Zur Elektrodynamik bewegter Körper

Zur Elektrodynamik bewegter Körper

Die spezielle Relativitätstheorie (kurz: SRT) ist eine physikalische Theorie über Raum und Zeit. Sie verallgemeinert das galileische Relativitätsprinzip der klassischen Mechanik, welches besagt, dass in allen relativ zueinander gleichförmig bewegten Inertialsystemen die gleichen physikalischen Gesetze gelten (Kovarianz), auf alle Gesetze der Physik. Die Theorie wurde ursprünglich vor allem zur korrekten Formulierung der Elektrodynamik eingeführt, sie betrifft jedoch auch die Kinematik und Dynamik aller Körper.

Als Kern der speziellen Relativitätstheorie wird der Artikel „Zur Elektrodynamik bewegter Körper“[1] aufgefasst, der 1905 von Albert Einstein nach wichtigen Vorarbeiten von Henri Poincaré und Hendrik Antoon Lorentz verfasst wurde. Da die Theorie sich mit der Beschreibung relativ zueinander bewegter Bezugssysteme befasst, wurde sie bald in Wissenschaft und Volksmund als „Relativitätstheorie“ bezeichnet. Als Einstein 1915 schließlich die Grundlage einer verallgemeinerten Relativitätstheorie veröffentlichte, benannte er seine ursprüngliche Arbeit in „Spezielle Relativitätstheorie“ um, weil diese in der allgemeinen Relativitätstheorie nur noch einen Spezialfall darstellt.

Anmerkung: Dieser Text verzichtet bewusst weitestgehend auf Formeln. Einen weiteren formelfreien Zugang bietet der Artikel über Minkowski-Diagramme. Wer an Formeln für die entsprechenden Effekte interessiert ist, kann den vorhandenen Links zu den entsprechenden Einzelthemen folgen.
Der einführende Artikel Relativitätstheorie stellt dar, in welchem inneren Zusammenhang die spezielle Relativitätstheorie mit der allgemeinen Relativitätstheorie steht.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Siehe Geschichte der speziellen Relativitätstheorie

Die Gesetze der klassischen Mechanik haben die besondere Eigenschaft, dass sie in jedem Inertialsystem, also in jedem unbeschleunigt bewegten System, gleichermaßen gelten (Relativitätsprinzip). Diese Tatsache erlaubt es, auch im ICE bei voller Fahrt z. B. einen Kaffee zu trinken, ohne dass die Geschwindigkeit von 300 km/h irgendwelche Auswirkungen hat, und sie erlaubt es auch, auf der Erde zu leben, ohne zu bemerken, dass dieselbe mit hoher Geschwindigkeit um die Sonne kreist. Die Transformationen (Umrechnungsformeln), mit denen in der klassischen Mechanik von einem Inertialsystem ins andere umgerechnet wird, heißen Galileitransformationen, und die Eigenschaft, dass die Gesetze nicht vom Inertialsystem abhängen, also sich bei einer Galileitransformation nicht ändern, nennt man entsprechend Galilei-Invarianz. Die Formeln für eine Galileitransformation folgen unmittelbar aus der klassischen Vorstellung eines allen Ereignissen zugrundeliegenden dreidimensionalen euklidischen Raumes und einer davon unabhängigen Zeit.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde jedoch erkannt, dass die Maxwell-Gleichungen, die sehr erfolgreich die elektrischen, magnetischen und optischen Phänomene beschreiben, nicht Galilei-invariant sind. Das bedeutet, dass sich die Gleichungen in ihrer Form verändern, wenn eine Galilei-Transformation in ein relativ zum Ausgangssystem bewegtes System durchgeführt wird. Insbesondere wäre die Lichtgeschwindigkeit vom Bezugsystem abhängig, wenn die Galilei-Invarianz als fundamental angenommen würde. Die Maxwell-Gleichungen wären demnach nur in einem bestimmten Bezugsystem gültig, und es sollte durch Messung der Lichtgeschwindigkeit möglich sein, die eigene Geschwindigkeit gegenüber diesem System zu bestimmen. Das berühmteste Experiment, mit dem versucht wurde, die Geschwindigkeit der Erde gegenüber diesem ausgezeichneten System zu messen, ist der Michelson-Morley-Versuch. Kein Experiment konnte jedoch eine Relativbewegung nachweisen.

Die andere Lösung des Problems ist das Postulat, dass die Maxwell-Gleichungen in jedem Bezugssystem unverändert gelten und stattdessen die Galilei-Invarianz nicht universal gültig ist. An die Stelle der Galilei-Invarianz tritt also die Lorentz-Invarianz. Dieses Postulat hat weitreichende Auswirkungen auf das Verständnis von Raum und Zeit, weil die Lorentztransformationen, die die Maxwell-Gleichungen unverändert lassen, keine reinen Transformationen des Raumes wie die Galilei-Transformationen sind, sondern Raum und Zeit gemeinsam verändert werden. Gleichzeitig müssen auch die Grundgleichungen der klassischen Mechanik umformuliert werden, weil diese nicht lorentzinvariant sind. Für niedrige Geschwindigkeiten sind Galileitransformationen und Lorentztransformationen jedoch so ähnlich, dass die Unterschiede nicht messbar sind, daher widerspricht die Gültigkeit der klassischen Mechanik bei kleinen Geschwindigkeiten der neuen Theorie nicht.

Die spezielle Relativitätstheorie liefert damit ein alternatives Verständnis von Raum und Zeit, mit dem auch die Elektrodynamik nicht mehr vom Bezugssystem abhängt. Ihre Vorhersagen wurden experimentell vielfach und mit hoher Genauigkeit erfolgreich überprüft.[2]

Lorentztransformationen

Hauptartikel: Lorentz-Transformation

Die Unveränderlichkeit der physikalischen Gesetze unter Lorentztransformationen ist die zentrale Eigenschaft der speziellen Relativitätstheorie. Daher werden in diesem Abschnitt die physikalischen Auswirkungen der Lorentztransformationen anschaulich erklärt.

Da die Gesetze der Elektrodynamik in jedem Bezugssystem gleichermaßen unverändert gelten, gilt insbesondere auch ihre Vorhersage einer in jedem Bezugssystem konstanten Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Das Licht ist also in jedem Bezugssystem gleich schnell. Dies folgt direkt aus der Lorentz-Invarianz und es wird oft als wichtigste Eigenschaft der Lorentztransformationen betrachtet, dass sie die Lichtgeschwindigkeit unverändert lassen.

