- Bücker Flugzeugbau, Berlin-Johannestal
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Bücker Flugzeugbau war eine deutsche Flugzeugbaufirma, die sich auf die Entwicklung und den Bau von Sport- und Schulungsflugzeugen spezialisiert hatte. Gegründet hatte die Firma Carl Clemens Bücker, ein ehemaliger Marineflieger des Ersten Weltkriegs, 1933 in Berlin-Johannisthal, von wo sie 1935 in eine neugebaute, größere Werksanlage nach Rangsdorf bei Berlin übersiedelte. Von Schweden, wo Bücker vorher in enger Zusammenarbeit mit der Firma Ernst Heinkel, Rostock tätig gewesen war, hatte er seinen Chefkonstrukteur Anders J. Anderson mitgebracht. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden Flugzeuge, welche den Namen Bücker in aller Welt bekannt machten und verschiedentlich auch im Ausland in Lizenz gebaut wurden. Nicht von Anfang an, dann aber zunehmend, trat auch die Luftwaffe als Auftraggeber in Erscheinung. Nach dem Kriegsende und – wie überall – dem völligen Zusammenbruch der Firma, wurden die Werksanlagen beschlagnahmt und von der sowjetischen Besatzung genutzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die schwierige Anfangszeit
Wenn man der Literatur glaubt, so müsste das etwa gleichzeitig mit der Firma Bücker entstandene Reichsluftfahrtministerium (RLM) nur darauf gewartet haben, Produktionsstätten für Flugzeuge für den geheimen Aufbau der Luftwaffe zu bekommen. Neugründungen wie Bücker und andere hätten zu Recht annehmen können, mit offenen Armen aufgenommen zu werden. Das mag bei einigen anderen deutschen Flugzeugbauern auch so gewesen sein, die außerdem durch die Zusage der Übernahme der Entwicklungskosten für ihre Flugzeuge durch das RLM eine kräftige Förderung erfuhren. Nicht aber Carl C. Bücker und seine Firma. Wie es um seine Pläne und Möglichkeiten für die Zukunft aussah, lässt sehr anschaulich ein Aktenvermerk des Technischen Amts des RLM vom 1. Dezember 1933 erkennen, der hier deshalb auch im Wortlaut wiedergegeben werden soll:
LC III Nr.5989/33 geheime Kommandosache den 1. Dezember 1933 A k t e n n o t i z
Betr.: Bücker Flugzeugbau
Ich habe Herrn Bücker am 20. November im Auftrag des Herrn Amtschef folgendes eröffnet:
- Das Technische Amt hat an Bücker Flugzeugbau als Konstruktions- oder Nachbaufirma kein Interesse.
- Selbst wenn Bücker Flugzeugbau ein brauchbares K-Flugzeug (K bedeutet Kriegs-) herausbrächte, würde das Technische Amt dem Bücker Flugzeugbau keinen Serienauftrag hierauf geben, sondern die Serienaufträge in Lizenz bei einer der alten Firmen bauen lassen. Ich wies darauf hin, dass ab Ende 1935 das RLM den alsdann erheblich verminderten Auftragsbestand dringend zur Erhaltung der angestammten Flugzeugindustrie benötige. Es sei unmöglich, bei verringertem Auftragsbestand eine Firma zu berücksichtigen, gegen die die bekannten Einwände (ausländisches Kapital von wirtschaftlicher Seite, Geheimhaltung, unerwünschte Massierung der Flugzeugindustrie in Johannisthal) vorlägen.
- Ich stellte Herrn Bücker jedoch ganz unverbindlich in Aussicht, daß ich ihm vielleicht in der nächsten Zeit monatlich etwa 2 Reparaturmaschinen zuweisen könnte, was auch noch sehr fraglich wird. Zuweisungen größeren Stils in Reparaturflugzeugen lehnte ich ab, um irgendwelche Investierung, und sei sie noch so bescheiden, in dieser Hinsicht zu vermeiden.
- Herr Bücker antwortete, dass er unter diesen Umständen versuchen wolle, die Firma rein mit privaten Aufträgen, wie Fieseler und Gerner, welche zur Zeit sehr gut beschäftigt seien, durchzubringen.
gez. Amtschef Chefingenieur H I III 1 d.A.
Alle haben unterzeichnet bis auf H I, wo der Inhalt wohl etwas zurückhaltend betrachtet wurde. Vor dessen Unterschrift steht nur „Kenntnis genommen“. Amtschef war zu dieser Zeit Oberst Wilhelm Wimmer, der wie der Chefingenieur Roluf Lucht schon im Heereswaffenamt in gleicher Weise tätig gewesen waren. Letzterer scheint, wenn auch nicht eindeutig erkennbar, der Verfasser der Aktennotiz gewesen zu sein. Die für die Flugzeugentwicklung zuständige Abteilung LC II leitete der damalige Hauptmann Dr.-Ing. Wolfram von Richthofen.
