Berthold von Falkenstein

Berthold von Falkenstein

Berchtold von Falkenstein († 10. Juni 1272) war Abt des Benediktinerklosters St. Gallen von 1244 bis 1272.

Berchtold von Falkenstein, Sohn Eigelwarts (I.) (v. 1257) aus der Adelsfamilie der Herren von Falkenstein, war zunächst Mönch und Pförtner in der Benediktinerabtei St. Gallen und übernahm nach dem Rücktritt Abt Walthers von Trauchberg (1239–1244) dessen Nachfolge (1244–1272). Wirtschaftliche Schwierigkeiten und feudal-kriegerische Auseinandersetzungen im Umfeld der St. Galler Mönchsgemeinschaft bestimmten die Regierungszeit Abt Berchtolds, der sich in vielen Fehden und Kriegen durchzusetzen hatte. Noch vor Beginn seiner Amtszeit (November 1244) hatten die Grafen von Toggenburg das st. gallische Wil besetzt, das sich nach fünfwöchiger Belagerung Anfang 1245 Berchtold ergeben musste. Weitere Auseinandersetzungen mit den Toggenburgern sollten aber noch folgen. Im Streit zwischen staufischem Kaisertum und Papsttum stand der St. Galler Abt auf päpstlicher Seite, wofür er auf dem Konzil von Lyon eine Reihe von Vergünstigungen erhielt, u.a. am 15. Mai 1247 das Recht des Pontifikaliengebrauchs. Am 7. September 1248 setzte ihn Papst Innozenz IV. (1243–1254) als Verwalter der Abtei Rheinau ein. Auch auf das Inselkloster Reichenau warf Berchtold begehrliche Blicke und erreichte, dass ihm diese Abtei von Papst Alexander IV. (1254–1261) mit Urkunde vom 6. Februar 1258 zur Verwaltung übertragen wurde. Letztendlich konnte Berchtold aber seine Herrschaft über die Klöster Rheinau und Reichenau nicht durchsetzen. Schon 1258 geriet er wegen der Reichenau in Gegensatz zum Konstanzer Bischof Eberhard II. (1248–1274), ein Treffen beider Gegner in Viterbo auf Veranlassung des Papstes brachte die Versöhnung; Berchtold akzeptierte den neuen Reichenauer Abt Albrecht von Ramstein (1260–1294), der immerhin sein Vetter war.

Zwischen Juni und November 1257 war der St. Galler Abt in Reichsangelegenheiten unterwegs, als er nach Kastilien reiste, um den dortigen König Alfons X. den Weisen (1252–1284) die deutsche Königskrone anzubieten. Vor der Abreise richtete Berchtold eine Anniversarstiftung für seine Eltern ein. Wie bekannt, bestimmte dann das „Doppelkönigtum“ von Alfons von Kastilien (1257–1282) und Richard von Cornwall (1257–1272) das Interregnum (1257–1273).

Fehden füllten auch in den 1260er-Jahren die Politik Berchtolds zur Sicherung von Kloster, Klosterbesitz und -rechten aus. Der St. Galler Abt hatte sich habsburgischer Ansprüche zu erwehren (Ausgleich vom 16. Juli 1271), er festigte St. Galler Positionen im Thurgau und im Rheintal (u.a. 1265) und erwarb als Pfand von den Toggenburgern die Stadt Lichtensteig (1271). Der äußeren Arrondierung des abteilichen Besitzes entsprach eine Straffung der Verwaltung (Einkünfterodel, Aufsicht über die Ministerialität), wobei die Schulden des Klosters abgebaut werden konnten und die Einnahmesituation sich entscheidend verbesserte. Letzteres geschah auf Kosten der Klosterleute, die „über das Recht hinaus“ steuerlich bedrückt wurden.

Gegen die adlig-stiftische Lebensweise im Kloster vermochte und wollte der Abt wenig ausrichten, obgleich er sehr wohl auch gegen einzelne Stiftsherren disziplinarisch durchgriff. Berchtold sah sich als einen „Kirchenfürsten“, als Leiter eines „Klosterstaates“, der sich – wie etwa bei der Zusammenkunft von Viterbo 1258 oder zu Weihnachten 1271 – mit einem großen ritterlichen Gefolge seiner Lehnsleute umgab. Trotz seiner adlig-kriegerischen Lebensweise war der Falkensteiner von Sorge um sein Kloster und andere Kirchen sowie von Frömmigkeit erfüllt. Nach längerer Krankheit starb Abt Berchtold von Falkenstein am 10. Juni 1272.