Gleichzeitigkeit

Weiterführender Artikel: Relativität der Gleichzeitigkeit

Eine der größten Schwierigkeiten beim Verständnis der Auswirkungen der Lorentztransformationen ist der Begriff der Gleichzeitigkeit. Es ist daher wichtig zum Verständnis, sich klarzumachen, dass Gleichzeitigkeit von Ereignissen an verschiedenen Orten nicht von vornherein definiert ist. Zur Definition von Gleichzeitigkeit bedient man sich der Lichtgeschwindigkeit, da diese in allen Bezugssystemen gleich ist. Aus der Entfernung, in der ein Ereignis stattfindet, und dem Zeitpunkt, an dem ein Lichtsignal von diesem Ereignis einen Beobachter erreicht, lässt sich mit der Lichtgeschwindigkeit ausrechnen, wann das Ereignis stattgefunden hat. Die Lichtsignale von zwei gleichzeitigen Ereignissen werden einen Beobachter also zu verschiedenen Zeiten erreichen, wenn die Ereignisse sich unterschiedlich weit vom Beobachter entfernt ereignen.

Diese Definition von Gleichzeitigkeit erscheint anschaulich verständlich, führt aber zusammen mit der Lorentz-Invarianz zu einem paradoxen Effekt: Die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse an verschiedenen Orten ist abhängig vom Bewegungszustand des Beobachters.

Diese Tatsache lässt sich unmittelbar mit dem folgenden Gedankenexperiment verstehen:

In der Mitte eines Bahnsteiges steht eine Lampe. Für einen Beobachter, der auf dem Bahnsteig steht, ist unmittelbar klar: Wenn die Lampe eingeschaltet wird, dann erreicht das Licht beide Enden des Bahnsteigs gleichzeitig: Es hat ja in beide Richtungen denselben Weg zurückzulegen.

Betrachten wir nun die Situation aus der Sicht eines Fahrgastes eines mit konstanter Geschwindigkeit vorbeifahrenden Zuges: Der Bahnsteig bewegt sich nun mit konstanter Geschwindigkeit v nach hinten. Das Licht besitzt aber auch gegenüber dem Zug in beiden Richtungen die Geschwindigkeit c. Zum Zeitpunkt des Aussendens sind beide Bahnsteigenden gleich weit von der Lampe entfernt. Somit kommt das vordere Bahnsteigende dem Lichtstrahl entgegen, so dass das nach vorne laufende Licht eine kürzere Strecke zurücklegt, bis es dieses Bahnsteigende erreicht. Umgekehrt bewegt sich das hintere Bahnsteigende in Richtung des nacheilenden Lichtes, so dass das Licht hier einen etwas längeren Weg zurücklegen muss, bis es dieses Ende erreicht hat. Daher wird das Licht also das vordere Bahnsteigende früher erreichen als das hintere, und somit werden beide Enden des Bahnsteigs nicht gleichzeitig erreicht.

Der Beobachter am Bahnsteig und der Beobachter im Zug sind sich also nicht einig über die Frage, ob die beiden Ereignisse „das Licht erreicht das vordere Ende des Bahnsteigs“ und „das Licht erreicht das hintere Ende des Bahnsteigs“ gleichzeitig sind. Da beide Beobachter sich jedoch gleichförmig bewegen, ist keines der beiden Systeme ausgezeichnet, die Sichtweisen der beiden Beobachter sind also gleichwertig. Gleichzeitigkeit ist tatsächlich für beide Beobachter verschieden.

Die Gleichzeitigkeit von Ereignissen, deren Ort sich nur senkrecht zur Bewegungsrichtung ändert, ist in beiden Bezugssystemen gleich: Wenn die Lampe auf halber Höhe des Zuges hängt, so wird das Licht sowohl für den Beobachter am Bahnsteig als auch für den Beobachter im Zug gleichzeitig die Unter- und Oberseite des Zuges erreichen.

Lorentzkontraktion

Hauptartikel: Lorentzkontraktion

Aus der Relativität der Gleichzeitigkeit ergibt sich ein anderer, paradox wirkender, Effekt: Angenommen, der Anfang des Zuges löst beim Passieren des vorderen Bahnsteigendes einen Lichtblitz aus und das Ende des Zuges löst einen ebensolchen Lichtblitz am hinteren Bahnsteigende aus. Der Beobachter in der Mitte des Bahnsteigs sieht bei der Durchfahrt des Zuges beide Lichtblitze gleichzeitig. Er stellt also fest, dass im selben Moment, zu dem der Anfang des Zuges das vordere Ende des Bahnsteigs passiert, auch das hintere Ende des Zuges das hintere Ende des Bahnsteigs passiert. Er schließt, dass Zug und Bahnsteig bei der momentanen Geschwindigkeit gleich lang sind.

Für den Beobachter in der Mitte des Zuges stellt sich die Situation aber ganz anders dar: Der Lichtblitz vom Anfang des Zuges erreicht ihn früher als der Lichtblitz vom hinteren Ende des Zuges. Da das „hintere“ Ereignis (das Zugende passiert das hintere Bahnsteigende) für ihn später passiert als das „vordere“ (der Zuganfang passiert das vordere Bahnsteigende), schließt er, dass der Zug länger ist als der Bahnsteig, denn schließlich war das Zugende noch gar nicht am Bahnsteig angekommen, als der Zuganfang ihn schon wieder verlassen hat.

Somit ist für den Beobachter im Zug der Bahnsteig kürzer und/oder der Zug länger als für den Beobachter auf dem Bahnsteig. Das Relativitätsprinzip besagt wieder, dass beide recht haben: Wenn aus Sicht des Zugfahrers der (bewegte) Bahnsteig verkürzt ist, dann muss auch aus Sicht des Bahnsteig-Beobachters der (bewegte) Zug verkürzt sein. Die Lorentzkontraktion gilt nur in Bewegungsrichtung, da ja senkrecht zur Bewegungsrichtung die Gleichzeitigkeit der Ereignisse in beiden Bezugssystemen übereinstimmt. Beide Beobachter sind sich also z. B. über die Höhe des Fahrdrahtes einig.

Diese Verkürzung bewegter Gegenstände nennt man Lorentzkontraktion.

