Breithülen

Breithülen
Wappen Deutschlandkarte
Das gemeindefreie Gebiet Gutsbezirk Münsingen führt kein Wappen
Gutsbezirk Münsingen
Deutschlandkarte, Position Des gemeindefreien Gebiets Gutsbezirk Münsingen hervorgehoben
48.4166666666679.5361111111111810Koordinaten: 48° 25′ N, 9° 32′ O
Basisdaten
Bundesland: Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Tübingen
Landkreis: Reutlingen
Höhe: 810 m ü. NN
Fläche: 66,98 km²
Einwohner: 196 (31. Dez. 2007)[1]
Bevölkerungsdichte: 3 Einwohner je km²
Postleitzahl: 72525
Vorwahlen: 07381, 07389
Kfz-Kennzeichen: RT
Gemeindeschlüssel: 08 4 15 086
Adresse der Gebietsverwaltung: Königstraße 1
72525 Münsingen
Gutsbezirksvorsteher: Horst Medrow
Karte des Gutsbezirks Münsingen
Karte

Der Gutsbezirk Münsingen im Landkreis Reutlingen in Baden-Württemberg ist ein bewohntes Gemeindefreies Gebiet auf der Schwäbischen Alb. Er wurde am 1. Oktober 1942 gegründet und umfasst im Wesentlichen den ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen im Münsinger Hardt.

Der Gutsbezirk Münsingen ist eines von zwei gemeindefreien Gebieten in Baden-Württemberg (das zweite ist der unbewohnte gemeindefreie Grundbesitz Rheinau).

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Nachbargemeinden

Folgende Städte und Gemeinden grenzen an den Gutsbezirk Münsingen, sie werden im Uhrzeigersinn beginnend im Norden genannt und gehören zum Landkreis Reutlingen bzw. zum Alb-Donau-Kreis¹: Römerstein, Laichingen¹, Heroldstatt¹, Schelklingen¹, Münsingen und Bad Urach.

Gliederung

Im Gutsbezirk Münsingen liegen die beiden Orte Barackenlager (Altes Lager) und Breithülen.

Historische Geografie

Im Gutsbezirk Münsingen liegen mehrere abgegangene, heute nicht mehr bestehende Orte. Die meisten dieser Orte sind mit der Gründung des Truppenübungsplatzes 1895 und dessen Erweiterung 1938 aufgelöst worden. Die erste Erwähnung von Gruorn geht auf die 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts zurück. Die Gemeinde Gruorn kam mit der Erweiterung des Truppenübungsplatzes 1938 zum Truppenübungsplatz, die Einwohner des Dorfes wurden bis 1939 umgesiedelt. In der ehemaligen Gemarkung Münsingen lag das 1855 entstandene Hofgut Achenbuch und das 1831 entstandene Rittergut Ludwigshöhe, die beide 1895 im Truppenübungsplatz aufgingen. In der ehemaligen Gemarkung Ennabeuren lagen der 1843 erbaute Ort Bäumlersburg, der ebenfalls 1895 zum Truppenübungsplatz kam, das Dorf Heroldstatt, das 1130 als Heroluestetin erstmals erwähnt wurde. Die Dorfkirche wurde Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Anstelle des abgegangenen Dorfes wurde 1858 ein Hof angelegt, der 1895 zum Truppenübungsplatz kam, der um 1100 als Heggilingen erstmals erwähnte Ort Höcklingen und der 1595 als uf Waldstetten erstmals erwähnte Ort Waldstetten. In der ehemaligen Gemarkung Zainingen lag der Ort Schorstallhof.[2]

Bodennutzung

Nach der Flächenerhebung 2001 gliedert sich die Gesamtfläche von 66,98 km² folgendermaßen auf:

  • Landwirtschaftsfläche: 48,61 km²
  • Waldfläche: 16,90 km²
  • Wasserfläche: 0,00 km²
  • Siedlungs- und Verkehrsfläche: 1,47 km²
    • Gebäude- und Freifläche: 0,78 km²
    • Verkehrsfläche: 0,68 km²

Geschichte

Wappen Truppenübungsplatz Münsingen
Truppenübungsplatz 1897
Das nördliche Münsinger Hardt
Kirche von Gruorn
Innenansicht der Kirche von Gruorn

Der Truppenübungsplatz Münsingen war 1895 auf dem Gelände des sog. Münsinger Hardts von der Militärverwaltung Württembergs errichtet worden. 1897 wurde an der Südostecke des Platzes das Remontedepot Breithülen (77 ha) eingerichtet, dessen Aufgabe es war, für das württembergische Armee-Korps jährlich 250 Pferde bereitzustellen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Depot geschlossen, doch 1934 wieder gegründet.

