Bibrowicz

Bibrowicz
Gedenktafel für Wanda Bibrowicz in Breslau

Wanda Bibrowicz (* 3. Juni 1878 in Grodzisk Wielkopolski (deutsch: Grätz) bei Posen; † 2. Juli 1954 in Dresden) war eine in der Malerei und der Bildwirkerei ausgebildete polnische Künstlerin, Kunsthandwerkerin und Kunstpädagogin. Sie war 1911 die Gründerin der Schlesischen Werkstatt für Kunstweberei in Oberschreiberhau (Schlesien) und 1919 die Mitbegründerin der Pillnitzer Werkstätten für Bildwirkerei. Der größte Teil ihres Werkes ist dem Jugendstil und dem Art Déco zuzuordnen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die spätere Textilkünstlerin wurde als Tochter des wohlhabenden Brauerei- und Grundbesitzers Stanislaw Bibrowicz und seiner Ehefrau Maria Tadrzyńska geboren und zeigte schon als Kind künstlerische Begabung.

Grab von Wanda Bibrowicz auf dem Kirchfriedhof „Maria am Wasser“ in Dresden-Hosterwitz

Im Jahr 1896 trat sie in die Königliche Kunst- und Gewerbeschule in Breslau ein, um die Porträtmalerei zu erlernen. Dort zählte sie zu den ersten Schülerinnen des gerade an diese Schule berufenen Max Wislicenus, bevor sie im Jahr 1904 die technische Leitung der auf Initiative von Hans Poelzig, dem damaligen Direktor der Kunst- und Gewerbeschule, von Max Wislicenus neu eingerichteten Webwerkstatt übernahm. Die dazu nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten erwarb sie unter anderem durch zusätzliche Studien in München und Berlin.

Wanda Bibrowicz gab ihre Lehrtätigkeit an dieser Werkstatt für Textilkunst aus persönlichen Gründen im Jahr 1911 auf, zog nach Schreiberhau im Riesengebirge und machte sich dort mit einer Kunstweberei-Werkstätte selbstständig, in der sie bis 1919 tätig war.

In jenem Jahr siedelte sie auf Betreiben von Hans Poelzig nach Dresden über und gründete mit Max Wislicenus im Neuen Schloss Pillnitz die „Werkstätten für Bildwirkerei Schloß Pillnitz“.

Im Jahr 1931 übernahm sie die Leitung einer Webklasse an der Dresdener Akademie für Kunstgewerbe (spätere Staatliche Schule der Handwerksmeister).

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet die Künstlerin in Vergessenheit und lebte die letzten Jahre in Armut. Um 1950 heiratete sie den sehr viel älteren, seit 1948 verwitweten Max Wislicenus, mit dem sie seit vielen Jahren eine enge Beziehung unterhielt.

Wanda Bibrowicz starb im Jahr 1954 im Alter von 77 Jahren in Dresden und wurde auf dem alten Hosterwitzer Friedhof bei der alten Kirche Maria am Wasser beigesetzt. Einige Jahre später fand an ihrer Seite Max Wislicenus seine letzte Ruhestätte.

Werk

Erste eigene Tapisserien, vornehmlich mit Tier- und Pflanzenmotiven, schuf die Künstlerin ab 1904/05. Vor allem widmete sie sich aber in ihrer ersten Schaffensphase der Breslauer Werkstatt, die – meist nach Entwürfen von Max Wislicenus – neben kleineren Werken auch grossformatige Auftragsarbeiten zur Ausschmückung der Repräsentationsräume öffentlicher Gebäude schuf. Unter Mitwirkung von Wanda Bibrowicz entstanden beispielsweise der um 1909 gewirkte, mehrteilige Wandbehang für das Standesamt des Rathauses von Löwenberg in Schlesien, von dem eine der Tapisserien verschollen ist, die beiden anderen sich noch in gutem Zustand vor Ort befinden, ferner die um 1910 entstandene Tapisserie für den Repräsentationsraum des Königlichen Regierungsgebäudes in Breslau (heute Nationalmuseum) [1].