Zeitdilatation

Hauptartikel: Zeitdilatation

Ebenso wie Distanzen von Beobachtern in verschiedenen Inertialsystemen verschieden festgestellt werden, muss auch zum Vergleich von Zeitspannen die Relativgeschwindigkeit der Inertialsysteme berücksichtigt werden: Der Beobachter im Zug stehe am hinteren Ende des Zuges und an jedem Ende des Bahnsteigs sei eine Uhr. Die Uhr am vorderen Ende des Bahnsteigs wird gestartet, wenn der Anfang des Zuges sie passiert und die Uhr am hinteren Ende des Bahnsteiges, wenn das Ende des Zuges sie passiert. Da der Zug für den Beobachter am Bahnsteig genauso lang ist, wie der Bahnsteig, werden die Uhren also nach seinem Gleichzeitigkeitsbegriff gleichzeitig gestartet. Die Uhr am vorderen Bahnsteigende wird gestoppt, wenn das hintere Zugende sie passiert.

Der Beobachter im Zug startet seine Uhr, wenn er das hintere Bahnsteigende passiert, also gleichzeitig mit dem Start der dortigen Bahnsteiguhr, und stoppt sie, wenn er das vordere Bahnsteigende passiert, gleichzeitig mit dem Stoppen der dortigen Bahnsteiguhr. Nach seinem Gleichzeitigkeitsbegriff geht die Uhr am vorderen Bahnsteigende gegenüber der am hinteren Bahnsteigende und damit auch gegenüber seiner Uhr vor, da nach seinem Längenbegriff der Zug länger ist als der Bahnsteig. Die Zeitspanne, die er für seine Fahrt vom hinteren bis zum vorderen Ende des Bahnsteigs misst, ist also kleiner als die Dauer, die von der Uhr am vorderen Bahnsteigende angezeigt wird, wenn er diese passiert.

Der Beobachter am Bahnsteig sieht also an den Anzeigen der Uhren, dass der Beobachter im Zug eine kürzere Zeitspanne misst als er selbst. Da nach seinem Gleichzeitigkeitsbegriff die Start- und Stoppzeitpunkte der Uhr des Beobachters im Zug und der Uhr am vorderen Bahnsteigende gleich sind, sind nach seinem Gleichzeitigkeitsbegriff auch die Zeitspannen gleich lang. Er kommt also zu dem Schluss, dass die Uhr des Beobachters im Zug zu langsam geht. Nach dem Gleichzeitigkeitsbegriff des Beobachters im Zug fallen jedoch die Startzeitpunkte der Uhren nicht zusammen, so dass er diese Beobachtung nicht macht.

Diese Betrachtung lässt sich auch umkehren, indem man je eine Uhr am Anfang und am Ende des Zuges anbringt und nach dem Gleichzeitigkeitsbegriff des Beobachters im Zug gleichzeitig startet, wenn der Anfang des Zuges das vordere Bahnsteigende passiert. Aus Sicht des Beobachters im Zug ergibt sich dann, dass die Zeit am Bahnsteig langsamer vergeht als im Zug.

Wieder lässt sich nicht entscheiden, welcher der beiden Beobachter recht hat. Beide Beobachter bewegen sich unbeschleunigt relativ zueinander und sind daher gleichberechtigt. Zeitspannen sind für beide Beobachter verschieden, und für beide Beobachter vergeht die Zeit in ihrem jeweiligen Ruhesystem am schnellsten, während sie in allen relativ bewegten Systemen langsamer vergeht. Dieser Effekt heißt Zeitdilatation. Die Zeit, die jeder Beobachter auf seiner eigenen Uhr abliest, nennt man Eigenzeit.

Eine unmittelbare Folge der Zeitdilatation ist, dass die verstrichene Zeitspanne vom gewählten Weg abhängt. Angenommen, jemand steigt in den Zug und fährt bis zur nächsten Station. Dort steigt er in einen Zug um, der wieder zum Ausgangspunkt zurückfährt. Ein anderer Beobachter hat in der Zwischenzeit dort am Bahnsteig gewartet. Nach der Rückkehr vergleichen sie ihre Uhren. Aus Sicht des am Bahnhof gebliebenen Beobachters hat nun der Reisende sowohl bei der Hinfahrt als auch bei der Rückfahrt eine Zeitdilatation erfahren. Somit geht die Uhr des Reisenden aus Sicht des Wartenden jetzt nach. Aus Sicht des Reisenden erfährt jedoch der Wartende eine Zeitdilatation, so dass auf den ersten Blick die Uhr des Wartenden aus Sicht des Reisenden nun nachgehen muss. Dieses Paradoxon heißt Zwillingsparadoxon. In diesem Fall ist die Situation jedoch nicht symmetrisch, da der Reisende umgestiegen ist, also sein Bezugssystem gewechselt hat. Daher geht die Uhr des Reisenden tatsächlich nach.

Eine Version dieses Paradoxons wurde tatsächlich als Experiment zur Überprüfung der speziellen Relativitätstheorie durchgeführt. Dabei wurden die gemessenen Zeitspannen zweier Atomuhren verglichen, von denen eine in einem Flugzeug die Erde umkreiste, während die zweite Uhr auf dem Start- und Zielflugplatz zurückblieb. Die „mitgeführte“ Uhr zeigte eine messbar geringere Zeitspanne.

Relativistische Geschwindigkeitsaddition

Hauptartikel: Relativistisches Additionstheorem für Geschwindigkeiten

Wenn nun im Zug der Schaffner mit konstanter Geschwindigkeit nach vorne läuft, ist seine Geschwindigkeit für einen Beobachter am Bahnsteig nach der klassischen Mechanik einfach als die Summe der Laufgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit des Zuges gegeben. In der Relativitätstheorie liefert eine solche einfache Addition nicht das richtige Ergebnis. Vom Bahnsteig aus betrachtet ist die Zeit, die der Schaffner z. B. von einem Wagen zum nächsten braucht, wegen der Zeitdilatation länger als für den Zugreisenden. Zudem ist der Wagen selbst vom Bahnsteig aus gesehen Lorentz-verkürzt. Hinzu kommt noch, dass der Schaffner nach vorne läuft, also das Ereignis „Erreichen des nächsten Wagens“ weiter vorne im Zug stattfindet: Aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit bedeutet dies, dass das Ereignis für den Beobachter am Bahnsteig später stattfindet als für den Zugreisenden. Insgesamt ergeben also alle diese Effekte, dass die Geschwindigkeitsdifferenz des Schaffners zum Zug für den Beobachter am Bahnsteig geringer ist als für den Beobachter im Zug. Mit anderen Worten: Der Schaffner ist vom Bahnsteig aus gesehen langsamer unterwegs, als es die Addition der Geschwindigkeit des Zuges und der Geschwindigkeit des Schaffners vom Zug aus gesehen ergeben würde. Die Formel, mit der man diese Geschwindigkeit berechnet, heißt relativistisches Additionstheorem für Geschwindigkeiten.

