Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow

Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow
Loriot, 2005

Loriot (* 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel), bürgerlich Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow, kurz Vicco von Bülow, ist ein deutscher Komödiant und Humorist, Zeichner, Schriftsteller, Bühnenbildner, Kostümbildner, Schauspieler, Regisseur und Professor für Theaterkunst.

Der Künstlername Loriot ist die französische Bezeichnung des Pirols, des Wappentiers der Familie von Bülow. In der mecklenburgischen Heimat des Adelsgeschlechts ist Vogel Bülow eine gängige Bezeichnung für den Pirol.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Das Familienwappen mit dem Pirol (frz. loriot) als Wappentier auf dem Helm

Von Bülow entstammt einem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht und ist der Sohn des Polizeimajors Johann-Albrecht von Bülow (1899–1972) und dessen erster Ehefrau Charlotte von Roeder (1899–1929), Tochter von Otto von Roeder (1876–1943). Die Eltern ließen sich 1928 in Gleiwitz (Schlesien), heute Gliwice (Polen), scheiden.

Vicco von Bülow ist verheiratet und hat zwei Töchter; er lebt in Ammerland am Starnberger See.

Leben

Von Bülow wurde am 30. Dezember 1923 in der St.-Gotthardt-Kirche in Brandenburg getauft[1]. Er wuchs mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder seit 1927 bei Großmutter und Urgroßmutter in Berlin auf. 1933 zogen die Geschwister wieder zu ihrem Vater, der im Jahr 1932 erneut geheiratet hatte. Mit dem Vater zog die Familie 1938 nach Stuttgart. Von Bülow besuchte dort das humanistische Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, das er 1941 siebzehnjährig mit Notabitur verließ. Er begann entsprechend der Familientradition eine Offizierslaufbahn, die einen dreijährigen Militäreinsatz an der Ostfront in der Sowjetunion umfasste. Er wurde mit dem Eisernen Kreuz zweiter und erster Klasse ausgezeichnet.

Nach dem Krieg legte er 1946 in Northeim am Gymnasium Corvinianum das vollständige Abitur ab. Auf Anraten seines Vaters studierte er von 1947 bis 1949 Malerei und Grafik an der Kunstakademie (Landeskunstschule) in Hamburg. Nach dem Abschluss legte Bülow erste Arbeiten als Werbegrafiker vor und erfand das charakteristische Knollennasenmännchen. Ab 1950 war Bülow als Cartoonist zunächst für das Hamburger Magazin Die Straße, danach für die Zeitschrift Stern tätig. Seit dieser Zeit verwendete er den Künstlernamen Loriot. Es folgten weitere Arbeiten für Weltbild und Quick. Die Aufträge waren jedoch nur jeweils von kurzer Dauer (er zeichnete beispielsweise nur sieben Folgen für den Stern).

An einer Veröffentlichung seiner Zeichnungen zeigten diverse deutsche Verleger (unter anderem Ernst Rowohlt) kein Interesse. Erst der Schweizer Diogenes Verlag sagte zu. 1954 erschien dort Loriots erster eigener Cartoonband (Auf den Hund gekommen).

1959 hatte Loriot eine kleinere Rolle als Schauspieler in Bernhard Wickis Film Die Brücke, 1962 war er erneut mit einer Mini-Rolle als Meldeoffizier in Andrew Martons Kriegsfilm Der längste Tag vertreten.

Loriot moderierte ab 1967 zunächst die Fernsehsendung Cartoon für die ARD, die er auch als Autor und Co-Regisseur verantwortete. Loriots anfänglich reine Moderation wurde zunehmend zu einem eigenständigen humoristischen Element der Sendung; zudem brachte er eigene Zeichentrickfilme ein und verließ damit künstlerisch die engen Rahmenbedingungen, die das Medium Zeitschrift seinen Zeichnungen auferlegt hatte.

1971 erschuf Loriot mit dem Zeichentrick-Hund Wum ein Maskottchen für die Aktion Sorgenkind in der ZDF-Quizshow Drei mal Neun, dem er selbst auch die Stimme verlieh. Zu Anfang war Wum noch der treue Freund eines Männchens, dem eigentlichen Maskottchen, dem er jedoch mehr und mehr die Show stahl und schließlich völlig verdrängte. Zu Weihnachten 1972 wurde Wum dann zum Gesangsstar: Mit dem Titel Ich wünsch' mir 'ne kleine Miezekatze war er so erfolgreich, dass er für neun Wochen die Spitze der deutschen Hitparade belegte. Dabei handelte es sich bei Wums Gesang um von Bülows Sprechgesang. Wum blieb auch in der Nachfolgesendung Der große Preis bis in die 1990er Jahre hinein als Pausencartoon erhalten, bald schon als Duo zusammen mit dem Elefanten Wendelin und später mit dem Blauen Klaus, einem Außerirdischen, der mit seiner Untertasse einschwebte. Alle Sketche wurden von Loriot geschrieben, gezeichnet und gesprochen und endeten mit einer Aufforderung an die Zuschauer, sich an der Fernseh-Lotterie zu beteiligen. Mit dem Ende von Der große Preis endeten auch die Abenteuer von Wum und Wendelin. Heute sind Wum und Wendelin auf der letzten Seite der Fernsehzeitschrift Gong zu sehen.

