Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik

Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
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Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
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Staatliche Ebene Bund
Stellung der Behörde Bundesoberbehörde
Aufsichtsbehörde(n) Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
Gegründet 3. Oktober 1990
Hauptsitz in Berlin, Berlin
Behördenleitung Marianne Birthler
Anzahl der Bediensteten ca. 1900
Website www.bstu.bund.de

Die Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) ist eine von den Mitgliedern der Bürgerkomitees und Freiwilligen der Bürgerrechtsbewegung im Zuge der friedlichen Revolution von 1989 erkämpfte Einrichtung zur Sicherung der Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (kurz MfS oder „Stasi“) der DDR.

Erster Leiter der Bundesoberbehörde, die der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien unterstellt ist, wurde der Pfarrer Joachim Gauck. Wegen ihres langen amtlichen Titels wurde sie daraufhin kurz Gauck-Behörde genannt. Seit Marianne Birthler die Leitung der Behörde im Oktober 2000 übernahm, heißt sie in den Medien auch Birthler-Behörde. Sie wird normalerweise als Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen bezeichnet.

Gemäß einer Enthüllung von schwer einschätzbarer Validität beschäftigt die BStU einen hohen Anteil an ehemaligen Stasi-Mitarbeitern.[1] Eine mögliche Auflösung und Eingliederung der BStU in das Bundesarchiv wird derzeit öffentlich diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

Stasi-Unterlagen-Gesetz

Am 29. Dezember 1991 trat das Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) in Kraft, das der Deutsche Bundestag mit großer Mehrheit verabschiedet hatte. Das zentrale Anliegen dieses Gesetzes ist die vollständige Öffnung der Akten des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes, insbesondere der Zugang der Betroffenen zu den Informationen, die der Staatssicherheitsdienst zu ihnen gespeichert hat. Erstmals bekamen damit Bürger Gelegenheit, Unterlagen einzusehen, die ein Geheimdienst über sie angelegt hatte. Das ist in der Geschichte ohne Beispiel.

Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR sammelte Material über Millionen von Menschen – in erster Linie über DDR-Bürger, aber auch über viele Bürger der Bundesrepublik Deutschland und über Bürger anderer Staaten. Viele Lebensläufe – nicht nur in der DDR – wurden im Laufe der Jahre durch die Staatssicherheit entscheidend beeinflusst. Das MfS beeinflusste den beruflichen Auf- oder Abstieg, nutzte systematisch menschliche Schwächen aus, drang in die Privatsphäre seiner Opfer ein und verwandte auch intime Informationen für seine Zwecke. Die Stasi verletzte Grundrechte der Bürger wie die ärztliche Schweigepflicht, Bank- und Postgeheimnis, die Unverletzlichkeit der Wohnung, auch wenn sie in der Verfassung der DDR festgelegt waren.

Bis zum Oktober 2000 beantragten über 1,7 Millionen Privatpersonen bei dem Bundesbeauftragten Einsicht in Unterlagen, die der Staatssicherheitsdienst über sie geführt hat.

Einsichtnahme in Stasi-Unterlagen

Jeder hat das Recht, Auskunft über die zu seiner Person vorhandenen Informationen in den bisher erschlossenen „Stasi-Unterlagen“ zu verlangen. Sind Informationen vorhanden, kann der Bürger Einsicht in Unterlagen und Herausgabe von Unterlagen erhalten. Dieses Recht haben auch Angehörige von verstorbenen ehemaligen DDR-Bürgern. Von den dabei entstehenden Kosten sind gem. § 4 Stasi-Unterlagen-Kostenordnung etwa befreit Betroffene im Sinne des § 6 Abs. 3 StUG, Dritte im Sinne des § 6 Abs. 7 StUG und nahe Angehörige im Sinne des § 15 Abs. 3 StUG, soweit an sie Auskünfte erteilt werden oder ihnen Einsicht in Unterlagen gewährt wird.

Zur Akteneinsicht muss bei der Behörde ein entsprechender Antrag gestellt werden. Ein solches Antragsformular lässt sich von der Internetseite der BStU herunterladen. Anträge auf Akteneinsicht liegen sowohl in der Zentrale der BStU in Berlin als auch in allen Außenstellen aus. Kopien der betreffenden Geheimdienstunterlagen können auf Wunsch auch per Post an die Wohnanschrift des Antragstellers zugestellt werden.

