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Das Optionsmodell ist ein Feldversuch für die Betreuung von Arbeitslosen in Deutschland. In 69 Kommunen sind für die Bezieher des ab Anfang 2005 bestehenden Arbeitslosengeldes II nicht die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen gemeinsam zuständig, sondern ausschließlich Städte oder Landkreise. Diese werden auch als Optionskommunen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Ursachen

Das Modell ist Ergebnis eines Kompromisses zwischen der rot-grünen Bundesregierung und der CDU/CSU-Opposition aus dem Jahr 2004. Die Opposition hatte ursprünglich eine ausschließliche Zuständigkeit der Kommunen in ganz Deutschland gefordert. Sie erhoffte sich dadurch mehr Nähe zum Bürger und höheren Konkurrenzkampf zwischen den Kommunen um den besten Erfolg und neue Modelle der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen.

Als Kompromiss mit dem Regierungsmodell der Arbeitsgemeinschaft wurde vereinbart, dass 69 Kommunen (Anzahl der Mitglieder des Bundesrats) im Rahmen des Optionsmodells die Gewährung des Arbeitslosengeldes II in eigener Zuständigkeit bearbeiten, um die Vor- und Nachteile dieses Modells in der Praxis zu testen und mit den anderen Varianten der Zuständigkeit (Arbeitsgemeinschaft, Getrennte Trägerschaft) zu vergleichen.

Befristung

Das Optionsmodell wird nun seit 1. Januar 2005 befristet auf sechs Jahre (bis 31. Dezember 2010) ausprobiert. Neu für die teilnehmenden Landkreise und kreisfreien Städte ist, dass sie sich nun auch um die Vermittlung von Arbeitslosen kümmern. Bisher waren hierfür die örtlichen Agenturen für Arbeit zuständig. Für das von den Kommunen ausgezahlte Arbeitslosengeld II und die Verwaltungskosten kommt der Bund auf.

Auswahl der Optierer

Nach den Planungen zur Hartz IV-Reform sollten in jedem Bundesland so viele Optionskommunen teilnehmen können, wie das Land Stimmen im Bundesrat hat. Einige Länder brauchten jedoch ihr Kontingent nicht auf. Diese Plätze fielen an andere Länder, in denen es mehr Bewerber als Plätze gab. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg verzichteten zum Beispiel auf das Modell. Dafür können etwa in Hessen 13 Kommunen teilnehmen, obwohl das Land nur 5 Sitze im Bundesrat hat.

Die Neigung zu optieren war von der Politik der damaligen Landesregierungen geprägt. So schöpften insbesondere SPD-regierte Bundesländer ihr Kontingent nicht aus. Dagegen optierten in den CDU-regierten Bundesländern Hessen und Niedersachsen besonders viele Kommunen. Die Ministerpräsidenten der beiden Länder galten als entschiedene Befürworter des Optionsmodells.

Allgemein bewarben sich überwiegend ländliche Kreise, jedoch keine einzige Metropole um Optionsplätze. Die einzige optierende Stadt mit mehr als 200.000 Einwohnern ist die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. In der Mehrzahl der Bundesländer nehmen ausschließlich Landkreise teil, selbst in Niedersachsen mit seinen 13 Optionskommunen. Nur in Bayern (Schweinfurt und Erlangen) und Nordrhein-Westfalen (Mülheim an der Ruhr und Hamm) gibt es mehrere optierende kreisfreie Städte.

Verlauf

Geplante Experimentierphase (2005 – 2010)

Nach der Auswahl der Optionskommunen nahmen diese Anfang 2005 ihre Arbeit auf. Städte und Gemeinden, die merkten, dass sie sich übernommen haben, konnten die Zulassung 2006 an die Arbeitsagenturen zurückgeben. Zum Stand Ende 2007 hat noch keine Optionskommune die Möglichkeit genutzt, die Option vorzeitig zu beenden und sich so die Anzahl der teilnehmenden Landkreise (63) und kreisfreien Städte (6) nicht verändert.

