- ʿIlm ar-ridschal
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Ilm ar-Ridschal (arabisch علم الرجال Ilm ar-Ridschal, DMG ʿIlm ar-riǧāl ‚Wissenschaft (über) die Männer‘) ist ein literarisches Genre der islamischen Literatur, das sich mit den in der isnād-Kette eines Hadith genannten Personen auseinandersetzt. Ziel ist es, so viel Wissen über die Menschen und Hintergründe zusammenzutragen, dass eine Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der jeweiligen Person ermöglicht wird.
Aufgaben
Die Hauptaufgaben der Literaturgattung besteht darin 1. den Charakter der Personen zu ergründen, 2. die Umstände der Übermittlung zu hinterfragen und 3. die Namen so zu identifizieren, dass Verwechselungen zwischen den Überlieferern auszuschließen sind.
Als Grundvoraussetzung zur Überlieferung wurden gemeinhin allgemeine Fähigkeiten wie gute Gedächtnisfähigkeit, kompetente Sprachfähigkeiten und eine generelle Sorgfalt im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung ausgemacht. Stärker als diese Qualitäten wurde allerdings die moralische Integrität der überliefernden Person gewichtet. So hat es sich um einen (erwachsenen) Muslim zu handeln, der sich der Verantwortung seiner Aufgabe bewusst sein sollte. Zudem sollte er frei von Sünden sein und über einen aufrichtigen Charakter verfügen. Die jeweiligen Charaktereigenschaften werden so anhand des biographischen Materials individuell bewertet und Klassen der Vertrauenswürdigkeit zugeordnet.
Die konkreten Bewertungen und Anforderungen, die an eine Person gestellt wurden um den höchsten Ansprüchen zu genügen, unterliegen dabei in starkem Maße der Einschätzung des jeweiligen Autors. Die oben skizzierten Qualitäten stellen gewissermaßen Leitlinien da, die je nach Präferenz des Gelehrten auch leicht modifiziert und ergänzt werden können. So insistiert Mālik ibn Anas darauf, dass der Übermittler nicht nur die Nachricht (richtig) weitergibt, sondern auch den Inhalt und die Intention des Gesetzes verstanden hat.
Neben der Überprüfung der persönlichen Integrität besteht eine weitere Aufgabe in der Sichtung der biographische Details des Lebens der Überlieferer. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die in den isnād-Ketten behauptete Genealogie des Wissens zumindest theoretische möglich ist. Drei Fragen sind dabei von besonderem Interesse:
- 1. Haben der Wissenüberliefernde und der Wissenempfangende tatsächlich zur gleichen Zeit gelebt, bzw. haben sich die Biographien zumindest teilweise überschnitten?
- 2. Lässt das Wissen um den Werdegang der beiden Personen Rückschlüsse darauf zu, ob sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Lebens gemeinsam an einem Ort aufgehalten haben?
- 3. Wie alt waren sie zum Zeitpunkt des Treffens, das heißt, hatten sie ein Alter erreicht, in dem sie das Gehörte auch geistig vollständig erfassen konnten?
Kritik
Die ʿilm ar-riǧāl als Hilfswissenschaft der Hadith-Gelehrsamkeit wurde schon früh dafür kritisiert, dass sie aus mehreren Gründen sehr anfällig für Fehler sei. So sei es grundsätzlich sehr schwierig den Charakter eines Menschen zu ergründen, ein Problem, das sich durch die große zeitliche Distanz der Beurteilenden zu den Beurteilten noch erheblich verschärft. Abgesehen davon, dass das überlieferte Material sehr knapp sei, könne nicht sichergestellt werden, dass alle nötigen Informationen auch wirklich überliefert wurden. Auch seien teilweise widersprüchliche Angaben im Umlauf. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Überlieferer leicht Opfer von Täuschung werden konnten. Ein gewichtiges Argument ist sicherlich auch, dass es keine Bürgen für die Bürgen gibt, man ihren Einschätzungen also mehr oder weniger bedingungslos vertrauen muss.
Literatur
- Daniel W. Brown: Rethinking tradition in modern Islamic thought. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1996, ISBN 0-521-57077-8 (Cambridge Middle East Studies 5).
- Scarcia B. Amoretti: ʿIlm al-Ridjāl. In: Encyclopaedia of Islam. Band 3. S. 1150–1152.
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