Burgruine Scharzfels

Burgruine Scharzfels

Die Burgruine Scharzfels ist eine mittelalterliche Befestigungsanlage, die sich östlich des Ortsteils Scharzfeld der Stadt Herzberg am Harz befindet. Sie liegt in einem Waldgebiet auf einem Bergrücken etwa 150 m über dem Odertal. Seit ihrer Errichtung im 10. Jahrhundert galt sie als uneinnehmbare Festung. Die Kernburg ist als Felsenburg auf einem etwa 20 m hohen Dolomit-Felsen ausgeführt. Die Burg wurde erst während des Siebenjährigen Kriegs 1761 nach einer Belagerung erobert und gesprengt.

Oberburg auf Dolomit-Felsen mit Zugangstreppe

Inhaltsverzeichnis

Baubeschreibung

Burgeingang am Ende der Treppe in rund 20 m Höhe

Von den Befestigungsanlagen der früheren Vorburg sind außer einem Brunnenhaus keine sichtbaren Teile mehr erhalten. Die Unter- oder Vorburg ist heute eine ebene Terrassenfläche, auf der sich eine Ausflugsgaststätte befindet. Von der Vorburg aus führt eine im 19. Jahrhundert errichtete Freitreppe hoch zur Oberburg auf den rund 20 m hohen Dolomit-Felsen. Der Felsen hat eine Grundfläche von etwa 20 x 60 m. Diese adlerhorstartige Lage mit den senkrecht herabfallenden Felswänden machte die Burg uneinnehmbar. Die steinernen Burgaufbauten sind auf den Felsen gesetzt oder in Zwischenräume gebaut worden. Zeitgenössischen Darstellungen zufolge handelte es sich zumindest um einen Palas und einen Wehrturm. Von den Gebäuden und der Wehrmauer sind nur noch Bruchstücke erhalten geblieben, die mittlerweile restauriert wurden. Dagegen sind die in den Felsen gehauenen Gänge und Räume noch vorhanden, wie der rund 15 m lange Gang, der sich dem Burgzugang anschließt.

Der Burgruine mehrere hundert Meter vorgelagert, liegt der Felsen „Frauenstein“, der einst einen Beobachtungsturm und ein Vorwerk bildete.

Geschichte

Entstehung im Mittelalter

Die Burg Scharzfels wurde wahrscheinlich im 10. oder 11. Jahrhundert errichtet und gehörte in ihrer Frühzeit dem Erzstift Magdeburg. Geschichtlich bedeutsam wurde die Burg erst durch Kaiser Lothar von Süpplingenburg, der sie 1131 erwarb und zu einer Reichsfeste machte. Von diesem Kauf zeugt auch die Urkunde, in der die Burg erstmals als castrum quoddam Scartuelt schriftlich erwähnt wird.[1][2] Seither war die Anlage Sitz von mehreren Grafengeschlechtern, wie das des Grafengeschlechts von Scharzfeld. Nach deren Erlöschen kam die Burg um 1300 als Lehen des Fürstentum Grubenhagen in den Besitz des Grafen von Hohnstein. Nach dem Aussterben der Adelsfamilie von Hohnstein 1593 fielen Lehen und Burg an das Haus Grubenhagen zurück. 1596 erbte Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel die Festung. Später ging sie in den Besitz des Welfenhauses der Linie Hannover über.

