Birdtam

Birdtam
Eine Sikorsky UH-60 nach einem Vogelschlag

Vogelschlag bezeichnet den Zusammenprall von Vögeln mit Objekten. Ebenso wie andere Lebewesen erkennen Vögel manchmal natürliche oder von Menschenhand geschaffene Hindernisse in ihrem Flugraum nicht oder missinterpretieren sie bzw. schaffen es nicht, ihnen auszuweichen und kollidieren mit ihnen. Dies kann zu Verletzungen oder zum Tod der Tiere führen. Die Schäden am Hindernis sind meist gering. Für Fahrzeuge und besonders Flugzeuge kann Vogelschlag allerdings zu ernsten Gefahrensituationen führen.

Inhaltsverzeichnis

Vogelschlag an ruhenden Objekten

Mit Glasscheiben abgegrenzter Vogelschlag provozierender Supermarkt-Parkplatz in Feldkirch-Levis

Problem

Typische Hindernisse für den Vogelflug sind Freileitungen für Strom und Telefon, Fensterscheiben, Wintergärten, Glasfassaden und Lärmschutzwände. Täglich sterben über 250.000 Vögel in Europa den Tod durch Vogelschlag an solchen Objekten[1]. Gefährlich sind für Vögel insbesondere Glasflächen, die freien Blick auf dahinterliegende Landschaften ermöglichen (beispielsweise Schallschutzwände oder gläserne Buswartehäuschen) oder stark spiegelnde Glasscheiben, wie sie in modernen Gebäuden häufig verwendet werden. In beiden Fällen erkennt der Vogel das Hindernis (die Scheibe) nicht. In der Regel treten durch den Anprall Kopfverletzungen, innere Blutungen oder Brüche im Flügelskelett auf. Diese Verletzungen können auch zum Tod der Tiere führen, der unter Umständen nicht sofort nach dem Aufprall eintritt, sondern z. B. aufgrund innerlichen Verblutens auch erst einige Zeit später[2].

Verhütungsmethoden

Greifvogelsilhouetten

Greifvogelsilhouette an der Fensterscheibe eines Wohnhauses

Greifvogelsilhouetten (auch als „Warnvögel“ bezeichnet) sind Aufkleber, die auf Glasflächen angebracht, verhindern sollen, dass Vögel gegen (durchsichtige oder stark reflektierende) Scheiben fliegen. Große Fensterscheiben wurden ab den 1970er-Jahren häufig mit Aufklebern in Form von Silhouetten von Greifvögeln beklebt. Kleinere Vögel, die zu den Beutetieren der Greifvögel gehören, sollten dadurch von der Scheibe ferngehalten werden. Die dahinterstehende These besagt, dass Singvögel die Umrisse ihrer natürlichen Feinde erkennen und aus Angst ausweichen würden. Dies gelingt in geringem Umfang mit bunten, kaum jedoch mit schwarzen oder weißen Silhouetten. Studien haben gezeigt, dass die Greifvogelsilhouetten nicht zu einer statistisch signifikanten Verringerung des Vogelschlags führen[3][4]. Die Vögel nehmen den Aufkleber zwar als Hindernis wahr, versuchen jedoch nur, diesen zu umfliegen und prallen in unmittelbarer Nähe der Silhouette gegen die Glasfläche[2].

Streifenmuster, engmaschige Beklebung

Stattdessen hat sich erwiesen, dass Glasflächen, die mit einem engmaschigen Streifenmuster (Quer- oder Längsstreifen im Abstand von etwa 5 cm) versehen sind, Vögel effektiv fernhalten. Auch andere außen an der Scheibe angeklebte Objekte vermindern - sofern die Objektdichte groß ist - die Gefahr des Vogelanpralls. Grundsätzlich gilt, auch für die Greifvogelsilhouetten, dass die Beklebung der Glasfläche sehr dicht sein muss, damit Vögel die Scheibe sicher als Hindernis wahrnehmen.

Spinnennetz-Effekt

Den sogenannten „Spinnennetz-Effekt“ kann man in dreierlei Hinsicht gegen Vogelschlag an Fensterscheiben nutzen: Viele Vogelarten sind in der Lage, für den Menschen unsichtbares UV-Licht zu sehen. Ein kontrastierendes Muster aus UV-absorbierenden und -reflektierenden Flächen auf der Scheibe, die für Menschen nach wie vor transparent und farblos ist, kann die Vögel vor dem Hindernis Glasscheibe warnen. Mit demselben „Trick“ schützen Spinnen ihre Netze vor der Zerstörung durch Vögel[1]. Die für Vögel noch wahrnehmbare Lichtfrequenz liegt höher als bei Menschen. Die Netze reflektieren das UV-Licht so, dass sie für Vogelaugen zum sichtbaren Hindernis werden; die Vögel weichen aus und die Spinne hat erfolgreich ihr Netz gegen die Zerstörung durch Vögel geschützt[1][5].