Der Extremfall tritt auf, wenn man einen nach vorne laufenden Lichtstrahl betrachtet. In diesem Fall ist der Verlangsamungseffekt so stark, dass der Lichtstrahl auch vom Bahnsteig aus wieder Lichtgeschwindigkeit hat. Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist ja die Grundlage der Relativitätstheorie. Dies sorgt auch dafür, dass der Schaffner sich aus Sicht des Beobachters am Bahnsteig immer langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, sofern seine Laufgeschwindigkeit im Ruhesystem des Zuges kleiner ist als die Lichtgeschwindigkeit: Angenommen der Schaffner hält eine Taschenlampe auf einen Spiegel am Ende des Wagens und läuft langsamer als das Licht. Dann wird der vom Zug aus betrachtet der Lichtstrahl reflektiert und trifft den Schaffner, bevor er das Ende des Wagens erreicht. Würde nun seine Geschwindigkeit vom Bahnsteig als Überlichtgeschwindigkeit wahrgenommen, so würde der Schaffner das Ende des Wagens vor dem Lichtstrahl erreichen und damit das Treffen mit dem Lichtstrahl nicht stattfinden. Ein solches Treffen am selben Ort zur selben Zeit ist jedoch beobachterunabhängig und damit ergibt sich ein Widerspruch. Also liefert die relativistische Addition von zwei Geschwindigkeiten unterhalb der Lichtgeschwindigkeit immer ein Ergebnis unterhalb der Lichtgeschwindigkeit.

Nun kann der Schaffner aber im Zug nicht nur nach vorne laufen, sondern auch nach hinten. In diesem Fall findet das Ereignis „Erreichen des nächsten Wagens“ weiter hinten im Zug statt und somit für den Bahnsteig-Beobachter relativ zum Zugreisenden „verfrüht“, während die anderen Effekte immer noch „verlangsamend“ wirken. Die Effekte heben sich gerade dann auf, wenn der Schaffner mit derselben Geschwindigkeit im Zug nach hinten rennt, wie der Zug fährt: In diesem Fall kommt auch die Relativitätstheorie zu dem Ergebnis, dass der Schaffner relativ zum Bahnsteig ruht. Für höhere Geschwindigkeiten nach hinten sieht der Beobachter am Bahnsteig nun eine höhere Geschwindigkeit, als er nach der klassischen Mechanik erwarten würde. Dies geht wieder bis zum Extremfall des nach hinten gerichteten Lichtstrahls, der wiederum auch vom Bahnsteig aus gesehen exakt mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist.

Impuls, Masse und Energie

Stoß zweier Kugeln mit Änderung der Bewegungsrichtung um 90°

Im Bahnhof gibt es auch einen Spielsalon mit Billardtischen. Auf einem ereignet sich, als der Zug vorbeifährt, gerade Folgendes, aus Sicht des Beobachters am Bahnsteig geschildert: Zwei Billardkugeln, die jeweils dieselbe absolute Geschwindigkeit wie der Zug haben, sich aber senkrecht zum Gleis aufeinander zubewegen, stoßen völlig elastisch (aber nicht zentral) zusammen, und zwar so, dass die Verbindungsachse ihrer Mittelpunkte mit ihrer Bewegungsrichtung den Winkel 45° bildet. Durch den Zusammenstoß ändern sie nun ihre Richtung gerade parallel zum Gleis, so dass sie – immer noch gleich schnell – nun in Richtung des Zuges und in Gegenrichtung weiterrollen. Das nebenstehende Bild illustriert den Vorgang.

In der klassischen Mechanik ist der Impuls eines Objekts definiert als das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit des Objekts. Der Gesamtimpuls, der sich durch einfaches Addieren der Einzelimpulse ergibt, ist eine Erhaltungsgröße. In der Tat ist beim obigen Stoß der so definierte Impuls aus Bahnsteig-Sicht erhalten: Da die Kugeln sich sowohl vor als auch nach dem Stoß mit gegengleicher Geschwindigkeit bewegen, ist der so definierte Impuls vor wie nach dem Stoß null.

Aus dem Zug betrachtet rollen die Kugeln vor dem Stoß schräg aufeinander zu: Parallel zum Gleis haben beide die Geschwindigkeit des Bahnsteiges (da sie sich ja mit dem Bahnsteig mitbewegen), und senkrecht zum Gleis haben sie einander entgegengesetzte Geschwindigkeiten (diese Komponente beruht auf der Bewegung der Kugeln relativ zum Bahnsteig senkrecht zum Zug). Ihr Impuls senkrecht zum Gleis ist also null, parallel zum Gleis ist der Gesamtimpuls zweimal Kugelmasse mal Bahnsteiggeschwindigkeit.

Nach dem Stoß hat nun die eine Kugel die Geschwindigkeit – und damit auch den Impuls – null (aus Bahnsteigsicht ist sie mit Zuggeschwindigkeit in Zugrichtung unterwegs gewesen), somit muss nun die andere Kugel den gesamten Impuls tragen. Um die Geschwindigkeit der anderen Kugel zu bestimmen, muss jedoch nun die im vorigen Abschnitt betrachtete relativistische Geschwindigkeitsaddition verwendet werden, und - wie oben dargelegt - hat diese Kugel nun eine geringere Geschwindigkeit als das Doppelte der Bahnsteiggeschwindigkeit (= Zuggeschwindigkeit). Damit wird klar, dass die klassische Impulserhaltung nicht mehr gültig ist. Um den Erhaltungssatz wieder herzustellen, wird der relativistische Impuls verwendet, der stärker als linear mit der Geschwindigkeit ansteigt. Aus demselben Grund muss auch die kinetische Energie bei hohen Geschwindigkeiten schneller ansteigen, als sie es nach der klassischen Mechanik tut.

Die Äquivalenz von Masse und Energie besagt, dass man die Energie jedes ruhenden Teilchens an seiner Masse m ablesen kann. Die Ruheenergie ist doppelt so groß wie in der newtonschen Mechanik die kinetische Energie des Teilchens wäre, wenn es sich mit Lichtgeschwindigkeit c bewegte:

\,E_{\text{Ruhe}}=m c^2

Weil man an der Masse die Ruheenergie ablesen kann, versteht man, warum bei radioaktivem Zerfall die Tochterteilchen zusammen weniger Masse haben als der Ausgangskern: Ein Teil der anfänglichen Ruheenergie ist in kinetische Energie der Tochterteilchen und in Strahlung umgewandelt worden.

