- Burghöhle Dietfurt
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Ruine Dietfurt Ruine Dietfurt im Naturpark Obere Donau
Entstehungszeit: um 1095 Burgentyp: Gipfelburg Erhaltungszustand: Ruine Ständische Stellung: Freiadlige Bauweise: Buckelquader, Bruchstein Ort: Inzigkofen-Dietfurt Geographische Lage 48° 4′ 42″ N, 9° 8′ 21″ O48.0783333333339.1391666666667620Koordinaten: 48° 4′ 42″ N, 9° 8′ 21″ O Höhe: 620 m ü. NN Die Ruine Dietfurt ist eine Burgruine in der Gemeinde Inzigkofen im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg, Deutschland. Die unter der Burg Dietfurt befindliche Burghöhle Dietfurt zählt zu den wichtigsten Fundstätten Süddeutschlands des Spätjungpaläolithikum und Mesolithikum.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Dietfurt liegt zwischen Beuron und Sigmaringen auf dem Gebiet der Gemeinde Inzigkofen im Naturpark Obere Donau.
Der Bergfried, weithin sichtbarer Rest der ehemaligen Burg, erhebt sich in exponierter Lage und strategisch günstig auf einem von der Donau umspülten freistehenden Felsen.
Das Betreten des sich im Besitz der Bergwachtsbereitschaft Sigmaringen befindlichen Burgareals ist verboten. Der Zugang zur Burghöhle ist durch eine verschlossenen massiven Stahltür gesichert. Besichtigungen sind beschränkt bei Anmeldung im Bergwachthaus bei der Ruine auf eigene Gefahr hin möglich.
Geschichte
In den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war das Gelände rund um die Ruine Dietfurt ein Treffpunkt des Neutempler-Ordens. Dieser elitäre Männerbund galt als einer der Wegbereiter der Nazi-Ideologie. Die Burghöhle ist von besonderer archäologischer Bedeutung, weil von der Altsteinzeit bis in das 16. Jahrhundert eine ständige menschliche Nutzung nachweisbar ist.[1]
Frühe Besiedlung
Die Burg gehört zu den frühen Burgengründungen des 11. Jahrhunderts. Der Felsen war jedoch schon weit früher besiedelt. Grabungen in der Burghöhle erbrachten Funde des späten Paläolithikums (Altsteinzeit), des Neolithikums (Jungsteinzeit), der mittleren Bronzezeit, der jüngeren Urnenfelderzeit, der mittleren und späteren Hallstattzeit, der römischen Epoche und des Mittelalters. Auch der Name „Dietfurt“, althochdeutsch als Diota, das Volk, weist auf eine frühe Besiedlung hin.
Mittelalter
Erstmals wurde der Name Dietfurt im Jahr 1095 im Zusammenhang mit der Gründung des Klosters Alpirsbach genannt, als die Brüder Heinrich, Eberhard und Hermann von Dietfurt als Zeugen benannt wurden. Aus dem Jahr 1125 ist eine erneute Nennung der Dietfurter Brüder in einer das Kloster Alpirsbach betreffenden Urkunde erwähnt. Der Truchsess von Waldburg, Berthold, verzichtete 1132 in Gegenwart des Königs auf das Reichslehen Dietfurt zugunsten des Grafen Mangold II. von Nellenburg. Zu diesem Zeitpunkt waren die Edlen von Dietfurt bereits ausgestorben.
1253 war Dietfurt im Besitz der Truchsessen von Waldburg. Kurze Zeit später, im Jahr 1257, wurde Dietfurt Reichslehen des Hugo von Montfort. Aus dem Jahr 1274 ist eine erstmalige urkundliche Erwähnung der Burg überliefert.
1421 verkaufen die Brüder Egg und Heinrich von Reischach Dietfurt als nellenburgisches Lehen an Anna, Gräfin von Werdenberg, Tochter des Freiherrn Johann von Zimmern. Anna Gräfin von Werdenberg zu Dietfurt starb am 1. März 1445 und wurde im Kloster Inzigkofen begraben. 1468 wird beim Schutz- und Trutzbündnis des Hochadels gegen die Rauf- und Fehdelust mancher Edelleute Dietfurt als feste Burg bezeichnet.
Nach dem Aussterben der Grafen von Werdenberg ging die Burg 1534 an das Haus Fürstenberg, 1806 ging sie an Hohenzollern-Sigmaringen über.
Bergwachtsbereitschaft Sigmaringen
Die von den Neutemplern im Burggraben erbaute Hütte wurde noch zu Kriegszeiten von evakuierten Familienmitglieder eines Ordensmiglieds aus dem ausgebombten Berlin bewohnt. Nach dem Krieg bewohnten Flüchtlinge aus dem Osten die Hütte, bevor nach längerem Leerstehen die Bergwacht die Hütte übernahm. Im Jahr 1959 pachtete die Bergwachtsbereitschaft Sigmaringen die Ruine. 2005 erfolgte der Kauf des gesamten Geländes einschließlich Hütte, Ruine und Burghöhle durch die Bergwacht.
