Bernwardssäule

Bernwardssäule
Christussäule

Die Christussäule, auch Bernwardssäule, im Hildesheimer Dom ist eines der Kunstwerke aus der Zeit Bischof Bernwards (993-1022), deren herausragende Bedeutung ihr zusammen mit der ebenfalls im Dom befindlichen Bernwardstür und der Bilderdecke in St. Michael die Einstufung als Weltkulturerbe eingetragen hat.

Es handelt sich um eine Triumphsäule, die Bernward in bewusster Nachahmung der Kaisersäulen in Rom aus Bronze gießen ließ. Sind dort die Ruhmestaten der Kaiser in einem spiralförmig sich aufwärts windenden Bilderfries dargestellt, so sind es hier die Taten Christi, beginnend mit der Jordantaufe und endend mit dem Einzug in Jerusalem. Gekrönt wurde die Säule ursprünglich von einem Triumphkreuz.

Die Christussäule war für St. Michael geschaffen worden, die Gründung und Grabeskirche Bernwards. Dort stand am östlichen Ende des Langhauses der Kreuzaltar mit dem Bernwardskreuz, in dem als kostbarste aller Reliquien die Partikeln des Kreuzes Christi zur Verehrung dargeboten wurden. Hinter dem Kreuzaltar erhob sich die Triumphsäule; vor ihm stand eine Marmorsäule aus Konstantinopel, die der Legende nach ein Geschenk Ottos III. an Bernward war. Damit war eine Gleichsetzung des Kreuzaltars mit dem Opfertisch im Vorhof des salomonischen Tempels hergestellt, der ebenfalls zwischen zwei Säulen (den Bronzesäulen Jachin und Boas) gestanden hatte[1]. Der Abstand des Gesamtensembles zur Grablege Bernwards in der Westkrypta betrug ca. 42 m – eine Analogie zur Grabeskirche in Jerusalem: Pilgerberichte gaben diesen Abstand zwischen Auferstehungsrotunde und Golgota an.

Während der Reformationswirren in Hildesheim wurde die Christusäule von Bilderstürmern 1544 ihres bekrönenden Kreuzes beraubt. Es wurde zu einer Kanone eingeschmolzen, was für eine beträchtliche Größe spricht. Nach Abriss des Ostchors der Michaeliskirche im Jahr 1650 und dem dadurch verursachten Einsturz der Ostvierung wurde 1676 auch das Kapitell eingeschmolzen, später wurde es durch ein Holzkapitell ersetzt. Nach der Säkularisierung von St. Michael in der napoleonischen Zeit 1803 wurde die Säule 1810 durch die private Initiative eines bischöflichen Beamten aufgekauft und auf dem Domhof zwischen Dom und Bischofshaus aufgestellt. Seit 1893 steht sie im Dom.

Die Christussäule auf dem Großen Domhof (1810-1893)

1870 erhielt die Christussäule durch den Hildesheimer Bildhauer Karl Küsthardt ein neues Bronzekapitell, das dem Holzkapitell nachgestaltet wurde. Dass sie nicht längst als Rohstoffquelle eingeschmolzen war, verdankt sie vor allem ihrer jahrhundertelangen Geltung als Berührungsreliquie, da man sie vom hl. Bernward persönlich angefertigt glaubte.

Die Christussäule (Höhe 3,79 m, Durchmesser 58 cm) beeindruckt, abgesehen von der technischen Leistung, durch die für ihre Zeit ganz ungewöhnliche Lebendigkeit und Bewegtheit ihrer halbplastisch herausgearbeiteten Figuren.

Thematisch ergänzt sie die Darstellungen der Bernwardstür, wo auf die Geburtsgeschichten Jesu sogleich Passion und Auferstehung folgen.

Beide Kunstwerke wie Bernwards Kunst- und Architekturschaffen insgesamt spiegeln sein Bemühen wider, seiner Bischofsstadt im Rahmen des von den Sachsenkaisern erneuerten christlichen Imperium Romanum die Stellung eines nordischen Rom zu geben und zugleich den Herrschern in Christus das Vorbild eines gerechten und gottverbundenen Königtums vor Augen zu stellen. Nicht zufällig wird auf der Christussäule das Drama um die Hinrichtung Johannes des Täufers mit dem schwachen und ungerechten König Herodes in auffallender Breite dargestellt.

Quellen

  1. so u.a. Gallistl: Der Dom zu Hildesheim und sein Weltkulturerbe, Bernwardstür und Christussäule, s. 30-31

Literatur

  • Michael Brandt, Arne Eggebrecht (Hrsg.): Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen, Katalog der Ausstellung 1993. Band II, Bernward, Hildesheim 1993, ISBN 3-87065-736-7
  • Gallistl, Bernhard: Die Bernwardsäule und die Michaeliskirche zu Hildesheim. Mit Fotos von Johannes Scholz, Veröffentlichungen des Landschaftsverbandes Hildesheim e.V. Verlag Georg Olms. Hildesheim 1993. ISBN 3-487-09755-9
  • Bernhard Gallistl: Der Dom zu Hildesheim und sein Weltkulturerbe, Bernwardstür und Christussäule, Bernward Mediengesellschaft mbH, Hildesheim (2000) ISBN 3-89366-500-5

Weblinks

52.1488888888899.94722222222227Koordinaten: 52° 8′ 56″ N, 9° 56′ 50″ O


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