Kommandoeinheit

Kommandoeinheit

Als Kommandos (von Afrikaans kommando; im englischen Sprachraum: commandos) bezeichnet man im Allgemeinen militärische Einheiten, die einen Sonderauftrag zu erfüllen haben. Daneben kann ein Kommando auch ein militärischer Befehl sein.

Im Zweiten Weltkrieg verwendete man den Begriff für Truppen, die oftmals für Operationen im feindlichen Hinterland eingesetzt wurden. Größere Berühmtheit erlangten dabei die alliierten Commandos für ihre oftmals spektakulären Operationen auf dem von den Achsenmächten besetzten europäischen Festland. Sie gelten als Vorgänger der modernen Spezialeinheiten.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzprofil

Das klassische Einsatzprofil eines Kommandos sind Kommandooperationen, also das gezielte Einnehmen, Unbrauchbarmachen oder Zerstören von feindlichen Schlüsselstellungen wie Flugplätzen, Kommunikations- und Führungszentren, Artillerie- und Raketenstellungen, Brücken, Häfen, Nachschubbasen, Bunkern oder sonstigen besonders wertvollen Stellungen des Feindes.[1] Diese Überfälle (engl. direct action)[2] werden im Handstreich entweder an der Front oder aber, nach erfolgreicher Infiltration, im feindlichen Hinterland durchgeführt.[1]

Geschichte

Die Burenkriege

Erste Einheiten, die sich als Kommandos bezeichneten, wurden im Jahre 1900 von den Buren in Südafrika aufgestellt. Der Grund für die Bildung von Kommandotrupps lag in der Übermacht der britischen Streitkräfte, die trotz anfänglicher Misserfolge im Burenkrieg einen Großteil der regulären einheimischen Truppen schlagen konnten.

Die Buren zogen sich daraufhin in den afrikanischen Busch zurück und begannen einen Kleinkrieg, in dem sie u.a. britische Versorgungslinien, insbesondere Zugstrecken, angriffen und gegnerische Soldaten aus dem Hinterhalt überfielen. Die britische Kolonialmacht reagierte auf diese Art der Kriegsführung mit ungewöhnlicher Härte. Neben dem Bau von Konzentrationslagern verwendeten sie die Taktik der verbrannten Erde, um den Buren-Kommandos ihre Lebensgrundlage zu entziehen. Der sich daraus ergebende Versorgungsmangel verschlechterte die Situation der Buren, die sich schließlich noch bis zu ihrer Niederlage im Jahre 1902 halten konnten.

Der Begriff Kommando stammt ursprünglich aus dem Portugiesischen (comando) und ging später in die von den Buren gebrauchte Sprache Afrikaans über.

Kommandos im Ersten Weltkrieg

Rudolf Windisch führte als Vizefeldwebel mit Oberleutnant von Cossel 1916 das erste bekannte Luftlande-Kommando-Unternehmen der Militärgeschichte durch. In der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1916 sprengten sie die Bahnlinie Rowno-Brody 85Km hinter der Ostfront. Dies wurde anerkennend im Heeresbericht erwähnt.

Auszug aus dem deutschen Heeresbericht vom 4. Oktober 1916: Östlicher Kriegsschauplatz: .....Oberleutnant v. Cossel, von Vizefeldwebel Windisch südwestlich von Rowno vom Flugzeug abgesetzt und nach 24 Stunden wieder abgeholt, hat an mehreren Stellen die Bahnstrecke Rowno-Brody durch Sprengung unterbrochen.......Der Erste Generalquartiermeister Erich Ludendorff

Kommandos im Zweiten Weltkrieg

Die Kommandotrupps des Zweiten Weltkrieges wurden für Kampfhandlungen zu Land, zu Wasser und in der Luft ausgebildet. Soldaten dieser Einheiten mussten den unbewaffneten Kampf, Infiltrations- sowie Aufklärungstaktiken beherrschen und fähig sein, unter verschiedenen klimatischen Bedingungen zu operieren. Einige Soldaten wurden auf besondere Fähigkeiten geschult, wie beispielsweise den Umgang mit Sprengstoff.