Die Arbeit der Optierer wurde in dieser Zeit sehr unterschiedlich beurteilt, so weiter positiv von vorherigen Verfechtern des Modells (z. B. Deutscher Landkreistag, Politiker der CDU, optionsfreundliche Landesregierungen) und negativ von dessen Kritikern (z. B. Agentur für Arbeit) und Hartz-IV-Gegnern (z. B. Linkspartei, Arbeitsloseninitiativen). So gab es auch in einigen Optionskommunen nach Prüfungen durch den Bundesrechnungshof Streitigkeiten zwischen dem Bundesarbeitsministerium und betreffenden Kommunen über die Verwendung zugewiesener Mittel aus Arbeitslosengeld II.[1] Diese betreffen meistens aus von den Kommunen anders als von der Agentur umgesetzten Gesetzesvorschriften im Bereich der Förderung der Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt.

Fortführung nach 2010

Das Optionsmodell ist gesetzlich befristet bis zum 31.12.2010. Eine Verlängerung des Modells bis 2013 wurde vom Bundesarbeitsministrium bereits fest zugesagt und ist auch Bestandteil der aktuellen Regierungskoalitionsvereinbarung,[2]. Dafür ist ein Bundesgesetz notwendig [3].

Von Seiten der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wird zeitgleich eine Entfristung (= unbefristete Fortführung) des Optionsmodells und ein Ende der Beschränkung auf 69 Optierer gefordert. Nach solchen Plänen wäre es allen Kommunen in Zukunft möglich, selbst zu wählen, ob sie die Verwaltung des Arbeitslosengeldes II in eigener Regie wahrnehmen.[4] Für eine zeitliche Entfristung der Option plädiert daneben die Partei Bündnis 90 Die Grünen[5]. Der Deutsche Landkreistag als Befürworter einer Optionsöffnung fragte bis April 2008 alle nicht optierenden Landkreise und kreisfreien Städte ab, ob ein Interesse am Einstieg in das Modell bestünde, um die praktische Tragweite einer solchen Öffnung zu ermitteln.[6] Hierbei ergab sich, dass bei einer Öffnung des Optionsmodells die Mehrheit der deutschen Landkreise heute optieren und die Bearbeitung der Langzeitarbeitslosen selbst übernehmen würden (etwa ⅔ der Landkreise bundesweit)[7]. Noch weiter geht die Grundforderung des Landkreistags nach einer alleinigen kommunalen Zuständigkeit bei der Betreuung der Langzeitarbeitslosen[8].

Sowohl die Entfristung, als auch die Öffnung des Optionsmodells wird vom Bundesarbeitsministerium abgelehnt[9]. Aufgrund eines Kompromisses zwischen Bund und Ländern im Juli 2008 zur Zuständigkeit im Arbeitslosengeld II wird in Fachkreisen jedoch die zeitliche Entfristung der Option für die bestehenden zugelassenen Träger als wahrscheinlich angesehen. Eine mögliche Öffnung der Option (Zulassung einer größeren Anzahl von Kommunen) bleibt jedoch weiterhin umstritten[10].

Organisation

Bezeichnungen

Die Optionskommunen (oder Optierende Kommunen) werden formaljuristisch von der Agentur für Arbeit und den Gerichten „Zugelassene kommunale Träger“ (auch kurz ZkTs) genannt. Diese Bezeichnung kommt direkt aus dem Gesetz.[11] Auch die Kurzbezeichnung „Optierer“ oder „Optionskreise“ bei Landkreisen sind üblich. Das Gebäude, in dem die Betreuung der Arbeitssuchenden stattfindet, wird häufig (jedoch längst nicht überall) wie bei den Arbeitsgemeinschaften „Jobcenter“ genannt.

Einbettung in die Kommunalverwaltung

Die Organisation der Bearbeitung des Arbeitslosengeldes II ist bei den optierenden Trägern sehr unterschiedlich geregelt. So arbeiten die kommunalen „Hartz-IV-Stellen“ zum Teil als Unterabteilungen des traditionellen Sozialamtes,[12], als eigenes Amt innerhalb der Kommunalverwaltung[13] als aus der Verwaltungshierarche herausgelöste Stabsstellen[14] oder als von der Verwaltung getrennter kommunaler Eigenbetrieb[15].

