Büyük Birlik Partisi

Büyük Birlik Partisi
Partei der Großen Einheit
Büyük Birlik Partisi.svg
Vorsitzender Mustafa Destici
Gründungsjahr 1993
Gründer Muhsin Yazıcıoğlu
Politische Ideologie Islamismus, Nationalismus
Abkürzung BBP
Webpräsenz www.bbp.org.tr

Die Büyük Birlik Partisi, BBP, (deutsch: Partei der Großen Einheit) ist eine nationalistische und islamistische politische Partei in der Türkei. Ihr Vorsitzender Muhsin Yazıcıoğlu starb im März 2009 bei einem Hubschrauberabsturz.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die BBP entstand, als der radikale Flügel der "Partei der Nationalistischen Arbeit" - so hieß die Partei der Nationalistischen Bewegung zwischenzeitlich - um den Abgeordneten Muhsin Yazıcıoğlu sich am 7. Juli 1992 von der Partei lossagte und schließlich auf dem "historischen Entscheidungsparteitag" die Gründung einer neuen Partei ankündigte. Am 29. Januar 1993 wurde die "Partei der Großen Einheit" offiziell gegründet. Sie betrachtet sich laut eigener Website als wahre Erbin der nationalistischen MHP und fühlt sich als Teil der türkischen „Idealisten“-Bewegung, aus deren Reihen der Vorsitzende Yazıcıoğlu hervorging.

Parteiprogramm und Satzung

Der Islam

Die Partei versteht den Islam als die Religion, die den Menschen Wohlstand, Frieden und Gerechtigkeit bringe. Er bedeute Ehre und Glück. Gleichzeit sei der Islam eine heilige Quelle der Kraft. Der Islam habe den Menschen die grundlegende Verfassung (düstur) gebracht und zeige die Richtung auf.[1]

Die BBP betonte in ihrem Programm aus dem Jahre 1993 den Islam als das Hauptelement ihrer türkisch-islamischen Identität. Harald Schüler [2] gibt die Passage folgendermaßen wieder:

"Quelle und Fundament unseres Politikverständnisses sind unser Glaube und unsere kulturellen Werte, die unsere Nation über Jahrhunderte aufrecht erhalten haben und gewährleisteten, dass wir in der Geschichte einen ehrenvollen Platz einnehmen. Unser Glaube, der das bestimmende Element unserer muslimisch-türkischen Identität ist, gibt uns jene unverzichtbaren Prinzipien an die Hand, die gewährleisten, dass unsere Nation heute und Zukunft jenen Platz einnehmen wird, der ihr zusteht."

Im aktuellen Parteiprogramm heißt es ferner, die politische Elite der Türkei habe sich nicht um die Belange Gottes und des Volkes gekümmert, sondern um das Wohl des Westens.[1]

Laizismus

Laut Parteiprogramm ist Laizismus gleichbedeutend mit der Neutralität des Staates gegenüber der Religion. Laizismus umfasse ferner das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf freie Ausübung des religiösen Glaubens, insbesondere auch die Teilnahme an religiösen Zeremonien und das Recht auf religiöse Schulung.[1]

Nationalismus und Kurdenfrage

Die wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit mit der "türkischen Welt" wird als Ziel formuliert. Die Türkei und "ihre Volksgenossen im Osten", würden zu einem Tageslöhner für die Interessen des Westens, der zudem noch die "heruntergekommen Werte" des Westens vertrete. [1]

Nationalismus, der auf dem "Prinzip der Rasse" besteht wird laut Parteiprogramm abgelehnt. Kurden werden nicht als eigenständiges Volk, sondern als "Brüder, die demselben unteilbaren Volk angehören", betrachtet.

Rechtsextremismus und Antisemitismus

Laut verschiedenen Verfassungsschutzberichten wird die BBP als rechtsextrem und als Teil der Bewegung der Grauen Wölfe angesehen, die eine "rassistisch-nationalistische Orientierung" habe und für "Gewaltbereitschaft und totalitäre Strukturen" stehe. Islamwissenschaftler Michael Kiefer sieht im Programm der BBP Ähnlichkeiten zur deutschen NPD. Andere Experten sprechen außerdem von antisemitischen und militanten Tendenzen.[3] Die Frankfurter Allgemeine Zeitung betrachtet die BBP als "extrem nationalistisch"[4]

Der Fall Hrant Dink

Der BBP wird nachgesagt, am Mordkomplott gegen den armenischstämmigen Publizisten Hrant Dink im Jahr 2007 beteiligt gewesen zu sein.[3] Es stellte sich heraus, dass der gegenwärtige Vorsitzende der BBP in Trabzon der Familie des mutmaßlichen Anstifters Yasin Hayal Geld überwiesen hatte, als dieser wegen eines Anschlags auf eine McDonald's-Filiale in Haft saß. Die Parteiführung behauptete, es habe sich um eine "Spende für einen Bedürftigen" gehandelt, die nichts mit dem Mord zu tun gehabt habe.[5]

