Brandenburger (Spezialeinheit)

Brandenburger (Spezialeinheit)

„Brandenburger“ war die Bezeichnung einer Spezialeinheit des Amtes Ausland/Abwehr der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges, zu deren Hauptaufgabe Operationen hinter den feindlichen Linien gehörten. Diese hatten die überraschende Einnahme operativ wichtiger Angriffsziele, Sabotage oder die Kooperation mit verbündeten politischen Gruppierungen zum Ziel. Häufig wurden dabei Einsätze in Halbtarnung (übergeworfene Feinduniform) oder völkerrechtswidrig in Volltarnung (gesamte Ausrüstung und Uniform der Feindkräfte) durchgeführt. Die Angehörigen dieser Division kamen zumeist aus der Gebirgstruppe oder traten als Auslandsdeutsche ihren Wehrdienst in diesem Verband an. Aus diesem Grund hatte die Division einen hohen Anteil an Fremdsprachen kundigen Deutschen, die darüber hinaus teilweise noch mit den Lebensgewohnheiten im Einsatzraum vertraut waren. Im eigentlichen Sinn wurde die Division bis kurz vor Kriegsende nie geschlossen eingesetzt, sondern in einzelnen Kommandos den Heeresgruppen unterstellt. Zum Einsatzbereich zählten sowohl das unmittelbare Frontgebiet auf allen Kriegsschauplätzen, als auch das südliche Afrika, Afghanistan und der Nahe Osten sowie der Kaukasus. Im späteren Kriegsverlauf wurden Teile der Spezialeinheit auch im Kampf gegen Partisanen in Jugoslawien eingesetzt, bevor sie in den letzten Kriegsmonaten als reguläre Panzergrenadierdivision Verwendung fand.

Truppenerkennungszeichen Sonderverband „Brandenburg“ (1942/43)

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Gliederung

Unterstellungsverhältnis[1]
Zeit Kommandobehörde
10. Okt. 1939 - 1. Apr. 1943 OKW / Amt Ausland/Abwehr
1. Apr. 1943 - 15. Sept. 1944 OKW / Wehrmachtführungsstab
15. Sept. 1944 - Febr. 1945 OKH / Generalstab des Heeres
Febr. 1945 - 30. Apr. 1945 Panzerkorps „Großdeutschland“
30. Apr. 1945 - 10. Mai 1945 LIX. Armeekorps

Noch vor Beginn des Krieges gegen Polen 1939 stellte die Abwehrabteilung II (und die Abwehrgruppen der Wehrkreise VIII und XVII), also der deutsche Militärgeheimdienst, mehrere „K-Trupps“ (K = Kampf) auf, die aus polnisch sprechenden Schlesiern und Volksdeutschen bestanden, und deren Aufgabe es war, wichtige Schlüsselpositionen zu besetzen und bis zum Eintreffen regulärer Wehrmachtsverbände zu halten. So besetzte z. B. der 500 Mann starke „Kampfverband Ebbinghaus“ Industrieanlagen in Ostoberschlesien. Fast alle dieser Aktionen wurden mit Erfolg durchgeführt. Bekanntheit erlangte jedoch später das Unternehmen des „K-Trupp Herzner“, welcher am 26. August, also fünf Tage vor Kriegsausbruch, den operativ wichtigen Tunnel am Jablunka-Pass einnahm und mehrere Stunden besetzt hielt, weil er nicht von der Verschiebung des Angriffstermins benachrichtigt werden konnte.[2]

Baulehrbataillons z.b.V. 800 (Frühjahr 1940)
Truppenteil Standort Sprachraum
Bataillons-Stab Brandenburg
1. Kompanie Baden bei Wien russisch-baltisch
2. Kompanie Brandenburg englisch-nordafrikanisch
3. Kompanie Münstereifel tschechisch-jugoslawisch
4. Kompanie Niederrhein u.a. polnisch

Die Angehörigen der „K-Trupps“ im Polenfeldzug waren zum überwiegenden Teil Zivilisten, die von der Abwehr extra für diese spezielle Verwendung ausgebildet wurden. Die Erfahrungen aus diesen Einsätzen gaben dann jedoch Anlass dazu, eine reguläre Truppe für Kommandounternehmen aufzustellen. So entstand am 15. Oktober 1939 auf dem Truppenübungsplatz Bruck an der Leitha unter der Tarnbezeichnung Baulehrkompanie (D.K.) z. b. V. (D.K. = „Deutsche Kompanie“) die erste reguläre deutsche Kommandoeinheit, der bereits am 25. Oktober die Baulehrkompanie z. b. V. 800 in Brandenburg an der Havel folgte. Nachdem in zwei verschiedenen Standorten am 1. und 23. November 1939 zwei weitere Kompanien entstanden waren, wurden sie alle am 10. Januar 1940 im Baulehrbataillon z. b. V. 800 zusammengefasst. Dies war allerdings nur eine rein administrative Maßnahme, da die Einheiten auch weiterhin in verschiedenen Garnisonen untergebracht waren (siehe: Tabelle rechts unten).[3] Die Organisation und Koordination aller Teileinheiten erfolgte durch den Stab des Bataillons, welcher ebenso wie die 2. Kompanie in Brandenburg an der Havel lag, weswegen der Verband innerhalb der deutschen Streitkräfte bald nur noch kurz als „Brandenburger“ bezeichnet wurde. Am 1. Juni 1940 erreichte die Größe des Verbandes einen Umfang, der eine Umbenennung in Lehrregiment Brandenburg z. b. V. 800 sinnvoll machte. Nun erst, nach zahlreichen Einsätzen, wurde die Bezeichnung „Brandenburger“ auch zum Synonym für deutsche Kommandoeinheiten.

