- Blaue Liste-Institute
-
Die Leibniz-Gemeinschaft (vollständig: Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.) ist ein Zusammenschluss deutscher Forschungsinstitute unterschiedlicher Fachrichtungen.
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 86 (2009) außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 14.200 Mitarbeiter und haben einen Gesamtetat von 1,1 Milliarden Euro (2008). Damit arbeiten die Leibniz-Institute gemäß einer eigenen Förderphilosophie in Abgrenzung zu den Universitäten und anderen außeruniversitären Forschungsorganisationen wie z. B. der Max-Planck-, der Fraunhofer-Gesellschaft oder der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Leibniz-Gemeinschaft
Die Gemeinschaft sieht nach eigenem Selbstverständnis ihren historischen Ursprung in den seit den 1970er Jahren bestehenden „Einrichtungen der Blauen Liste“, zu denen seit 1992 auch einige aus der Akademie der Wissenschaften der DDR hervorgegangenen Forschungseinrichtungen gehören, deren wissenschaftliches Potential aufgrund der Evaluierung durch den Wissenschaftsrat auch zukünftig als erhaltenswert und förderungswürdig angesehen worden war. Die Bezeichnung „Blaue Liste“ für das Bund-Länder-Fördermodell geht zurück auf die Farbe einer Aktenanlage und ist heute umgangssprachlich veraltet. Im Bundeshaushaltsplan, der eine Anlage zum jährlichen Haushaltsgesetz ist, wird der Begriff „Institute der Blauen Liste“ nach wie vor verwendet.
Die Einrichtungen haben sich zur Leibniz-Gemeinschaft zusammengeschlossen, um institutsübergreifende Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehört z. B. in Zeiten der Verknappung der Forschungsmittel aus öffentlichen Händen gemeinsam für die Stärkung der Einrichtungen zu arbeiten oder auch Kooperationen mit Hochschulen und Industrie zu fördern.
Sitz der Leibniz-Gemeinschaft ist Berlin, Verwaltungssitz ist Bonn. Die Leibniz-Gemeinschaft ist nach dem deutschen Philosophen und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646−1716) benannt. Von 2001 bis 2005 war Hans-Olaf Henkel Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, Generalsekretär ist Dr. Michael Klein. Im November 2005 wurde Prof. Dr. Ernst Theodor Rietschel, Direktor am Forschungszentrum Borstel, zum neuen Präsidenten gewählt.
Seit 2007 vergibt die Leibniz-Gemeinschaft den Hans-Olaf-Henkel-Preis für Wissenschaftspolitik, den als erster Prof. Dr. Dr. Benno Parthier erhielt[1].
Leibniz-Institute
Die Gemeinschaft ist keine Trägerorganisation der Institute, sondern ein freiwillig gegründeter Verein, um gemeinsam in der Öffentlichkeit mit Nachdruck agieren zu können.
Leibniz-Institute sind Institute und Forschungseinrichtungen, die gemeinsam vom Bund und den Ländern grundfinanziert werden. In der Regel ist der Finanzierungsschlüssel: 50 % Bundesmittel, 50 % Landesmittel. Die Bundesmittel kommen zu einem großen Teil aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (281 Millionen Euro für 49 Institute im Jahr 2007). Die Landesmittel setzen sich zusammen aus den Mitteln des Sitzlandes des jeweiligen Leibniz-Instituts und einem Zuschuss durch die übrigen Länder. Die Aufteilung dieses Zuschusses auf die übrigen Bundesländer wird von der Bund-Länder-Kommission auf Grund der Bevölkerungszahlen und des Steueraufkommens im Königsteiner Schlüssel festgelegt. Neben dieser Grundfinanzierung werden Drittmittel eingesetzt. Im Jahr 2006 betrug der Gesamtetat aller Einrichtungen rund 1,1 Milliarden Euro.
Planungssicherheit durch kontinuierliche Etatsteigerungen ist mit dem Pakt für Forschung und Innovation gegeben.
