Überschussreserve

Überschussreserve
Wichtige Mindestreservesätze
Zinssatz Höhe
Federal Reserve System 10 %
Russische Nationalbank 3,5 %
Europäische Zentralbank 2 %
People's Bank of China 16,5 %

Die Mindestreserve (MR, auch Mindestreserveverpflichtung) ist eine minimale Einlage von Geschäftsbanken bei der Zentralbank, zu welcher sie von dieser verpflichtet werden. Die Mindestreserve ist ein geldpolitisches Instrument der Zentralbanken zur Steuerung der Nachfrage der Geschäftsbanken nach Zentralbankgeld. Sie wird von der Zentralbank festgelegt in Prozent der Einlagen der Kunden der jeweiligen Geschäftsbank.

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe

Die Mindestreserve ist ein mengenwirksames (liquiditätspolitisches) Instrument der Geldpolitik. Sie ermöglicht es der Zentralbank, die Geschäftsbanken bei ihrer Kreditverteilung von ihren eigenen Krediten bei der Zentralbank abhängig zu machen, indem sie die Mindestreservepflicht erhöht oder senkt. Die Geschäftsbanken sind im Gegenzug auf Zentralbankgeld angewiesen, zum Beispiel durch das Hauptrefinanzierungsinstrument der Europäischen Zentralbank. Die wichtigsten Funktionen des Mindestreservesystems sind dabei die Stabilisierung der Geldmarktsätze und die Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit im Bankensystem[1].

Unterhält eine Geschäftsbank bei der Zentralbank einen Betrag, der die Mindestreserve übersteigt, so ist der überzählige Betrag eine Überschussreserve. Die Überschussreserve ist meist nur sehr gering. Genauer entspricht sie dem Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank minus der Mindestreserve minus dem Bargeldbestand der Geschäftsbanken, welcher für Barabhebungen der Nichtbanken bereitgestellt ist.[2]

Mindestreservesatz

Zur Bestimmung der Höhe der verpflichtenden Mindestreserve wird der sogenannte Mindestreservesatz rSE von den Zentralbanken bestimmt. Er bezeichnet das proportionale Verhältnis zwischen der Mindestreserve und dem Volumen an Sichteinlagen, das Geschäftsbanken dem Nichtbankensektor ausgestellt haben. Für die Steuerung der Geldschöpfung spielt dieser Satz in der Realität eine eher untergeordnete Rolle, da der Satz selten geändert wird.

Wirkung von Mindestreserven

Die Mindestreserve wirkt unmittelbar auf die Liquiditätslage der Banken. Eine Erhöhung der Reservesätze entzieht den Kreditinstituten Liquidität, eine Senkung führt Liquidität zu. Dabei dienen die Mindestreserven zu der Beeinflussung des Geldumlaufs und der Kreditgewährung, in dem die Mindestreserve die Giralgeldschöpfung beschränkt. Wegen der Verzinsung der Mindestreserve wirkt sie sich nicht negativ auf die Ertragslage der Kreditinstitute aus.

Geschichte

In den 1930er Jahren forderte Walter Eucken, später auch Milton Friedman, eine 100-prozentige Mindestreserve. Diese Idee setzte sich jedoch nicht durch. Mit ihr wäre den Geschäftsbanken jegliche Geldschöpfung unmöglich gemacht und die Geldschöpfung allein in die Hand der Zentralbanken gelegt worden. Damit hätten diese die volle Kontrolle über die Geldmenge erhalten und dadurch wirkungsvoller gegen Inflation und Deflation vorgehen können. – Eine 100-prozentige Mindestreserve hätte der Zentralisierung des Rechts zur Banknotenausgabe (Banknotenmonopol) von den regionalen Notenbanken in eine einzige zentrale Notenbank, der Zentralbank des jeweiligen Landes, entsprochen, wie es um die Wende zum 20. Jahrhundert verbreitet stattgefunden hat, um die Vielfalt verschiedener Währungen in ein und demselben Land zu beseitigen.

Die Mindestreserve hat als Instrument zur geldpolitischen Steuerung an Bedeutung verloren. Einige Staaten sind sogar dazu übergegangen, die Mindestreserve abzuschaffen. Von anderen Zentralbanken wird die Mindestreserve noch genutzt, jedoch mehrheitlich nicht zu geldpolitischen Zwecken.

Das Mindestreservesystem der Europäischen Zentralbank

Für alle im Euro-Währungsraum niedergelassenen Kreditinstitute, die das Kredit- und Einlagengeschäft mit jedermann durchführen, bestimmt die Europäische Zentralbank (EZB) die Höhe der Mindestreserve[3]. Diese Mindestreserve ist für Kreditinstitute innerhalb der Europäischen Währungsunion verpflichtend um an den geldpolitischen Geschäften des Eurosystems teilzunehmen[4]. Zur Zeit beträgt der Mindestreservesatz der EZB dabei 2,00 %.