Als dann im weiteren Kriegsverlauf fast ganz Europa und Teile Afrikas zum Kriegsschauplatz wurden, stiegen auch die Anforderungen an die Kommandoverbände, so dass es für sie nötig wurde zahlreiche neue Spezialeinheiten, wie z. B. eine Fallschirmspringerkompanie, aufzustellen.[4] Am 20. November 1942 erhielt der stark angewachsene Verband deshalb die Bezeichnung Sonderverband Brandenburg. Diese administrative Einheit umfasste fünf Verbände in Regimentsstärke (drei Bataillone), eine Küstenjäger-Abteilung sowie eine Nachrichtenabteilung.[5] Bereits am 1. April 1943 wurde der Sonderverband wiederum umbenannt und erhielt diesmal die Bezeichnung Division Brandenburg, was allerdings keinen wesentlichen Einfluss auf die Gliederung hatte.[6]

Personelle Zusammensetzung

Ärmelband der Division „Brandenburg“, getragen ab 1944

Die ersten Angehörigen der „K-Trupps“ waren Volksdeutsche. Sie meldeten sich freiwillig oder wurden wegen ihrer Sprachfertigkeiten gezielt angeworben. In der Regel hatten diese Männer überhaupt nicht oder zumindest nicht in der Wehrmacht gedient und waren nur kurz von der Abwehr II ausgebildet worden. Sie waren deswegen selbst keine Soldaten, sondern Zivilisten, obwohl sie von Wehrmachtoffizieren angeführt wurden. Dies änderte sich erst nach dem Polenfeldzug, als die Mitglieder der neu aufgestellten Kommandotruppen den Status von Wehrmachtsangehörigen erhielten, um zum einen die Möglichkeit zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen zu eröffnen und zum anderen die Versorgung der Hinterbliebenen sicherzustellen.

Für die Rekrutierung der neuen Mannschaften stellte die Abwehr II hohe Anforderungen. „Die erste Voraussetzung war Freiwilligkeit, dann Wendigkeit und schnelle Reaktionsfähigkeit, die Gabe zu improvisieren, ein hohes Maß an Eigeninitiative auch beim letzten Schützen, gepaart mit ausgesprochenem Teamgeist; außerdem eine gewisse, wenn auch gebremste Abenteuerlust, Takt im Umgang mit Fremdvölkern und natürlich körperliche Leistungsfähigkeit. Dringend erwünscht waren weiter gediegene Auslands- und Sprachkenntnisse, die so weit gehen sollten, dass der Betreffende überzeugend als britischer Offizier oder Rotarmist auftreten konnte.“[7] Den ersten Grundstock der Baulehrkompanien bildeten die Angehörigen der „K-Trupps“ (Schlesier, Volks- und Sudetendeutsche). Mit der Ausweitung der Kriegsschauplätze kamen auch Deutsche aus anderen Regionen, wie dem Baltikum, dem Balkan oder Südafrika hinzu. Als sich die Nachricht von der neuen Elite-Einheit in der Wehrmacht herumsprach, meldeten sich zusätzlich eine große Zahl Soldaten aus den regulären Heeresteilen. Erst als der Personalbedarf mehr und mehr wuchs, begannen Werbeoffiziere auch mit Anwerbungen in Truppenschulen der Wehrmacht. Bei der Auswahl von Rekruten wurden der Sprachbegabung und Zuverlässigkeit größere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Abwehr-Spezialausbildungen wurde dann in der Ausbildungsschule der Abwehr II („Quenzgut“) nahe Brandenburg an der Havel vorgenommen. Da mit zunehmenden Umfang der Sonderverbände der Bedarf an sprachversierten Kommandosoldaten nicht mehr gedeckt werden konnte, ging man bald dazu über den militärischen Spezialisten sogenannte Kampfdolmetscher zur Seite zu stellen.

Kampfdolmetscher waren Muttersprachler aus dem Einsatzgebiet, die meist in ihren Heimatländern eine militärische Ausbildung durchlaufen hatten und teilweise hochqualifiziert waren. Bei Einsätzen hinter gegnerischen Linien fiel ihnen die Aufgabe zu für die Tarnung zu sorgen, zum Beispiel für den Fall, dass das Kommando von Militärpolizisten oder an gegnerischen Kontrollposten [Checkpoint] angesprochen wurde. Da in solchen Situationen keine Rücksprache zwischen Kampfdolmetscher und deutschen Kommandotruppführer möglich war, lag bei den Dolmetschern oft eine große Verantwortung für die gesamte Einheit. Besonders an der Ostfront war die Zahl der Kampfdolmetscher mit zunehmender Kriegsdauer oft größer als die Zahl der eigentlichen Kommandosoldaten.

Die Mitglieder der neu aufgestellten Kommandotruppen waren meist ungedient und verfügten, abgesehen von den Angehörigen der ehemaligen „K-Trupps“, über keinerlei Einsatzerfahrung. Aus diesem Grund mussten 1939/1940 für die Besetzung der höheren Ränge zunächst Unteroffiziere von regulären Wehrmachtsverbänden und ältere Offiziere der Reserve, die über Kenntnisse über den Einsatzraum aus dem I. (Weltkrieg) oder Fachkenntnisse (Slawistik, Ethnologie) verfügten, herangezogen werden. Das Dienstverhältnis selbst entsprach dabei nicht immer dem sturen Prinzip von Befehl und Gehorsam, da es oft vorkam, dass bei Einsätzen auch einfache Mannschaften schnell Entscheidungen für die ganze Gruppe treffen mussten, wenn sie z. B. als Einzige in der Gruppe die Landessprache beherrschten. Dies änderte sich allerdings mit der zunehmenden Vertruppung der Kommandoverbände und ihrem Einsatz als reguläre Grenadierdivision.