Offensichtlich ging Bückers Rechnung in der Folgezeit auf. Das Flugzeugmuster Bü 131 Jungmann und auch die wenig später entwickelte Bü 133 Jungmeister wurden fast weltweit zu Verkaufserfolgen. Mehrere Länder interessierten sich für die Nachbaurechte. Nur die Luftwaffe zeigte weiter kein Interesse an Bückerflugzeugen. Im Flugzeugbeschaffungsprogramm vom 31. März 1934 taucht der Name überhaupt nicht auf. Bei einer Entwicklungsbesprechung im Dezember 1934 unter Leitung von LC II von Richthofen werden ausdrücklich Schulflugzeuge im Leistungsbereich 60 bis 80 PS abgelehnt, also genau die Klasse, in der sich die Bü 131 A mit ihrem Motor HM 60 R befand. Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass diese Entscheidung bei Bücker wenig später zum Anlass genommen wurde, das Flugzeug als Baureihe B auf den stärkeren Motor HM 504 A mit 105 PS umzustellen. Das erste Flugzeug dieser Ausführung mit dem Kennzeichen D-EJUF findet sich im Flugbuch des Einfliegers Josef Beier allerdings erst am 1. Februar 1936. Nicht weiter verwunderlich ist auch, dass ein Flugzeug Bü 131 B (D-EJFI, Werknr.269) in einem Flugzeugentwicklungsprogramm erst am 1. Oktober 1936 erscheint, mit der Bemerkung „Umrüstung auf Motor HM 504“, mit dem Datum der Aufgabenstellung an die Industrie 7.36, der Fertigstellung und dem Erprobungsbeginn bei der Erprobungsstelle Rechlin 8.36. Dieses Flugzeug ist zu der Zeit auch in mehreren Rechliner Flugbüchern nachzuweisen.
Im nächsten sowie im übernächsten Entwicklungsprogramm vom 1. April 1937 ist die Bü 131 bereits wieder verschwunden. Dafür erscheint die Bü 133 mit Motor Siemens Sh 14 A, mit einer Bestellung von 6 V-Flugzeugen (V-1 bis V-6), aber einmal mit dem Hinweis „Eigene Entwicklung der Firma“ und unter Bemerkungen: “Muster wird nicht beschafft“. Dass dann, wohl unter dem Eindruck des internationalen Erfolgs der beiden Bückerflugzeuge, die Luftwaffe doch einen Auftrag zur Lieferung von Bü 131 und später auch Bü 133 an die Firma vergab, konnte wohl nicht vermieden werden. Dass aber Bücker dafür beim Preis unter schweren Druck gesetzt worden sein muss, geht aus der Tatsache hervor, dass ihm für einen Jungmann nur 12 000 RM, für einen Jungmeister 14 000 RM gezahlt wurden, während Klemm für eine Kl 35 17 500 RM erhielt. Ebensoviel war für eine Focke-Wulf Fw 44 fällig, und auch eine Heinkel He 72 erzielte 16 000 RM. Alle diese Preise wurden nur noch von dem der Klemm Kl 25 unterboten, für die lediglich 10 600 RM bezahlt wurde.
Erfolge für Bücker
Erstaunlich ist, dass Bücker es schaffte, unter diesen erschwerten Bedingungen und ohne sicheres Auftragspolster im Herbst 1935 auf dem in Rangsdorf neu geschaffenen Reichssportflughafen sein neues Werk in Betrieb zu nehmen und dort die Fertigung seiner beiden Flugzeugmuster fortzuführen und bald sogar zu erweitern. Dazu halfen ihm größere Aufträge u. a. aus Rumänien und Ungarn, aber auch aus Niederländisch-Indien und aus Japan. Die Schweiz wählte 1936 die beiden Bückerflugzeuge nach Vergleich mit vielen Konkurrenzfabrikaten als ihre Standardschulflugzeuge aus, kaufte je 6 Stück bei Bücker und erwarb die Nachbaurechte. Bei der schweizerischen Fertigungsstätte der Firma Dornier in Altenrhein, mit „Doflug“ bezeichnet, wurden anschließend 88 Stück Bü 131 und 46 Bü 133 gebaut, die dann über dreißig Jahre ihren Dienst leisteten, bis sie ausgesondert werden mussten. Viele davon fliegen noch heute in privaten Händen.
