- Zentrum für Experimentelle Gesellschaftsgestaltung
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Das ZEGG (Zentrum für Experimentelle GesellschaftsGestaltung) ist eine Lebensgemeinschaft von etwa 80 Menschen, die ein 15 ha großes Gelände am Rande von Belzig, 80 km südwestlich von Berlin bewohnt. Es versteht sich als Projekt zur Entwicklung einer alternativen Gesellschaftsform.
Das ZEGG veranstaltet regelmäßig Seminare und Camps mit politischem und kulturellem Programm. An großen Veranstaltungen nehmen mehrere hundert Menschen teil.
Die Infrastruktur des ZEGG wird auch von zahlreichen Gastseminaren genutzt. Die Einnahmen aus den Veranstaltungen sowie Spenden, Darlehen und Mieteinnahmen finanzieren den Betrieb des ZEGG.
Ziel des ZEGG ist es, die persönliche Entwicklung, den Aufbau von neuen Formen des Zusammenlebens und politisches Engagement so zusammenzubringen, dass daraus die Vision für eine andere, humane Welt wachsen kann. Das Konzept der „freien Liebe“ wurde um ökologische Utopien und spirituelle Gedanken erweitert. Das ZEGG ist Mitglied bei attac und im Global Ecovillage Network und versteht sich als ein Mitglied der weltweiten alternativen und ökologischen Gemeinschaftsbewegung, deren Ziel in der Entwicklung lebenswerter Alternativen zur Konsumgesellschaft besteht. So kommt es, dass ZEGG-Bewohner und -Besucher einerseits an indianischen Schwitzhüttenritualen teilnehmen oder Formen der freien Liebe praktizieren, sich andererseits aber aktiv mit den Folgen der Globalisierung auseinandersetzen und sich beispielsweise gegen die geplante Privatisierung der Wasserwirtschaft in der Region einsetzen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Geländes
Vor 1933 befanden sich nur zwei Häuser auf dem Gelände, das ansonsten landwirtschaftlich genutzt wurde. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde hier das Sportlerheim Belzig erbaut, welches Ziel von Urlaubsreisen im Rahmen der Massenorganisation Kraft durch Freude war.
Zu DDR-Zeiten gehörte das Gelände der Schule der HVA, an der das Ministerium für Staatssicherheit seine West-Spione und deren Führungsoffiziere ausbildete. Nachdem es 1988 als endgültig enttarnt galt, war ein Abriß vieler Gebäude und der Neubau eines Sanatoriums geplant. Durch die politischen Veränderungen 1989 kam es nicht mehr dazu.
Das Gelände kam an die Treuhandanstalt, die es 1991 für 2,1 Millionen DM an die damals neu gegründete ZEGG GmbH verkaufte.
Geschichte des Konzeptes
Das ursprüngliche Grundkonzept des ZEGG entstand aus den Ideen von Dieter Duhm und Sabine Lichtenfels. Duhm wurde in den 1970er Jahren unter anderem von der Aktionsanalytischen Organisation (AAO) des Wiener Künstlers Otto Muehl inspiriert. [1] [2]. Duhm wandte sich nach eigener Aussage bereits 1979 wieder von der AAO ab, da er Muehls autoritären Führungsstil ablehnte. Duhm und Lichtenfels waren selbst nie Bewohner des ZEGG und betreiben seit 1995 ein eigenes Projekt unter dem Namen „Tamera“ in Portugal.
Das Forum, eine Psychodrama-ähnliche, ritualisierte Form der Kommunikation zwischen dem Einzelnen und der Gruppe, ist eine für das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft ZEGG wesentliche Einrichtung [3]. Dabei handelte es sich ursprünglich um eine Weiterentwicklung der Kommunikationsform "Selbstdarstellung" der AAO.
Wie stark die Strukturen der AAO dabei die Strukturen des ZEGG beeinflusst haben, ist zwischen Anhängern und Kritikern des ZEGG umstritten. Während die einen betonen, dass die autoritären Strukturen der AAO nicht übernommen worden seien, verweisen die anderen auf die Durchführung von Selbstdarstellungs-Abenden mit Theo Altenberg, der in der AAO eine führende Rolle besaß [4] in den Räumen des ZEGG 2004 [5].
Die vereinzelt erhobene Behauptung, die Forums-Methode des ZEGG habe durch erhebliche Stresszustände bei manchen Menschen zu einer Psychose geführt, ist nicht belegt.
