Beulen

Beulen

Unter Beulen versteht man in der Technischen Mechanik:

der Flächennormalen.

Voraussetzung für das Beulen ist, dass in der Plattenebene bzw. der Schalenfläche mindestens in einer Richtung Druckspannungen bestehen.

Beispiele für das Plattenbeulen sind das Beulen (Welligwerden) der Gurte oder Stege von Doppel-T-Trägern oder U-Trägern.

Inhaltsverzeichnis

Mathematische Erfassung

Stegbeulen bei einem geschweißten Doppel-T-Träger unter gleichmäßiger axialer Druckbelastung. Die roten und blauen Linien sind Höhenlinien für das Ausweichen des Steges in entgegengesetzte Richtung

Zur mathematischen Erfassung des Beulens müssen die Gleichgewichtsbedingungen stets für den bereits ausgebeulten Zustand des Bauteiles (Platte oder Schale) aufgestellt werden (Theorie II. Ordnung, siehe unten Baustatik). Die Gleichungen führen (bei Vernachlässigung von Imperfektionen) auf ein Eigenwertproblem. Der erste Eigenwert bestimmt dann die kleinste Verzweigungslast, bei der das Beulen auftreten kann.

Die Lösung des Eigenwertproblems erfolgt in der Regel näherungsweise durch numerische Methoden, z. B. mittels der Finite-Elemente-Methode.

Das Bild zeigt als Beispiel eine Beulfigur, die in diesem Fall den niedrigsten Eigenwert liefert.

Beullast

Eine Platte, die seitlich nicht gehalten ist, trägt wie ein Knickstab. In diesem Fall liegt kein Beulproblem vor. Ist die Platte seitlich gehalten, so wird sie am Knicken gehindert. Sie nimmt eine doppelt gekrümmte Form an, wobei die Anzahl der Beulen vom Seitenverhältnis abhängig ist. Die Beullast liegt daher immer über der Knicklast. Die Beullast ist wegen der unvermeidlichen Imperfektionen stets kleiner als die ideale Beullast. Bei gedrungenen Querschnitten ist die Streckgrenze maßgebend.

Knickstabähnliches Verhalten

Auftreten von knickstabähnlichem Verhalten

Bei Platten mit großen Seitenverhältnis können sich die Spannungen in die versteiften Ränder umlagern. Bei Platten mit geringem Seitenverhältnis oder stark ausgesteifte Platten nimmt die Beulform eine einachsig gekrümmte Form an und trägt mehr wie ein Knickstab, als eine Platte. Solche Platten besitzen fast keine überkritischen Tragreserven. Das knickstabähnliche Verhalten wird mit einem Wichtungsfaktor berücksichtigt. Dazu berechnet man die ideale Beulspannung und die ideale Knickspannung. Die Norm formt aus den beiden Größen den Wichtungsfaktor. Der Wichtungfsfaktor entscheidet, ob reines Knicken, reines Beulen oder eine gemischte Form vorliegt. Allgemein lässt sich sagen: Bei sehr kleiner Knickspannung liegt reines Beulen vor. Sind Beulspannung und Knickspannung gleich, so liegt reines Knicken vor.

Nachweis der Tragfähigkeit

Die Tragfähigkeit kann auf 2 verschiedene Modelle nachgewiesen werden. Das eine ist das Modell der wirksamen Spannungen und das andere ist das Modell der wirksamen Breiten. Nach dem Modell der wirksamen Spannungen wird die maximal aufnehmbare Spannung errechnet und der vorhandene Spannung gegenüber gestellt. Nach dem Modell der wirksamen Breiten werden die wirksamen Breiten durch das Beulen ermittelt und mit dem geschwächtem Querschnitt wird der Nachweis geführt. Das Modell der wirksamen Breiten bringt höhere Tragfähigkeiten, weil es den Träger als ganzes erfasst. Beim Modell der wirksamen Spannungen ist das schwächste Querschnittsteil maßgebend.

Mit diesem Formelapparat kann die Tragfähigkeit für unausgesteifte Beulfelder nachgewiesen werden.
Bezogene Beulschlankheit

\overline{\lambda}_p = \frac b {t \cdot 28{,}43 \cdot \epsilon \cdot \sqrt{k_\sigma}}

Dabei sind: t = Blechdicke

kσ = Beulwert
\epsilon = \sqrt{\frac{235}{f_{yk}}}
fyk = Streckgrenze


Abminderungsfaktor für Beulen

\rho = \frac{\overline{\lambda}_p - 0{,}055 \cdot (3 + \psi)}{\overline{\lambda}_p^2}

