Bärentöter

Bärentöter
Karl May als Old Shatterhand, 1896

Old Shatterhand (englisch für „Alte Schmetterhand“) ist eine fiktive Gestalt, die der deutsche Schriftsteller Karl May für seine Wildwest-Romane schuf. Die Person ist mit Kara Ben Nemsi aus Mays Orient-Romanen identisch. Er verkörpert den unfehlbaren Helden. In mehreren Romanen werden die Geschehnisse aus Old Shatterhands Sicht in Ich-Form erzählt (Reiseerzählungen), in anderen aus Sicht eines allwissenden Erzählers (Jugendromane), wodurch auch Szenen erfasst werden, an denen Old Shatterhand nicht unmittelbar beteiligt ist.

Inhaltsverzeichnis

Karl May und Old Shatterhand

Durch die Ich-Erzählweise setzte bei den Lesern eine Identifizierung des Autors Karl May mit seiner Romanfigur ein, die von ihm über lange Zeit bestärkt wurde. ("Ich spreche und schreibe: Französisch, englisch, italienisch, spanisch, griechisch, lateinisch, hebräisch, rumänisch, arabisch 6 Dialekte, persisch, kurdisch 2 Dialekte, chinesisch 2 Dialekte, malayisch, Namaqua, einige Sunda-Idiome, Suaheli, Hindostanisch, türkisch und die Indianersprachen der Sioux, Apachen, Komantschen, Snakes, Utahs, Kiowas nebst dem Ketschumany 3 südamerikanische Dialekte. Lappländisch will ich nicht mitzählen."). Diese so genannte „Old-Shatterhand-Legende“ führte auch dazu, dass er 1896 Werbefotos in Wildwest- und Orientkostümierung anfertigen ließ.

Die Romanfigur

Im Band „Winnetou I“ ist der Ich-Erzähler ein junger Deutscher, der als Hauslehrer in St. Louis arbeitet. Auf Vermittlung seiner Freunde fährt er als Landvermesser in den Westen, um mit weiteren Männern eine neue Eisenbahnstrecke zu vermessen. Seinen Namen erhält Shatterhand in dieser Erzählung durch den Oberingenieur eines benachbart arbeitenden Bautrupps. Der Ingenieur führt den Namen ein, nachdem er gesehen hat, wie der Ich-Erzähler einen feindlich gesinnten Westmann von großer Körperkraft mit einem einzigen Hieb gegen die Schläfe bewusstlos schlägt. Sam Hawkens übernimmt diesen Kriegsnamen sofort, obwohl er den Erzähler stets als Greenhorn bezeichnet, und macht ihn im Wilden Westen bekannt. Nachdem Old Shatterhand den Apachenhäuptling Intschu-tschuna und dessen Sohn Winnetou unerkannt vor dem Marterpfahl der Kiowas rettet, wird er kurz danach von Winnetou im Kampf schwer verletzt (Stich mit einem Messer in den Hals) und in das Lager der Mescalero-Apachen verschleppt. Während seiner Genesung wird er von Winnetous Schwester Nscho-tschi gepflegt, die sich dabei in ihn verliebt. In einem Schwimmwettkampf gegen Intschu-tschuna als Gottesurteil muss er um seine Freiheit kämpfen. Nachdem er gesiegt hat, wird er Winnetous Blutsbruder (Karl May – gesammelte Werke, Band 7: Winnetou 1. Teil). Winnetou nennt ihn seitdem oft „Scharlih“ („Charlie“ = „Karl“).

„Winnetou I“ ist zwar innerhalb der Karl-May-Chronologie[1] der „erste“ Band, aber nicht der erste Text, den Karl May mit dem Helden „Old Shatterhand“ geschrieben hat. Tatsächlich macht die Figur eine ähnliche literarische Entwicklung durch wie Winnetou. Beim ersten Auftreten innerhalb der „Chronologie“ ist der Held daher schon zur Vollendung gereift.