Kommandeure[8]
Zeit Name
10. Okt. 1939 - 12. Dez. 1940 Hptm. Dr. Theodor von Hippel
12. Okt. 1940 - Ende Okt. 1940 Maj.d.R. Hubertus von Aulock
30. Nov. 1940 - 12. Feb. 1943 OTL. Paul Haehling von Lanzenauer
12. Feb. 1943 - 10. Apr. 1944 Gen.Maj. Alexander von Pfuhlstein
10. Apr. 1944 - 20. Okt. 1944 Gen.Lt. Friedrich Kühlwein
20. Okt. 1944 - 10. Mai 1945 Gen.Maj. Hermann Schulte-Heuthaus

Nicht nur die Zugehörigkeit zur Kommandoeinheit, sondern selbst die Ausführung eines Kommandoauftrages beruhte auf absoluter Freiwilligkeit. So hieß es in einem internen Schreiben des Amtes Ausland/Abwehr vom 28. Juli 1943: „a) Die Beteiligung des deutschen Abwehrpersonals an einem Einsatz in Tarnkleidung zusammen mit russischen V-Leuten kann nicht befohlen werden. b) Freiwillige Teilnahme an Einsätzen in Tarnkleidung ist zulässig [...] Zu der Entscheidung zu a) haben folgende Erwägungen geführt: Kommandierungen zu Einsätzen in russischer Uniform zusammen mit russischen V-Leuten sind nicht angängig, da einem deutschen Soldaten wegen der möglichen Folge, als Spion behandelt zu werden, nicht befohlen werden kann, sich außerhalb des geltenden Kriegsrechts zu stellen, auch wenn dieses von der Sowjetunion nicht anerkannt wird.“[9] Dass dies in der Praxis auch tatsächlich so gehandhabt wurde, zeigt das Beispiel von zwei Unteroffizieren, die ausgebildet worden waren, über Irland abzuspringen und Verbindung zur IRA aufzunehmen und kurz vor Einsatzbeginn von diesem Auftrag zurücktraten. Der direkte Vorgesetzte der beiden Unteroffiziere bei der 14. Armee klagte sie wegen Feigheit vor dem Feind an. Die Klage wurde jedoch mit dem Verweis auf das Prinzip der Freiwilligkeit abgewiesen und keinem der Angeklagten entstanden im weiteren Verlauf des Krieges Karrierenachteile. Dieses Prinzip der Freiwilligkeit endete jedoch mit der zunehmenden Vertruppung der Einheit.[10]

Einsatzverfahren

Kommandoeinsätze im Zweiten Weltkrieg waren zeitlich eng begrenzte und von kleinen Trupps ausgeführte Aktionen im gegnerischen Hinterland, also in einem Gebiet, das für reguläre Einheiten nicht zugänglich war. Zu den Kommandoeinsätzen zählten zum einen K-Einsätze (K = Kampf) zur Sicherung operativ oder wirtschaftlich wichtiger Objekte wie Brücken oder Industrieanlagen und zum anderen S-Einsätze (S = Sabotage) zur Störung und Lähmung gegnerischer Bewegungen. Von wesentlicher Bedeutung waren auch die I- und Z-Operationen (I = Insurrektion; Z = Zersetzung), deren Ziel es war, im gegnerischen Hinterland oppositionelle Bewegungen zu unterstützen und sogar Aufstände zu entfachen. Was diese Unternehmen von gewöhnlichen Stoßtrupps unterschied, war die Tatsache, dass sie sich auch geheimdienstlicher Methoden, wie z. B. falscher Identitäten, bedienten. Nicht zum Aufgabenbereich zählte die gezielte Ermordung einzelner Persönlichkeiten, beispielsweise durch Attentate.[11]

Die Unternehmen erfolgten sehr oft in Kooperation mit einheimischen, je nach Sichtweise, Widerstandskämpfern oder Kollaborateuren. Dabei näherte man sich dem Zielobjekt in der Regel in Halb-, Voll- oder Mischtarnung. Bei der Halbtarnung wurden bei der Annäherung an das Objekt über der deutschen Uniform gegnerischer Uniformteile oder Zivil getragen. Diese Tarnung wurde jedoch vor dem eigentlichen Kampf abgelegt. Von einer Volltarnung sprach man, wenn vollständige gegnerische Uniform auch während des Kampfes getragen wurde. Bei einer Mischtarnung traten nur einige der Soldaten in gegnerischer Uniform auf, während der größere Teil in deutscher Uniform von den ersteren als angebliche deutsche Gefangene oder Deserteure durch die feindlichen Linien eskortiert wurde. Waffen und Munition hatten die Abgeführten dann in oder unter ihrer Uniform versteckt. Zu Tarnzwecken wurden auch gegnerische Waffen und Fahrzeuge verwendet. Wie diese Mittel eingesetzt wurden, war den jeweiligen Einsatzführern überlassen, die allein für die Planung eines Unternehmens zuständig waren. Wenn ein Unternehmen direkt im Frontgebiet oder im unmittelbaren Hinterland erfolgte, unterstanden die Kommandoeinheiten den im jeweiligen Bereich zuständigen Kommandobehörden, wie Heeresgruppe, Armee oder Korps. Einsätze über größere Distanzen steuerte die Abwehr II in der Regel selbst. Bei der konkreten Planung der Kommandounternehmen ließ man dem verantwortlichen Offizier im Sinne der Auftragstaktik volle Handlungsfreiheit, so dass es ihm überlassen blieb, auf welche Art der Auftrag durchgeführt wurde.

Einsätze

Die Soldaten der „Brandenburg“-Verbände agierten oft in kleinsten Gruppen, deren Tätigkeiten ein breites Aufgabenspektrum umfassten. Über viele dieser Einsätze liegen heute kaum mehr vollständige Akten vor und falls Dokumente überliefert sind, ist eine Zuordnung meist wegen der Verwendung von Decknamen kaum mehr möglich. Nur in den seltensten Fällen sind solche Einsätze überhaupt in seriösen Untersuchungen analysiert und veröffentlicht worden. Aufgrund dessen ist es kaum möglich, eine vollständige Auflistung aller Einsätze zu erstellen und nur die Wichtigsten und Bekanntesten sind deshalb hier stellvertretend angeführt.