Nach Ende der Serie Cartoon produzierte der Sender Radio Bremen eine Sondersendung anlässlich des Besuchs der englischen Queen 1974 – Loriots Telecabinet – das bereits einiges vorwegnahm, was im Laufe des Jahrzehntes noch kommen sollte. 1976 entstand die erste Folge (Loriots sauberer Bildschirm) der sechsteiligen Fernsehserie Loriot, in der er sowohl gezeichnete als auch selbst gespielte Sketche (letztere oft zusammen mit Evelyn Hamann) präsentiert. Diese Sketche wurden in Deutschland sehr populär, werden noch immer regelmäßig im Fernsehen wiederholt und sind inzwischen komplett auf DVD erhältlich.

Eine besondere Liebe verbindet Loriot mit der klassischen Musik und der Oper. 1982 dirigierte er das humoristische Festkonzert zum 100. Geburtstag der Berliner Philharmoniker, mit deren Geschichte er durch familiäre Beziehungen verbunden ist (Hans von Bülow, der erste Chefdirigent der Philharmoniker, war ein entfernter Verwandter von Loriot). Seine Erzählfassung vom Karneval der Tiere führte Loriot wiederholt mit dem Scharoun Ensemble auf, einem Kammermusikensemble aus Musikern der Berliner Philharmoniker. Als Regisseur inszenierte Loriot die Opern Martha (Stuttgart) und Der Freischütz (Ludwigsburg).

Im Jahr 1983 produzierte Radio Bremen zu seinem 60. Geburtstag für die ARD die Sendung Loriots 60. Geburtstag. 1988 drehte Loriot als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller den Film Ödipussi, 1991 folgte dann Pappa ante Portas. Dabei spielte Evelyn Hamann jeweils die weibliche Hauptrolle.

Loriot gehört dem im August 2004 in München aus Protest gegen die Rechtschreibreform gegründeten Rat für deutsche Rechtschreibung e. V. als Ehrenmitglied an.

Im April 2006 gab Loriot bekannt, sich als Fernsehschaffender zurückzuziehen, da seiner Meinung nach in diesem Medium wegen der entstandenen Schnelllebigkeit keine humoristische Qualität mehr zu erzielen sei.

Im November 2008 wurde anlässlich seines 85. Geburtstages die bisher größte Ausstellung zu seinem Werk im Berliner Film- und Fernsehmuseum am Potsdamer Platz eröffnet (Dauer bis Ende März 2009).

Künstlerische Handschrift

Seine Werke beschäftigen sich hauptsächlich mit zwischenmenschlichen Kommunikationsstörungen. (Loriot: „Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten. Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden.“)

Seine Cartoons leben vom Kontrast zwischen der dargestellten Situation, der dabei zur Schau getragenen Würde der Knollennasenmännchen und den Legendentexten. Eines dieser Elemente fällt immer aus dem Rahmen, etwa der Legendentext „Wir fordern die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, auch wenn der Säugling dabei vorübergehend an Gewicht verlieren sollte“ unter der Darstellung eines sich distinguiert ein Kleinkind an die Brust legenden knollennasigen Herren. Ein anderer Cartoon zeigt, wie einem Anstreicher, der am oberen Rand eines hohen Schornsteins arbeitet, der Pinsel herunterfällt, wozu der Legendentext trocken anmerkt: „Reine Dachshaarpinsel sind zwar empfindlich, aber bei feinen Arbeiten sauberer im Strich.“

Themen der Cartoons sind insbesondere das Alltagsleben, Szenen aus der Familie und der bürgerlichen Gesellschaft. Loriot zeigt, dass in jeder normalen Alltagssituation etwas Absurdes steckt. Auch in seinen Filmen und Sketchen zeigt Loriot gewissermaßen die 'Tapferkeit' von Menschen, die in den verschiedensten Situationen nur durch ihre Höflichkeit eine Katastrophe (oder zumindest den destruktiven Ausbruch von Aggressionen) verhindern.