Die weiteren Abenteuer Old Shatterhands sind zu finden in den Bänden:

  • Winnetou 1-3
  • Old Surehand 1-3
  • Satan und Ischariot 1-3
  • Der Schatz im Silbersee
  • Der Sohn des Bärenjägers
  • Der Ölprinz
  • Der Geist des Llano estacado
  • Der schwarze Mustang
  • „Weihnacht!“
  • Winnetou IV

und etlichen kürzeren Erzählungen.

Andere Namen

Von den Utah-Indianern im Roman „Der Schatz im Silbersee“ wird Shatterhand auch Pokai-mu (tötende Hand) genannt. Die Sioux nennen ihn Vauva-shala, die Apachen Selki-lata, die Shoshonen Nonpay-klama, die Komantschen Nina Nonton, die Yumas in Nordmexiko Tave-schala und die Upsarokas Nonpeh-tahan.

Bärentöter (Mitte) und Henrystutzen (rechts) im Karl-May-Museum Radebeul. Links Winnetous Silberbüchse.

Standard-Ausstattung

Old Shatterhand besaß einen Rappen mit dem indianischen Namen Hatatitla (Blitz) und zwei markante Gewehre: den Henrystutzen (ein Gewehr, mit dem man 25 Mal schießen konnte ohne nachzuladen) und den „Bärentöter“ (eine sehr schwere Büchse, die sogar einen Bären mit einem Schuss auf große Entfernung töten konnte). Beide Gewehre erhielt er von dem Büchsenmacher Henry aus St. Louis (Winnetou 1. Teil und 2. Teil).

Charakter, Fähigkeiten und Kenntnisse

Old Shatterhand ist uneingeschränkt der „guten“ Seite zuzuordnen und kämpft zusammen mit Winnetou und/oder mit anderen Gefährten gegen die meist klar abgetrennte „böse“ Seite. Dabei ist er bemüht, sich Feinde zu Freunden zu machen. Er tötet Feinde nur wenn es die Selbstverteidigung erfordert. Ansonsten macht er sie durch gezielte Schüsse in Gliedmaßen oder durch Fausthiebe lediglich kampfunfähig. Er ist ein perfekter Trapper, Schütze und Reiter sowie Meister in anderen nötigen Fertigkeiten des „Westens“ („Westmann“). Spezifische „West“-Fertigkeiten und -Kenntnisse wurden ihn erst von Sam Hawkens, später von Winnetou gelehrt; allgemeine auf Logik und Verstand, Kraft oder Ausdauer basierende Fertigkeiten hat er bereits zuvor.

Er bereist die Welt, um später daheim über Land und Leute Bücher zu schreiben.

Er beherrscht mindestens folgende Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Apache, Komantsche, Kiowa, Utah, Arabisch, Türkisch, Persisch und Chinesisch.
Ferner besitzt er umfassende Kenntnisse in folgenden Wissensgebieten: Mathematik, Physik, Astronomie, Meteorologie, Chemie, Botanik, Zoologie, Anatomie, Medizin, Mechanik, Literatur, Poesie/Lyrik, Musik, Geschichte, Völkerkunde, Geografie sowie Theologie aller Weltreligionen (Er kennt die Bibel und den Koran auswendig). Er ist ein trainierter Läufer, Ringer und Schwimmer.

Zudem ist er ein bekennender (ursprünglicher) Christ. In dieser Eigenschaft distanziert er sich von „Alibi“-Christen, die zwar regelmäßig in die Kirche gehen, aber die eigentlichen christlichen Tugenden nicht aufweisen. Andere Religionen, besonders den Islam, sieht er als verfehlt an und spricht darüber auch offen mit deren Angehörigen.

Er betont mehrfach die grundsätzliche Gleichberechtigung zwischen menschlichen Rassen und Ethnien und verurteilt auch unmittelbaren Rassismus, fällt aber dennoch Werturteile sowohl gegenüber Rassen (Afrikaner seien gutmütig und sorglos; Chinesen seien verschlagen; Beduinen seien räuberisch usw.) als auch gegenüber einzelnen Personen, denen er an den Gesichtszügen Charaktereigenschaften ablesen kann.