Kommandoeinsätze

Truppenerkennungszeichen Fallschirm-Jäger-Bataillon „Brandenburg“ (1944)

Nach ihrer Aufstellung verwendete die Abwehr II die Soldaten der neuen Spezialeinheit zunächst zum Schutz der rumänischen Ölfelder und später auch der Chromerz-Zufuhren aus der Türkei.[12] Erst während des Unternehmens Weserübung (Angriff auf Dänemark und Norwegen) im April 1940 gelangten kleinere Kommandotrupps zur Sicherung strategischer Objekte in Dänemark und Norwegen zum Einsatz.[13] Die ersten Einsätze in größerem Umfang fanden im Rahmen des Westfeldzuges statt. In der Nacht vom 9. zum 10. Mai 1940 eroberten Kommandos des Baulehrbataillons z. b. V. 800 im Tarneinsatz strategisch wichtige Brücken bei Maaseik (Belgien), Gennep, Berg, Uromon, Obicht und Stein in den Niederlanden.[14] Am 27. Mai nahm ein weiteres Kommando die Meeresschleusen und Straßenbrücken bei Nieuwpoort in Belgien ein und verhinderte damit, dass der deutsche Vormarsch, wie bereits 1914, durch geplante Überschwemmungen aufgehalten wurde.[15]

Während des Unternehmens Marita (Angriff auf Jugoslawien und Griechenland) gelang dem II. Bataillon des Lehrregiment Brandenburg z. b. V. 800 am 6. April 1941 die Einnahme einer strategisch wichtigen Brücke über den Vardar und des Eisernen Tores. Kurz darauf eroberte diese Einheit die Insel Euböa.[16] Weitere Einsätze zur Sicherung von strategischen Objekten fanden 1941 in der Eröffnungsphase des Krieges gegen die Sowjetunion statt. Am bekanntesten wurde die Einnahme der Düna-Brücken bei Dünaburg am 28. Juni 1941, bei dem Angehörige der 8. Kompanie die Brücke auf sowjetischen Beute-LKW überquerten, die Wachmannschaft überrumpelten und diese Stellung anschließend zwei Stunden lang gegen sowjetische Gegenangriffe hielten.[17] Im Herbst 1942 lösten Angehörige des Lehrregiments als NKWD-Offiziere getarnt Verwirrung und Zersetzungserscheinungen hinter den Linien der Roten Armee im Raum Maikop (Kaukasus) aus.[18] Von Juni 1942 bis Februar 1943 wurden auch auf dem Kriegsschauplatz Nordafrika Kommandoeinsätze gegen die alliierten Nachschublinien in Ägypten, Libyen und Tunesien durchgeführt.[19]

Beispiel: Die Maas-Brücke bei Gennep 1940

Wie ein typisches Kommandounternehmen durchgeführt wurde, lässt sich gut an dem Einsatz bei Gennep 1940 verdeutlichen: Für den geplanten Westfeldzug war die Einnahme verschiedener Brücken über die Maas erforderlich.[20] Schon Ende Januar 1940 wurde Ltn.d.R. Witzel (22 Jahre, Tarnname Wolf), von der 1. Kompanie des Baulehrbataillons z. b. V. 800 in die Zentrale der Abwehr II nach Berlin beordert. Dort wurde er mit Luftaufnahmen von fünf Brücken vertraut gemacht, welche im Kommandoeinsatz eingenommen werden sollten. Witzel erhielt den Auftrag, Pläne zu erarbeiten, eine passende Mannschaft aus dem Bataillon zusammenzustellen und eventuell Materialanforderungen bei der Abwehr II zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt standen fast ausschließlich osteuropäische Freiwillige, aber keine holländisch-sprachigen Kommandosoldaten zur Verfügung. Wolf plante deshalb die Einsätze in „Mischtarnung“ durchzuführen. Bei drei Brücken sollten die Kommandos sich, als deutsche Deserteure in Begleitung von niederländischen Gendarmen getarnt, nähern. Die vierte Brücke sollte durch einen Trupp getarnt als Streckenarbeiter und die fünfte Brücke durch einen Trupp in Zivil eingenommen werden. Um die Tarnung zu vervollständigen, warb die Abwehr II gezielt „Kampfdolmetscher“ unter den Anhängern der Mussert-Bewegung (rechte holländische Oppositionsgruppe) in Deutschland an. Mitte Februar erfolgte die Aufstellung von Wolfs neuem Verband als 4. Kompanie des Baulehrbataillons z. b. V. 800. Ende des gleichen Monats wurden Abstimmungen zwischen der Kommandoeinheit und dem XXVI. Armeekorps getroffen, dem das Kommando für den Einsatz direkt unterstellt werden sollte. Im März 1940 wurde die Kompanie in ein Übungslager zwischen Kleve und Goch verlegt, wo man sich intensiv auf die Einsätze vorbereitete. Schwerpunkte der Ausbildung waren Nachtmärsche, Sprengstoffbeseitigung und Nahkampf. Da eine Aufklärung der Zielobjekte vor Ort nicht gestattet war, wurden die Truppführer anhand von „Sandkastenmodellen“ in ihren Auftrag eingewiesen. Die Leitung der Kompanie wurde mit dessen Ankunft Mitte April an Oberleutnant Walther übergeben.