Ordnet man auch der Energie von bewegten Teilchen durch

\,E =m_{\text{relativistisch}} c^2

rechnerisch eine Masse zu, so ist diese Masse geschwindigkeitsabhängig. Sie heißt relativistische Masse. Mit ihr schreibt sich der relativistische Impuls wie in Newtons Mechanik als Masse mal Geschwindigkeit.

Der Begriff der relativistischen Masse wird jedoch in der modernen Physik aus mehreren Gründen gemieden. Anders als in Newtons Physik ist sie nicht das Verhältnis von Beschleunigung und Kraft und man kann sie nicht mit einer Waage im Gravitationsfeld messen. Vor allem aber hat man für die relativistische Masse bis auf den konstanten Faktor c2 schon die Bezeichnung Energie. Die Masse hängt also wie in Newtons Physik nicht von der Geschwindigkeit ab, wohl aber die Energie. Wie in Newtons Physik hat die Energie insgesamt bei allen Vorgängen den unveränderten Wert, den sie zu Beginn hatte. Sie ist eine additive Erhaltungsgröße. Die Masse kann hingegen zum Beispiel bei Kernzerfällen abnehmen.

Von Raum und Zeit zur Raumzeit

Angesichts der oben erläuterten relativistischen Effekte stellt sich natürlich die Frage, wie diese Effekte zu interpretieren sind. Betrachtet man die Bewegung eines Beobachters im Raum-Zeit-Diagramm, so erkennt man, dass der Wechsel des Bezugssystems (sowohl klassisch-mechanisch als auch relativistisch) mit einem „Kippen“ der Zeitachse einhergeht. Dieses beschreibt die „Relativität der Gleichortigkeit“: Während der Beobachter im Zug feststellt, dass z. B. sein Koffer über ihm im Gepäcknetz die ganze Zeit am selben Ort bleibt, ist für den Beobachter am Bahnsteig klar, dass sich derselbe Koffer mit dem Zug mitbewegt, mithin also gerade nicht am selben Ort bleibt. Was die Relativitätstheorie von Newtons Raum und Zeit unterscheidet, ist die Tatsache, dass für zueinander bewegte Bezugssysteme auch die Gleichzeitigkeit relativ ist, wie oben beschrieben. Dies führt dazu, dass nach der Relativitätstheorie im Gegensatz zur klassischen Mechanik zusammen mit der Zeitachse auch die Ortsachse gekippt wird.

Gegenüberstellung von Drehung (links) und Bezugssystemwechsel (rechts).

Eine wohlbekannte Bewegung, in der zwei Koordinatenachsen geändert werden, ist die Drehung im Raum. Das nebenstehende Bild illustriert den Unterschied zwischen der bekannten Drehung und dem Bezugssystemwechsel: Während bei Drehungen im Raum beide Achsen in dieselbe Richtung gedreht werden, werden bei Bezugssystemwechsel Ortsachse und Zeitachse in die entgegengesetzte Richtung gedreht: Aus dem ursprünglichen Quadrat entsteht ein flächengleicher Rhombus, wobei die Bedingung der Flächengleichheit der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Dies führt dazu, dass die lange Diagonale (im Bild gestrichelt) ihren Wert nicht ändert. Diese Diagonale beschreibt aber gerade den Weg des Lichtes, die erwähnte Unveränderlichkeit bei Bezugssystemwechsel bedeutet also gerade, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant ist.

Aus diesen Betrachtungen folgt, dass es sinnvoll ist, Raum und Zeit als eine Einheit zu betrachten, so wie Länge, Breite und Höhe eine Einheit bilden, nämlich den dreidimensionalen Raum. Die vierdimensionale Einheit aus Raum und Zeit nennt man Raumzeit (siehe dazu auch Lorentz-Transformation und Minkowski-Raum). Es ist damit nicht mehr möglich, eine ganz bestimmte Richtung unabhängig vom Beobachter als die Zeitrichtung anzugeben, genauso wie es im Raum kein eindeutiges (beobachterunabhängiges) Vorne gibt. So laufen z. B. sowohl die schwarze Zeitachse als auch die gelbe „gedrehte“ Zeitachse in Zeitrichtung. Allerdings ist es – im Unterschied zum normalen Raum – in der Raumzeit nicht möglich, die Zeitrichtung bis zur Raumrichtung zu drehen oder gar die Zeit „umzudrehen“, also Vergangenheit und Zukunft zu vertauschen. Durch die Konstanz der Diagonalen werden die von Diagonalen begrenzten Gebiete stets in sich selbst überführt. Dies entspricht der Flächengleichheit der eingezeichneten Netzwerk-Segmente.

Bei genauerer Betrachtung der Drehung (linkes Bild) sieht man, dass jedes Koordinatenquadrat wieder in ein gleichgroßes Quadrat übergeführt wird (das gedrehte Quadrat oben rechts vom Ursprung ist im Bild schraffiert). Zudem ist der Schnittpunkt der gedrehten y-Achse (gelbe Linie) mit dem Schnittpunkt der gedrehten ersten Parallelen der x-Achse (hellbraune Linie) gleich weit entfernt vom Ursprung wie der ungedrehte Schnittpunkt. Der y-Wert dieses Schnittpunktes ist hingegen kleiner als für den ungedrehten Schnittpunkt. Dies führt zum Phänomen der perspektivischen Verkürzung, wenn die Linie aus x-Richtung angeschaut wird.

Betrachtet man nun analog das rechte Bild, so sieht man, dass auch hier das Koordinatenquadrat in eine gleichgroße Fläche überführt wird. Nur hat das in diesem Fall die Auswirkung, dass der Schnittpunkt der „gedrehten“ Zeitachse (gelb) mit der nächsten Parallelen der gedrehten Raumachse (hellbraun) höher, also später liegt als im ungedrehten Fall. Nehmen wir nun an, die Raumachsen werden bei jedem Tick einer Uhr „gesetzt“, so sieht man sofort, dass die Uhr im „gedrehten“ Koordinatensystem, also die relativ zum Beobachter bewegte Uhr, anscheinend langsamer geht (zwischen zwei Ticks vergeht mehr Zeit des Beobachters). Aus der Analogie zur Drehung wird ebenfalls klar, dass es sich auch hierbei nur um einen „perspektivischen“ Effekt handelt. Damit erklärt sich ganz zwanglos der scheinbare Widerspruch, dass beide Beobachter die Uhr des jeweils anderen langsamer laufen sehen. Auch die perspektivische Verkürzung wird wechselseitig wahrgenommen, ohne dass das zu Widersprüchen führen würde.

