Bunnel

Bunnel

Sterling Bunnel (* 17. Juni 1882; † 20. August 1957 in San Francisco) war ein US-amerikanischer Chirurg und Pionier der Handchirurgie.

Inhaltsverzeichnis

Vorfahren und Elternhaus, Jugendalter

Einer seiner Vorfahren, ein Peter Bunnel segelte 1620 auf der Mayflower von Plymouth, England, nach Amerika. Die Eltern Sterling Bunnels siedelten vom Osten der Vereinigten Staaten unter dem Eindruck des Goldrausches nach Kalifornien über.

Schon in der Kindheit entfaltete sich Bunnels außergewöhnliches Interesse für die Tierwelt und Natur. In seinen jungen Jahren machte er sich als Ornithologe einen guten Namen. Bereits mit 21 nahm er als anerkannter Ornithologe bei einer Expedition zur Erkundung der Revillagigedo-Inseln vor den Küsten von Mexiko teil, die von der San Francisco Academy of Sciences organisiert wurde. Er konnte sämtliche Vögel nach Gehör bestimmen.

Studium

Er studierte Medizin an der University of California at Berkeley bis 1904 und beendete es an der University of California at San Francisco 1908. Es folgte eine Medizinalassistentenzeit 1908-1909 im St. Luke’s Hospital in San Francisco und eine allgemeinchirurgische Ausbildung im Osten der Vereinigten Staaten. Als Tüftler entwickelte er zu dieser Zeit ein Klappenventil für Narkosemasken, das Eingriffe am offenen Brustkorb ermöglichte.

Berufliche Tätigkeit

Im Ersten Weltkrieg arbeitete er im Rang eines Captains im U.S. Army Medical Corps, sowohl in einem Basishospital als auch an der Front in Frankreich. Während dieser Tätigkeit wurde er immer häufiger mit den Problemen der Wiederherstellungschirurgie konfrontiert.

1918 nach seiner Rückkehr nach San Francisco eröffnete er eine allgemeinchirurgische Praxis. In dem Zeitraum bis zum Zweiten Weltkrieg brachte er zahlreiche Publikationen über die Handchirurgie heraus.

Wissenschaftliche Tätigkeit

Außer seiner Sammelleidenschaft beschäftigte er sich mit Studien der vergleichenden Anatomie. Diese Studien haben bei seinen späteren handchirurgischen Publikationen wesentliche Rollen gespielt. In seiner Arbeit über die Greiffähigkeit des Daumens gab er ein übergreifendes Bild über die Entwicklung der Opposition des Daumens bei den erdgebundenen Zweifüßlern in Relation der Oppositionsfähigkeit der Großzehe bei den baumgebundenen Vierfüßlern. Durch seine anatomischen Präparationen an Fischen, Reptilien und Säugern (vor allem bei Primaten in phylogenetisch aufsteigender Reihe) zeigte er, daß die sogenannten Intrinsic Muskeln bereits in den Brustflossen von Fischen vorhanden sind.

Bei einer kreissägenverletzten Hand mit Amputation des Daumens im Daumensattelgelenk führte er 1929 die die Wiederherstellung durch die Pollizisation des Zeigefingers durch. Berühmt ist seine 1938 erschienene Veröffentlichung über die Opposition des Daumens.

Sein handchirurgisches Buch erschien 1944 zum ersten Mal und dieses Monumentalwerk repräsentiert einen Meilenstein auf dem Spezialgebiet.

Andere Interessengebiete

Das Studium des Vogelfluges interessierte ihn besonders, welches ihn auch in späteren Jahren begleitete. So publizierte er eine Arbeit, bereits als anerkannter Handchirurg, über den Vogelflug („Aeronautics of Bird Flight“). Alleine das Studium des Vogelfluges genügte ihm jedoch nicht, so hat er während des Ersten Weltkrieges selbst zu fliegen gelernt. Er flog immer öfters später um Patienten zu besuchen oder zu Tagungen, was ihm den Spitznamen „fliegender Chirurg“ einbrachte. Für eine kurze Zeit war er sogar Präsident der National Aeronautical Society of the West. Als er einige Jahre später mit dem Medizinstudium begann, verkaufte er seine komplette Sammlung einheimischer Vögel Kaliforniens an das Philadelphia Museum.