Am 9. Mai traf der Einsatzbefehl des XXVI. Armeekorps ein, woraufhin Tarnkleidung, Waffen und Ausrüstung an die Einsatzkräfte ausgegeben wurden. Um 23 Uhr traten alle fünf Trupps den Marsch zu ihren jeweiligen Zielobjekten an. Oberleutnant Walther führte persönlich den Einsatz gegen die Eisenbahnbrücke bei Gennep. Der Trupp bestand aus sechs Kommandosoldaten und drei „Kampfdolmetschern“. Einer der Dolmetscher verweigerte an der Grenze jedoch den Weitermarsch und musste unter der Bewachung durch einen Deutschen zurückgelassen werden. An der Brücke traf der Trupp demnach mit nur noch sieben Mann ein, fünf deutschen „Deserteuren“ und zwei niederländischen „Gendarmen“. Auf dem Brückendamm wurden vier niederländische Wachposten erst getäuscht und dann lautlos überwältigt. Einer der Dolmetscher und zwei Kommandosoldaten (davon einer verwundet) blieben am Brückenaufgang zurück, während die übrigen vier über die 150 Meter lange Brücke gingen. Ein Wachposten ließ sie passieren, doch auf dem jenseitigen Ufer wurden sie von alarmierten niederländischen Soldaten empfangen und mit neun Mann Bewachung abgeführt. Kurz darauf tauchten jedoch deutsche Tiefflieger auf und im Durcheinander gelang es den Soldaten, die niederländische Wachmannschaft zu überwältigen. Die vier Kommandosoldaten griffen dann die Brücke von Westen aus erneut an. Dabei eroberten sie drei Bunker und nahmen einige niederländische Soldaten gefangen. Kurz darauf erschien ein deutscher Panzerzug, um die Brücke endgültig zu sichern.

Die Einnahme der Brücke bei Gennep war von großer operativer Bedeutung. Die 9. Panzerdivision konnte auf ihr die Maas überschreiten und einige Tage später Verbindung zu den bei Moerdjik gelandeten deutschen Fallschirmjägern herstellen. Drei weitere Kommandounternehmen gegen die Maasbrücken gelangen ebenfalls. In einem Fall rückten die deutschen Heeresverbände jedoch nicht schnell genug nach, sodass die Niederländer Zeit fanden, die Brücke zurückzuerobern und doch noch zu sprengen.

Einsätze im weiteren Ausland

Einzelne Soldaten oder Einheiten der Brandenburg-Verbände kamen auch im Rahmen eher politischer Missionen im Ausland zum Einsatz. Besonders geschah dies, um in Teilen des britischen Kolonialreiches Unruhen zu verursachen, welche die britische Regierung dazu zwangen, Truppen in diese Regionen zu verlegen. Ein bekanntes Beispiel für einen derartigen Einsatz bildete das Unternehmen Tiger in Afghanistan. Im April des Jahres 1941 entsandte das Amt Ausland/Abwehr des OKW den Offizier Dietrich Witzel mit zwei Funkern nach Kabul, um dort in der deutschen Gesandtschaft einen Stützpunkt der Abwehr einzurichten, der als Basis für geheimdienstliche Operationen gegen Britisch-Indien dienen sollte. Die Einreise nach Afghanistan erfolgte getarnt als Kurier des Auswärtigen Amtes über Moskau und Termez. Besonders der als „Fakir von Ipi“ bekannte paschtunische Stammesführer Mirza Ali Khan, der zum Dschihad gegen die britischen Kolonialherren aufgerufen hatte, sollte unterstützt werden. Doch zwei weitere „Brandenburger“, Dr. Manfred Oberdörfer und Fred Brandt, die getarnt als Lepra-Studiengruppe zu Mirza Khan unterwegs waren, gerieten im Juli 1941 in einen Hinterhalt, bevor sie ihren Auftrag erfüllen konnten. Dr. Oberdörfer fiel dabei und wurde auf dem europäischen Friedhof in Kabul beigesetzt, wo sein Grab heute vom deutschen ISAF-Kontingent gepflegt wird.

Für den Abwehrstützpunkt in Kabul, dem auch die Rolle der Vorhut eines - allerdings nie realisierten - Vorstoßes der Wehrmacht über den Kaukasus nach Indien zugedacht war, wurde jedoch eine ursprünglich gar nicht vorgesehene Aufgabe bald zur wichtigsten Aufgabe, nämlich die abwehrmäßige Verbindung zum antibritischen Untergrund in Indien. Der indische Nationalistenführer Subhash Chandra Bose war den Engländern entkommen. Über Kabul, wo er sich vergeblich um die Unterstützung Moskaus für seine Pläne bemüht hatte, gelangte er Ende April 1941 nach Berlin. Von dort aus setzte er seinen Kampf um die Befreiung Indiens von der britischen Herrschaft mit Unterstützung der Achsenmächte fort. Die Gesandtschaft und der Abwehrstützpunkt in Kabul wurden nun zum konspirativen Scharnier zwischen Bose in Deutschland und seinen Vertrauten im antibritischen Untergrund in Indien. Sie erhielten in Kabul auch Sabotage-, Funk- und Chiffrier-Ausbildung und gemeinsam mit ihnen wurden weitreichende Sabotagepläne erarbeitet. Wie aus heute zugänglichen alliierten Geheimakten zu entnehmen ist, gelang es ihnen allerdings doch noch, auch von sowjetischer Seite Unterstützung zu erhalten. Parallel zur Verbindung zur deutschen Seite hatten sie dann auch Kontakt zur sowjetischen Botschaft in Kabul.

