Burg Groß Raden

Burg Groß Raden
Rekonstruierte Anlage
Slawischer Tempel

Das Archäologische Freilichtmuseum Groß Raden liegt wenige Kilometer nördlich der Kleinstadt Sternberg und zirka einen Kilometer nordöstlich des Dorfes Groß Raden in Mecklenburg-Vorpommern im Bereich einer Niederung, die unmittelbar an einen nördlichen Ausläufer des Großen Sternberger Sees grenzt. Auf einer vorgelagerten Halbinsel liegt der schon von weitem sichtbare kreisrunde Burgwall mit einem Durchmesser von 50 Metern. 1973 bis 1980 fanden hier umfangreiche Ausgrabungen statt, in deren Verlauf Reste einer slawischen Siedlung des 9. und 10. Jahrhunderts freigelegt und restauriert werden konnte.

Es stellte sich heraus, dass diese im Wesentlichen zwei Bauphasen umfasste, die beide in klaren und gut erhaltenen Befunden repräsentiert waren: eine befestigte ältere Siedlung, die etwa in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts angelegt und nur wenige Jahrzehnte später zerstört wurde, sowie eine kurz darauf errichtete zweite Siedlung. Mit einer Fläche von 7000 m² wurde nahezu die Hälfte des besiedelten Geländes ausgegraben. Dabei erwarteten die Archäologen gut erhaltene Befunde, denn das Siedlungsgelände war jahrhundertelang ausschließlich als Weide genutzt worden. Außerdem waren infolge des extrem hohen Grundwasserspiegels organische Materialien sehr gut erhalten, sodass ein großer Teil der hölzernen Bauelemente in situ angetroffen wurde.

Die Ausgrabungen zeigten auch, dass sich die topografischen Verhältnisse infolge kontinuierlicher Verlandungsprozesse seit der slawischen Besiedlung entscheidend verändert hatten. So existierte die heutige Halbinsel vor 1000 Jahren noch nicht. Der Burgwall lag vielmehr auf einer vorgelagerten Insel, die nur durch eine Brücke mit der Siedlung auf der damals sehr viel kleineren Halbinsel verbunden war. Die besiedelte Halbinsel war sowohl durch einen 4,5 Meter breiten Sohlgraben als auch durch eine einreihige Palisade mit Wehrgang geschützt. Den einzigen Zugang bildete ein Zangentor mit Brücke. In den ersten Jahrzehnten bestand die Hauptsiedlung vermutlich aus etwa 40 eng nebeneinander stehenden Häusern. Diese wiesen mit einer Grundfläche von 4 × 5 Metern, einfachem Sandfußboden und einer Herdstelle eine nahezu identische Bauweise auf. Isoliert im südöstlichen Teil der Halbinsel liegt ein etwa 7 × 11 Meter großes Gebäude aus breiten Eichenbohlen. Ob dieses Gebäude überdacht oder oben offen war, ist unklar. Nach den Opferspuren, den menschenkopfähnlichen Stelen, den sogenannten Kopfbohlen, und der besonderen Lage der Anlage zu schließen, dürfte es sich wohl um einen Umgangstempel oder ein Heiligtum der hier ansässigen slawischen Bevölkerung des Warnower Stammes gehandelt haben. Auf den freien Flächen zwischen den Gebäuden und der Palisade fanden vermutlich regelmäßig Märkte und Versammlungen statt.

Um das Jahr 900 wurde die Siedlung vollständig zerstört. Darauf weisen deutliche Brandspuren hin, vor allem im Bereich der Palisade und des Eingangstores. Auch das Heiligtum blieb nicht verschont. Die Siedlung wurde danach schnell wieder aufgebaut, allerdings errichtete man die Häuser diesmal in Blockbauweise. Mit Grundflächen bis zu 45 m² waren sie auch deutlich größer als die älteren Flechtwandhäuser. Der Standort des zerstörten Tempels blieb unberührt, das Heiligtum selbst wurde in völlig anderer Konstruktion auf die Insel verlegt. Zu seinem Schutz legte man einen kreisrunden, 10 Meter hohen Burgwall mit einem Innendurchmesser von 25 Metern an. Als zusätzliche Absicherung wurde auf der Brücke auf halbem Weg zur Tempelburg ein Kontrollposten in Form eines Torgebäudes errichtet. Am Ende des 10. Jahrhunderts wurde die Siedlung endgültig aufgegeben, nachdem es vermutlich erneut zu Zerstörungen gekommen war. Die Gründe der Zerstörung sind nicht eindeutig, immerhin erscheint ein Zusammenhang mit einem für das Jahr 995 historisch überlieferten Feldzug Otto III. gegen die in Mecklenburg ansässigen Slawen denkbar.

Literatur

  • Horst Keiling: Archäologisches Freilichtmuseum Gross Raden - Archäologische Funde und Denkmale aus dem Norden der DDR 7. Museum für Ur- u. Frühgeschichte, Schwerin 1988
  • Ewald Schuldt: Der eintausendjährige Tempelort Gross Raden: seine Erforschung, wie es dazu kam, und was aus ihm werden soll; der Bericht des Ausgräbers. in: Bildkataloge des Museums für Ur- und Frühgeschichte Schwerin 24. Museum für Ur- und Frühgeschichte, Schwerin 1989
  • Ewald Schuldt, Manfred Jährig: Groß Raden: ein slawischer Tempelort des 9./10. Jahrhunderts in Mecklenburg. in: Schriften zur Ur- und Frühgeschichte 39. Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie, Berlin 1985

Siehe auch

Weblinks

53.73666666666711.8780555555567Koordinaten: 53° 44′ 12″ N, 11° 52′ 41″ O


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