Dabei ist ψ das Randspannungsverhältnis
ideale Knickspannung

\sigma_{cr,c} = \frac{\pi^2 \cdot E \cdot t^2}{10,92 \cdot a^2}

Dabei ist E der E-Modul
bezogene Knickschlankheit

\overline{\lambda}_{ki} = \sqrt{\frac{f_{yk}}{\sigma_{cr,c}}}


Abminderungsfaktor für Knicken

\chi_c = \frac 1 {k + \sqrt{k^2 - \overline{\lambda}_{ki}^2}}

mit k = 0,5 \cdot (1 + \alpha \cdot (\overline{\lambda}_{ki} - 0{,}2) + \overline{\lambda}_{ki}^2)

α ist vom Träger abhängig


Wichtungsfaktor

\xi = \left(\frac{\sigma_{cr,p}}{\sigma_{cr,c}} -1 \right)


Interaktion zwischen Beulen und Knicken

\rho_c = (\rho_c - \chi_c) \cdot \xi \cdot (2 - \xi) + \chi_c


Mit ρc als Abminderungsfaktor kann die Streckgrenze reduziert werden und der Spannungsnachweis nach dem Modell der wirksamen Spannungen geführt werden. Alternativ kann der Abminderungsfaktor verwendet werden, um die wirksame Stegbreite aus zu rechnen und damit kann man den Querschnittsnachweis führen. Die Formeln stammen aus dem Eurocode 1993-1-5. Nach der DIN 18800-2 und DIN 18800-3 werden andere Formelnzeichen verwendet, aber inhaltlich wird das gleiche gerechnet.

Berechnung der Tragfähigkeit bei Rohren

Bei Rohren differenziert man nach 2 Arten der Beulbeanspruchung die gesondert berechnet werden müssen:

  • Beulen aufgrund von axialer Belastung
  • Beulen aufgrund äußeren Überdrucks

Beulen aufgrund des Kreisdrucks auf Axialzylinder

Dabei verformt sich der Mantel des Rohres zu einem schachbrettartigen Muster. Unter Beachtung eines metallischen Werkstoffes, die eine Querkontraktionszahl von 0,3 haben, vereinfacht sich das Problem sehr und in der Theorie ergibt sich eine wesentlich geringere Festigkeit als in der Praxis, die bei nahtlosen Rohren mit:

\sigma_{Beulung} = 0,5 * E \frac{t}{d}

und bei geschweißten Rohren mit:

\sigma_{Beulung} = 0,3 * E \frac{t}{d}

ermittelt wird. Dabei ist E der Elastizitätsmodul, t die Wanddicke und d der Durchmesser.[2]

Beulen aufgrund äußeren Überdrucks, bzw innen Unterdruck

In den AD Merkblättern 2000 - B6 wird die allgemeine Formel beschrieben.[3] Unter Beachtung eines metallischen Werkstoffes, die eine Querkontraktionszahl von 0,3 haben, vereinfacht sich das Problem sehr und in der Theorie ergibt sich ein wesentlich höherer äußerer Überdruck als in der Praxis, der wie folgt beschrieben wird, sofern l / d > 3 ist:

p_{Beulung} = 2,2 * E (\frac{t}{d}) ^3

und sofern die Beziehung 0,2 < l / d < 5 eingehalten wird gilt wiederum die in Versuchen festgestellte geringere Tragfähigkeit mit:

p_{Beulung} = 0,65 * E * \frac{r}{l} * (\frac{t}{d}) ^ \frac{5}{2}

wobei

pBeulung der zulässige Druck, E der Elastizitätsmodul, t die Wanddicke, d der Durchmesser, r der mittlere Radius des Zylindermantels und l die Länge des Zylinders ist. [1]

Um die zulässigen Werte zu erhalten, ist noch die Reduktion aufgrund des gewählten Sicherheitskonzeptes zu berücksichtigen.

Literatur

  • Klöppel, Scheer, Möller: Beulwerte ausgesteifter Rechteckplatten. Verlag W. Ernst & Sohn, ISBN 3-433-02828-1
  • DIN 18800-2 11-90 Stahlbauten Stabilitätsfälle, Knicken von Stäben und Tragwerken
  • DIN 18800-3 11-90 Stahlbauten Stabilitätsfälle, Plattenbeulen
  • DIN EN 1993 Eurocode 3 Bemessung und konstruktion von Stahlbauten Teil 1-5 2006: Februar 2007 Plattenförmige Bauteile

Siehe auch

Einzelnachweis

  1. a b Günther Holzmann, Heinz Meyer, Georg Schumpich: Technische Mechanik: Festigkeitslehre; Seite 307
  2. Günther Holzmann, Heinz Meyer, Georg Schumpich: Technische Mechanik: Festigkeitslehre; Seite 306
  3. Anton Schweizer: Projektierungshilfe

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