Fenster nicht putzen

Der Verzicht auf Fensterputzen führt zur Abnahme des Spiegeleffektes der Scheiben. Außerdem schlucken Staub und vom Wind angewehter Blütenpollen auf den Scheiben UV-Licht. Daher kommt es so auch zur Reduktion der Vogelunfälle[2].

Vogelschutz-Filzstift

Mit einem speziellen Filzstift, der einen für Menschen unsichtbaren UV-Farbstoff enthält, ist es heute möglich, Fensterscheiben entsprechend zu markieren, um den Vogelschlag deutlich zu reduzieren, ohne dass das für den menschlichen Betrachter störend ist[6]. Diese Methode eignet sich besonders gut für Privathaushalte und bereits vorhandene Fensterscheiben. Die Wirksamkeit des Filzstiftes gegen Vogelschlag an Fensterscheiben wurde im Max-Planck-Institut für Ornithologie (Vogelwarte Radolfzell) unter Laborbedingungen experimentell bestätigt[7].

Vogelschutz-Glas

Für Neubauten gibt es das 2005 erfundene Vogelschutzglas, das denselben Effekt nutzt. Vogelschutzglas ist ein handelsübliches Fensterglas mit einer speziellen Beschichtung, welche das UV-Licht reflektiert. Geeignet ist dieses Glas vor allem für große Glasfassaden, die dann für Vögel zum erkennbaren Hindernis werden[8]. Auf das Glas wird bereits in der Fabrik eine Schicht aufgetragen, die das für Vögel wahrnehmbare UV-Licht reflektiert[5]. Die Vögel erkennen die Glasscheiben als Hindernis und weichen aus. Für den Menschen ist dieses Glas wie gewöhnliches Glas fast durchsichtig[5]. Die Wirksamkeit des Glases wurde im Max-Planck-Institut für Ornithologie (Vogelwarte Radolfzell) unter Laborbedingungen experimentell bestätigt[9].

Vogelschlag an sich bewegenden Objekten

Vogelschlag am ICE 3

Moderne Verkehrsmittel stellen für Vögel eine zum Teil erhebliche Gefahr dar. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten führt eine Kollision in der Regel zu schweren Verletzungen, meist jedoch zum Tod des Vogels.

Das Auftreffen von Vögeln auf Luftfahrzeuge, Automobile oder Hochgeschwindigkeitszüge ist aber auch eine Gefahr für die Fahrzeuge selbst sowie deren Insassen, da der Fahrzeugführer im einfachsten Fall durch den Aufschlag abgelenkt und erschreckt, im schlimmsten Fall durch das Bersten der Windschutzscheibe verletzt werden kann und dann nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug weiter zu steuern.

Viele Flugzeuge (wie auch die meisten Hochgeschwindigkeitszüge) werden daher in speziellen Versuchseinrichtungen auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Vogelschlag untersucht. In zunehmendem Maße wird die Auswirkung eines Vogelschlags auch mit Computerberechnungen simuliert. Beispielsweise werden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart Flugzeugstrukturen sowohl im Versuch als auch in der Computeranalyse einem künstlichen Vogelschlag ausgesetzt und die Folgen für das Flugzeug untersucht. Dabei kommen künstliche Ersatzvögel zum Einsatz.

Vogelschlag an Luftfahrzeugen

Problem

Kanzel einer F16 nach Vogelschlag

Besondere Aufmerksamkeit kommt dem Problem des Vogelschlags in der Luftfahrt zu, wo weltweit jährlich ein Schaden von über einer Milliarde US-Dollar entsteht und die Flugsicherheit zum Teil erheblich gefährdet ist.

Geraten Vögel beispielsweise in die Triebwerke von Flugzeugen, in der Luftfahrt als Foreign Object Damage, (FOD) bezeichnet, kann ein Triebwerksausfall die Folge sein. Die Kollisionen mit Flugzeugen kommen während der Start- oder Landephase und Flughöhen unter etwa 3000 Meter vor. Ein Triebwerksausfall in dieser Situation ist besonders kritisch für die Fluglage.

Das bekannteste deutsche Opfer eines Vogelschlags war der Tierfilmer Michael Grzimek, Sohn des bekannten Zoodirektors, Biologen und Naturfilmers Bernhard Grzimek, der am 10. Januar 1959 während der Dreharbeiten zu dem später Oscar-prämierten Film Serengeti darf nicht sterben verunglückte, weil sein Flugzeug mit einem Gänsegeier kollidierte. Die Notwasserung eines Airbus der US Airways im Hudson River in New York am 15. Januar 2009 wurde von Vogelschlag in beiden Triebwerken verursacht. Alle 155 Personen an Bord konnten gerettet werden.