Seit 2007 laufen ständige Substanzerhaltungsmaßnahmen an der Burgruine durch die Bergwacht. Da über die Jahrhunderte das von der Ruine abgebröckelte Gesteinsmaterial für umliegende Bauwerke Verwendung fanden, musste zwischenzeitlich von anderen Stellen des Donautals und des Heubergs fremdes Kalksteinmaterial herbeigeschafft werden. Um bei diesem Fremdmaterial ausschließen zu können, dass es sich um behauene Steine andere Burgen handelt, werden nur Gestein von Felsstürzen und frisch gebrochenem Material verwendet.
Burghöhle Dietfurt
Die Burghöhle Dietfurt, eine Kalkhöhle, befindet sich unter der Burg Dietfurt. Es handelt sich um eine Durchgangshöhle, die den Felsen durchquert und auf beiden Seiten ein Portal besitzt. Der Hauptgang ist von einem Portal zum anderen etwa 40 Meter lang. Drei größere Hallen (mit einer Höhe von bis zu 8 Metern) sind durch einen Gang verbunden, der Weg fällt von einem Portal zum anderen etwa 10 Meter, was einige Treppen nötig machte. Die Höhle ist ausgebaut und war früher elektrisch beleuchtet, war aber nie eine Schauhöhle. Sie liegt auf 600 beziehungsweise 610 Meter ü. NN.
Frühgeschichte
Die Höhle enthält tertiäre Ablagerungen. Darüber befindet sich eine ein Meter mächtige Sinterschicht, über der wiederum Seesedimente aus der Rißeiszeit liegen. Der Riß-Gletscher hatte damals bei Vilsingen das Donautal blockiert, was zum Aufstauen eines großen Sees führte.
Neutempler-Orden
Im Jahr 1924 erwarb der Neutempler-Orden auch Ordo Novi Templi (ONT) die zwei Flurstücke „Ruine“ und „Burggraben“. Er führt seinen Namen auf den mittelalterlichen Templerorden zurück, für den der Ordensgründer eine besondere Vorliebe hatte. Die Burg wurde als Ordensritterburg des Neutempleisenerzpriorat Staufen bezeichnet. Die Hütte der Bergwachtsbereitschaft Sigmaringen war von 1928 bis 1939 Standort und Unterkunft des ONT. Dieser hatte die Hütte erbaut und zwischen 1928/1929 die Burghöhle zum kultischen Sakralraum ausgebaut. Das ehemalige Höhlenportal wurde bis auf ein kleines Fenster zugemauert, die drei Räume wurden stark überarbeitet. Die Haupthalle wurde mit einen großen Kronleuchter und einen Altar ausgestattet.
Der ONT war vom aus Wien stammenden Josef Adolf Lanz (1874-1954), der nach Theologiestudium und Priesterweihe (Ordensname: Georg) aus dem Kloster Heiligenstift nahe Wien austrat, als antisemitischer und antifeministischer Geheimbund gründet worden. Bekannt wurde Lanz als Dr. Georg Lanz von Liebenfels, Doktorat und Adelsprädikat waren frei erfunden, wurden aber von ihm bis ins offizielle österreichische Melderegister gebracht.
Die Burghöhle Dietfurt ist mit einer von den Neutempler gesetzten Mauer verschlossen. Deren romanisch nachempfunden Fenster sind erste Hinweise auf den sakralen Charakter der inneren Anlage. Über der heutigen massiven Stahltür befindet sich das Wappen der schlesischen Adelsfamilie von Hochberg. Ein Mitglied der Familie finanzierte und führte die Ordensniederlassung als Prior des „Erzpriorats Staufen“, so der Deckname der Niederlassung. Ein anderes Mitglied in Dietfurt war mit hoher Wahrscheinlichkeit der spätere Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch, der während des Zweiten Weltkriegs nach steiler Karriere bei Hitler in Ungnade fiel. Schriftliche Belege fehlen, Zeitzeugen erinnern sich aber deutlich an ihn.
Im Kultraum sieht man an der Höhlendecke noch die Umlenkung eines von Neutemplern angebrachten Kronleuchters mit natürlichen Kerzen, der verschollen ist. Darunter befand sich ein Steinaltar, in dessen Platte eine Opferschale eingearbeitet war. Hier fanden die „Gottesdienste“ der Neutempler statt, die man sich, da Lanz Priester war und eigene Liturgie entwickelt hatte, recht ähnlich vorstellen kann wie bei einem katholischen Gottesdienst.[2]
Auf die Bedeutung der unteren Höhlenhalle für die Neutempler gibt es keine Hinweise. Die Mauer, die den ehemaligen Ausgang der Höhle ins Freie verschließt (dieser gehört wohl zum Fluchtsystem der Burg), stammt ebenfalls von den Neutemplern. Im Fenster befand sich ein Glasbild des Hl. Michael, der für die Neutempler eine besondere Bedeutung hatte. Wie Michael den Drachen, so wollten die Neutempler die „Untermenschen“ vernichten.[3]
Archäologische Forschung
Raubgrabung
Nach dem Zweiten Weltkrieg durchsuchten Unbekannte die Höhle nach einem legendären Schatz. Bei diesem Schatz sollte es sich um ein goldenes Kegelspiel handeln. Dabei hinterließen sie eine große Grube, ein Meter breit, vier Meter lang und fünf Meter tief, und zerstörten dabei prähistorische Fundschichten.