Ein wesentlicher Unterschied des Bezugssystemwechsels zur Drehung ist jedoch, dass für die Variable „Zeit“ statt einer Verkürzung eine Verlängerung (Verlangsamung: Zeitdilatation) wahrgenommen wird. Dies kann man an obiger Gegenüberstellung gut erkennen: Bei der Drehung im Raum wandert der Schnittpunkt der gelben und der hellbraunen Linie nach unten (perspektivische Verkürzung), beim Bezugssystemwechsel hingegen nach oben.

Effekte

Die bereits erklärten Effekte der Lorentztransformationen lassen sich teilweise direkt beobachten. Insbesondere die Zeitdilatation wurde anhand vieler Experimente bestätigt. So erhöht sich die Lebensdauer von instabilen Elementarteilchen in Teilchenbeschleunigern, was vor allem bei den vergleichsweise langlebigen Myonen nachgewiesen wurde. Außerdem wurde in Analogie zum Zwillingsparadoxon eine Atomuhr in einem Flugzeug platziert und ein Gangunterschied gegenüber am Boden verbliebenen Uhren festgestellt.

Die spezielle Relativitätstheorie hat jedoch auch Konsequenzen, die nicht so offensichtlich Folgen der Lorentztransformationen sind. Einige dieser Effekte werden hier dargestellt.

Aberration von Licht

Hauptartikel: Aberration (Astronomie)

Wenn sich ein Beobachter schneller und schneller bewegt, kommen ihm die Lichtstrahlen ähnlich wie Regentropfen mehr und mehr von vorne entgegen. Es ändert sich der Winkel, unter dem ein Lichtstrahl für einen bewegten Beobachter einfällt. Ursprünglich erklärte man dieses Phänomen, die Aberration des Lichts, mit Newtons Korpuskeltheorie des Lichtes genauso wie bei Regentropfen. In der speziellen Relativitätstheorie wird nun die klassische durch die relativistische Geschwindigkeitsaddition ersetzt. Daraus folgt, dass ein bewegter Beobachter nach der Korpuskeltheorie einen anderen Aberrationswinkel als nach der speziellen Relativitätstheorie beobachten und je nach Bewegungsgeschwindigkeit verschiedene Lichtgeschwindigkeiten des einfallenden Lichts messen würde.

Jedoch nach der Beobachtung, dass sich Licht wie eine Welle ausbreitet (Undulationstheorie), konnte man die Aberration nicht mehr verstehen. Bei einer Lichtwelle würden sich in der newtonschen Physik die Wellenfronten bei Bewegung des Beobachters nicht ändern. Erst in der Speziellen Relativitätstheorie ändern sich die Wellenfronten aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit so wie Teilchenbahnen und Aberration wird verständlich, egal ob sie bei Wellen oder Teilchen auftritt.

Dopplereffekt des Lichts

Hauptartikel: Dopplereffekt

Bei Wellen, die sich in einem Trägermedium fortpflanzen, wie den Schallwellen, kommt es bei einer Bewegung der Quelle oder des Empfängers gegenüber dem Trägermedium zu einer Veränderung der gemessenen Frequenz. Dabei ist der Effekt verschieden, je nachdem, ob die Quelle oder der Empfänger gegenüber dem Trägermedium bewegt ist. Generell wird die Frequenz größer, wenn sich Quelle und Empfänger aufeinander zubewegen, weil dann vom Empfänger in derselben Zeit mehr Wellenberge wahrgenommen werden. Entsprechend wird die Frequenz kleiner, wenn sich Quelle und Empfänger auseinander bewegen. Diese Frequenzverschiebung heißt Dopplereffekt. Bei Schallwellen kann der Empfänger schneller sein als die Wellen und diesen ganz entkommen, und die Quelle kann entsprechend ihr eigenes Signal überholen, was zum Überschallknall führt.

Bei Lichtwellen im Vakuum ist keine Relativbewegung zum Trägermedium messbar, da die Vakuumlichtgeschwindigkeit in allen Inertialsystemen gleich ist. Der Dopplereffekt des Lichts kann also nur von der Relativgeschwindigkeit von Quelle und Empfänger abhängen, das heißt es gibt keinen Unterschied zwischen Bewegung der Quelle und des Empfängers. Da eine Relativbewegung schneller als mit Vakuumlichtgeschwindigkeit nicht möglich ist, gibt es für Licht im Vakuum kein analoges Phänomen zum Überschallknall. In Medien wie Wasser, in denen die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts geringer ist als im Vakuum, gibt es mit dem Tscherenkow-Effekt ein analoges Phänomen zum Überschallknall.

Es ist klar, dass die Zeitdilatation einen Einfluss auf die Frequenzen hat, die zwei relativ zueinander bewegte Beobachter messen. Daher tritt beim Licht auch ein Dopplereffekt auf, wenn sich der Beobachter senkrecht zur Richtung bewegt, in der die Quelle liegt. Dieser Effekt heißt transversaler Dopplereffekt. Dabei muss beachtet werden, dass Definition des Einfallwinkels aufgrund der Aberration abhängig vom Beobachter ist. Daher tritt je nachdem, in welchem Bezugsystem das Licht senkrecht einfällt, eine Erhöhung der Frequenz (Blauverschiebung) oder eine Verringerung der Frequenz (Rotverschiebung) auf.

Aus Sicht des Ruhesystems des Empfängers vergeht aufgrund der Zeitdilatation die Zeit im System der Quelle langsamer. Das bedeutet, dass er eine niedrigere Frequenz in seinem System misst als ein Beobachter, der zur Quelle ruht, er misst also eine Rotverschiebung. Dieser Effekt wird als transversaler Dopplereffekt bezeichnet. Der zur Quelle ruhende Beobachte erklärt den Effekt dadurch, dass sich der Empfänger zum Zeitpunkt des Empfangens nicht senkrecht zur Richtung der Quelle, sondern von der Quelle weg. Der Lichtstrahl trifft den Empfänger aus seiner Sicht von hinten, womit er die Rotverschiebung erklärt.