1938 wurde der Truppenübungsplatz Münsingen erweitert. Damals gingen die gesamte Gemarkung der Gemeinde Gruorn sowie Teile der Nachbargemeinden Auingen, Böhringen, Böttingen, Ennabeuren, Feldstetten, Hengen, Ingstetten, Magolsheim, Münsingen, Seeburg, Trailfingen und Zainingen in ihm auf.[3] Zu diesem Zweck mussten die 665 Bewohner der Gemeinde Gruorn umgesiedelt werden, nachdem 1937 die Auflösung der Gemeinde beschlossen worden war. Die Umsiedlung geschah zwischen 1937 und 1939. Die Einwohner zogen in verschiedene Orte in Württemberg, Baden und Bayern.

Als 1942 das gemeindefreie Gebiet Gutsbezirk Münsingen errichtet wurde, waren die Bediensteten des Depots die ersten Einwohner dieses Verwaltungsbezirks. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die französische Besatzungsmacht den Truppenübungsplatz, der ab 1957 auch zur Hälfte von der Bundeswehr genutzt wurde. 1992 zogen die Franzosen ab und überließen das gesamte Gelände dem deutschen Militär.

Am 21. Oktober 2005 wurde der Truppenübungsplatz außer Dienst gestellt und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben übergeben. Das Gebiet soll weiterhin in Bundesbesitz bleiben, nicht zuletzt, da weite Teile durch Kampfmittel belastet sind. Eventuell werden die an Auingen angrenzenden Wohngebiete „Königstraße“, „Am Kapf“ und der öffentliche Wohnbereich „Altes Lager“ der Stadt Münsingen und die Wohnsiedlung „Breithülen“ der Gemeinde Heroldstatt zugeschlagen.

Der Gutsbezirk Münsingen ist zentraler Bestandteil des Biosphärengebiets Schwäbische Alb. Seit April 2006 ist das ehemalige Sperrgebiet auf ausgewiesenen Wegen für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Alte Lager wird seit der Außerdienststellung für Veranstaltungen genutzt, ebenso die 36 Kilometer lange Panzerringstraße für Vorführ- und Erprobungsfahrten.

Einwohnerentwicklung

Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Die Zahlen sind Schätzungen, Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen der jeweiligen Statistischen Ämter (nur Hauptwohnsitze).

Jahr Einwohner
1. Dezember 1871 615
1. Dezember 1880 ¹ 724
1. Dezember 1890 ¹ 686
1. Dezember 1900 ¹ 670
1. Dezember 1910 ¹ 728
16. Juni 1925 ¹ 693
16. Juni 1933 ¹ 665
17. Mai 1939 ¹ 38
13. September 1950 ¹ 431
1956 393
Jahr Einwohner
6. Juni 1961 ¹ 296
27. Mai 1970 ¹ 262
31. Dezember 1975 247
31. Dezember 1980 217
27. Mai 1987 ¹ 143
31. Dezember 1990 122
31. Dezember 1995 240
31. Dezember 2000 263
31. Dezember 2005 228
31. Dezember 2007 196

¹ Volkszählungsergebnis

Politik

Verwaltungsmäßig ist der Gutsbezirk Münsingen heute eine Gebietskörperschaft im Sinne der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg und insofern mit den übrigen Gemeinden Baden-Württembergs vergleichbar. Allerdings hat der Gutsbezirk keine Gemeindevertretung (Gemeinderat) und keinen Bürgermeister. Die wahlberechtigte Bevölkerung kann somit lediglich bei Wahlen im Bund und im Land Baden-Württemberg teilnehmen.