Innere Struktur der zuständigen Stellen

Die innere Struktur der bearbeitenden Stellen ist sachbedingt oft ähnlich zu den Arbeitsgemeinschaften, weicht jedoch immer wieder davon ab. So gibt es sowohl nach räumlicher (vor allem in Flächenlandkreisen) als auch nach sachlicher (vor allem optierende kreisfreie Städte) Zuständigkeit gegliederte Optionsbehörden oder ein Mischmodell (sog. Matrixorganisation).[16] Hier spiegelt sich auch der Wille des Gesetzgebers wider, mit dem Optionsmodell neue Wege in der Betreuung von Arbeitsuchenden zu suchen. Die verschiedenen Organisationsformen werden durch ein internes Benchmarking verglichen und Vor- und Nachteile ausgelotet.[17] So hat sich in einzelnen Kommunen die gewählte Organisationsform nicht bewährt und wurde geändert.[18]

Kritik und Diskussion

Kritiker des Optionsmodells befürchten vor allem die Entstehung einer Zweiklassenvermittlung (Kurzzeitarbeitslose: Arbeitsagentur; Langzeitarbeitslose: Kommune) und zweifeln an der Ebenbürtigkeit der Kompetenz der Kommunen (z. B. für die überregionale Vermittlung) mit der der Agenturen als Nachfolger des traditionsreichen Arbeitsamtes. In einer vergleichend angelegten Untersuchung der Bundesagentur für Arbeit wurde 2008 die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen als ungenügend kritisiert. [19] Die Studie wird von mehreren Sozialexperten und den Optionskommunen kritisiert, da das untersuchte Datenmaterial nicht vergleichbar gewesen sei und auch die Bundesagentur als bereits vorheriger Befürworter der ARGEN nicht für eine neutrale Untersuchung geeignet sei[20].

Befürworter wiederum stellen die Flexibilität der Kommune, auf Gegebenheiten des örtlichen Arbeitsmarktes kurzfristig und ohne Konsultation einer fernen Hauptverwaltung schnell reagieren zu können, in den Vordergrund. Weiter betonen sie die gute Ortskenntnis, den engen Kontakt der Kommunen zu den örtlichen Arbeitgebern durch andere Aufgaben (z. B. Gewerbeaufsicht, Wirtschaftsförderung) und die verfassungsmäßig eindeutig rechtmäßige Vermittlung in kommunaler Hoheit. Diese wurde bei den Arbeitsgemeinschaften zwischen Agentur und Kommunen – der Alternative zur Option – vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich angefochten.[21]

Insbesondere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Diskussion um die Zukunft der Optionskommunen neu entfacht, obwohl das Optionsmodell nicht Streitgegenstand war. Zur Ermittlung der Vor- und Nachteile des Optionsmodells wird dieses vom Forschungsinstitut INFAS begleitet.

Einzelnachweise

  1. z. B. Streit zwischen Ministerium und Kreis Kleve
  2. Koalitionsvertrag der Großen Koalition
  3. Tagesspiegel vom 28.04.2008: Aufstand der Landräte
  4. http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2008-03/artikel-10361576.asp
  5. [Sozialticker vom 13.06.2008: Grüne gegen Modell der Kooperativen Jobcenter http://www.sozialticker.com/gruene-gegen-modell-der-kooperativen-jobcenter_20080613.html]
  6. Homepage des Landkreistags Schleswig-Holstein
  7. Tagesspiegel vom 28.04.2008: Aufstand der Landräte
  8. Deutsches Verbände Forum: Tag der Optionskommunen in Berlin vom 11.04.2008
  9. Tagesspiegel vom 28.04.2008: Aufstand der Landräte
  10. Pressemitteilung des Bayerischen Landkreistages vom 15.07.2008
  11. § 6a Experimentierklausel
  12. z. B. Landkreis Miesbach
  13. z. B. Landkreis Sankt Wenden
  14. z. B. Stabsstelle Beschäftigung und Grundsicherung der Stadt Schweinfurt
  15. z. B. Eigenbetrieb jenarbeit der Stadt Jena
  16. http://www.sh-landkreistag.de/media/custom/100_23528_1.PDF
  17. http://www.sh-landkreistag.de/media/custom/100_23528_1.PDF
  18. http://mt-online.de/mt/lokales/minden/?sid=882a8679be35431303a553d5be27b7f3&cnt=2227468
  19. Netzeitung: Langzeitarbeitslose noch länger arbeitslos 18. Juni 2008
  20. Stefan Idel: Kritik der arbeitsmarktpolitischen Vernunft oder das Märchen aus Nürnberg, S. 5f
  21. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007–2 BvR 2433/04; 2 BvR 2434/04

Weblinks

Siehe auch: Liste der Optionskommunen


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