Ursprünge
Die Ursprünge der Leibniz-Gemeinschaft gehen in die Gründerzeit der Bundesrepublik zurück. Im März 1949 schlossen die deutschen Länder ein Staatsabkommen über die „Finanzierung wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen“ – das so genannte Königsteiner Staatsabkommen −, in dem sie sich verpflichteten, bei größeren Forschungseinrichtungen überregionaler Bedeutung, deren Zuschussbedarf die Finanzkraft eines einzelnen Landes übersteigt, die zur Erfüllung der Forschungsaufgaben erforderlichen Mittel gemeinsam bereitzustellen.
Zwanzig Jahre später errang dieses Abkommen Verfassungsrang, als 1969 Artikel 91b das Grundgesetz erweiterte, und Bund und Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit bot, bei Forschungsvorhaben überregionaler Bedeutung und gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse zusammenzuarbeiten. 1977 schließlich veröffentlichten Bund und Länder eine Liste von 46 Einrichtungen, die unter den Bedingungen des Artikels 91b gemeinsam gefördert wurden. Das blaue Papier, auf dem die Liste veröffentlicht wurde, gab ihr auch den Namen: „Blaue Liste“.
Die deutsche Vereinigung im Jahre 1990 brachte auch für die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern nachhaltige Veränderungen mit sich, da Artikel 38 des Einigungsvertrages die Eingliederung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft der ehemaligen DDR in das bundesrepublikanische System vorschrieb.
Im Zuge der Umgestaltung der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft kam es durch die Aufnahme vom Wissenschaftsrat positiv evaluierter ehemaliger Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR in die gemeinsame Forschungsförderung fast zu einer Verdopplung der Zahl der „Blaue-Liste“-Institute; die Zahl der geförderten Einrichtungen stieg von 47 im Jahre 1989 auf 81 im Jahr 1992. Die Neuaufnahmen veränderten das Gesicht der „Blauen Liste“ und verschoben den wissenschaftlichen Schwerpunkt in die natur-, technik-, agrar-, lebens- und raumwissenschaftliche Forschung.
Gründung der Gemeinschaft
Im Jahre 1992 gründeten die 81 Einrichtungen die „Arbeitsgemeinschaft Blaue Liste“ (AG-BL), die besonders in administrativen Fragen institutsübergreifend tätig war. Drei Jahre später benannte man sich in „Wissenschaftsgemeinschaft Blaue Liste“ (WBL) um, dem folgte im Jahr 1997 schließlich der Name „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) mit dem ersten Präsidenten, dem Physiker Ingolf Hertel (* 1941). Mit diesen Namensänderungen, die zugleich auch den Prozess der Selbstorganisation der weiterhin unabhängigen und eigenständigen Einrichtungen dokumentierten, war die stärkere inhaltliche Zusammenarbeit verbunden mit dem Ziel des regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausches, der Zusammenarbeit hinsichtlich gemeinsamer Interessen sowie die Wahrnehmung dieser Interessen nach außen, d. h. in den wissenschaftspolitischen und wissenschaftsadministrativen Bereich, aber auch allgemein in der Öffentlichkeit.
Zu diesem Zweck verfügt die Leibniz-Gemeinschaft seit 1995 über eine Geschäftsstelle in Bonn und seit 2000 über ein Büro in Berlin. Die Festigung der Strukturen äußert sich auch in der unter dem zweiten Präsidenten, dem Physiker Frank Pobell vorangebrachten Gründung eines extern besetzen Senats als Aufsichts- und Beratungsorgan im November 1998. Den Erfordernissen eines modernen Wissenschaftsmarketings Rechnung tragend führte die Gemeinschaft seit 2002 ein einheitliches „Corporate design“ ein und tritt seither unter der Marke „Leibniz-Gemeinschaft“ auf.
Seit 1979 wurden die Einrichtungen der „Blauen Liste“ regelmäßig vom Wissenschaftsrat evaluiert, um ein hohes Leistungsniveau der wissenschaftlichen Arbeit zu garantieren und eine zielgerichtete Weiterentwicklung frühzeitig einleiten zu können. Die meisten Institute überzeugten die Bewertungskommissionen mit ihrer wissenschaftlichen Qualität, einige richteten ihre Forschungsarbeit neu aus und wenige schieden aus der gemeinsamen Forschungsförderung aus.