In der Oberschreiberhauer Periode entstand 1914 die Bildwirkerei Der Heilige Franz von Assisi. Diese gelangte später in den Besitz des Kunstmäzens Albert Neisser und blieb in seiner Breslauer Villa als diese 1918 vom Schlesischen Kunsthandwerk- und Altertummuseum übernommen würde. Er wurde während des zweiten Weltkrieges zerstört. Von dem 1914 in Oberschreiberhau begonnenen und 1921 in Pillnitz vollendeten großen Zyklus mit insgesamt zwölf Tapisserien für den Sitzungssaal des Ratzeburger Kreishauses sind mindestens vier eigenhändig von Wanda Bibrowicz gewirkt worden [2].

  •  ???: Katzen
  •  ???: Eulenbaum
  •  ???: Paradiesvogel
  •  ???: Weisser Rabe, Lodz, Museum für Textilkunst
  • 1914: Der Heilige Franz von Assisi (Original, zerstört)
  • 1914/21: Ratzeburger Zyklus, 12 Tapisserien, Ratzeburg, Altes Rathaus
  • 1920?: Fliegende Reiher
  • 1920: Der weisse Hirsch
  • 1921: Die Jagd
  • 1930: Waldmärchen
  • 1926: Der Heilige Franz von Assisi (Replik), Pillnitz, Museum für Kunsthandwerk
  •  ???: Der Heilige Hieronimus
  • 1916/19: Friedensteppich (verschollen)
  • 1921: Der sächsische Wandteppich für die Sächsische Regierung (seit 1945 verschollen)
  • 1921: Der Heilige Hubertus, dreiteiliger Wandbehang für die Hochschule der Forstwirtschaft in Tharandt
  • 1929: Tapisserie für das Rathaus in Plauen
  • 1933: Der gute Hirte für die neue katholische Kirche in Heidenau
  • 1938: Betende Frauen
  • 1939: Rübezahl
  • 1940: Der singende Wald
  • 1940: Gazellen
  • 1940: Falken II (Silbermedaille der Internationalen Ausstellung von Monza, 1941)
  • 1945: Die Glorie der Musik
  •  ???: Pillnitzer Schlossteppich (später in Südamerika bewahrt)

Schüler und Schülerinnen

  • Else Jaskolla (* 1881)
  • Frieda Körner
  • Alice Kalenbach
  • Berti Rosenberg
  • Luise Nehmitz
  • Margarete Ryschka
  • Richard Sander (1906-1987)
  • Hnny Luniatschek
  • Grete Zeht

Literatur

  • B. Feister-Rohmer: Die Bildteppiche von Wanda Bibrowicz in: D. Bild 8 (1938)
  • Harm: Bildteppiche von Wanda Bibrowicz in: D. Kunst 36 (1935)
  • Ursula Kircher: Von Hand gewebt, Marburg 1986
  • H. Mock: Sie beeinflußte die dekorative Linie. Wanda Bibrowicz, der Meisterin der Pillnitzer Bildwirkerei, zum Gedenken in: Sächsisches Tageblatt IX, 190 (1954)
  • Karl Schaefer: Bildwirkereien von Wanda Bibrowicz in: Dekorative Kunst 24 (1915/16)
  • Alfred Schellenberg: Die Pillnitzer Werkstätten für Bildwirkerei und ihre schlesische Vorgeschichte in Schlesische Monatshefte 2, 1925
  • Elisabeth Thormann: Bildwirkerei der Breslauer Kunstschule, Schlesien 1908/1909
  • Felix Zimmermann: Die Wandteppiche der Wanda Bibrowicz in D. Kunst Bd. 42: angewandte Kunst
  • Tafel zum Elbhangfest 1998

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl.: [1]
  2. In Ratzeburg befinden sich 12 Wandteppiche im Kreistagssitzungssaal, vier davon sind mit dem Signet WB und der Jahreszahl 1917 oder 1918 gezeichnet. Die beiden großen Wappenschilder sind mit E D gezeichnet, das dritte, das das Wappen Fürst Bismarck darstellt, ist nicht signiert. Also ist nicht anzunehmen, dass sie von W. Bibrowicz stammen (W. Barnewitz, Ratzeburg 22. März 2005)

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