Ein Baiwen, der als Namensstempel dient.

Als Siegel (chin. yìn 印 oder yìnzhāng 印章; jap. inkan 印鑑 bzw. oder hanko 判子) werden in Ostasien sowohl Stempel zur standardisierten Hinterlassung des Namens als auch der Stempelabdruck bezeichnet. Siegel der chinesischen Kaiser werden meist 玺 genannt.

Die Stempel werden je nach Gebrauch in drei Gruppen unterteilt: Namenssiegel (meist quadratisch), Signatursiegel (freie Formen) und Studiostempel (rechteckig), die hauptsächlich im alten China verwendet wurden.

Inhaltsverzeichnis

Funktion des Siegels

Siegel haben in Ostasien einen hohen Stellenwert. Einerseits werden sie in der chinesischen Malerei und Kalligrafie als Signatur verwendet, andererseits sind sie ein Mittel der Legitimation, das dem Wert einer Originalunterschrift entspricht.

In Japan und der Republik China können noch heute mit solchen Namensstempeln, japanisch Inkan oder Hanko, auf der Post, auf der Bank oder bei Behörden Geschäfte oder ähnliches abgewickelt werden. Der Abdruck des Namensstempels muss für bestimmte Rechtsgeschäfte beim Einwohnermeldeamt eingetragen sein. Eine Gesellschaft muss ihren Stempel bei Gericht registrieren lassen. Die Stempel werden von eigenen Stempelschneidern hergestellt. Sogar Stempel, die mit demselben Namen versehen und von demselben Stempelschneider geschnitten wurden, sind nie ganz identisch. Zur Kontrolle der Echtheit eines Stempels wird ein Büroangestellter den Abdruck in der Mitte, zumeist diagonal, falten und auf den Abdruck legen, der bereits in der Kartei abgelegt ist. Die beiden Hälften sollten genau zusammenpassen.

Da der Besitzer oder eine Amtsperson mit einem Stempel Unterschriften leisten kann, muss er gegen Diebstahl besonders geschützt werden.

In China haben die Namensstempel diese Funktion verloren. Chinesische Behörden und Unternehmen verwenden heute meist kreisförmige Stempel; behördliche Stempel haben in der Regel einen fünfzackigen Stern in der Mitte. Der Name der Behörde oder des Unternehmens ist meistens am Rand im Halbkreis angeordnet.

Geschichte

Nachweislich wurden Siegel in China zum ersten Mal im Jahr 1324 v. Chr. verwendet. Doch so richtig durchsetzen konnte sich das Siegel erst während der Zhou-Dynastie (1122 bis 256 v. Chr.).

Damals diente er nicht zum Unterschreiben als Identidätsnachweis, sondern als Autorisierungsnachweis, zum Zeichen des Ranges oder des Amtes oder einfach aus Prestigegründen mit sich getragen, oftmals im Gürtel. Das Siegel stand nicht so sehr für die Person, sondern in erster Linie für die Stellung, die sie bekleidete. Setzte sich eine Amtsperson zur Ruhe oder starb sie, ging das Siegel — und so ist es auch heute oft — an den Nachfolger über. Wenn ein Adliger um eine Audienz beim Kaiser bat, zeigte er gewöhnlich seinen Stempel aus Jade, um seine Identität nachzuweisen.

Beim Sturz einer Dynastie war der Übergang zur nächsten Dynastie erst dann legitimiert, wenn der Nachfolger das Reichssiegel des vorherigen Kaisers in seinen Händen hielt. Zwei speziell dafür ernannte Mandarine waren nötig, um ein 玺, ein Siegel des Kaisers, präzise aufzusetzen, denn die quadratischen Siegel hatten eine Kantenlänge von 15 bis 30 Zentimeter und bestanden aus Sandelholz oder Bronze. Teilweise waren sie sogar vergoldet.

Mit der Erfindung des Papiers ersetzte der Namensstempel nach und nach die Unterschrift. Auch die Durchschnittsbürger bedienten sich immer häufiger eines Siegels. Heute besitzt jeder ein Siegel, selbst Ausländer, und jede Transaktion, die eine Unterschrift erfordert, kann nur abgeschlossen werden, wenn das Siegel eingesetzt wird. Offiziell kann man zwar auch von Hand unterzeichnen, aber für die meisten Leute wird eine Sache erst durch das Siegel rechtskräftig. Das Siegel hat sich mittlerweile in weiten Teilen Ostasiens eingebürgert, so auch in Japan und Korea.

Form und Material

Ein Siegel kann quadratisch, rechteckig, oval oder rund sein; es gibt ihn auch noch in vielen anderen Variationen. Er kann lediglich 3 Millimeter Durchmesser haben oder 15 Zentimeter im Quadrat groß sein. Der Stempel kann aus Jade, Speckstein, Horn, Bambus, Kupfer, Holz oder Kunststoff geschnitten werden, je nachdem, wofür er verwendet wird, und je nach Wunsch und Größe des Geldbeutels des Käufers.

Wird ein Stempel nur selten und für weniger wichtige Transaktionen gebraucht, ist Holz oder Kunststoff vielleicht gut genug. Wenn der Besitzer aber seinen Namensstempel ein Leben lang benutzen möchte, wählt er wahrscheinlich ein wertvolleres und hübscheres Material aus.

Die meisten Siegel sind einfach ein Stück Material, auf dessen flacher Unterseite der Name in stilisierten chinesischen Buchstaben angebracht ist. Eine Schnitzarbeit am Griff oder an der Oberseite des Stempels macht ihn noch schöner und wertvoller. Manche Siegel sind regelrechte Kunstwerke.

Arten der Siegel

Man unterscheidet drei Typen von Stempeln, abhängig davon, wie die Zeichen in die Stempelfläche eingeschnitten sind und in welcher Farbe diese im Druckbild erscheinen:

Zhuwen

Beim Zhuwen-Stempel (朱文, „rotes Schriftzeichen“) wird der Freiraum um die Schriftzeichen weggeschnitten während diese erhaben bleiben. Beim Abdruck erscheinen die Zeichen rot auf weißem Grund. Meist haben Zhuwen-Stempel noch einen typischerweise etwas unregelmäßigen, teilweise unterbrochenen roten Rand. In Bezug auf die Yin-Yang-Philosophie symbolisiert dieser Typ Stempel das Yang.

Baiwen

Bei der Erstellung eines Baiwen-Stempels (白文 „weißes Schriftzeichen“) werden die Schriftzeichen direkt in die Stempelfläche eingeschnitten. Diese bleiben beim Abdruck dann weiß auf rot gefärbtem Grund. Baiwen-Stempel stehen für das Yin des Yin-Yang.

Zhubaiwen Xiangjianyin

Zhubaiwen Xiangjianyin-Stempel (朱白文相間印 „Siegel mit roten und weißen Schriftzeichen“) sind eine Kombination aus Zhuwen und Baiwen und enthalten im Druckbild sowohl rote wie weiße Zeichen.

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