Obwohl er Winnetou stets als perfekten Meister aller Disziplinen im Westen beschreibt, ist er diesem doch noch etwas überlegen. Zudem veranlasst er Winnetou vereinzelt, Entscheidungen zu ändern. Schließlich ist er Winnetou auch durch zivilisatorische Kenntnisse, wie Schriften, Kalender oder Karten entziffern, überlegen. Lediglich in spezifischen Orts-, Sprach- und Ethnienkenntnissen übertrifft ihn Winnetou vereinzelt.

Film und Bühne

Bereits 1938 verkörperte der Schauspieler Ernst Wilhelm Borchert den Old Shatterhand, neben Will Quadflieg als Winnetou, in dem Stück „Winnetou, der rote Gentleman“ an der Berliner Volksbühne unter der Regie von Ludwig Körner.[2]

In mehreren Karl-May-Filmen wurde die Figur des Old Shatterhand durch den amerikanischen Schauspieler Lex Barker verkörpert. Der niederländische Sänger und Schauspieler Bruce Low spielte den Old Shatterhand 1966 und 1968 in der Berliner Deutschlandhalle und 1975 in der Stadthalle Wien.

In der Fernsehserie Mein Freund Winnetou (1979) wurde er von Siegfried Rauch dargestellt. In dem Musical Winnetou (1982) von Ralph Siegel spielt ihn der deutsche Regisseur, Schauspieler und Synchronsprecher Rüdiger Bahr. Auf der Freilichtbühne in Elspe im Sauerland spielte der Schauspieler Jochen Bludau lange Jahre an der Seite von Pierre Brice als Winnetou die deutsche Heldengestalt. In den frühen 1950er Jahren spielte Hellmut Lange den Old Shatterhand auf einer Freilichtbühne in Stuttgart. Sein Partner, der den Indianerhäuptling verkörperte, war Sigurd Fitzek.

Das erste Auftreten von Old Shatterhand im Film erfolgte im deutschen Kinofilm Der Schatz im Silbersee (1962), dem größten deutschen Kinoerfolg der 1960er-Jahre. Die Verfilmungen halten sich bestenfalls lose an Mays Romanvorlagen, so war der Hauptdarsteller des Buches im „Kampf um Butlers Farm“ Old Firehand und nicht Old Shatterhand. Auch wurde in der Film-Version auf diverse Ausrüstungsgegenstände und Kleidungsstücke der Romanbeschreibung gänzlich verzichtet. Lex Barker rasiert sich in den ersten Szenen der Silbersee-Verfilmung den vorhandenen Vollbart ab und symbolisiert so die Wandlung der Figur vom literarisch-antiquierten zum „fortschrittlichen“ Film-Helden. Weitere Unterschiede der Darstellung durch diesen Schauspieler zur Romanvorlage sind das Fehlen des Hutes und die Fußbekleidung, die aus Mokassins statt aus knielangen Stiefeln besteht.

Der Kinofilm Old Shatterhand (1964) beruht auf keiner literarischen Vorlage von Karl May.

Karl-May-Filme mit Old Shatterhand

Im Hörspiel

Das Hörspiel entdeckte schon viel früher die Wildwest-Erzählungen. Und hier gab es eine größere Anzahl verschiedener Old Shatterhands.

Eine Auswahl:

und viele mehr...

Kurioses

  • Im James Bond-Roman „Du lebst nur zweimal“ aus dem Jahr 1964 heißt der Deckname des Bösewichts Blofeld Dr. Guntram Shatterhand.

Einzelnachweise

  1. Es gibt eigentlich keine Chronologie, da die Erzählungen und Romane nicht aufeinander abgestimmt sind. Versuche, die Texte durch äußere Faktoren (historische Ereignisse) oder interne Verweise (z.B. auf frühere Abenteuer/Bekanntschaften) zu sortieren, enden unweigerlich im Chaos.
  2. Will Quadflieg: Wir spielen immer: Erinnerungen, Fischer Verlag (1990) - ISBN 3-10063-101-3

Weblinks


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