Auf Antrag können Kreditinstitute die Sanierungsmaßnahmen unterworfen sind sowie bestimmte Spezialinstitute dabei von der Mindestreservepflicht durch Beschluss der EZB befreit werden.

Rechtsgrundlagen

Der rechtliche Rahmen für das Mindestreservesystem des Eurosystems ist in Artikel 19 der Satzung des Europäischen System der Zentralbanken (ESZB-Satzung), der EG-Ratsverordnung über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die Europäische Zentralbank und in der EZB-Verordnung über Mindestreserven niedergelegt.

Die Anwendung der EZB-Verordnung über Mindestreserven gewährleistet, dass für das Mindestreservesystem des Eurosystems im gesamten Euro-Währungsraum einheitliche Bedingungen gelten, sodass für die nationalen Zentralbanken die gleiche Ausgangslage geschaffen ist.

Geschichtliche Entwicklung der Mindestreserven in der EWU

Bis 1999 legte die Deutsche Bundesbank bis zu 27 verschiedene nach Einlagenform (z. B. Spar-, Kontokorrent-, Termineinlagen) und Größe der Bank differenzierte Mindestreservesätze fest. Da Banken aus Ländern, in denen eine Mindestreserveverpflichtung besteht, Nachteile im Wettbewerb mit Kreditinstituten aus Ländern erleiden, die dieses Instrument nicht nutzen, setzte die Bundesbank zuletzt die Mindestreserveverpflichtung nicht mehr als Politikinstrument ein.

Ermittlung der notwendigen Mindestreserve in der EWU

Die notwendige Mindestreserve (Mindestreserve-Soll) wird von der EZB anhand der reservepflichtigen Verbindlichkeiten der Vormonatsbestände ermittelt. Dabei müssen derzeit genau 2% dieser reservepflichtigen Verbindlichkeiten von den Kreditinstituten vorgehalten werden. Von der ermittelten Mindestreserve kann jedoch noch ein Abzug von pauschal 100.000,00 EUR Freibetrag erfolgen. Die durch dieses Verfahren ermittelte Mindestreserve ist dabei jeweils maßgeblich für die im übernächsten Monat beginnende Mindestreserve-Erfüllungsperiode.

Die Berechnung der bestehenden Mindestreserve (Mindestreserve-Ist) erfolgt dabei anhand aller Tagesbestände auf dem Konto bei der EZB. Die Tagesbestände werden dabei addiert und durch die Anzahl der Tage geteilt.

Die Erfüllungsperiode endet dabei meist an dem Dienstag in der ersten oder zweiten Woche eines Monats. Am darauffolgenden Mittwoch beginnt dann entsprechend die neue Mindestreserveperiode[5].

A. In die Mindestreserve einbezogene Verbindlichkeiten mit positivem Reservesatz Einlagen:

  • täglich fällige Einlagen
  • Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu 2 Jahren
  • Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu 2 Jahren

Ausgegebene Schuldverschreibungen:

  • Schuldverschreibungen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu 2 Jahren

B. In die Mindestreserve einbezogene Verbindlichkeiten mit einem Reservesatz von 0% Einlagen:

  • Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von über 2 Jahren
  • Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von über 2 Jahren
  • Repogeschäfte

Ausgegebene Schuldverschreibungen:

  • Schuldverschreibungen mit vereinbater Laufzeit von über 2 Jahren

C. NICHT in die Mindestreserve einbezogene Verbindlichkeiten

  • Verb. gegenüber Kreditinstituten die selber Mindestreserve unterhalten
  • Verb. gegenüber EZB und NZB's
  • Verb. aufgrund geldpolitischer Maßnahmen des ESZB

Sanktionen bei Nichteinhaltung der Mindestreserve

Sollte ein Kreditinstitut in der EWU die notwendige Mindestreserve der EZW nicht erfüllen, so droht ein Sonderzins von bis zu 5 % über dem Spitzenrefinanzierungssatz bzw. bis zu dessen doppelter Höhe auf alle geliehenen Refinanzierungsmittel für den gesamten Zeitraum der Nichterfüllung. Weiterhin droht ein genereller Ausschluss von den Offenmarktgeschäften und den Fazilitäten sowie die Hereinnahme einer unverzinslichen Einlage bis zur 3-fachen Höhe des Fehlbetrages.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Die Geldpolitik der EZB. Europäische Zentralbank, Frankfurt 2004
  2. Horst Wagenblaß, Volkswirtschaftslehre, öffentliche Finanzen und Wirtschaftspolitik, 7. Auflage, Heidelberg 2001, S. 159
  3. Bundesbank.de: Mindestreserven
  4. http://www.ecb.int/pub/pdf/other/gendoc2006de.pdf
  5. http://www.ecb.int/press/pr/date/2007/html/pr070525_1.de.html

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