Da bei den meisten Unterlagen eine Vernichtung versucht wurde, liegen viele nur unsystematisch vor. Eine erste vorläufige Mitteilung, ob tatsächlich die Stasi den Antragsteller ausspioniert hat, erfolgt nach vier bis zwölf Wochen. Da die Recherchen sich über verschiedene Archive erstrecken, und ehemalige DDR-Bürger unterschiedlich intensiv durch den DDR-Geheimdienst beobachtet wurden, kann die Recherche unterschiedlich lange dauern. Informationen zu dritten Spionageopfern schwärzt die Behörde vor der Herausgabe. Die Namen und Decknamen von hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern der Stasi werden allerdings bekannt gegeben.

Ein Antrag auf Akteneinsicht kann jederzeit gestellt werden. Bei wiederholtem Antrag wird ein Wiederholungsantrag gestellt.

Rosenholz-Akten

Siehe Hauptartikel Rosenholz-Akten

Ein wichtiges Ereignis für die BStU war die Rückgabe der so genannten Rosenholz-Akten durch die USA im Jahr 2003. Diese Datensammlung der Stasi-Auslandsspionage enthält eine Liste ehemaliger Spione, die für die DDR tätig waren.

Im März 2004 war die Kontrolle der „Rosenholz“-Dateien auf Übersetzungs- und andere Fehler nahezu abgeschlossen. Die Stasi-Unterlagen-Behörde konnte nun eine größere Zahl Überprüfungsanträge auf Stasi-Tätigkeit bearbeiten.

Im Juni 2006 übte die Wochenzeitschrift Die Zeit in dem Artikel „Wer hat Angst vor Rosenholz?“ Kritik am Aufarbeitungswillen der BStU.[2] Der Zugang zu den Akten sei praktisch von Zugangsvoraussetzungen abhängig, die kaum zu erfüllen wären. Der Abschlussbericht der BStU werde unter Verschluss gehalten, obwohl die Arbeit der dafür eingesetzten Mitarbeiter beendet sei. Öffentliche Stellungnahmen der wissenschaftlichen Mitarbeiter der BStU werden nur nach Genehmigung durch die BStU ermöglicht, in einem Fall eine schon erfolgte Stellungnahme auf Grund ihrer Brisanz widerrufen. Hintergrund ist, dass 59 Angehörige des Bundestages als IM (Inoffizielle Mitarbeiter) Dienste geleistet haben sollen. Weitere 34 % der Informanten sollen in Unternehmen der Wirtschaft und Wirtschaftsverbänden in einflussreichen Positionen zu finden sein. Insgesamt seien rund 1000 IM in Westdeutschland heute unenttarnt und bräuchten bei Fortbestehen der gegenwärtigen Genehmigungspraxis für Akteneinsichtsanträge eine Enttarnung durch die Arbeit der BStU auch nicht zu befürchten. Andere Medien wie die FAZ und die Frankfurter Rundschau haben die Kritik in eigenen Artikeln übernommen.

Der „Fall Kohl“

Siehe Hauptartikel Fall Kohl

Auslöser für den Aktenstreit waren unterschiedliche Auffassungen über die Rechte der BStU auf Herausgabe von Stasi-Akten an Journalisten. Der Streit begann Ende 1999 im Zuge der CDU-Spendenaffäre, als bekannt wurde, dass Abhörprotokolle und wörtliche Protokolle des DDR-Geheimdienstes zu diesem Thema vorliegen. Nach eingehender Prüfung entschied die BStU, nur noch zusammenfassende Vermerke und keine wörtlichen Protokolle herauszugeben.

Die Behördenorganisation

Neben der Bundesbeauftragten der BStU Marianne Birthler, dem der BStU assoziierten Beirat und dem Direktor bei der Bundesbeauftragten Hans Altendorf sowie der ebenfalls zum Leitungsstab gehörenden Pressestelle, dem Leitungsbüro, der Arbeitsgruppe AwA (archivwissenschaftlichen Aufarbeitung) und dem der behördlichen Datenschutzbeauftragten Gabriele Quednau ist die Behörde in vier Abteilungen und diese wieder in Referate unterteilt; zudem gibt es 13 Außenstellen.

