Zweier Mannschaftszeitfahren

Zweier Mannschaftszeitfahren
Rebecca Romero in der 3000m-Einzelverfolgung bei der Bahnrad-Weltmeisterschaft 2008 in Manchester.

Das Zeitfahren (engl: time trial, kurz TT; franz.: contre la montre) ist eine Disziplin des Radrennsports, bei der die Fahrer oder Teams einzeln eine bestimmte, normalerweise relativ flache Strecke zurücklegen müssen. Im Gegensatz dazu finden auf sehr bergigen, kürzeren Strecken sog. Bergzeitfahren statt. Die Zeit wird für jeden einzelnen Fahrer bzw. für jede einzelne Mannschaft gestoppt. Durch einen gestaffelten Start sind die Fahrer bzw. Teams auf sich allein gestellt, der Kampf gegen die Konkurrenz findet nur indirekt auf der Uhr statt.

Windschattenfahren ist außer im Team untereinander strengstens verboten und wird mit Zeitstrafen, in schweren Fällen mit Ausschluss bestraft. Im Straßen-Radsport gibt es Einzelzeitfahren, Paarzeitfahren und Mannschaftszeitfahren. Im Bahnradsport gibt es Zeitfahren über verschiedene Distanzen. Zeitfahren bilden in Variationen seit langem einen zentralen Bestandteil der großen Etappenrennen.

Startrampe für das Einzelzeitfahren bei der Tour de France

Auch die Raddisziplin beim Triathlon stellt eine leicht abgewandelte Form des Einzelzeitfahrens dar. Allerdings sind hier die Regeln, welche das Material betreffen, geringfügig anders und Windschattenfahren ist auf einigen Kurzdistanzen auch erlaubt.

Inhaltsverzeichnis

Einzeldisziplinen

Einzelzeitfahren

Einzelzeitfahren (EZF, engl: individual time trial, kurz ITT) findet entweder als Eintagesrennen statt oder ist Bestandteil einer Rundfahrt, bei der ganze Mannschaften teilnehmen. Windschattenfahren ist strengstens verboten und wird mit Zeitstrafen, Distanzierung (Fahrer wird auf den letzten Platz gesetzt; nur bei Einzelzeitfahren außerhalb von Rundfahrten) oder Ausschluss bestraft. Jeder Fahrer fährt für sich alleine und bekommt seine gefahrene Zeit angerechnet.

Bei der Tour de France wurde erstmals 1934 ein Einzelzeitfahren ausgetragen. Heute sind neben einem als Prolog bezeichneten kurzen (meistens 2 bis 8 km ) Einzelzeitfahren zu Beginn der Rundfahrt zwei lange Einzelzeitfahren während der Tour üblich.

Eine spezielle Art des Einzelzeitfahrens stellt der Stundenweltrekord dar, dieser wird allerdings auf der Bahn ausgetragen.

Seit 1995 findet ein Einzelzeitfahren bei der Straßenrad-Weltmeisterschaft statt, ein Jahr später wurde das Einzelzeitfahren olympisch. Zuvor galt der prestigeträchtige Grand Prix des Nations als inoffizielle Zeitfahr-Weltmeisterschaft. Auch bei den deutschen Straßenrad-Meisterschaften wird jährlich der deutsche Meister im Einzelzeitfahren ermittelt.

Bergzeitfahren

Profil des 15,5 km langen Bergzeitfahrens nach L'Alpe d'Huez

Das Bergzeitfahren stellt eine Spezialdisziplin des Einzelzeitfahrens dar. Hierbei wird meistens eine relativ kurze Strecke befahren, welche allerdings fast durchgängig mit hohen Steigungsprozenten versehen ist. Das Ziel liegt nicht – wie bei den flachen Zeitfahren meistens der Fall – auf dem Niveau des Starts, so dass diese Strecken keine Abfahrten enthalten. In manchen Fällen enthalten sie aber kurze Flachstücke.