Seit 2003 evaluiert der extern besetzte Senat der Leibniz-Gemeinschaft die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. Der Wissenschaftsrat hat in seiner Stellungnahme zur Systemevaluation der „Blauen Liste“ vom November 2000 einen entsprechenden Vorschlag entwickelt. Die Entscheidungen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) (bis 2007: Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK)) zur Förderungswürdigkeit der Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft stützen sich nun in der Regel auf die Stellungnahmen des Senats. Mindestens alle sieben Jahre leitet der Ausschuss Forschungsförderung der GWK eine entsprechende Überprüfung ein.
Sektionen und Institute der Leibniz-Gemeinschaft
Die Institute der Leibniz-Gemeinschaft sind in fünf Sektionen zusammengefasst.
Sektion A − Geisteswissenschaften und Bildungsforschung
Name der Einrichtung Ort Abkürzung Deutsches Bergbau-Museum Bochum Bochum DBM Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen Bonn DIE Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung Frankfurt am Main DIPF Deutsches Museum München DM Deutsches Schiffahrtsmuseum Bremerhaven DSM Germanisches Nationalmuseum Nürnberg GNM Herder-Institut Marburg HI Institut für Deutsche Sprache Mannheim IDS Institut für Zeitgeschichte München – Berlin IfZ Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel Kiel IPN Institut für Wissensmedien Tübingen IWM Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte Mainz RGZM Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation an der Universität Trier Trier ZPID Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam e.V. Potsdam ZZF Sektion B − Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften
Sektion C − Lebenswissenschaften
Sektion D − Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften
Sektion E − Umweltwissenschaften
Name der Einrichtung Ort Abkürzung Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim ATB Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel Kiel IFM-GEOMAR Leibniz-Institut für Troposphärenforschung Leipzig IfT Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin IGB Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren & Erfurt IGZ Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde IOW Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik
(ehemals GGA-Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben)Hannover LIAG Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Potsdam PIK Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung Müncheberg ZALF Zentrum für Marine Tropenökologie Bremen ZMT Assoziierte Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft
Name der Einrichtung Ort Abkürzung Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin Bremen BIPS Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung Dortmund ILS Institut für umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH Düsseldorf IUF Ausgeschiedene Institute
Name der Einrichtung ausgesch.
seitOrt Abkürzung Zentralarchiv für Hochschulbau 1980 Stuttgart ZA Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung 1983 Bonn DGFK Forschungsinstitut für Rationalisierung 1984 Aachen FIR Institut für Meeresforschung 1985 Bremerhaven IfM Gesellschaft für Information und Dokumentation 1987 Frankfurt am Main GID Forschungsinstitut für Kinderernährung 1998 Dortmund FKE Institut für Erdölforschung 1998 Clausthal IfE Deutsches Bibliotheksinstitut 1999 Berlin DBI Medizinisches Institut für Umwelthygiene 2000 Düsseldorf MIU Deutsche Zentralbibliothek der Landbauwissenschaft 2000 Bonn ZBL Deutsche Institut für Fernstudienforschung 2000 Tübingen DIFF Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik
(jetzt Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik)2002 Berlin HHI Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv
(neu gegründet als Hamburgisches Weltwirtschafts-Institut, HWWI)2006 Hamburg HWWA IWF − Wissen und Medien gGmbH 2007 Göttingen IWF Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung
(Fusion mit dem Hahn-Meitner-Institut der Helmholtz-Gemeinschaft zum Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH )2008 Berlin BESSY Siehe auch
- Kategorie:Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft
- Leibniz-Sozietät
Andere Forschungsorganisationen
- Deutsche Forschungsgemeinschaft
- Max-Planck-Gesellschaft
- Fraunhofer-Gesellschaft
- Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren
Weblinks
Quellenangaben
Wikimedia Foundation.