Gutsbezirksvorsteher

Als Oberhaupt hat das gemeindefreie Gebiet anstelle eines Bürgermeisters einen Gutsbezirksvorsteher, der nicht gewählt wird, sondern als Berufsbeamter durch die Oberfinanzdirektion Stuttgart bestellt wird.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Gefangenenfriedhof Gänsewag

Es gibt drei frei zugängliche Friedhöfe auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz. Der Friedhof Hörnle liegt unmittelbar neben dem Alten Lager und ist am Besten über den südlichen Eingang zum Weg Nr. 1 zu erreichen. Neben Bestattungen deutscher Soldaten und Übungsplatzbediensteter sind Erinnerungszeichen für die Toten zweier ausländischer Verbände zu sehen, die nach Kriegsbeginn in Münsingen aufgestellt wurden: der italienischen Division Monte Rosa von 1943/1944 und der „Russischen Befreiungsarmee“ General Wlassows von 1944/1945. Nur ein paar hundert Meter weiter nördlich liegt am Weg Nr. 4 der Waldfriedhof Gänsewag. Hier liegen vor allem russische Soldaten des Ersten Weltkriegs aus dem gleichnamigen, nicht erhaltenen Kriegsgefangenenlager. Im Zweiten Weltkrieg entstand unterhalb ein Massengrab für sowjetische Gefangene, die hier im Winter 1941/1942 unter unmenschlichen Bedingungen starben. Hinzu kamen Bestattungen von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen aus der Region. Ein Gedenkstein mit kyrillischer Inschrift erinnert an 542 namenlose Tote. Ein weiterer Friedhof befindet sich bei der Stephanuskirche im einstigen Dorf Gruorn. Die alten Gräber werden von den Mitgliedern des Komitees zur Erhaltung der Kirche in Gruorn e. V. gepflegt.

Bauwerke

Aussichtsturm Waldgreuth

Der Schwäbische Albverein hat nach der Schließung des Truppenübungsplatzes vier Beobachtungstürme übernommen, darunter drei 1981 errichtete Stahlgittertürme, die ursprünglich demontiert werden sollten. Sie wurden nach Umbaumaßnahmen im April 2007 freigegeben. Der mit 42 m höchste der drei Stahlgitterkonstruktionen befindet sich im Waldstück Hursch in einer Höhenlage von 853 m ü. NN.[4] Der Turm Waldgreut ist 20 m (864 m ü. NN)[5], der Turm Heroldstatt 30 m (848 m ü. NN)[6] hoch. Der vierte Turm auf dem Sternenberg bei Böttingen ist eine ehemalige Mühle, lediglich 8 m hoch (836 m ü. NN)[7] und nur zeitweise geöffnet. Bei klarem Wetter sind von allen Türmen aus gelegentlich die Alpen zu sehen, ebenso sind zeitweise das Ulmer Münster (Hursch und Waldgreut) oder der Stuttgarter Fernsehturm (Hursch) erkennbar.

Daneben gibt es fünf weitere, steinerne Beobachtungstürme auf dem Gelände, die jedoch für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.

Literatur

  • Erich Schraml: 100 Jahre Truppenübungsplatz Münsingen 1895 - 1995 ehem. Baader Verlag, Münsingen 1995, ISBN 3-88287-011-7.
  • Sönke Lorenz und Roland Deigendesch: Vom Nutzwald zum Truppenübungsplatz-Das Münsinger Hart Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 1998,ISBN 3-87181-422-9.
  • Joachim Lenk: Letzter Appell in Schwäbisch Sibirien. Wiedemann-Verlag, Münsingen 2008, ISBN 978-3-9805531-9-3.
  • Günter Künkele: Naturerbe Truppenübungsplatz – Das Münsinger Hardt. Bilder einer einzigartigen Landschaft. Silberburg-Verlag, Tübingen 2006, ISBN 3-87407-713-6.

Einzelnachweise

  1. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Bevölkerungsstand
  2. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VII: Regierungsbezirk Tübingen. Kohlhammer, Stuttgart 1978, ISBN 3-17-004807-4. S. 98–100
  3. Der Landkreis Reutlingen, Band II, ISBN 3-7995-1357-4. S. 1010
  4. Turm Hursch – Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 28′ 15″ N, 9° 31′ 50″ O48.4708333333339.53055555555567
  5. Turm Waldgreut – Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 28′ 17″ N, 9° 34′ 1″ O48.4712777777789.56708333333337
  6. Turm Heroldstatt: Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 26′ 48″ N, 9° 37′ 28″ O48.4466666666679.62444444444447
  7. Turm Sternenberg – Informationen des Schwäbischen Albvereins, Koordinaten: 48° 24′ 50″ N, 9° 33′ 22″ O48.4138888888899.55611111111117

Weblinks


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