Bruderschaftskirche St. Johann

Bruderschaftskirche St. Johann
Außenansicht

Die Bruderschaftskirche St. Johann in Rot an der Rot im oberschwäbischen Landkreis Biberach, ist eine spätbarocke Hallenkirche, die von 1737 bis 1741 für die Rosenkranzbruderschaft errichtet wurde. Der heutige Kirchenbau entstand ab 1737 in der Amtszeit des Abtes Hermann Vogler (1711-1739), dessen Wappen die innere Westwand schmückt. Der Kirchenbau wurde nach eigenen Plänen der Ordensgemeinschaft errichtet, vielleicht durch den späteren Abt Benedikt Stadelhofer (1694-1760), der auch die Wallfahrtskirche Maria Steinbach entworfen hat. Das Patrozinium wird am 24. Juni gefeiert.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Innenansicht St. Johann in Rot a. d. Rot

Die Kirche St. Johann steht im unteren Haslachtal, etwa 1 km südöstlich des Klosterkomplexes der ehemaligen Prämonstratenser Reichsabtei Rot a. d. Rot, mit dem sie eine direkte Blickachse verbindet. Sie ist erreichbar über den Mönchsrother Pfad, der von der Kirche St. Verena ausgeht, durch den historischen Ortskern von Rot an der Rot führt und mit 24 Tafeln auf Kultur und Geschichte des Klosterortes hinweist. Das Rokoko-Kleinod erinnert an das ehemals weit verbreitete, volkstümliche Bruderschaftswesen und ist als letzte erhaltene Kirche dieser Art von einmaligem Charakter.

Die Vorgängerbauten auf dem Gelände von St. Johann stehen in engem Zusammenhang mit dem Kloster Mönchsroth, dem schon bald nach seiner Gründung 1126 ein Frauenkonvent angegliedert wurde. 1139 untersagte das zweite Laterankonzil jedoch die räumliche Nähe und das gemeinsame Chorgebet. In der Folgezeit wurde das Haslachtal gerodet und das Frauenstift dorthin verlegt. Unter Leitung einer Meisterin traten viele Töchter aus dem einheimischen Adel in dieses Kloster ein, bis es um 1360 - vielleicht nach der Pestepidemie von 1349/50 aufgelassen wurde.

1422 ließ Abt Martin Hesser (1420-1457) das überwucherte Gelände erneut roden und das hochmittelalterliche Gotteshaus instand setzen und weihen.

1579 wurde im Kapitelsaal des Klosters die Erzbruderschaft »Sanctissimi Rosarii« gegründet und das manieristische Gnadenbild durch Abt Ehrmann überreicht. Nach einer Klosterreform am Beginn des 17. Jh. war es der Bruderschaft untersagt, den inneren Klausurbereich zu betreten. Daraufhin ließ Abt Balthasar Held von 1601-1603 ein neues Gotteshaus auf dem Gelände des ehemaligen Frauenklosters errichten, das nach seiner Fertigstellung als Kirche der Rosenkranzbruderschaft diente. Die Pieta wurde in der Folgezeit in diesen Neubau zu Ehren der Muttergottes und Johannes des Täufers überführt. 1611 verlegte Abt Joachim Gieteler (1611-1630) auch den Friedhof der Klosterpfarrei dorthin, der 1612 ummauert wurde.

Die heutige Kirche

Johannesschüssel in St. Johann

Der heutige Kirchenbau entstand ab 1737 in der Amtszeit des Abtes Hermann Vogler (1711-1739), dessen Wappen die innere Westwand schmückt. Auch dieser Bau wurde nach eigenen Plänen der Konventualen errichtet, vielleicht durch den späteren Abt Benedikt Stadelhofer (1694-1760), der auch die Wallfahrtskirche Maria Steinbach entworfen hat.

