- Blutige Entlassung
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Der Begriff Verweildauer (oder Aufenthaltsdauer) wird im Gesundheitswesen gebraucht. Er gibt die Zeit an, die ein Patient in einem Krankenhaus stationär behandelt wird. Die Definition der Verweildauer gemäß § 1 Abs. 6 Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (KFPV) ist: Maßgeblich … ist die Zahl der Belegungstage. Belegungstage sind der Aufnahmetag sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts ohne den Verlegungs- oder Entlassungstag…
Gezählt wird also die Anwesenheit um 24 h. Bsp.: Aufnahme Montag, Entlassung Freitag, Verweildauer 4 Tage. Die Verweildauer kann man als Durchschnittswert für ganze Länder, für Fachabteilungen und für bestimmte Diagnosen angeben.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
In Deutschland hat die Verweildauer bei den Krankenhäusern eine erhebliche finanzielle Bedeutung. Die vor 2004 üblichen Abrechnungen nach Tagessätzen bei längeren Krankenhausaufenthalten führten zu Mehrerlösen. Im Zuge der Gesundheitsreform wurde angestrebt, solche medizinisch überflüssigen stationären Behandlungen zu verhindern und durch das im März 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung des diagnoseorientierten Abrechnungssystems nach Fallpauschalen für die Krankenhausleistungen zu ändern.
Die Fallpauschalenvergütung bedeutet, dass für bestimmte Diagnosen (vgl. ICD-10) und Prozeduren (vgl. OPS) die Krankenhäuser einen festen Betrag bei den Kostenträgern abrechnen können. Dies wurde mit dem GMG für Krankenkassen eingeführt. Die seit dem 1. Januar 2004 verbindlichen Fallpauschalen (DRGs) ersetzten die bis dato zur Abrechnung genutzten Tagessätze. Damit wurde auch der Begriff der Verweildauer eingeführt. Im Gegensatz zur früheren Abrechnungsform steigen bei einer Abrechnung nach Fallpauschalen bei gleichem Erlös die Kosten einer Klinik umso mehr, je länger ein Patient im Krankenhaus verweilt. Daher besteht für die Krankenhäuser ein wirtschaftlicher Anreiz, Patienten so früh wie möglich nach Hause oder in die ambulante Weiterbehandlung zu entlassen.
Die vergütete Verweildauer hängt also von der Fallgruppe ab, in die ein Patient eingestuft wurde. Bestimmende Faktoren für die Fallgruppe sind die gestellte Hauptdiagnose, mögliche Nebendiagnosen, die durchgeführten Prozeduren und andere fallrelevante Kriterien.
In Deutschland betrug die durchschnittliche Verweildauer 2003 8,9 Tage, während sie im EU-Durchschnitt 6,1 Tage beträgt. Eine weitere Senkung der Verweildauer in Deutschland ist nicht ausgeschlossen.
Grenzverweildauer
Unterschieden werden eine obere und untere Grenzverweildauer. Die obere Grenzverweildauer legt fest, bis zu welcher Aufenthaltsdauer im Krankenhaus lediglich eine Pauschalvergütung erfolgt. Wird diese Dauer im Einzelfall überschritten, werden zusätzliche Entgelte von den Kostenträgern gezahlt. Ob diese die entsprechenden zusätzlichen Kosten decken, ist einzelfallabhängig.
Die untere Grenzverweildauer ist eine wirtschaftliche Größe, die festlegt, wie viele Tage ein Patient mindestens im Krankenhaus verbringen sollte. Ein Unterschreiten dieser Grenzverweildauer hat für das Krankenhaus negative wirtschaftliche Konsequenzen, weil die Kostenträger des Patienten deutlich weniger als die sonst fällige Fallpauschale bezahlt.
Internationale Übersicht über die Verweildauer
Die OECD hat 2007 eine Statistik über die durchschnittliche Verweildauer in der Akutversorgung publiziert. In Japan beträgt sie 19,8 Tage, in Deutschland 8,6, in der Schweiz 8,5 Tage. Weitere Länder: Tschechische Republik 8, Slowakische Republik und Luxemburg 7,3, Portugal 7,1, Niederlande 6,8, Irland 6,6, Polen 6,5, Ungarn 6,3, Vereinigtes Königreich 6,1, Österreich 5,9, USA 5,6, Island und Frankreich 5,4, Norwegen 5,2, Finnland 4,8, Schweden 4,6, Mexiko 4 und Dänemark 3,5. Der Durchschnitt dieser Länder beträgt 6,8 Tage. Von den folgenden OECD-Ländern lagen keine Daten vor: Australien, Belgien, Griechenland, Italien, Kanada, Südkorea, Neuseeland, Spanien und Türkei.
Kritik an der Verweildauerverkürzung
Eine vorzeitige Entlassung von Patienten aus dem Krankenhaus aus wirtschaftlichen Gründen wird von Kritikern als „Blutige Entlassung“ bezeichnet. Vorzeitige Entlassungen bergen neben den Risiken für die Patienten aber auch Kostenrisiken für die Kostenträger, z. B. wenn wegen der Erkrankung vermehrt ambulante Krankenbehandlung, häusliche Krankenpflege oder gar ein erneuter stationärer Krankenhausaufenthalt nötig werden („Drehtür-Effekt“).
Von niedergelassenen Ärzten wird kritisiert, dass sie das wirtschaftliche Risiko der Entlassungen zu tragen haben, da die ambulanten Behandlungen durch die nicht abgeschlossene Heilung teurer und aufwändiger werden, ohne dass sie bei den Kostenträgern vollständig abgerechnet werden können.
Vermeidungsstrategien
Um „blutige Entlassungen“ zu vermeiden, wurde im Abrechnungsverfahren mit den Krankenhäusern die Grenzverweildauer geregelt. Besonders kurze Krankenhausaufenthalte haben demnach Abschläge oder eine eigens hierfür kalkulierte Fallpauschale, besonders lange Aufenthalte Zuschläge auf die Fallpauschale zur Folge. Außerdem gibt es Fristen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, die im Falle einer erneuten stationären Aufnahme die Abrechnung einer neuen Fallpauschale ausschließen. Dies trifft jedoch nur zu, wenn bestimmte Kriterien der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) erfüllt sind. Der Gesetzgeber hat im § 17 b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes festgelegt, bis Ende 2005 eine Begleitforschung vorlegen zu müssen. Der Auftrag dazu wurde noch nicht erteilt (Stand: August 2007).
Siehe auch
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