Staatliche Grabungskampagnen
Nachdem 1970 in dieser Raubgräbergrube von Mitarbeitern der Bergwacht Sigmaringen urnenfelderzeitliche, früh- und hochmittelalterliche Scherben entdeckt wurden, führte das Staatliche Amt für Denkmalpflege zwischen 1972 und 1995 ausgedehnte Grabungen in Zusammenarbeit mit der Universität Köln durch. Diese waren notwendig geworden, da es in dieser Höhle immer wieder zu größeren, unkontrollierten Raubsondagen gekommen ist. Bei der archäologischen Forschung wurden Überreste aus Mittelsteinzeit (Mesolithikum), später Altsteinzeit (Paläolithikum) und Magdalénien gefunden. Im Jahr 1974 wurde eine Grabungskampagne durch Hartmann Reim in der Burghöhle durchgeführt. Zehn Jahre später, im Jahr 1984, folgt eine weiter Grabung des Staatlichen Amt für Denkmalpflege. Aufgrund der Funde erfolgte 1987/1988 eine weitere Grabung des Staatlichen Amt für Denkmalpflege.
Bekannt geworden ist die „Burghöhle“ vor allem durch den Fund einer spät-bronzezeitlichen (Urnenfeldzeit) Platte aus Ton mit konzentrischen Kreisverzierungen. Das auch Altarplatte genannte Objekt lässt eine kultische Nutzung der Höhle vermuten.[4]
Datierung
Einen besonderen Schwerpunkt bildeten schon während der Grabungen die Fundschichten aus dem späten Paläolithikum und dem Mesolithikum. In der Publikation von Franz Josef Gietz wird die weitgehende Zuordnung der Fundstücke zu den Schichten aus der nicht immer ganz einfachen Stratigraphie der Höhle durchgeführt. Unterschieden werden drei Hauptkomplexe mit spätjungpaläolithischen, frühmesolithischen und spätmesolithisch/neolithischen Fundhorizonten. Mit dieser differenzierten Abfolge gehört die Höhle zu den wichtigsten Fundstellen in Süddeutschland mit Befunden und Funden des Übergangs von der Eiszeit (Pleistozän) zu Nacheiszeit (Holozän).[5]
Siehe auch
Anmerkungen
- ↑ Albverein. Ruine Dietfurt erzählt viele Geschichten. In: Schwäbische Zeitung vom 22. April 2009
- ↑ Walther Paape, Stand 10/2008
- ↑ Walther Paape, Stand 10/2008
- ↑ Angela Vielstich, Edwin Erst Weber: Der »Dreiländerkreis« Sigmaringen im geschichtlichen Überblick. In: Dirk Gaerte (Hrsg.), Edwin Ernst Weber (Konzeption): Der Dreiländerkreis Sigmaringen. Ein Führer zu Natur, Wirtschaft, Geschichte und Kultur. Gmeiner, Meßkirch 2007, ISBN 978-3-89977-512-9, S. 23–36, hier: S. 23f.
- ↑ Zitiert aus Franz Josef Gietz: Spätes Jungpaläolithikum und Mesolithikum in der Burghöhle Dietfurt an der oberen Donau Materialheft zur Archäologie 60, Landesdenkmalamt Baden-Württemberg
Literatur
- Franz Josef Gietz: Spätes Jungpaläolithikum und Mesolithikum in der Burghöhle Dietfurt an der oberen Donau. (= Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg; 60). Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1570-7
- Walther Paape: Drum haben wir ein Tempelhaus gegründet. Der Neutemplerorden (Ordo Novi Templi, ONT) des Lanz von Liebenfels und sein Erzpriorat Staufen in Dietfurt bei Sigmaringen. Gmeiner-Verlag, Meßkirch 2007, ISBN 3-89977-205-9
- Günter Schmitt: Dietfurt. In: Ders.: Burgenführer Schwäbische Alb. Band 3: Donautal. Wandern und entdecken zwischen Sigmaringen und Tuttlingen. Biberacher Verlagsdruckerei, Biberach 1990, ISBN 3-924489-50-5, S. 99–104
Weblinks
- Ruine Dietfurt auf der Seite burgenwelt.de
- Ruine Dietfurt auf der Website Fahrrad-Tour.de
- Ruine Dietfurt auf der Website der Bergwacht Sigmaringen
- Burghöhle Dietfurt auf der Website von showcaves.com
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