Große Bergzeitfahren gab es bei der 16. Etappe der Tour de France 2004 von Le Bourg-d'Oisans nach L'Alpe d'Huez und bei der Dauphiné Libéré 2004, als der Mont Ventoux erklommen wurde.

Mannschaftszeitfahren

Das Phonak-Team während des Mannschaftszeitfahrens der Tour de France 2004

Bei der Tour de France wurde erstmals 1935 ein Mannschaftszeitfahren (MZF, engl: team time trial, kurz TTT) ausgetragen. Dieses wurde aber über lange Zeit nicht mit ins Programm aufgenommen, da Fahrer mit einem schwächeren Team benachteiligt sind. Seit 1999 wird aber wegen der spektakulären Fernsehbilder wieder ein Mannschaftszeitfahren ausgetragen. Allerdings gibt es seit 2004 eine spezielle Regel, wonach das zweitplatzierte Team maximal 30 Sekunden auf das Erstplatzierte verlieren kann. Die nachfolgenden Mannschaften können dann maximal noch 20 Sekunden pro Platz zusätzlich verlieren. Hierbei fährt das gesamte Team entweder hintereinander oder im belgischen Kreisel die Zeitfahrstrecke ab. Die einzelnen Teammitglieder erhalten bei der Tour de France die Zeit des Fünftplatzierten (9 Fahrer pro Team). Fahrer, die nach der Gruppe des Fünftplatzierten ins Ziel kommen, erhalten die Zeit, mit der sie ins Ziel gefahren sind.
Bei den Olympischen Spielen wurde von 1960 bis 1992 ein 100-km-Mannschaftszeitfahren ausgetragen, welches 1996 nach der Zulassung von Profis durch ein Einzelzeitfahren ersetzt wurde.
Seit Beginn der UCI ProTour gehört auch das als Einzelrennen ausgetragene Mannschaftszeitfahren Eindhoven zum offiziellen Rennkalender.

Paarzeitfahren

Das Paarzeitfahren stellt eine spezielle Form des Mannschaftszeitfahrens dar. Hierbei fahren nur zwei Radfahrer in einem Team. Das bekannteste Paarzeitfahren, welches manchmal auch als Zweier Mannschaftszeitfahren bezeichnet wird ist die LuK Challenge in Bühl, welche auch als inoffizielle Weltmeisterschaft im Paarzeitfahren angesehen wird. Über viele Jahre fand dieses Paarzeitfahren in Karlsruhe statt.

Zeitfahren im Bahnradsport

Im Bahnradsport werden Zeitfahren sowohl über Kurzzeitdistanzen wie auch im Ausdauerbereich gefahren. Es handelt sich hierbei um

Material und Bekleidung

Beim Zeitfahren werden meistens Spezialräder verwendet. Sie haben eine andere Rahmengeometrie als die gewöhnlichen Straßenräder und sind durch Veränderungen etwa an den Rohrquerschnitten selbst schon aerodynamischer als die klassischen Rahmenformen. Vor allem aber bringt die spezielle Rahmengeometrie den Fahrer in eine wettkampfspezifisch günstigere Sitzposition, indem der Lenker deutlich tiefer als der Sattel ist und der Fahrer etwas weiter vorne über dem Tretlager sitzt. Der Lenker ist beim Straßenzeitfahren meistens ein Triathlonlenker, der die Arme des Fahrers eng zusammenbringt und damit eine noch aerodynamischere Haltung erlaubt. Für Attacken oder Sprints wäre die zeitfahrspezische Sitzposition hingegen ungeeignet. Die Laufräder eines Zeitfahrrades haben meistens nur wenige Speichen und ein hohes Felgenprofil, wodurch der Luftwiderstand zusätzlich reduziert wird. Hinten wird oft ein Scheibenrad verwendet. Laufräder für Zeitfahrwettbewerbe sind zumeist aus Carbon gefertigt. Die Fahrer tragen meistens Zeitfahrhelme, die wesentlich aerodynamischer sind als normale Sturzhelme, sie müssen aber seit einigen Jahren als Sicherheitshelme ausgeführt sein, früher reichte eine einfache ungepolsterte Schale. All diese Sonderteile dürfen wegen der Optik und aus Sicherheitsgründen nur beim Zeitfahren genutzt werden, da die UCI bestrebt ist, ein möglichst klassisches Bild des Radsports zu vermitteln.