Heteronormes Geschlechterbild
Ein vor allem von linker Seite aufgrund des Auftretens von Referenten wie Ernest Bornemann behauptetes heteronormes Geschlechterbild wird vom ZEGG nicht vertreten. Obwohl der Eindruck in den Publikationen und Vorträgen auf Tagungen entstehen könne, dass Homosexuelle oder gar Transgender im Diskurs des ZEGG nicht vorkämen, werden dort auch gleichgeschlechtliche Beziehungen gelebt. Ein 1997 publizierter Bericht von Eva Stützel beschrieb dagegen, dass ihrer subjektiven Wahrnehmung nach 1993 Homosexualität verpönt gewesen sei.[6]
Weblinks
- Eigendarstellungen
- Offizielle Website
- Eine ausführliche Stellungnahme des ZEGG zu vielen Vorwürfen
- Video-Präsentation des ZEGG
- Berichte
- Gerd Nowakowski: Welterlösung durch freie Liebe (TAZ, 30. Juni 1993)
- Kirsten Küppers: Freie Liebe und Sojawürstchen (TAZ, 8. August 1998)
- Florian Höhne: Das Dorf der Liebesmöglichkeiten (TAZ, 24. Juli 2004)
- Martin Zürcher: ZEGG; Schweizer Evangelische Informationsstelle Kirchen – Sekten – Religionen, 2000
- Mehrere Artikel in der Märkischen Allgemeinen
Quellen
- ↑ Andreas Schlothauer: Die Diktatur der freien Sexualität. AAO, Mühl-Kommune, Friedrichshof; Wien: Verlag für Gesellschaftskritik, 1992; ISBN 3-85115-157-7, Seite 63:
- „Die linken Intellektuellen in der AAO erhielten mehr Freiraum, um ihre Ideen zu entwickeln. Dieter Duhm und Aike Blechschmidt entwarfen gemeinsam das Konzept eines ‚Zentrums für experimentelle Gesellschafts-Gestaltung (ZEGG)'. Die wichtigsten Ziele waren:
- 1. Verbindung AAO mit internationaler Alternativbewegung […]“
- ↑ So zitiert das Autorenkollektiv Die rosaroten PantherInnen in ZEGG-SISMUS – Irdische Informationen zu einem kosmischen Projekt, Dieter Duhm folgendermaßen: „Die Bauhütte ist bis jetzt eine komprimierte Idee, um die sich ein paar Leute geschart haben … Ich will gleich sagen, womit diese Idee hauptsächlich zu tun hat: mit der ehemaligen AAO, von deren Konzepten der Selbstdarstellung, der freien Sexualität und der kommunitären Lebensweise wir uns befruchten lassen … Unser bescheidenes Ziel ist der Aufbau einer funktionierenden Alternativgemeinde von mehreren hundert Personen … Wir nennen dieses Traumziel ‚ZEGG‘: Zentrum für experimentelle Gesellschaftsgestaltung.“ (c/o ASTA der FU Berlin, Kiebitzweg 23, 14195 Berlin 1995, ISBN)
- ↑ ZEGG-Homepage 1999
- ↑ Siehe Paoloo Bianci in 'telepolis' vom 26. Juni 1997, "Theo Altenberg über Kunst, Sex, und die Mühl-Monarchie", Volltext: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/6/6154/1.html
- ↑ Gekürzt zitiert aus http://www.kalender.flaemingnet.org/detail.php?appointid=502&sid= (Abgerufen am 15. Juni 2008):
- Einladung zu einem SD-Abend mit Theo Altenberg
- Ort: San Diego Cafe / ZEGG
Zeit: Sonntag, 16. Mai 2004, 19.00 - UKB: 5 Euro (3 Euro für Fahrtspesen von Theo Altenberg, 2 Euro fürs SDC)
- Geplant ist, 2004 jeden Monat einen SD Abend mit Theo Altenberg zu veranstalten.
- Der Auftakt hat am 14. März stattgefunden und wurde von ca. 35 Menschen besucht.
- Eingeladen sind alle Freunde aus dem Fläming-Netzwerk und dem ZEGG.
- Einladung zu einem SD-Abend mit Theo Altenberg
- ↑ Eva Stützel schrieb in Das ZEGG und wir (erschienen in: Okodorf-Rundbrief Nr. 28, Dezember 1993 (!)): „Homosexualität sei dort verpönt, die ‚freie Liebe‘ offenbar nur etwas für Heterosexuelle. ‚Schwul ist im ZEGG auch immer noch ein Schimpfwort.‘ Zitiert nach: Frank Nordhausen und Liane von Billerbeck: Psycho-Sekten. Die Praktiken der Seelenfänger; Ch. Links Verlag, 1997; ISBN 3-86153-135-6, S. 201
52.15722222222212.590833333333Koordinaten: 52° 9′ 26″ N, 12° 35′ 27″ O
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