Die Bedingungen für die konspirative Arbeit in Kabul verschlechterten sich jedoch angesichts des für die Achsenmächte negativen Kriegsverlaufs. Afghanistan blieb zwar bis zum Kriegsende neutral und die Gesandtschaft behielt ihren exterritorialen Status bis zum 8. Mai 1945. Im September 1943 mussten aber Witzel und einer seiner Abwehrfunker auf Druck der Alliierten, die in der Präsenz der „Brandenburger“ noch immer eine Bedrohung sahen, Afghanistan verlassen. Die Verbindung zu den indischen Bose-Anhängern wurde vorher an die japanische Botschaft in Kabul übergeben, nicht zuletzt auch weil Bose sich seit Frühjahr 1943 in Ostasien aufhielt.[21]

Völkerrechtliche Aspekte von Kommandoeinsätzen

Die Einsätze der „Brandenburger“ erfolgten oft in Halb-, Voll- oder Mischtarnung. Die „Brandenburger“ (und ebenso die ähnlich operierenden Kommandosoldaten anderer Nationen) verzichteten damit auf den Schutz, den die Haager Landkriegsordnung (HLKO) Kombattanten gewährt. Nach der HLKO gilt der Kombattantenstatus nur für die Personen, die a) zentraler Befehlsgewalt unterstehen, b) zur Erkennung ein Abzeichen oder eine Uniform tragen, c) die Waffen offen tragen, und d) selbst die Gesetze und Gebräuche des Krieges beachten (HLKO, Artikel 1). Falls ein Kommandosoldat also während eines Tarn-Einsatzes in Gefangenschaft geriet, hatte er als Nichtkombattant keinen Anspruch auf den durch die HLKO geschützten Status als Kriegsgefangener und wurde in der Mehrzahl der Fälle nach Artikel 29 und 30 der HLKO als Spion behandelt und infolgedessen in Übereinstimmung mit dem Kriegsvölkergewohnheitsrecht standrechtlich erschossen. Kehrte der Kommandosoldat jedoch wieder zum eigenen Heer zurück und wurde erst später gefangen genommen, so war er nach Artikel 31 als Kriegsgefangener zu behandeln und konnte wegen früherer Spionageaktionen nicht belangt werden. Aufgrund dieser Argumentationslinie wurden zahlreiche Kommandosoldaten nach dem Krieg auch vor alliierten Militärgerichten freigesprochen; so unter anderem in einem aufsehenerregenden Prozess gegen Otto Skorzeny und acht weitere Angeklagte der Panzerbrigade 150 z. b. V., die während der Ardennenoffensive hinter den alliierten Linien operiert und dabei amerikanische Uniformen getragen hatten (→ siehe: Unternehmen Greif). Fünf Angehörige dieses Kommandounternehmens waren bereits 1944 gefangen genommen und standrechtlich erschossen worden. Das Gericht erklärte weiterhin, dass es sich bei einer Halbtarnung (nur Annäherung in gegnerischer Uniform) nicht um einen Missbrauch der gegnerischen Uniform (HLKO, Artikel 23) handelte, sondern um eine Form der Kriegslist, die in Artikel 24 der HLKO ausdrücklich erlaubt war. Dagegen ist der Einsatz der Volltarnung (Annäherung und Kampf in gegnerischer Uniform) nach wie vor als unvereinbar mit dem von der HLKO geschützten Kombattanten-Status angesehen worden.[22]

Umgliederung zur regulären Heeresdivision

Truppenerkennungszeichen Division „Brandenburg“ (1943/44)

Zum Jahreswechsel 1942/43 erfolgte aus verschiedenen Gründen ein Umdenken gegenüber dem Sonderverband Brandenburg. Oft sahen Frontkommandeure in den ihnen nur kurzfristig unterstellten Einheiten eine Art „Feuerwehr“, die sie an den Krisenpunkten der Front einsetzten. Aufgrund der allmählich prekären Lage an den Fronten und um die großen personellen Verluste auszugleichen, musste die Einheit deshalb zunehmend als normale Fronttruppe verwendet werden. Dies geschah allerdings nie geschlossen, sondern immer nur bataillons- und regimentsweise. Zum anderen waren es höhere Offiziere des Sonderverbandes selbst, welche mehr sein wollten als bloße Verwalter von Bataillonen und Regimentern, die nur auf dem Papier eine Einheit bildeten. Nicht zuletzt trat ab dem Jahr 1942 auch eine deutliche Konkurrenz zur SS auf, welche erfolgreich versuchte, alle Kompetenzen in Sachen Kommandoeinsätze und Spionage an sich zu ziehen. Deshalb wurde die neu gebildete Division Brandenburg dem Wehrmachtführungsstab (WFSt) am 1. April 1943 direkt als reguläre Eingreifreserve unterstellt. Kommandoeinsätze wurden ab diesem Zeitpunkt entweder von Verbänden der Waffen-SS, dem Regiment Kurfürst oder der Frontaufklärungstruppe II durchgeführt, welche einen großen Teil des kommando-geschulten Personals des Sonderverbandes Brandenburg übernahmen (allein 350 in die Jagdverbände der Waffen-SS.)

Das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 steigerte dessen Misstrauen gegenüber der Wehrmacht und besonders auch gegen die Division Brandenburg, da diese eine Schaffung des denunzierten Widerstandsangehörigen Admiral Wilhelm Canaris war. Außerdem rückte die Rote Armee Anfang September 1944 in Bulgarien ein und drohte bald die deutsche Heeresgruppen auf dem Balkan anzugreifen. Unter diesen Umständen entschloss sich die Wehrmachtführung am 13. September 1944 die Regimenter der Division Brandenburg im Raum Belgrad zusammenzuziehen und zu einer regulären Panzergrenadierdivision umzuwandeln.[23] So wurde die Kommandoeinheit im Zuge dieser Entwicklung zunächst in eine motorisierte Infanteriedivision umgegliedert und erhielt am 15. September 1944 den Namen Panzer-Grenadier-Division Brandenburg. Dazu wurde das 3. Regiment, das gerade in Italien stand, herausgelöst und als M.G.-Bataillon Generalfeldmarschall Kesselring verselbständigt. Das Personal des 4. Regimentes wurde auf die Regimenter 1 und 2 aufgeteilt, die nunmehr als Jäger-Regiment 1 Brandenburg bzw. Jäger-Regiment 2 Brandenburg den Kern der neuen Division bildeten. Dabei wurden Mitte Oktober 1944 auch Teile der Sturm-Division Rhodos eingegliedert. Am 20. Dezember 1944 folgte der Zusammenschluss der Panzer-Grenadier-Division Brandenburg mit der Division Großdeutschland zum Panzerkorps „Großdeutschland“.[24] Da die Division innerhalb weniger Monate schwere Verluste erlitt, wurde im Februar 1945 eine Umgliederung und Auffrischung erforderlich. Am 10. März 1945 kam der Verband deshalb als Panzer-Grenadier-Regiment Brandenburg[25] wieder zum Einsatz.