Des Weiteren werden fast immer einteilige Rennanzüge benutzt, unter denen manche Rennfahrer einen Behälter zum Trinken tragen. Hinzukommen widerstandsoptimierte Überschuhe. Die Landesmeister und der aktuelle Weltmeister im Zeitfahren tragen beim Zeitfahren ihr jeweiliges Meistertrikot.

Bekannte Zeitfahrer, Bedeutung des Zeitfahrens bei großen Rundfahrten

Fast alle Sieger der Tour de France waren hervorragende Zeitfahrer. Besonders dominant in der Disziplin gegen die Uhr waren aber Monsieur Chrono Jacques Anquetil, der Kannibale Eddy Merckx, der ebenfalls fünffache Toursieger Bernard Hinault und der Spanier Miguel Induráin sowie in den letzten Jahren der Tourminator Lance Armstrong und Jan Ullrich. Andere Spezialisten im Zeitfahren konnten hingegen nie eine größere Rundfahrt für sich entscheiden. So zum Beispiel der Engländer Chris Boardman oder der Tscheche Ondřej Sosenka. Oft fällt an dieser Stelle auch der Name Abraham Olano. Doch Olano hat trotz seines relativ hohen Körpergewichts und damit einer nicht optimalen gewichtsbezogenen Leistung (Watt/kg) konstant gute Leistungen am Berg erbracht. Er erreichte mehrere sehr gute Platzierungen bei den großen Rundfahrten und gewann im Jahre 1998 die Spanien-Rundfahrt.

Da die Einzelzeitfahren und das Mannschaftszeitfahren (heute i.d.R. ein kurzes, 15 - 25 km, und ein langes Einzelzeitfahren, 45 - 55 km; MZF: 60 - 70 km) integraler Bestandteil der Tour de France sind, hat sich ein bestimmter „Tour-Sieger-Typus“ herausgebildet, der von den o.g. Fahrern, aber auch von den „Interims-Siegern“ wie bspw. Bjarne Riis verkörpert wird: Diese Fahrer gehören zu den besten im Einzelzeitfahren und verfügen über gute, aber nicht überragende Kletterfähigkeiten. Fahrer, die die umgekehrte Konstellation aufweisen – mittelmäßige Zeitfahrerqualitäten, aber überragende Kletterer – gewinnen die Tour hingegen nur in Ausnahmefällen und oft nur, nachdem sie ihre Zeitfahr-Leistung deutlich verbessert haben wie der verstorbene Marco Pantani 1998. Das unterstreicht die zentrale Bedeutung der Zeitfahr-Leistung beim bedeutendsten Radrennen der Welt.

Der ideale Fahrertyp

Beim Zeitfahren sind (in genauem Gegensatz zum Bergspezialisten) üblicherweise große, kräftige Fahrer im Vorteil: Die Leistung, die ein Fahrer entwickeln kann steigt nämlich ungefähr direkt proportional zu seinem Körpergewicht. Bei flachen Zeitfahrstrecken wird diese Leistung zum größten Teil zur Überwindung des Luftwiderstandes benötigt. Dieser ist im Wesentlichen durch die Stirnfläche gegeben und steigt aufgrund der flachen Oberkörperhaltung schwächer als direkt proportional mit dem Körpergewicht. Beim Fahren am Berg ist es gerade anders herum: der Luftwiderstand ist unwesentlich und die Leistung wird größtenteils benötigt, um die Gesamtmasse (Fahrer und Rad) anzuheben. Daher sind schwerere Fahrer am Berg eher im Nachteil.

Siehe auch


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