Festung und Gefängnis

Merian-Kupferstich der Burg 1654

1627 kam es zu Ausbauten, bei der die Anlage mit einer Garnison besetzt und stark befestigt wurde. In den Jahrhunderten nach Errichtung der Burg gelang es in Kriegszeiten wie dem Bauernkrieg und dem Dreißigjährigen Krieg keiner fremden Macht, sie einzunehmen. Im 17. Jahrhundert wurde Scharzfels Staatsgefängnis. Ab 1695 saß hier Eleonore von dem Knesebeck (* 1655) ein, die aus angesehenem Lüneburger Uradel, wenn auch niedrigem Landadel, entstammte. Sie war ab deren Verehelichung im Jahr 1682 die Zofe der Prinzessin Sophie von Ahlden. Zwischen der schutzlosen Sechzehnjährigen, nach Hannover verheirateten Sophie Dorothea und Eleonore entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung, eine Art Mutter-Tochter-Verhältnis und sie war Mitwisserin eines außereheliches Liebesverhältnisses ihrer Herrin mit dem draufgängerischen Grafen von Königsmarck, bei dem sie als Briefüberbringerin fungierte. Die Familie von Eleonore von dem Knesebeck versuchte immer wieder, ein ordentliches Gerichtsverfahren einleiten zu lassen und bot auch vergeblich eine Kaution von 100.000 Taler. Die Gefangene blieb in einer winzigen Kammer eingesperrt, nur einmal täglich eine alte Wärterin sehend. Ihre Familie bestach schließlich den Dachdecker Veit Rentsch. Dabei wurde Eleonore wurde 1697 mit Hilfe von außen durch eine abenteuerliche Abseilaktion über 20 m abwärts vom hohen Burgfelsen befreit, Körper an Körper gefesselt mit ihrem Retter, der sich mit ihr abseilte. Zuvor hatte er eine Öffnung in die Zimmerdecke der Gefangenen einbracht und sie mit einem Strick nach oben geholt. Unten wartete ihr Schwager mit einer Handvoll Berittener und brachte sie in Sicherheit. Sie reiste nach Wien, wo sie es schaffte einen kaiserlichen Schutzbrief zu erlangen und fuhr nach Braunschweig. 1717 soll sie in einem Dorf nahe dieser Stadt gestorben sein. Von der Familie ihrer früheren Herrin erhielt sie rund 2.000 Taler zur Unterstützung.[3][4]

Eroberung

Felsengänge auf der Oberburg
Ausblick über die Wehrmauer nach Scharzfeld

Während des Siebenjährigen Kriegs erschienen 1761 vor Burg Scharzfels französische Truppen in einer Stärke von rund 6.000 Mann. Sie verlangten die Übergabe der Burg, die mit 40 Kanonieren, 100 Infanteristen aus dem Harz und 250 Invaliden aus Hannover besetzt war. Als die freiwillige Übergabe verweigert wurde, griffen die Franzosen die Burg mit einem Sturmangriff und durch Beschuss vergeblich an. Durch einen Tipp auf einen verborgenen Pfad zum in der Nähe liegenden Liethberg konnten die Franzosen das Vorwerk Frauenstein durch Beschuss zerstören und von dort auch die Burg beschießen. Nach zehntägiger Belagerung übergab die Besatzung am 25. September 1761 die Burg. Die Einnahme der als uneinnehmbar geltenden Befestigung löste in Paris großen Jubel aus. Die Freude wurde etwas gedämpft, als bekannt wurde, dass die Verteidiger zum großen Teil Invaliden waren. Nach nur viertägiger Besetzung sprengten die Franzosen die Burg und zogen ab, als bekannt wurde, dass Prinz Ferdinand von Braunschweig im Anmarsch auf Scharzfels war. Seither ist die Anlage eine Ruine.

Literatur

  • Ernst Andreas Friedrich: Wenn Steine reden könnten. Band II, Landbuch-Verlag, Hannover 1992, ISBN 3-7842-0479-1

Einzelnachweise

  1. Uwe Ohainski, Jürgen Udolph: Die Ortsnamen des Landkreises Osterode. In: Jürgen Udolph (Hrsg.): Niedersächsisches Ortsnamensbuch (NOB). Teil II, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2000, ISBN 3-89534-370-6, S. 146ff. 
  2. Emil v. Ottenthal, Hans Hirsch.: Die Urkunden Lothars III. und der Kaiserin Richenza. In: Monumenta Germaniae Historica, Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Band 8. Berlin 1927. Nr. 31, S. 47f. Auszug mit markiertem Burgnamen (gif)
  3. www.von-dem-knesebeck.org/intern/750jahre.html
  4. Thea Leitner: Skandal bei Hof, Ueberreuter, 1993, ISBN 3800034921

Weblinks

51.62902777777810.4088888888897Koordinaten: 51° 37′ 45″ N, 10° 24′ 32″ O


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