Kommandotrupps zeichneten sich durch Schnelligkeit, Mobilität und gute Tarnung aus. Ihre Taktiken wurden im Laufe der Zeit immer weiter entwickelt und angepasst, lassen sich aber prinzipiell auf die Guerilla-Kriegsführung des 20. Jahrhunderts zurückführen.

Die Britischen und Amerikanischen Kommandos

Als Deutschland im Zweiten Weltkrieg Frankreich besetzt hatte, konnten die Briten mit regulären Truppen keine militärischen Aktionen auf dem Festland durchführen. In Folge dessen und auf Grund eines Vorschlags von Brigadegeneral Dudley S. Clarke bildete man ab 1940 britische Commando-Truppen aus, die im europäischen Kernland und Norwegen operieren sollten. Clarke empfahl die Bezeichnung Commando in Anlehnung an die bereits erwähnten Buren-Einheiten. Obwohl auch Winston Churchill diesen Namen favorisierte, wurde von einigen hochrangigen Offizieren die Bezeichnung Special Service vorgeschlagen. Beide Begriffe existierten später nebeneinander.

Die Commandos wurden aus britischen Freiwilligen gebildet. Die Ausbildung schnitt man im weiteren Verlauf des Krieges direkt auf die jeweiligen Einsatzorte zu. Operationen sollten schnell und präzise durchgeführt werden und nicht länger als 36 Stunden andauern.

Die erste Aktion fand am 23. Juni 1940 statt. 120 Soldaten führten eine Aufklärungsoperation an der französischen Küste durch, die mit Ausnahme des Propagandawertes jedoch keinen sehr hohen militärischen Nutzen hatte. Das erste wirklich erfolgreiche Unternehmen fand am 4. März 1941 in Norwegen statt, als die britischen 3. und 4. Commando-Truppen kurzzeitig die Lofoten besetzt und Fischölfabriken, mehrere Schiffe sowie Depots zerstörten (Operation Claymore).

Eine der bekanntesten Unternehmungen war Operation Biting, die am 27. Februar 1942 mit der Luftlandung von 119 Soldaten bei Fort Bruneval in der Nähe von Le Havre ihren Anfang nahm. Das Ziel der Einheit war die Eroberung des Funkmessgerätes Würzburg, das zur Koordinierung von Flugabwehrfeuer genutzt wurde. Man unterteilte die Commandos in vier Gruppen, die unterschiedliche Aufgaben übernahmen. Gruppe 1 schaltete den Verteidigungsgürtel aus, der die Station umgab. Gruppe 2 besetzte die Station und erbeutete das Würzburg-Gerät. Die dritte Gruppe eroberte direkt Fort Bruneval und nahm mehrere deutsche Gefangene. Eine vierte Gruppe sicherte schließlich den Rückzug zu verschiedenen Booten und Flugzeugen, welche die Soldaten wieder nach England brachten.

Der Erfolg dieser und ähnlicher britischer Unternehmen veranlasste Hitler zu dem so genannten Kommandobefehl, in dem er anwies, alle gestellten Soldaten dieser Einheiten „bis auf den letzten Mann niederzumachen“. Kommandos, die als Agenten oder Saboteure ins Land gelangten, sollten dem Sicherheitsdienst übergeben werden, wo man sie unverzüglich zu exekutieren hatte.

Trotz dieses rücksichtslosen Vorgehens gegenüber den Commandos konnten im folgenden Kriegsverlauf weitere spektakuläre und erfolgreiche Unternehmen u.a. im Nahen Osten und in Italien durchgeführt werden. Die Royal Marines Commandos setzten 1946 die Tradition der ursprünglichen Truppen fort.

1942 stellten die Amerikaner in Nordirland Ranger-Verbände unter William Darby auf. Das erste größere Unternehmen, an dem diese Truppen teilnahmen, wurde am 19. August 1942 in der Nähe von Dieppe ausgeführt (Operation Jubilee). Der Einsatz scheiterte jedoch unter hohen alliierten Verlusten, da der deutsche Widerstand unerwartet stark ausfiel. Ihre erste eigenständige Aktion führten die Ranger im November 1942 in Nordafrika durch (Operation Torch).