Einsätze als regulärer Verband

Truppenerkennungszeichen der Panzergrenadierdivision „Brandenburg“

Nachdem einige Einheiten des Verbandes bereits in den besetzten Gebieten der UdSSR zur Partisanenbekämpfung eingesetzt worden waren, erhielten ab dem Frühjahr 1943 sämtliche Einheiten diesen Auftrag auf dem Balkan. Das 1., 2. und 4. Regiment waren dabei in verlustreiche Kämpfe gegen Partisanen in Kroatien, Serbien und Griechenland verwickelt, während das 3. Regiment ähnliche Aufgaben in Südfrankreich und Italien wahrnahm. Ab dem August 1944 erfolgte der Einsatz des Fallschirm-Jäger-Bataillon „Brandenburg“ in Rumänien, wo dieses an der Besetzung Bukarests teilnahmen. Die Einheit wurde jedoch von Verbänden der Roten Armee eingeschlossen und innerhalb weniger Tage vollständig aufgerieben.

Ab Ende September 1944 standen die Regimenter der Division an der Theiß und Donau in Abwehrkämpfen gegen die Rote Armee noch bevor sie sich in Belgrad zur geplanten Umgliederung eingefunden hatten. Während der sowjetischen Offensive auf die jugoslawische Hauptstadt (Belgrader Operation) wurden Teile dieser Einheiten eingeschlossen und erlitten erhebliche Verluste bevor sie zu den deutschen Linien durchbrechen konnten. Danach folgte der langsame Rückzug nach Südungarn im Verband der Heeresgruppe E. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Gefechtsstärke der Division nur noch die eines halben Regimentes, weshalb sie taktisch der 71. Infanterie-Division unterstellt wurde. Zur Auffrischung verlegte man die Reste der Division zwischen dem 12. und 20. Dezember 1944 nach Ostpreußen, wo gleichzeitig der Zusammenschluss der Division mit der Division Großdeutschland zum Panzerkorps „Großdeutschland“ erfolgte. Nach Beginn der sowjetischen Offensive am 15. Januar 1945 schlug sich der Großverband dann durch den Warthegau bis in die Schlesische Lausitz durch, wo er der Heeresgruppe Mitte unterstellt wurde. Von Anfang März bis Mitte April 1945 stand die Division im Raum Weißwasser an der Lausitzer Neiße. Bei dem erneuten sowjetischen Großangriff der Roten Armee am 16. April wurde die Division schließlich im Raum Rothenburg-Penzig (nördlich Görlitz) eingekesselt, konnte jedoch schon am 20. April nach Löbau ausbrechen. Nachdem sich die Reste der Division bei Bautzen gesammelt hatten, erhielt sie den Befehl, sich nach Süden in das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren zu begeben. Anfang Mai 1945 kämpften dort immer noch Einheiten der Division bei Olmütz. Nach der Kapitulation der Wehrmacht marschierte ein Teil der Division nach Westen, während andere Teile sich einfach auflösten. Vielfach wurden Angehörige der Division von der tschechischen Bevölkerung ermordet.[26]

Kriegsverbrechen

Kurz nach dem Krieg wurden Angehörige der Einheit „Brandenburg“ mit Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht. Im Mittelpunkt stand dabei oft das Massaker von Lemberg. Am 30. Juni 1941 wurde die Stadt vom 1. Bataillon des Baulehrregimentes z.b.V. 800 zusammen mit dem ihm unterstellten ukrainischen Freiwilligenbataillon „Nachtigall“ besetzt. Obwohl die ukrainische Einheit ebenfalls von der Abwehr II aufgestellt und mit Rahmenpersonal des Baulehrregiments ausgestattet worden war, bildete es selbst keinen Teil des Regimentes. Im Laufe der Besetzung kam es zu heftigen Ausschreitungen und Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung der Stadt, denen einen unbestimmte Zahl Menschen zum Opfer fielen. Den Soldaten des 1. Btl./ Baulehrregiment z.b.V. 800 wurde bis heute oft vorgeworfen sich an diesen Ausschreitungen beteiligt zu haben.[27] Eine eingehende Untersuchung der Vorfälle fand jedoch schon im Jahre 1960/61 während des Prozesses gegen den ehemaligen Minister für Vertriebene und Angehörigen des Bataillons „Nachtigall“ Theodor Oberländer (1905-1998) vor dem Landgericht Bonn statt. Nach zahlreichen Zeugenvernehmungen kam das Gericht zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich Ausschreitungen ukrainischer und deutscher Einheiten gegeben hätte. Dabei waren jedoch vorrangig Abteilungen der Feldgendarmerie im Blickpunkt des Gerichtes, während es keine Beweise, jedoch Indizien, gab, die für eine Beteiligung von Angehörigen der Einheit „Brandenburg“ sprachen.[28] So bemerkte der Kommandeur des 1.Btl./ Baulehrregiment z.b.V. 800 (Major Friedrich Wilhelm Heinz) über die Einnahme Lembergs in seinem Abschlussbericht: „Die eigene Truppe ist, wie die Meldungen der Kompanien beweisen, über die Rohheitsakte und Quälereien empört. Sie hält ein unerbittliches Strafgericht an den Schuldigen am Massaker der Bolschewisten für unbedingt erforderlich, versteht jedoch nicht das Quälen und Erschießen wahllos zusammen getriebener Juden, darunter Frauen und Kinder. [...] Es ist dieselbe Truppe, die gestern jüdische Plünderer rücksichtslos niedergeschossen hat, aber kaltherzige Quälereien verwirft.“[29]