Abteilung ZV (Zentral- und Verwaltungsaufgaben)

Diese Abteilung ist zuständig für Personalangelegenheiten (Referat ZV 1), Aus- und Fortbildung bzw. Rechtsfragen (Referat ZV 2), Organisation (Referat ZV 3), Haushalt (Referat ZV 4), Informations- und Telekommunikationstechnik (Referat ZV 5), Inneren Dienst und Liegenschaftswesen (Referat ZV 6) sowie Sicherheit und Beschaffung (Referat ZV 7). Abteilungsleiter ist Jens Boltze.

Abteilung AR (Archiv)

Die Abteilung gliedert sich in Grundsatzreferat (AR 1), Karteireferat (AR 2), Magazindienst (Referat AR 3), die Erschließungsreferate AR 4, AR 5 und AR 6 und das Referat zur Erschließung und technischen Bearbeitung spezieller Informationsträger (AR 7). Abteilungsleiterin von AR ist die leitende Archivdirektorin Birgit Salamon.

Abteilung AU (Auskunft)

Die Abteilung besteht aus einem Grundsatzreferat (AU G) sowie verschiedenen Auskunftsreferaten (AU 1-6). Abteilungsleiter ist Joachim Förster.

Abteilung BF (Bildung und Forschung)

Die Abteilung setzt sich aus dem wissenschaftlichen Forschungsbereich (BF 1), dem Servicebereich (BF 2), u.a. verantwortlich für die hauseigene Bibliothek und Publikationen, sowie dem Fachbereich politische Bildung (BF 3), der für die Information der Öffentlichkeit durch Ausstellungen und Veranstaltungen zuständig ist, zusammen. Abteilungsleiter ist Dr. Helge Heidemeyer.

Beirat der BStU

Mitglieder im Beirat sind neben dem Vorsitzenden Richard Schröder und den stellvertretenden Vorsitzenden Hartmut Büttner und Ulrike Poppe auch Michael Beleites (LStU Sachsen), Wolf-Dieter Beyer, Rainer Eppelmann, Ludwig Große, Martin Gutzeit (LStU Berlin), Jörn Wunderlich, Hartmut Koschyk, Georg Machnik, Markus Meckel, Peter Oleikiewitz, Gisela Piltz, Jörn Mothes, Manfred Wilke und Ulrike Höroldt.

Ausgliederung in das Bundesarchiv

Nach dem Willen von Kulturstaatsminister Bernd Neumann und anderer sollen die Stasi-Akten zukünftig in das Bundesarchiv ausgegliedert werden. Kritisiert wird die Behörde bezüglich ihrer Bildungstätigkeit sowie der Überordnung der Rechte der Betroffenen gegenüber der Erschließung der Akten. Die Möglichkeit, die Akten durch die Ausgliederung einer breiteren Öffentlichkeit und vor allem Wissenschaftlern zugängig zu machen, erweitert den Spielraum für eine Beschäftigung mit der DDR und dem MfS.[3] Bislang wird die individuelle Einsicht von Opfern der Überwachung gegenüber dem wissenschaftlichen Zugang stark privilegiert. Gegen die Ausgliederung äußerte sich vor allem Marianne Birthler immer wieder, und begründete dies mit der mangelhaften Beachtung der Menschenrechte im gegenwärtigen Archivgesetz sowie dem Verlust der Bildungstätigkeit.[4] Über den Ablauf der Eingliederung soll durch den kommenden Bundestag eine Kommission beraten, die Meinungen gehen über den Termin weit auseinander, von einer schnellstmöglichen Durchführung bis zum von Wolfgang Thierse bevorzugten Jahr 2019, Marianne Birthler und Bundeskanzlerin Angela Merkel sind ebenfalls für eine Fortführung nach 2011.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Stasi-Akten werden nach wie vor von der Stasi verwaltet, Wikileaks, 2007-10-04
  2. Zeit-Artikel „Wer hat Angst vor Rosenholz?“
  3. Deutschlandfunk - Zukunft der Birthler-Behörde
  4. Deutschlandradio Kultur - Birthler-Behörde will nicht ins Bundesarchiv
  5. Birthler-Behörde bleibt. Der Spiegel 15/2008, S. 14

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