Im Pazifikkrieg erlangte die Sparrow Force große Berühmtheit. Den 1.000 bis 2.000 Australiern und Holländern gelang es zusammen mit einheimischen Helfern 1942/43 in der Schlacht um Timor eine komplette japanische Division (etwa 12.000 Mann) auf der Insel zu binden.

Deutsche Kommandoeinheiten

Das Brandenburger Regiment wurde als deutsche Kommandoeinheit von Wilhelm Canaris, Chef der militärischen Abwehr, im Dezember 1939 gegründet. Sie nahmen an verdeckten Operationen, aber auch an offenen Kampfhandlungen teil. Soldaten des Brandenburger Regiments kämpften in sämtlichen Feldzügen des Deutschen Reiches. An der Ostfront stießen sie im Rahmen der Operation Schamyl bis in den Kaukasus vor. Die Operation Pastorius sollte Sabotageaktionen in den USA ausführen. Verschiedene Geheimunternehmungen führten sie sogar in den Nahen Osten, auf den Balkan und in die Nähe der russischen Hafenstadt Murmansk.

Bei Einsätzen hinter den feindlichen Linien tarnten sich die Soldaten oft mit fremden Uniformen und bedienten sich gegnerischer Waffen. Man nimmt sogar an, dass sie bei wichtigen Geheimoperationen eine Giftkapsel mit sich führen mussten, um sich unverzüglich zu töten, falls sie in Gefangenschaft gerieten. Nach dem Krieg rekrutierten die Briten einige erfahrene Kämpfer des Regimentes, die Englisch sprachen. Andere wiederum traten der französischen Fremdenlegion bei.

In Konkurrenz zu den „Brandenburgern“ hatte auch die SS Spezialeinheiten aufgestellt (Amt VI-S). Im April 1943 wurde dem Österreicher Otto Skorzeny die Befehlsgewalt über die SS-Sonderverbände übertragen, welche sich in einigen Einsätzen ebenfalls gegnerischer Uniformen bedienten und fremde Sprachen lernen mussten. Zu den Einsätzen von Skorzenys Kommandos zählte die Festsetzung des ungarischen Reichsverwesers Miklós Horthy, der 1944 beabsichtigt hatte, sein Bündnis mit Deutschland zu beenden.

Weitere Unternehmungen fanden u. a. in der Ardennen-Offensive statt, bei der Skorzeny Einheiten aufstellte, die als Amerikaner getarnt hinter den gegnerischen Linien operierten. Obwohl dies die Alliierten zu erhöhter Wachsamkeit zwang, waren die Einsätze im Gesamten weniger erfolgreich. Diejenigen Kommandos, die damals von den Amerikanern gefangen genommen wurden, erschoss man, da sie wegen des Tragens alliierter Uniformen gegen die Haager Landkriegsordnung verstießen. Skorzeny selber wurde nach dem Krieg dafür angeklagt, jedoch nicht verurteilt, da sich herausstellte, dass auch alliierte Kommandoeinheiten in feindlichen Uniformen gekämpft hatten.

Verweise

Literatur

  • Kaj-Gunnar Sievert: Kommandounternehmen. Spezialeinheiten im weltweiten Einsatz, ISBN 3813208222
  • Janusz Piekalkiewicz: Spione, Agenten, Soldaten: Geheime Kommandos im Zweiten Weltkrieg, ISBN 978-3828902978
  • Helmut Blocksdorf: Das Kommando der Kleinkampfverbände der Kriegsmarine, ISBN 361302330X
  • Roland Kaltenegger: Spezialverbände der Gebirgstruppe 1939-1945, 2004, ISBN 3613023830
  • Jak P. Mallmann-Showell: Deutsche U-Boote an feindlichen Küsten 1939 - 1945, ISBN 3613022443

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hartmut Schauer: US Navy SEALs. Motorbuchverlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-01864-0, S. 14.
  2. Direct Action missions are short duration strikes that are used when Special Forces want to seize, capture, recover or destroy enemy weapons and information or recover designated personnel or material. bei goarmy.com (eingesehen am 17. Juni 2008)

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