Die Innenausstattung mit Stuck, Deckengemälden und drei Altären erfolgte 1741 durch seinen Nachfolger Ignaz Vetter (1739-1755). Das Gnadenbild wurde im gleichen Jahr mit einer Prozession in das neue Gotteshaus gebracht, dessen Weihe man am 13. August 1745 feierlich beging. Die alte Kapelle von 1601 blieb zunächst nordwestlich des Neubaus als Friedhofskirche bestehen. Die beteiligten Künstler, deren Namen aus den Kirchenbaurechnungen nur zum Teil bekannt sind, stammen überwiegend aus der Umgebung von Rot a. d. Rot. Die Altäre und die Kanzel gestaltete Johann Georg Reusch aus Waldsee, der 1730 auch das Orgelgehäuse für die Wallfahrtskirche Steinhausen fertigte. Die Deckengemälde stammen von dem oberschwäbischen Barockmaler Johann Michael Biehle. Als Fassmaler waren Hans Jerg und Franz Hölzle tätig, die genau wie der Maler Binzle aus Mettenberg später bei der Ausgestaltung der Kirche in Steinbach erwähnt werden. In der Folgezeit bezeugt das Rechnungsbuch der Rosenkranzbruderschaft das rege religiöse Leben innerhalb dieser Gemeinschaft, das sich auch in der stetigen Ausschmückung der Kirche widerspiegelt. 1757/58 schuf man eine Orgel mit 18 Registern an, die aber 1830 verkauft wurde. Gefertigt hatte sie der bedeutende Orgelbauer Joseph Gabler (1700-1771) aus Ochsenhausen.

Nach der Säkularisation 1803 gelangte auch die Bruderschaftskirche in den Besitz des Grafen Wartenberg, der Teile der Ausstattung entfernte und in seine Kunstsammlung übernahm. 1817 wurde St. Johann als Friedhofskirche an die Kirchengemeinde St. Verena übereignet, die das baufällige Gotteshaus bis 1819 instand setzte. Die alte Kapelle von 1601 wurde um 1820 um die Hälfte verkürzt und 1875 gänzlich abgebrochen. Die Bruderschaft selbst war zunächst eingeschränkt worden, bis 1837 ihre Auflösung erfolgte. Eine grundlegende Renovation wurde 1900 auf grund von Schäden im Dachbereich notwendig, jedoch mit wenig Gespür für den Rokokobau durchgeführt. Die akute Baufälligkeit von Decke und Dach erforderte auch 1964/65 eine grundlegende Sanierung im Außenbereich, der sich von 1989-1994 eine umfassende Gesamtrestaurierung anschloss. Am 26. Juni 1994 konnte die Bruderschaftskirche St. Johann durch den damaligen Rottenburger Diözesanbischof Dr. Walter Kasper wieder eröffnet werden.

Außenansicht

Johannes der Täufer

Der schlichte Kirchenbau von St. Johann steht auf freiem Feld im ummauerten Friedhofsareal. Der geschlossene, rechteckige Baukörper ist an den Kanten jeweils stark abgeschrägt. Das steile, einheitlich durchgezogene Satteldach wurde darüber entsprechend abgewalmt. Die Wandschale besitzt bis auf das profilierte, umlaufende Kranzgesims keine plastische Gliederung. Die Jochteilung bestimmen allein die Fensterachsen, die sich einheitlich um den Baukörper reihen und jeweils ein Rundbogenfenster mit einem hoch liegenden Oculus kombinieren. Die zurückhaltende Gliederung wurde mit malerischen Mitteln geschaffen. Sie setzt sich in Weiß mit dunklen Begleitstrichen von den zartgelben Mauerflächen ab.

Jedes Wandsegment wird von schmalen Vorlagen abgeteilt, während die Fenster mit geohrten Rahmungen und Keilsteinen versehen sind. Die dreijochige Westfassade besitzt ein segmentbogiges Hauptportal, dem seitlich kleinere, ebenso gestaltete Türen zugeordnet sind. An der Südseite des sechsachsigen Langhauses befindet sich der Backsteinturm, dessen hohes, glattes Untergeschoss eine gemalte, rötliche Eckrustizierung hervorhebt. Das achteckige Glockengeschoss zieren Wandvorlagen sowie Schallöffnungen in Rundbogen- und Vierpassform. Darüber setzt ein profiliertes Kranzgesims und eine Zwiebelhaube mit Knauf und Turmkreuz an. Dem dreiachsigen Chor wurde im Osten der kleine Satteldachbau der Sakristei angeschlossen. Den einzigen bauplastischen Schmuck bildet ein skulptierter Stein neben der linken Pforte der Westfassade mit der Inschrift Soli Deo Gloria, der am Eingang des Gotteshauses seine Sinngebung deutlich macht.

