Buccelarii

Buccelarii

Bucellarius (auch buccelarius; pl. bucellarii bzw. buccelarii) bezeichnet ein Mitglied der in spätrömischer Zeit existierenden (berittenen) Haustruppen, die einzelne Feldherren und Privatpersonen unterhielten.

Überblick

Das Wort bucellarius leitet sich vom spätlateinischen bucca (Bissen) bzw. buccella (Brötchen) ab.[1] Nach dem Geschichtsschreiber Olympiodoros von Theben wurden die Soldaten seit der Zeit des Kaisers Honorius (um 400) aufgrund der von ihnen bevorzugten Nahrung umgangssprachlich so genannt,[2] doch taucht die Bezeichnung auch in der offiziellen Notitia dignitatum auf.[3] Ursprünglich waren sie nur Leibwächter und nicht zwingend auf das Militär beschränkt.[4]

Die Anfänge dieser Truppen mögen zwar teilweise im germanischen Gefolgschaftswesen begründet sein, das in spätrömischer Zeit immer mehr in das kaiserliche Militär einsickerte. Allerdings hat die ältere Forschung seit Otto Seeck diesen Aspekt wohl übertrieben herausgestellt, da das Phänomen der bucellarii im ganzen Reich anzutreffen war. Zudem hatten schon in republikanischer Zeit privat ausgehobene Truppen existiert, wie etwa das Beispiel des Gnaeus Pompeius Magnus zeigt. Die Mannschaftsstärke der aus bucellarii bestehenden Truppen, die auch über ein festes Rangsystem verfügten, konnte zahlenmäßig beträchtlich sein. Der oströmische General Belisar soll im 6. Jahrhundert über angeblich 7.000 bucellarii verfügt haben,[5] in wohl geringeren Umfang verfügten aber auch vor ihm Stilicho und Aëtius über derartige Haustruppen. Bis in die Zeit des Honorius bestanden diese Truppen nur aus Römern, in der darauffolgenden Zeit dienten jedoch oft fremde Söldner in derartigen Verbänden.

Mit den bucellarii waren aber zahlreiche Probleme verknüpft: So stellte eine derartige Patronage durch einzelne Militärs ein nicht unerhebliches Risiko für die staatlichen Autoritäten dar. Im Zuge der Völkerwanderung, in der der weströmische Staat immer mehr geschwächt wurde, ermöglichten die bucellarii ehrgeizigen Heermeistern, oft eigene Politik zu betreiben (siehe das Beispiel des Aetius). In den inneren Auseinandersetzungen im Weströmischen Reich im 5. Jahrhundert spielte denn auch die Bindung der bucellarii an ihren Patron und Befehlshaber eine nicht geringe Rolle.[6]

Auch reiche Landbesitzer, wie die Apionen in Ägypten, unterhielten regelrechte Privatarmeen auf ihren ausgedehnten Ländereien.[7] Offenbar stellten die Landgüter eine vornehmliche Rekrutierungsquelle dar, wodurch erklärbar ist, dass nicht nur Militärs, sondern auch Privatpersonen über bucellarii verfügen konnten.[8] Der Anstieg der Zahl privater Truppen, was klar gegen geltendes Gesetz verstieß,[9] veranlasste im 5. Jahrhundert Kaiser Leo I., derartige Einheiten zu verbieten.[10] Ausgenommen davon waren offensichtlich die bucellarii der hohen Offiziere. In der oströmischen Armee wurden bucellarii noch im 6. Jahrhundert für Feldzüge zusätzlich ausgehoben und dort als Eliteverbände eingesetzt.

Auch in den germanischen Nachfolgestaaten im Westen existierten nach dem Untergang Westroms zunächst weiter bucellarii. So waren sie sogar im Westgotenreich rechtlich als private Institution voll anerkannt.[11] Sie tauchen unter anderem auch in fränkischen Verbänden auf, die in der Frühzeit (5./6. Jahrhundert) des Merowingerreichs zudem offenbar noch ähnlich ausgerüstet und organisiert waren wie spätrömische Truppen.[12] Wahrscheinlich nahmen diese bucellarii dabei eine Art vermittelnde Rolle zwischen spätrömischen Militärinstitutionen und germanisch-frühmittelalterlicher "Vasallität" ein, wenn auch Detailprobleme eine genaue Einordnung erschweren.

Literatur

  • O. Behrends: buccelarius. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. 2. erw. Aufl. Bd. 4 (1981), S. 28–31.
  • H. J. Diesner: Das Bucellariertum von Stilicho und Sarus bis auf Aetius (454/55). In: Klio 54, 1972, S. 321–350.
  • J. H. W. G. Liebeschuetz: The End of the Roman Army in the Western Empire. In: Ders.: Decline and Change in Late Antiquity. Aldershot 2006, Kap. 10 (die Aufsatzsammlung ist nur nach den ursprünglichen Seitenzahlen der Aufsätze nummeriert).
  • O. Schmitt: Die Bucellarii. Eine Studie zum militärischen Gefolgschaftswesen in der Spätantike. In: Tyche 9, 1994, S. 147–174.

Anmerkungen

  1. Vgl. Charles du Fresne, sieur du Cange: Glossarium ad scriptores mediae et infimae Latinitatis. Bd. 1, Frankfurt a. M. 1710, Sp. 703f., online; Codex Theodosianus 14, 17, 5.
  2. Olympiodoros, Fragment 7.
  3. Notitia dignitatum omnium, tam civilium quam militarium, in partibus Orientis 7: Comites catafractarii Bucellarii iuniores.
  4. Siehe Claudian, In Rufinum, 2, 76f. Der Begriff wurde in der Forschung recht unterschiedlich interpretiert, siehe zusammenfassend Behrends, S. 28ff.
  5. Prokopios von Caesarea, bella, 7, 1.
  6. Vgl. Liebeschuetz, Kapitel 10, S. 269.
  7. Itzhak F. Fikhman: Wirtschaft und Gesellschaft im spätantiken Ägypten: Kleine Schriften. Hrsg. von Andrea Jörgens. Steiner, Stuttgart 2006, S. 125f.
  8. Vgl. Behrends, S. 29.
  9. Sogenannte lex Iulia de vi publica seu privata
  10. Codex Iustinianus 9, 12, 10.
  11. Behrends, S. 29.
  12. Dies legt zumindest Prokopios, bella, 5, 12, nahe.

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