Yoani Sanchez

Yoani Sanchez
Yoani Sánchez (2007)

Yoani Sánchez (* 4. September 1975 in Havanna) ist eine kubanische Philologin. Bekannt wurde sie als Autorin des ersten unzensierten Blogs aus Kuba namens „Generación Y“, in dem sie u. a. vom schwierigen Alltagsleben der Kubaner berichtet und Kritik an den herrschenden Verhältnissen übt.[1] Sie ist mit dem regimekritischen Journalisten Reinaldo Escobar (* 1947) verheiratet und hat einen Sohn.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Yoani Sánchez studierte am Pädagogischen Institut in Havanna Spanische Literatur. Später, 1995, wechselte sie an die Fakultät für Kunst und Geisteswissenschaften. Im selben Jahr kam ihr Sohn zur Welt. Fünf Semester später beendete sie ihr Studium in hispanischer Literatur. Sie spezialisierte sich auf zeitgenössische lateinamerikanische Literatur und schrieb eine Arbeit zum Thema „Worte unter Druck. Eine Studie zur Literatur in der Diktatur in Lateinamerika.“ Zum Ende ihrer Universitätslaufbahn erkannte sie für sich, dass die Welt der Intellektuellen und der hohen Kultur nicht die ihre war. Sie wollte keine Philologin mehr sein.

Ab dem Jahre 2000 arbeitete sie für den Verlag «Nueva Gente» (deutsch: „Neue Menschen“). Da sie vom gezahlten Gehalt, wie die allermeisten Kubaner, nicht auf legale Weise eine Familie ernähren konnte, da der Durchschnittsarbeitslohn eines Kubaners monatlich nur ca. 15 bis 20 US-Dollar beträgt, kündigte sie, ohne ihren Sozialdienst zu beenden, und arbeitete fortan als selbständige Spanischlehrerin für deutschsprachige Touristen, was ihr den Zugang zu den begehrten Devisen verschaffte.

2002 emigrierte Yoani Sánchez in die Schweiz, wo sie zwei Jahre in Zürich lebte, bevor sie 2004 aus familiären Gründen nach Kuba zurückkehrte.[2]

In diesen Jahren entwickelte sie ein Faible für die Informatik, der noch heute anhält. 2004 gründete sie zusammen mit anderen Kubanern ein Internet-Journal des Nachdenkens und der Debatte „Consenso“ („Zustimmung“), für das sie noch heute als Webmasterin und Redakteurin tätig ist.

Im April 2007 hob sie den Blog Generation Y aus der Taufe, für den sie 2008 mit dem renommierten spanischen Journalistenpreis „Ortega y Gasset“ ausgezeichnet wurde[3], der von der spanischen Tageszeitung El País in Gedenken an den spanischen Denker und Journalisten José Ortega y Gasset jährlich für herausragende journalistische Arbeiten in spanischer Sprache verliehen wird.[4] Die Ausreise zur Preisverleihung in Madrid wurde ihr jedoch von den kubanischen Behörden verweigert.[5] Das Time Magazine wählte sie unter die 100 einflussreichsten Menschen des Jahres 2008.[6] Im November 2008 gewann sie den Weblog-Award der Deutschen Welle The BOBs in der Kategorie Best Weblog sowie den Userpreis in der Kategorie Reporter ohne Grenzen Award.[7]

Außerdem schreibt Yoani Sánchez als Gastautorin Kolumnen für verschiedene internationale Presseorgane.

Der Blog

Yoani Sánchez lebt zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem Journalisten Reinaldo Escobar, in einem Hochhaus in der kubanischen Hauptstadt Havanna. Ihre Beiträge schreibt sie auf einem von ihrer Auslandsreise mitgebrachten Laptop in ihrer Wohnung. Um einen Beitrag dann im Blog zu veröffentlichen, geht sie meist in ein Internetcafé in einem Touristenhotel. Internetanschlüsse in kubanischen Privathaushalten gibt es nahezu nicht und wenn, sind sie zu langsam, um ein Blog zu verwalten.

Die Website des Blogs ist in Europa gehostet. Yoani Sánchez ist jedoch die erste, die einen Blog unter ihrem realen Namen schreibt und sogar ein Foto von sich dort veröffentlicht.[1] In Kuba selbst kann er nicht gelesen werden.[8][9]

In den einzelnen Blogbeiträgen selbst geht es im Wesentlichen um das schwierige kubanische Alltagsleben, wobei auch ohne Blatt vor dem Mund die politischen Verhältnisse kritisiert werden. So beschreibt sie beispielsweise den Versuch, Zitronen aufzutreiben, um ihre Erkältung zu kurieren, was letztendlich erfolglos blieb. Dabei stellt sie die Frage, wie es denn sein könne, dass ein so fruchtbares Land wie Kuba nicht ausreichende landwirtschaftliche Güter produzieren könne, um die Bevölkerung zu versorgen.

Yoani möchte sich aber nicht als Dissidentin verstanden wissen, die das System komplett umkrempeln möchte, sondern nur als unzufriedene Bürgerin, die nicht mehr schweigen will.[2] Kubas Ex-Staatschef Fidel Castro bezichtigte sie jedoch in einem Vorwort für das Buch „Fidel, Bolivia y algo más“ der „Arbeit für die neokolonialistische Presse“.[10] Ihr wird von den kubanischen Behörden außerdem unterstellt, im Dienste der spanischen Mediengruppe PRISA, zu der auch die Tageszeitung El País gehört, von der sie 2008 einen Medienpreis erhielt, antikubanische Propaganda zu betreiben.[11]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Die Zeit: Insel der blinden Passagiere Ausgabe 05/2008 vom 24. Januar 2008
  2. a b Süddeutsche Zeitung: Die neue Magie heißt Wandel vom 1. Februar 2008
  3. yahoo.com: Yoani Sánchez cree que el Premio Ortega y Gasset reconoce a los blog de Cuba y la protegerá vom 4. April 2008
  4. Premios Ortega y Gasset de Periodismo
  5. taz.de: Reiseverbot für kubanische Bloggerin vom 7. Mai 2008
  6. The 2008 TIME 100: Heroes & Pioneers – Yoani Sánchez zugegriffen am 3. Mai 2008
  7. Deutsche Welle / The BOBs: The BOBs - Deutsche Welle - BOBs Awards zugegriffen am 28. November 2008
  8. Computerwoche.de: Kuba-kritisches Blog geblockt? vom 25. März 2008
  9. Generación Y: Parte médico vom 26. März 2008
  10. Cubaencuentro/AFP: Castro acusa a Yoani Sánchez de hacer una 'labor de zapa' y 'prensa neocolonial' vom 18. Juni 2008
  11. taz.de/Knut Henkel: Kubas Regime fühlt sich provoziert – Kunstperformance mit Folgen vom 2. April 2009

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