Literatur

  • Berchtold von Falkenstein, in: Helvetia Sacra III/1/2 (1986), S. 1301-1303.
  • H. Harter: Adel und Burgen im oberen Kinziggebiet. Studien zur Besiedlung und hochmittelalterlichen Herrschaftsbildung im mittelalterlichen Schwarzwald. (= FOLG 37), Freiburg i.Br.-München 1992.
  • H. Harter: Adel auf Falkenstein und Schilteck. In: Schramberg. Herrschaft – Markflecken – Industriestadt. Hrsg. v. Museums- und Geschichtsverein Schramberg u.d. Großen Kreisstadt Schramberg, Schramberg 2004, S.55–82.
  • M. Buhlmann: Das Kloster St. Georgen im Schwarzwald und die Herren von Falkenstein. In: Vertex Alemanniae. H.26, St. Georgen 2007.

Weblinks



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Berchtold von Falkenstein — († 10. Juni 1272) war Abt des Benediktinerklosters St. Gallen von 1244 bis 1272. Berchtold von Falkenstein, Sohn Eigelwarts (I.) (v. 1257) aus der Adelsfamilie der Herren von Falkenstein, war zunächst Mönch und Pförtner in der Benediktinerabtei… …   Deutsch Wikipedia

  • Herren von Falkenstein (Schramberg) — Die Herren von Falkenstein waren ein ursprünglich auf der Baar beheimatetes Adelsgeschlecht, das sich seit dem 12. Jahrhundert im Mittelschwarzwald an der oberen Schiltach ein Herrschaftsgebiet aufbaute. Inhaltsverzeichnis 1 Herren von Kappel… …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte von Königstein im Taunus — Dieser Artikel beschreibt die Geschichte der Stadt Königstein im Taunus. Inhaltsverzeichnis 1 Keltische Besiedlung 2 Sage 3 Im Mittelalter 3.1 Die Nüringer …   Deutsch Wikipedia

  • Herren von Ramstein (Schramberg) — Die Herren von (Obereschach ) Ramstein besaßen im 12. und 13. Jahrhundert eine Herrschaft im Schwarzwald entlang der oberen Schiltach. Inhaltsverzeichnis 1 Wappen 2 Geschichte 3 Herren von Ramstein …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Rittern des Deutschen Ordens — Ernst von Aufseß im Deutschen Orden: Aufschwörschild in St. Jakob in Nürnberg …   Deutsch Wikipedia

  • Herzog von Schwaben — Alamannien und Hochburgund im 10. und 11. Jahrhundert Das Herzogtum Schwaben (lat. Suevia oder Alamannia) war neben Bayern, Franken, Lothringen und Sachsen eines von fünf Stammesherzogtümern im ostfränkischen Reich. Es umfasste mehr als den… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Burgen, Festungen und Schlössern in Rheinland-Pfalz — Die Liste von Burgen, Festungen und Schlössern in Rheinland Pfalz nennt Burgen, Festungen und Schlösser im Bundesland Rheinland Pfalz. Sie ist Teil der Liste von Burgen und Schlössern in Deutschland. Rheinland Pfalz entstand erst 1947 – nach dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Gottfried Werner von Zimmern — Gottfried Werner von Zimmern, ca. 1536: Wildensteiner Altar, linker Drehflügel innen. Er ist in Riefelharnisch dargestellt. Das Wappen ist noch freiherrlich ungeviert und ohne Helmzier, die Inschrift aber übermalt und Gottfried Werner als Graf… …   Deutsch Wikipedia

  • Bischof von Trier — Die sieben Kurfürsten wählen Heinrich VII. zum König. Die Kurfürsten, durch die Wappen über ihren Köpfen kenntlich, sind, von links nach rechts, die Erzbischöfe von Köln, Mainz und …   Deutsch Wikipedia

  • Erzbischof von Trier — Die sieben Kurfürsten wählen Heinrich VII. zum König. Die Kurfürsten, durch die Wappen über ihren Köpfen kenntlich, sind, von links nach rechts, die Erzbischöfe von Köln, Mainz und …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”