Loriots enorme Popularität, seine treffsichere Sprache und Komik, die jedoch nie verletzend wirkt, hat dazu geführt, dass viele seiner Formulierungen und Erfindungen im deutschen Sprachraum Allgemeingut wurden. Dazu gehören das Jodeldiplom, die Steinlaus und der Kosakenzipfel, aber auch Sätze wie „Da hat man was Eigenes!“, „Bitte sagen Sie jetzt nichts …“, „Das ist fein beobachtet“ oder das lakonische „Ach (was)!“.

Zitate

Auf die Frage, wer ihn geprägt habe, antwortete Loriot 2007: „Ich weiß, als ich anfing zu studieren, wohnte ich zwischen dem Irrenhaus, dem Zuchthaus und dem Friedhof. Allein die Lage wird es gewesen sein, glaube ich.“ [2]

Werke

Bücher

Die ISBN und der Verlag beziehen sich auf die aktuelle Ausgabe.

  • Reinhold das Nashorn. Blüchert, Hamburg 1954
  • Auf den Hund gekommen. Diogenes, Zürich 1954, ISBN 3-257-51001-2
  • Unentbehrlicher Ratgeber für das Benehmen in feiner Gesellschaft. Bärmeier & Nikel, Frankfurt a. M. 1955
  • Glücklich auf den Leim gegangen. Bärmeier & Nikel, Frankfurt a. M. 1956
  • Wie wird man reich, schlank und prominent? Bärmeier & Nikel, Frankfurt a. M. 1956
  • Wie gewinnt man eine Wahl? Bärmeier & Nikel, Frankfurt a. M. 1957
  • Der gute Ton. Diogenes, Zürich 1957, ISBN 3-257-51009-8
  • Der Weg zum Erfolg. Diogenes, Zürich 1958, ISBN 3-257-51012-8
  • Wahre Geschichten erlogen von Loriot. Diogenes, Zürich 1959, ISBN 3-257-51011-X
  • Für den Fall …. Diogenes, Zürich 1960, ISBN 3-257-51002-0
  • Umgang mit Tieren. Diogenes, Zürich 1962, ISBN 3-257-51010-1
  • Nimm's leicht. Diogenes, Zürich 1962, ISBN 3-257-51007-1
  • Loriots Wegweiser zum Erfolg. Ullstein, Frankfurt a. M. 1963
  • Der gute Geschmack. Diogenes, Zürich 1964, ISBN 3-257-51003-9
  • Neue Lebenskunst in Wort und Bild. Diogenes, Zürich 1966, ISBN 3-257-51005-5
  • Loriots großer Ratgeber. Diogenes, Zürich 1968, ISBN 3-257-01648-4
  • Loriots Tagebuch. Diogenes, Zürich 1970, ISBN 3-257-20114-1
  • Loriots kleine Prosa. Diogenes, Zürich 1971, ISBN 3-257-20013-7
  • Loriots kleiner Ratgeber. Diogenes, Zürich 1971, ISBN 3-257-20161-3
  • Loriots heile Welt. Diogenes, Zürich 1973
  • Loriots Wum und Wendelin. Diogenes, Zürich 1977, ISBN 3-257-00963-1
  • Loriots Mini-Ratgeber. Diogenes, Zürich 1980, ISBN 3-257-79024-4
  • Die Ehe für Anfängerinnen. Diogenes, Zürich 1981, ISBN 3-257-00676-4
  • Loriots dramatische Werke. Diogenes, Zürich 1981, ISBN 3-257-01650-6
  • Möpse und Menschen. Diogenes, Zürich 1983, ISBN 3-257-01653-0
  • Szenen einer Ehe. Diogenes, Zürich 1986, ISBN 3-257-51008-X
  • Loriots kleines Tierleben von B bis Z. Diogenes, Zürich 1986, ISBN 3-257-79025-2
  • Loriot. Diogenes, Zürich 1988, ISBN 3-257-02045-7
  • Loriots Ödipussi. Diogenes, Zürich 1988, ISBN 3-257-01762-6
  • Pappa ante portas. Diogenes, Zürich 1991, ISBN 3-257-01886-X
  • Herren im Bad. Diogenes, Zürich 1997, ISBN 3-257-02060-0
  • Enkel für Anfänger. Diogenes, Zürich 1998, ISBN 3-257-00794-9
  • Große Deutsche. Diogenes, Zürich 1998, ISBN 3-257-02067-8
  • Das Frühstücksei. Diogenes, Zürich 2003, ISBN 3-257-02081-3
  • Gesammelte Prosa. Diogenes, Zürich 2006, ISBN 3-257-06481-0

Kino/Fernsehen

Theater/Oper/Musik

Klassische Sketche von Loriot

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