Aus Sicht des Ruhesystems der Quelle vergeht entsprechend die Zeit im Ruhesystem des Empfängers langsamer. Daher misst der Empfänger eine höhere Frequenz, also eine Blauverschiebung, wenn das Licht im Ruhesystem der Quelle senkrecht zur Bewegungsrichtung den Empfänger trifft. Der Empfänger erklärt diese Blauverschiebung wieder anders, denn aus seiner Sicht trifft ihn der Lichtstrahl nicht im rechten Winkel, sondern schräg von vorn. Er wird also die Blauverschiebung durch die Annäherung an die Quelle erklären.

Lorentzkraft

Hauptartikel: Lorentzkraft

Normalerweise wird angenommen, die Relativitätstheorie werde nur bei sehr hohen Geschwindigkeiten relevant. Die Erklärung der Lorentzkraft ist ein Beispiel dafür, dass bereits bei geringen Geschwindigkeiten sichtbare Unterschiede resultieren können. (Hinweis: Dieser Abschnitt benötigt zum Verständnis Grundkenntnisse im Bereich des Elektromagnetismus.)

Ein Elektron (ein elektrisch negativ geladenes Teilchen) bewege sich parallel zu einem im Labor ruhenden, ladungsneutralen Draht, in dem ein elektrischer Strom fließt, wobei die Elektronen innerhalb des Drahtes sich mit derselben Geschwindigkeit in dieselbe Richtung bewegen wie das einzelne Elektron außerhalb.

Illustration der Lorentzkraft

Aufgrund des Stromes hat der Draht ein Magnetfeld, und da sich das Elektron senkrecht zum Magnetfeld bewegt, wird es durch die Lorentzkraft zum Draht hingezogen, wie das nebenstehende Bild zeigt.

Aus der Sicht des Ruhesystems des Elektrons hat der Leiter zwar immer noch ein Magnetfeld (weil dessen Elektronen zwar ruhen, aber dafür der positiv geladene Rest aus Atomrümpfen sich bewegt), aber da das Elektron relativ zu sich selbst natürlich ruht, erfährt es keine Lorentzkraft. Es gibt also anscheinend keine Erklärung mehr für die Beschleunigung des Elektrons, was dem Relativitätsprinzip zuwiderlaufen würde.

Berücksichtigt man jedoch die Aussagen der Relativitätstheorie, so stellt man fest:

  • Die Elektronen sind im Ruhesystem des Drahtes bewegt, also lorentzkontrahiert. Das heißt, im „Draht-Bezugssystem“ sind in einem gegebenen Volumen mehr Elektronen als im „Elektron-Bezugssystem“.
  • Bei den Atomrümpfen ist es gerade umgekehrt: Im „Elektron-Bezugssystem“ sind in einem gegebenen Volumen mehr Atomrümpfe zu finden als im „Draht-Bezugssystem“, da die Atomrümpfe in letzterem ruhen.

Im Elektronen-Bezugssystem befinden sich also pro Volumen weniger elektrisch negative Elektronen und mehr elektrisch positive Atomrümpfe als im Draht-Bezugssystem. Da im Draht-Bezugssystem aber von beiden gleich viel vorhanden war (der Draht war ja nach Voraussetzung insgesamt ungeladen), überwiegt im Elektron-Bezugssystem die positive Ladung, das heißt der Draht ist positiv geladen. Da sich positive und negative Ladungen gegenseitig anziehen, ist klar, dass das Elektron zum Draht hingezogen wird.

Diese Betrachtung zeigt, dass durch Lorentztransformationen Magnetfelder teilweise in elektrische Felder umgewandelt werden. Das ermöglicht es, die Lorentzkraft auf elektrostatische Anziehung zurückzuführen. Dieser Effekt hat bereits für kleine Geschwindigkeiten messbare Auswirkungen.

Verhältnis zu anderen Theorien

Klassische Mechanik

Die spezielle Relativitätstheorie tritt an die Stelle der dynamischen Gesetze der klassischen Mechanik. Allerdings sind die Gesetze der klassischen Mechanik über Jahrhunderte immer wieder sehr genau bestätigt worden. Dabei wurden jedoch immer Geschwindigkeiten betrachtet, die sehr viel kleiner waren als die Lichtgeschwindigkeit. Für solche kleinen Geschwindigkeiten sollte die spezielle Relativitätstheorie also dieselben Ergebnisse liefern wie die klassische Mechanik. Das bedeutet, dass die Lorentztransformationen für sehr kleine Geschwindigkeiten die Galilei-Transformationen ergeben müssen. Daraus ergibt sich dann sofort, dass auch der Impuls, die kinetische Energie und alle anderen Größen für kleine Geschwindigkeiten die bekannten klassischen Werte annehmen.

Wenn der Zug in den obigen Gedankenexperimenten sehr viel langsamer fährt als mit Lichtgeschwindigkeit, ist der Unterschied zwischen den Gleichzeitigkeitsbegriffen der Beobachter sehr klein. Das führt dazu, dass auch die anderen relativistischen Effekte so klein werden, dass man sie kaum beobachten kann. Wenn also die Zeitdilatation so klein ist, dass sie unbemerkt bleibt, werden durch die Lorentztransformation anscheinend nur die Raumkoordinaten transformiert. Wenn auch die Längenkontraktion unbemerkt bleibt, bleiben genau die Galilei-Transformationen übrig.

Das veranschaulicht, dass die spezielle Relativitätstheorie für sehr kleine Geschwindigkeiten dieselben Resultate wie die klassische Mechanik liefert. Die Tatsache, dass eine alte, bewährte Theorie in einer neuen Theorie enthalten sein muss, wird als Korrespondenzprinzip bezeichnet. Die spezielle Relativitätstheorie erfüllt also das Korrespondenzprinzip bezüglich der klassischen Mechanik. Bei nicht-mechanischen, elektromagnetischen Prozessen ist das nicht immer so, wie durch die Erklärung der Lorentzkraft illustriert wird.

Allgemeine Relativitätstheorie

Bei Berücksichtigung von Gravitationseffekten tritt die allgemeine Relativitätstheorie an die Stelle der speziellen Relativitätstheorie. Insofern muss auch hier ein Korrespondenzprinzip erfüllt sein, da die Vorhersagen der speziellen Relativitätstheorie sehr genau experimentell bestätigt sind.

Im Unterschied zur speziellen Relativitätstheorie ist die Raumzeit in der allgemeinen Relativitätstheorie gekrümmt und die Theorie muss daher streng lokal formuliert werden. Für große Entfernungen können sich deshalb Abweichungen von den Aussagen der speziellen Relativitätstheorie ergeben. Durch die Behandlung der Gravitation ist vor allem in der Nähe von großen Massen, oder allgemeiner in der Nähe großer Energien, die spezielle Relativitätstheorie nur für kleine Distanzen gültig.