Inzwischen hatten sich Bückerflugzeuge in aller Welt als herausragend erwiesen. Der Jungmeister stand nach vielen Siegen in Kunstflugwettbewerben im Ruf, das beste Kunstflugzeug der Welt zu sein. Ob Liesel Bach oder Graf Hagenburg, fast überall holten sie die ersten Plätze und machten den Namen der Rangsdorfer Firma immer bekannter.
Noch in einem anderen Punkt war Bücker seiner Zeit voraus. Er war der Erste, der auch weiblichen Piloten eine Möglichkeit gab, beruflich tätig zu werden. So stellte er bereits während der Arbeit in Johannisthal die erst 24 Jahre alte Luise Hoffmann als Einfliegerin, Überführungs- und Vorführpilotin ein. Leider verunglückte sie auf dem Heimflug von einer Vorführtour nach Griechenland, in die Türkei und nach Bulgarien schwer und starb kurz danach am 27. November 1935. Nach ihr bekamen die gleiche Chance noch zwei weitere junge Fliegerinnen, Eva Schmidt und Beate Köstlin, die nach Verheiratung mit ihrem und Schmidts Fluglehrer den Namen Uhse trug. Beide holten mit Bückerflugzeugen Siege bei verschiedenen Veranstaltungen.
Langsamer Wandel beim Technischen Amt
Beim Technischen Amt der Luftwaffe war, trotz des Übergangs der Leitung von Oberst Wimmer auf den nun ebenfalls Oberst gewordenen Ernst Udet am 10. Juni 1936, noch keine grundlegende Änderung seiner Haltung zu erkennen. In einer Entwicklungsprogramm-Besprechung am 20. Januar 1937 unter Leitung von Major Werner Junck, der inzwischen von Richthofen in der Leitung von LC II gefolgt war und an der Roluf Lucht, nun Oberstabsingenieur, teilnahm, wurde festgestellt, dass für die Firmen Weser Flugzeugbau (vorher Rohrbach), Bücker, Ago, Klemm und Fieseler „keine weiteren Aufgaben vorhanden seien und auch nicht damit zu rechnen sei, da anfallende Aufgaben in Zukunft von den übrigen Entwicklungsfirmen geleistet werden könnten“. Empfohlen wurde diesen Firmen, sich der Entwicklung eines sogenannten Volksflugzeugs zuzuwenden, mit Motoren von 50 bis 60 PS. Diese Idee wurde bei Klemm (Kl 105), Siebel (Si 202) und Fieseler (Fi 253) aufgegriffen, offensichtlich aber auch bei Bücker (Bü 180).
Die Bücker Bü 131 führte aber immer noch bei der Luftwaffe ein Schattendasein. Das geht z. B. aus dem Flugzeugbeschaffungsprogramm Nr. 8 vom 15. Juli 1937 hervor. Danach waren bis zum 31. März 1937 363 Stück Bü 131 und ganze 14 Bücker Bü 133 übernommen worden, denen aber 653 He 72 und sogar 1570 Fw 44 gegenüber standen. Von letzteren waren überdies 85 Stück von Bücker selbst als RLM-Auftrag in Lizenz gebaut worden, sicher nicht mit Begeisterung. Dass es auch noch ein Stieglitz der benachbarten Reichsschule für Motorflug war, der sich am 21. Mai 1939 selbständig machte und den Einflughangar von Bücker in Brand setzte, in dem 40 bis 50 ablieferbereite Flugzeuge verbrannten, kam noch hinzu. Durch diese Katastrophe sank die Lieferungsrate der Bü 131 für zwei Monate auf Null. Da die Truppe anscheinend bereits Gefallen an dem Flugzeug gefunden hatte, fand man beim RLM eine Lösung für eine Steigerung der Fertigung. Die Firma Aero in Prag stand nun, nach Errichtung des Protektorats Böhmen-Mähren, zur Verfügung. Sie bekam den Auftrag, 200 Stück Bü 131 in Lizenz zu bauen. Diese Flugzeuge waren bis September 1941 ausgeliefert.
Die folgenden zwei Entwürfe Andersons, das nur als Einzelstück gebaute Sportflugzeug Bü 134 und auch die Bü 180 „Student“ könnten durchaus in Verwirklichung der von LC II vorgeschlagenen „Volksflugzeug“-Idee entstanden sein. Allerdings fiel die Bü 134 mit der Leistung des eingebauten HM 504 A mit 105 PS etwas aus dem Rahmen. Das NSFK, das als größerer Abnehmer eines solchen Flugzeugs in Frage kam, hat allerdings für den „Student“ kein Interesse gezeigt, so dass es nur zu einer kleinen Serie kam. Dass mit einem Student einige Weltrekorde aufgestellt wurden, änderte daran nichts. Einige davon wurden aber ins Ausland verkauft. Auch Udet hatte das Flugzeug mit Vergnügen nachgeflogen. Möglicherweise hatte dieser Flug zur Folge, dass auch die Luftwaffe einige Student übernahm, obwohl das Flugzeug gar nicht in das oben geschilderte Konzept passte. Auch das letzte, von Anderson bei Bücker entworfene Muster, Die Bü 182 "Kornett", von der nur drei Stück gebaut wurden, fand beim RLM keine Gegenliebe, obwohl die darin verkörperte Vorstellung, ein im Betrieb billiges, aber hoch beanspruchbares Fortgeschrittenen-Übungsflugzeug zu bekommen, sehr viel für sich hatte.
