgenröhre. Dazu verwendet man entweder eine:
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