Ein besonders illustrativer Effekt, der die Grenze der Gültigkeit der speziellen Relativitätstheorie zeigt, ist die Shapiro-Verzögerung: Für Licht, das nahe an einem Körper mit großer Masse, wie der Sonne, vorbeigeschickt wird, misst ein Beobachter, der weiter von dem massiven Körper entfernt ist, eine kleinere Geschwindigkeit als die erwartete Vakuumlichtgeschwindigkeit. Ein Beobachter direkt beim Lichtstrahl misst dagegen die „richtige“ Lichtgeschwindigkeit. Offensichtlich gelten also die Gesetze der speziellen Relativitätstheorie, wie die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, nur noch in kleinen Bereichen.

Quantentheorie

Im Gegensatz zur allgemeinen Relativitätstheorie, bei der nach wie vor unklar ist, wie sie mit der Quantenphysik zu einer Theorie der Quantengravitation verschmolzen werden kann, gehören speziell-relativistische Quantentheorien zu den Standardwerkzeugen der modernen Physik. Tatsächlich lassen sich viele Experimentalergebnisse gar nicht verstehen, ohne sowohl die Prinzipien der Quantentheorie als auch das Raum-Zeit-Verständnis der speziellen Relativitätstheorie zu berücksichtigen.

Bereits im halbklassischen Bohr-Sommerfeld'schen Atommodell gelingt es erst bei Einbeziehung der speziellen Relativitätstheorie, die Feinstruktur von atomaren Energieniveaus zu erklären.

Paul Dirac entwickelte eine Wellengleichung, die Dirac-Gleichung, die das Verhalten von Elektronen unter Berücksichtigung der speziellen Relativitätstheorie in der Quantenmechanik beschreibt. Diese Gleichung führt zur Beschreibung des Spins und der Vorhersage des Positrons als Antiteilchen des Elektrons. Auch die Feinstruktur kann wie in den halbklassischen Modellen durch die nichtrelativistische Quantenmechanik nicht erklärt werden.

Allerdings: Gerade die Existenz von Antiteilchen zeigt, dass bei der Vereinigung von spezieller Relativitätstheorie und Quantentheorie nicht einfach eine relativistische Version der üblichen Quantenmechanik herauskommen kann. Stattdessen ist eine Theorie nötig, in der die Teilchenzahl variabel ist - Teilchen können vernichtet und erzeugt werden (einfachstes Beispiel: die Paarbildung von Teilchen und Antiteilchen). Dies leisten die (relativistischen) Quantenfeldtheorien, etwa die Quantenelektrodynamik als speziell-relativistische Theorie der elektromagnetischen Wechselwirkung und die Quantenchromodynamik als Beschreibung der starken Kraft, welche die Bausteine von Atomkernen zusammenhält.

In Gestalt des Standardmodells der Elementarteilchenphysik bilden relativistische Quantenfeldtheorien das Rückgrat der heutigen Physik der kleinsten Teilchen. Die Vorhersagen des Standardmodells lassen sich an Teilchenbeschleunigern mit hoher Präzision testen, und die Vereinigung von spezieller Relativitätstheorie und Quantentheorie gehört damit zu den am strengsten überprüften Theorien der modernen Physik.

Äthertheorien

Die spezielle Relativitätstheorie wird in der Literatur vielfach als Gegentheorie zum Äther aufgefasst. Es muss jedoch für eine differenziertere Betrachtungsweise zwischen verschiedenen Äthertheorien unterschieden werden. Dabei sind die meisten Äthertheorien mit der speziellen Relativitätstheorie unvereinbar und werden durch die experimentellen Bestätigungen der Vorhersagen der speziellen Relativitätstheorie widerlegt.

Eine Ausnahme bildet die lorentzsche Äthertheorie, die von Hendrik Antoon Lorentz und Henri Poincaré vor und gleichzeitig mit der speziellen Relativitätstheorie entwickelt worden war. Diese Theorie ist in ihren Vorhersagen identisch mit der speziellen Relativitätstheorie, nimmt jedoch an, dass es ein absolut ruhendes Bezugssystem gibt, welches sich aber durch keine Beobachtung von jedem anderen Bezugssystem unterscheiden lässt. Diese Theorie gilt heute als veraltet, weil das Postulat vom unbeobachtbaren Ruhesystem das Sparsamkeitsprinzip verletzt. Außerdem ist unklar, ob die lorentzsche Äthertheorie mit der allgemeinen Relativitätstheorie verträglich ist.

Literatur

  • Albert Einstein: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik und Chemie, 17/1905, S. 891–921 (als Wikibook, kommentiert und erläutert, als Faksimile)
  • Albert Einstein: Ist die Trägheit eines Körpers von dessen Energieinhalt abhängig?, In: Annalen der Physik, 18, 1905, S. 639–643 (als Faksimile)
  • Albert Einstein: Über die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie, Springer, 2001, ISBN 3-540-42452-0
  • Hermann Bondi: Einsteins Einmaleins. Einführung in die Relativitätstheorie. Fischer, 1974, ISBN 3-436-01827-9 (leicht verständliche Einführung für Laien, leider nur noch antiquarisch erhältlich)
  • Max Born: Die Relativitätstheorie Einsteins, Springer, o.J., ISBN 3-540-04540-6
  • Jürgen Freund: Spezielle Relativitätstheorie für Studienanfänger. vdf-Hochschulverlag, 2005, ISBN 3-7281-2993-3 (einige Kapitel: http://www.relativitaet.info)
  • Domenico Giulini: Spezielle Relativitätstheorie. Fischer, 2004, ISBN 3-596-15556-8
  • Hubert Goenner: Spezielle Relativitätstheorie und die klassische Feldtheorie. Elsevier - Spektrum Akademischer Verlag, 2004, ISBN 3-8274-1434-2

Belege

  1. Albert Einstein: Zur Elektrodynamik bewegter Körper in Annalen der Physik, 4. Serie 17 (1905), S.891–921, doi:10.1002/andp.19053221004
  2. G. Saathoff, S. Karpuk, U. Eisenbarth, et al.: Improved Test of Time Dilation in Special Relativity. in: Phys. Rev. Lett. 91 (2003), 190403 doi:10.1103/PhysRevLett.91.190403 Überprüfung der Vorhersage der Speziellen Relativitätstheorie zur Zeitdilatation mit einer Genauigkeit von 2,2 × 10-7

Weblinks


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