Innnenansicht

Kirchenbänke im Chor

Der festliche Saalbau der Bruderschaftskirche überrascht durch den Kontrast zwischen dem schlichten Äußeren und dem reich gegliederten Innenraum. Er zählt mit seiner einheitlichen Ausstattung zu den schönsten Räumen des frühen Rokoko in Oberschwaben und verkörpert die vom Geist der Gegenreformation geprägte Idee des »Theatrum sacrum«. Der weite Saalraum wird durch imposante, rotgolden marmorierte Säulen mit ornamentierten Kelchvolutenkapitellen in sechs Joche geteilt. Die Stützen erheben sich auf hohen, glatten Piedestalen und sind frei vor die Wand gestellt. Seitlich werden sie von Vorlagen mit aufgelegten Blütengehängen flankiert und tragen das umlaufende, verkröpfte Kranzgesims, dessen Einzelglieder durch Farbwechsel rhythmisch betont werden. Darüber setzt das flache Muldengewölbe an, das mit Stichkappen versehen ist. Die Belichtung erfolgt durch hohe Rundbogenfenster in den Jochen sowie Oculi in den I Schildwänden über dem Gesims. Die Westwand ist dreiseitig geschlossen und im Deckenbereich mit zwei Dreiergruppen Stichkappen gestaltet. Die Empore erhebt sich auf vier schlanken Rundstützen mit hohen Piedestalen und toskanischen Kapitellen. Die Balustrade besteht aus gedrehten Säulchen und einem abschließenden profilierten Gesims.

Die Stuckierung des Innenraums erfolgte 1741 durch einen namentlich nicht bekannten Meister in den Formen des Spätbarock. Die Ornamente begleiten und unterstreichen die architektonischen Grundlinien mit massiven Stuckprofilen und kombinieren feines Bandelwerk und Gitterfelder mit figürlichen Darstellungen und schweren Kartuschenrahmen. Den Gewölbeansatz verschleiern Henkelvasen mit Blütenarrangements. Die Oculi schmücken feine Blattranken mit bekrönenden Engelsköpfchen. In den Stichkappen befinden sich jeweils geschweifte Kartuschen mit variierenden Umrissen, die von zartem Rankenwerk umgeben sind. Die Zwickel zieren filigrane Baldachine mit Gitterfeldern und langen Bandelwerkgehängen. Den heiteren Charakter dieser Formenvielfalt unterstützt die Fassung der terrakottafarbenen Deckenzone, die durch zartgelbe und blaue Stichkappen ergänzt wird. Im Gewölbescheitel schließen eine vierpassförmige sowie vier geschweifte Rechteckkartuschen die Dekoration nach oben hin ab. Über dem Scheitel des Chorbogens umgibt ein Strahlenkranz mit Wolken und Puttenköpfen das Herz Jesu und das Herz Mariä. Darunter folgt eine bekrönte Rollwerkkartusche sowie ein flatterndes, von Engeln getragenes Spruchband mit den Daten von Baubeginn 1739 und Renovierung 1900.

Siehe auch

Literatur

Stemmer, Walter: Rot an der Rot. (Kleiner Kunstführer). Ottobeuren 1972, 1982

Küchle, Hermann: 850 Jahre Rot an der Rot. Geschichte und Gestalt. Neue Beiträge zur Kirchen- und Kunstgeschichte der Prämonstratenser-Reichsabtei. Sigmaringen 1976.

Stadelhofer, Benedikt: Historia imperialis et exemti Collegii Rothensis in Suevia, Augsburg I-II., 1787.


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