Moderne Triebwerke müssen eine Vogelschlag-Resistenz aufweisen. Ähnliches gilt für die Flugzeugstruktur, wo ein Vogelschlag nicht zu einer katastrophalen Flugsituation führen darf. Entsprechende Tests für Turbine und Struktur eines Flugzeugs schreiben die Zulassungsbehörden wie EASA und FAA vor.

Vogelschlagvermeidung an Luftfahrzeugen

In Deutschland befasst sich der Deutsche Ausschuss zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr (DAVVL) [10] seit Mitte der 1960er Jahre mit diesem Problem. Er gibt unter anderem eine Vogelzugvorhersage heraus und verbreitet Vogelzugwarnungen, sog. BIRDTAMs (in Anlehnung an NOTAMs), die vom Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr herausgegeben werden. Dieses bietet die Möglichkeit, Infos zur Vogelschlaggefahr in einer Region auf der Basis von Radarvogelzugbeobachtungen zu bekommen. Er gibt auch das Online-Journal "Vogel und Luftverkehr" heraus und erstellt eine Auflistung schwerer, vogelschlagbedingter Flugunfälle. [11]

Neben der Vorhersage und Vogelschlagwarnung dient hauptsächlich das Instrument des Biotopmanagements der Vogelschlagverhütung. Flughäfen und deren Umgebung werden dabei in einer Weise gestaltet, dass große, den Flugbetrieb gefährdende oder in großen Schwärmen auftretende Vogelarten ihre ökologischen Ansprüche an einen Lebensraum nicht erfüllt finden. Kleine, oft seltene Arten, die in der überwiegend durch industrialisierte Landwirtschaft geprägten Umwelt kaum noch eine Chance haben, finden dort hingegen einen geeigneten Lebensraum. Nur in Situationen, in denen das Biotopmanagement zur Sicherung der biologischen Flugsicherheit nicht hinreichend Wirkung zeigt, was unter Umständen nach Schneefall oder Mahd etc. der Fall sein kann, wird in Deutschland Vergrämungstechnik angewendet. Es handelt sich in der Regel um Pyrotechnik, die aus Signalrevolvern verschossen wird. Der erzeugte Knall vertreibt die Vögel. Im Gegensatz zu Nordamerika werden in Deutschland keine letalen Maßnahmen ergriffen, um das Vogelschlagproblem an Flughäfen zu lösen.

An großen Flughäfen im Ausland wird gelegentlich mit Hilfe von Greifvögeln und anderen Maßnahmen (Beschallung von Tonträgern mit Tierstimmen) versucht, das Terrain vogelfrei zu halten. Den Vögeln werden dort auch Möglichkeiten zum Brüten genommen (keine Sträucher oder Bäume).

Große Flugzeuge schalten unter 3000 Meter (10.000 ft) prinzipiell (auch tagsüber) die Landescheinwerfer an, um für Vögel (und andere Flugzeuge) besser sichtbar zu sein.

Um einem entgegenkommendem Flugzeug zu entkommen, weichen Vögel nach unten im Sturzflug aus, da sie so wesentlich schneller die Höhe ändern können, als im Steigflug. Zur Vermeidung von Vogelschlag sollte der Pilot (wenn die Reaktionszeit noch reicht) deshalb Vögeln nach oben oder zur Seite ausweichen.

Vogelschlag an Windenergieanlagen

Der Vogelschlag an Windenergieanlagen (WEA) stellt ebenfalls ein Problem dar. Nach einer Studie des NABU von 2005 sterben in Deutschland jährlich etwa eintausend Vögel durch Kollision mit einer WEA. Betroffen sind insbesondere Greifvögel. Daneben werden im Umkreis von WEA auch immer wieder viele tote Fledermäuse gefunden. Dem gegenüber stehen etwa zehn Millionen getöteter Vögel durch Straßenverkehr und Stromleitungen (BUND-Schätzung). Der NABU hatte 127 internationale Studien ausgewertet und kam zum Schluss, dass durch Windenergie in Deutschland keine Vogelart gefährdet sei. Lokal können jedoch Rotmilane und zunehmend Seeadler in erheblichem Maße betroffen sein.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c http://www.spinnennetz-effekt.de/artikel.pdf
  2. a b c http://www.spinnennetz-effekt.de/merkblatt.pdf
  3. Trybus
  4. http://www.zeit.de/2005/15/Stimmts_P_15 „Tödliches Glas
  5. a b c http://www.vogelabwehr.de/vogelschutzglas.php
  6. http://www.spinnennetz-effekt.de
  7. http://birdpen.de/pdf/gutachten.pdf
  8. http://www.bauletter.de/archiv/2007/2007-09-20.php
  9. http://ssl.baushop24.com/content/vogelschutzglas_hamstert_preise.php
  10. http://www.davvl.de Deutscher Ausschuss zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr e.V.
  11. http://www.davvl.de/Seite531d.htm Schwere Vogelschläge

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