Wahlergebnisse

Die BBP erzielte bei den Kommunalwahlen in der Türkei 1994 landesweit 0,43 Prozent der Stimmen und stellte insgesamt elf Bürgermeister in der gesamten Türkei. Lokale Hochburgen der BBP bei den Provinzratswahlen im gleichen Jahr waren die Provinzen Sivas (18 %) und Kahramanmaraş. Harald Schüler [6] führt dies darauf zurück, dass Sivas die Heimatprovinz des Vorsitzenden Yazıcıoğlu ist und dass die Partei den politisch-religiösen Gegensatz zwischen Aleviten und Sunniten erfolgreich instrumentalisiert. Landesweit errang sie einen Stimmenanteil von 1,26 Prozent.

Durch ein Wahlbündnis mit der ANAP konnten bei den vorgezogenen Neuwahlen 1995 sieben Abgeordnete der BBP für die ANAP in die Große Nationalversammlung der Türkei einziehen. Ein Jahr später scheiterte das Wahlbündnis und die Abgeordneten kehrten der ANAP den Rücken. Bei den Parlamentswahlen 2002 lag der Stimmenanteil der BBP bei 1,02 Prozent. 2006 stellte die BBP elf Bürgermeister, drei davon in der Provinz Trabzon, zwei in der Provinz Sivas. Bei den Parlamentswahlen 2007 kandidierte Muhsin Yazıcıoğlu als Unabhängiger und wurde direkt ins Parlament gewählt.

Organe und Nebenorganisationen

Höchstes Parteiorgan ist der "Große Parteitag" (Büyük Kurultay). Er tritt all zwei Jahre zusammen. Zwischen den Parteitagen ist das Präsidium (Merkez Karar Yönetim Kurulu) die höchste Parteiinstanz. Es besteht aus 80 Haupt- und 40 Ersatzmitgliedern. Vorsitzender des Präsidiums ist der Parteivorsitzende. Der Vorstand (Başkanlık Divanı) führt die Tagesgeschäfte. Ihm gehören der Vorsitzende, der Generalsekretär und die stellvertretenden Vorsitzenden an. Es existiert ferner ein zentraler Disziplinarrat (Merkez Disiplin Kurulu) bestehend aus neun Haupt- und neun Ersatzmitgliedern, die auf dem Großen Parteitag gewählt werden. Der Beirat (Genel İstişare Kurulu) besteht aus Präsidium, Vorstand, Disziplinarrat, Gebietskoordinatoren, Vorsitzenden der Frauen- und Jugendverbände, den Provinzvorsitzenden, den Bürgermeistern und weiteren Mitgliedern, die vom Vorstand bestimmt werden.

Der Verband der Türkischen Kulturvereine in Europa

In Europa ist die BBP durch den "Verband der türkischen Kulturvereine in Europa" (Avrupa Türk Birliği, ATB) vertreten. Die Organisation entstand 2002 als Nachfolgerin der Avrupa Nizam-ı Alem Ocakları Federasyonu (ANOF). Der gegenwärtige Vorsitzende ist Recep Yıldırım. Zitate von der Website (atb-europa.com):

"Wer seine Religion leugnet, ist nichts, wer seinen Stamm leugnet, ein Bastard" (Dinini inkar eden HİÇ, soyunu inkar eden PİÇ'tir.)
"Nationalismus ist unser Blut, das Wesen des Grauen Wolfes unser Stamm, auf dem Wege ALLAHs ist unser Weg eins. Wir sind die ALPERENs, die Enkel der Osmanen. Für die rote Fahne mit dem Halbmond und Stern geben wir unser Leben." (Milliyetçilik kanımız, bozkurtluktur soyumuz, ALLAH yolunda BİR'dir yolumuz, Biz Osmanlı'nın torunları ALPEREN'leriz, Ayyıldızlı al bayrak için can verenleriz.)

Die Alperen Ocakları

Die Jugendverbände der BBP nennen sich Alperen Ocakları (ocak bedeutet "Herd" aber in diesem Sinne wird es als "Unterschlupf" oder "Versammlungsort" angewendet).

Quellen

  1. a b c d Parteiprogramm auf Türkisch (PDF)
  2. Harald Schüler: Die türkischen Parteien und ihre Mitglieder. Deutsches Orient-Institut Hamburg 1998, (S.111)
  3. a b Fragwürdige Friedensmission - Wer war auf dem Schiff nach Gaza?. 3sat.de. Abgerufen am 24. Juli 2011.
  4. faz.net vom 25. Januar 2007
  5. Neue Festnahmen nach dem Mord an Hrant Dink. In: Welt Online, 26. März 2007. Abgerufen am 24. Juli 2011. 
  6. Harald Schüler: Die türkischen Parteien und ihre Mitglieder. Deutsches Orient-Institut Hamburg 1998, (S.114)

Weblinks


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