Der Umschwung und das Ende
Eine neue, wenn auch nicht sofort als solche erkennbare Möglichkeit für Bücker ergab sich, als Ende 1937/Anfang 1938 sich abzeichnete, dass für die in Betrieb befindlichen Muster von Anfangsschulflugzeugen, nun 4 an der Zahl, ein Ersatz gefunden werden musste. An diesem Punkt ist eine Lücke vorhanden, was Dokumente angeht. Bisher ist nirgendwo eine Ausschreibung des Technischen Amts für ein derartiges Einheitsschulflugzeug aufgetaucht. Es fällt auch auf, dass nicht, wie sonst meist üblich, 3 Firmen zur Abgabe von Projekten aufgefordert worden sind. Neben Bücker arbeitete nur Klemm in ähnlicher Richtung, aber ebenso ohne Vorgabe des RLM. Man kann also nicht sagen, woher die eigentlich naheliegende Idee stammt, Fluglehrer und Flugschüler nebeneinander zu setzen, wie es bei der Bü 181 erstmals der Fall war. Wenn sie vom RLM oder vielleicht von der E-Stelle Rechlin gekommen wäre, hätte das als Forderung in der anscheinend aber nicht vorhandenen Ausschreibung gestanden haben müssen. Es ist deshalb möglich, ja sogar sehr wahrscheinlich, dass auch diese Idee, wie viele andere, von Anderson stammte, da er sie ja auch schon bei der Bü 134 verwirklicht hatte. Fest steht jedenfalls, dass die Entwicklung der Bücker Bü 181 nicht im Auftrag des Technischen Amts unternommen wurde, sondern, wie auch schon bei allen Bücker-Vorgängermustern, auf eigenen Entschluss des Firmenchefs, der auch das ganze Risiko zu tragen hatte. Deshalb stand auch diesmal im 0-Serienprogramm des Technischen Amts Nr. 11 vom 26. April 1939 bei der Bü 181 „Eigene Entwicklung“. Diese Eintragung wäre nicht gut möglich, wenn es einen entsprechenden Auftrag vom RLM gegeben hätte. Bücker und Anderson wagten und gewannen. Eine Reihe von Beanstandungen, die der jetzige Generalmajor Udet bei seinem Flug am 3. März 1939 mit der V-1, D-EPDS gefunden hatte, wurde durch z. T. weitgehende Änderungen an den folgenden Flugzeugen schnellstens beseitigt. Danach bestand das Flugzeug die harte Erprobung in Rechlin. Mangels weiterer Konkurrenz musste das Technische Amt seine Wahl treffen und die Bü 181 zum neuen Standardschulflugzeug der Luftwaffe bestimmen. Eine Großserie, später mit noch zwei weiteren Fertigungsbetrieben, löste nun alle anderen bisherigen Schulflugzeuge ab. Bücker war, wenn auch mit kleinen Flugzeugen, in die erste Reihe der großen deutschen Flugzeugbauer aufgestiegen.
Fast unbekannt geblieben ist die Tatsache, dass Bücker während des Krieges auch mit der Entwicklung von Propellerschlitten befasst war, wobei ein im Osten erbeuteter sowjetischer Schlitten Vorbild und Vergleichsmöglichkeit war.
Das Kriegsende bedeutete auch für die gegen alle Widerstände groß gewordene Firma das endgültige Aus.
Nachkriegszeit
Jahre später versuchte C. C. Bücker nochmals, zusammen mit der Firma Josef Bitz in Augsburg, eine kleine Fertigung seiner, bei Liebhabern immer noch hochgeschätzten Erfolgsflugzeuge Bü 131 „Jungmann“ und Bü 133 „Jungmeister“ einzurichten, hatte aber keinen Erfolg. Auch ein Anlauf einer polnischen Firma, in dem nach dem Abzug der Sowjets leerstehenden und zunehmend vom Verfall bedrohten Werk Flugzeuge Bü 131 zu bauen, scheiterte am Widerstand der Bewohner in den darum herum stark gewachsenen Wohngebieten.
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