Entwicklung und Weitergabe der speziellen Operationstechnik

Beim Konzept der atraumatischen Operationstechnik stützte er sich auf Studien von fachfremden Arbeitsweisen. So beobachtete er wie Juweliere und Uhrmacher arbeiten: in sitzender Position mit auf Rollen aufgelegten Unterarmen um feine Bewegungen ohne Erschütterungen durchführen zu können. Er war derjenige, der die wichtige Funktion der Blutsperre bei den handchirurgischen Operationen erkannte. Von ihm stammt der wichtige Satz: könnte ein Juwelier eine Uhr reparieren, wenn man diese ständig mit Tinte beträufeln würde?

Die ökonomische Arbeitsweise mit wenigen, aber zielgerichteten Bewegungen hat er aus der Industrie übernommen. Effizienz spielte in seinem Leben eine sehr große Rolle. So wird über ihn erzählt, daß er Jacke und Mantel immer auf einmal an- und auszog oder häufig Kaffeepulver ohne Wasser schluckte, nur um Zeit zu sparen. Er erkannte die spezielle Problematik der Handchirurgie, die durch die konventionelle chirurgische Operationstechnik nicht gelöst werden konnte: die störende Narbenbildung nach dem chirurgischen Eingriff.

Bahnbrechend und neu waren die von ihm durchgeführten Sehnen- und Nerven-Transplantationen für die Defektüberbrückung. Er hat für die Sehnennähte die nach ihm benannten Ausziehdrahtnähte entwickelt. Viele heute noch gebräuchliche dynamische Schienen hat er selbst entwickelt und angefertigt.

Seine Forderung, nämlich der Handchirurg, der Verletzungen von Haut, Sehnen, Nerven, Knochen und Gefäßen versorgen will, muß in den plastisch-chirurgischen, orthopädischen und neurochirurgischen Techniken gleich gut versiert sein, hat an ihrer Gültigkeit bis heute nichts verloren.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Bunnel auf Wunsch der Army mit der Betreuung der kriegsverletzten Soldaten (Verletzung der oberen Extremitäten) beauftragt. Er hielt in den nächsten 3 Jahren insgesamt 23 Operationskurse für angehende Handchirurgen ab. Hiermit leistete er der homogenen Etablierung der Handchirurgie auf amerikanischem Boden wertvolle Dienste.

Gründung der Amerikanischen Gesellschaft der Handchirurgie

Das durch ihn entfachte Interesse führte 1946 zur Gründung der ersten handchirurgischen Gesellschaft {American Society for Surgery of the Hand (ASSH)], derer er verdienterweise für die erste 2-jahres Periode Präsident wurde.)

Epilog

Ab 1947 nahm er seine frühere Tätigkeit in seiner Praxis in San Francisco auf. Dort arbeitete er fast ausschließlich auf handchirurgischem Gebiet. Er konnte seine operative Tätigkeit auch mit 72 noch fortsetzen. Er ging aber gern auch seinen anderen Passionen (Angeln, Jagd) nach. Der innovative Chirurg konstruierte noch am Tag bevor er starb einen Rucksack zum Transport einer Sauerstoffflasche, damit er trotz seiner Herzinsuffizienz jagen konnte. Er verstarb an Herzversagen.

Wichtige Publikationen

  • S. Bunnel: Physiological reconstruction of a thumb after total loss. In: Surg. Gynecol. Obstet. 52. 245–248, 1931
  • S. Bunnel: Opposition of the thumb. In: J. Bone. Jt. Surg. 20. 267–284, 1938)
  • S. Bunnel: Surgery of the Hand. J.B. Lippincott Company, 1944

Quelle

  • D. Buck-Gramcko: Ein Leben für die Handchirurgie. Steinkopff Verlag, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-7985-1776-9

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