Ein weiteres Kriegsverbrechen begingen Angehörige des Lehrregimentes z.b.V. 800 im syrmischen Dorf Grgurevci (heute Serbien) im Rahmen des Partisanenkrieges im Unabhängigen Staat Kroatien. Am 6. Juni 1942 erschossen Soldaten der Einheit mit Hilfe einiger Angehöriger der deutschen Volksgruppe insgesamt mindestens 257 serbische Männer als Vergeltung für eigene Verluste, die die Einheit am Vortag hatte erleiden müssen. [30]

Eindeutig belegt sind auch die Erschießung eines gefangenen italienischen Offiziers (am 16. November 1943, also nach der Kapitulation Italiens) und dreier weiterer Gefangener (19. November 1943) durch Angehörige des 2. Regiments der Division „Brandenburg“. Im März 1990 wurde zudem der Bericht eines Obergefreiten eines Regiments der Division Brandenburg bekannt, dessen Kompanie Mitte November 1943 den Befehl erhalten hatte, italienische Offiziere gefangenzunehmen, die sich, an Malaria erkrankt, beim Kriegsaustritt Italiens in einer nordalbanischen Stadt aufhielten und zu schwach oder zu gutgläubig waren, um fliehen zu können. Heftige Regenfälle machten die Wege unpassierbar, woraufhin die Kompanie den Befehl erhielt, „die Italiener zu liquidieren“. Insgesamt 41 Menschen wurden daraufhin am 22. November und weitere 18 am 24. November 1943 am Steilhang eines Flusses durch Genickschuss exekutiert, und die Leichen durch Fußtritte in den Fluss befördert.[31]

Im Zusammenhang mit dem Einsatz gegen Partisanen, besonders im Balkangebiet, ist auf den oft völkerrechtswidrigen Charakter dieser Kriegsführung zu verweisen. Kriegsverbrechen gegenüber Kombattanten waren hier auf beiden Seiten häufig. Erwiesen ist ferner, dass deutsche Einheiten bei der Partisanenbekämpfung zahlreiche Kriegsverbrechen auch gegenüber Zivilisten verübt haben. [32] So sind beispielsweise Geiselerschießungen und rechtswidrige Vergeltungsaktionen zahlreich nachgewiesen. Es ist demnach wahrscheinlich, dass auch von Seiten der „Brandenburg“-Verbände Kriegsverbrechen verübt wurden, zumal diese in besonderem Maße in der Partisanenbekämpfung tätig waren. Bislang fehlen in diesem Kontext jedoch konkrete Belege, was sicherlich auch auf die schlechte Quellenlage zurückgeführt werden kann. Auch wenn einzelne Akten eine Beteiligung von „Brandenburg“-Verbänden nahelegen,[33] steht eine umfassende Untersuchung zu diesem Thema noch aus.

Nachwirkungen

Die kurz nach der Deutschen Wiedervereinigung neuaufgestellte Reserveformation der Bundeswehr in Potsdam war als Heimatschutzbrigade Brandenburg benannt worden (ähnlich der Heimatschutzbrigaden Freistaat Sachsen oder „Mecklenburg“.) Dies führte im Juni 1991 zu einer Debatte im Landtag Brandenburg, in der Prof. Dr. Gonnermann von der PDS forderte, die Landesregierung müsse sich von dieser Benennung distanzieren und eine Umbenennung forcieren, weil es „politisch instinktlos und menschlich geschmacklos“ wäre den Name einer Wehrmachtdivision zu verleihen, deren „faschistischen Gehalt und Verbrechenscharakter“ er für erwiesen ansah (dabei rechnete er fälschlicherweise den Sonderverband Bergmann und das Bataillon Nachtigall zur Einheit „Brandenburg“ hinzu.) Die Redner der Fraktionen der SPD und der Landesregierung stellten sich dem Antrag entgegen. Trotz ausländischer Beteiligung bei der Vereidigung der Einheit hätte es keinerlei Proteste gegeben und der Name der Einheiten solle in erster Linie deren Heimatverbundenheit unterstreichen. Ein Vergleich der jeweiligen Einheiten sei „unakzeptabel“. Der Antrag wurde schließlich mit 10 zu 38 Stimmen (16 Enthaltungen) abgelehnt.[34]

Abzeichen des KSK

In ihrem 2007 erschienenen Buch „Geheime Krieger“ behaupteten später Ex-Brigadegeneral Reinhard Günzel und GSG-9-Gründer Ulrich Wegener, die Verbände der „Brandenburger“ seien ein legendäres Vorbild für das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, und deren Korpsgeist sei vorbildlich gewesen.[35] Politiker des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages kritisierten das Ziehen dieser Traditionslinie zur Wehrmacht sowie die angeblichen „Dünkel“ der KSK-Soldaten.[36] Problematisch ist diese von Günzel und Wegener gezogene Traditionslinie vor allem deswegen, weil die Bundeswehr nicht in der Tradition der Armee eines Unrechtsregimes stehen, sondern vielmehr eine eigene, demokratische Tradition begründen soll. Im Traditionserlass der Bundeswehr heißt es entsprechend: „Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen. […] Traditionen von Truppenteilen ehemaliger deutscher Streitkräfte werden an Bundeswehrtruppenteile nicht verliehen.“[37] Dies führte neben zahlreichen kritischen Berichten in der Presse auch zu einer kleinen Anfrage der Fraktion Die LINKE an die Bundesregierung, in der sie um eine Stellungnahme zu den in Güntzels Buch geäußerten Ansichten, das KSK sehe sich in der Tradition einer „Verbrecherische Wehrmachtsdivision“ und „terroristische Sondereinheit“, bat. In seiner Antwort stellte das Verteidigungsministerium am 21. Mai 2007 fest: „Eine Anlehnung an Kommandoverbände der früheren Wehrmacht ist unsachgemäß, wäre undemokratisch, insgesamt wesensfremd und findet tatsächlich auch nicht statt.“[38]

Fußnoten


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