C65

C65
C65
C65 mit geöffnetem Gehäuse
Beschriftung auf dem Mainboard

Der C65, auch als C64DX oder C64DX Development System bezeichnet, sollte 1991 als Nachfolger des Commodore Heimcomputers C64 auf den Markt kommen. Es kam allerdings nie zur Serienproduktion, da sich Commodore keine Konkurrenz zur hinzugekauften Amiga-Linie schaffen wollte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nach der Insolvenz von Commodore wurde bei der Abwicklung des Unternehmens 1994 alles verkauft, was zu Geld zu machen war. So auch sämtliche bisher gebauten Prototypen des C65, welche sich heute ausnahmslos als gesuchte und geschätzte Raritäten in der Hand von Sammlern befinden. Die Angaben über die im Umlauf befindlichen Stückzahlen variieren zwischen 50 und 1000 Stück. Real ist jedoch eine Menge von nicht mehr als 250 Geräten. Die Mehrheit der Besitzer ist ohnehin in der Szene namentlich und mit verfügbarer Seriennummer bekannt.

Unbekannt ist, warum Commodore den C65 entwickelte, da bereits 1986 mit dem Amiga 500 ein sehr ähnliches Gerät existierte. Vermutungen gehen dahin, dass der ungebrochene Erfolg des Commodore 64 einen dedizierten Nachfolger unumgänglich erscheinen ließ, da die Amiga-Serie nicht mit der Soft- und Hardware des 64ers kompatibel war. Es wäre sicher ein Kaufargument für viele Benutzer gewesen, wenn sie die vorhandenen Gerätschaften sowie Programme weiterhin hätten benutzen können. Commodore hatte den Amiga jedoch quasi fast fertig entwickelt zugekauft. Der Amiga war zunächst als Spielkonsole gedacht. Commodore änderte das Design bekanntlich in einen vollwertigen Homecomputer, welcher in zueinander kompatiblen Versionen auch für anspruchsvolle Büroanwendungen genügen sollte. Doch aus der Nische des Homecomputers fand der Amiga nie wirklich heraus. Für den C64 brauchte man indes mehr eine Weiterentwicklung als einen Nachfolger. Dessen erste Pläne zur Entwicklung wurden bereits vor dem Erwerb des Amigas gemacht.

Technische Eigenschaften

Die Prototypen des C65 befinden sich allesamt in jeweils unterschiedlichen, sehr frühen Entwicklungsstadien. So ist zum Beispiel das eingebaute Commodore-BASIC V10.0 noch sehr fehlerhaft und weist zum Teil noch erhebliche Lücken auf. Auch die vorgesehene Kompatibilität zum C64 ist bei weitem noch nicht erreicht. Eigentlich waren diese Vorserienmodelle ja auch nur als Muster für Entwickler und die Presse gedacht.

Startbildschirm des C65
Geöffneter Commodore-65-Prototyp, auf der rechten Seite sieht man das Diskettenlaufwerk

Merkmale

  • Prozessor: CSG 4510
  • Taktfrequenz: 3,54 MHz
  • 128 KB ROM
  • 128 KB RAM, theoretisch erweiterbar auf bis zu 8 MB
  • Videochip: CSG 4569 (VIC-III)
    • unterstützt alle Videomodi des VIC II
    • max. 256 Farben aus einer Palette von 4096
    • Textmodi mit 40/80 Zeichen × 25 Zeilen
    • Grafikauflösungen von 160 × 200 bis 1280 × 400 Pixel
    • synchronisierbar mit externer Videoquelle (Genlock)
    • integrierter DMA-Controller (Blitter)
  • Tastatur mit 77 Tasten und abgesetztem Cursorblock
  • Stereo-SID mit 2 × 3 Stimmen
C65 in Aktion

Prozessor

Als Prozessor wurde mit dem CSG 4510 eine Weiterentwicklung des MOS 65CE02 eingesetzt, da der seinerzeit hochaktuelle Motorola 68000 keine Kompatibilität zum C64 gewährleisten konnte. Der Prozessor wird mit 3,54 MHz getaktet und hat 2 CIAs vom Typ 6526 integriert. Der ursprüngliche 8-Bit-Befehlssatz wurde um einige 16-Bit-RMW-Befehle erweitert, und relative Sprünge und Unterprogrammaufrufe können ebenfalls mit einem 16-Bit-Offset adressiert werden. Somit ist der CSG 4510 eine um 16-Bit-Funktionen erweiterte 8-Bit-CPU. Da nach wie vor auch der komplette Befehlssatz aus dem MOS 6502 enthalten ist, ist der C65 weitgehend binärkompatibel zum C64. Lediglich einige bekannte unzulässige Opcodes des MOS 6502 funktionieren hier nicht mehr, dafür hat der CSG 4510 andere undokumentierte Features parat.

Chipsatz

Ähnlich wie der Amiga hat der C65 verschiedene Co-Prozessoren mit besonderen Aufgaben, und ebenso wie beim Amiga hat man diesen eigene Namen gegeben:

  • VICTOR: Der Hauptprozessor CSG 4510
  • BILL: VIC-III (Grafikprozessor) CSG 4567
  • DMAGIC: DMA-Controller CSG 390957
  • ELMER

Ein weiteres Highlight ist ein UART mit programmierbarem Baudratengenerator, welcher Geschwindigkeiten bis zum MIDI-Clock erreichen kann. Dies sollte den C65 bereit machen, um Modems mit hohen Datenraten zu betreiben oder ihn als Sequenzer oder gar als Instrument in einem MIDI-Setup zu verwenden.

Software

Native C65-Programme gibt es so gut wie keine. Ähnlich wie der C128 sollte der C65 aber zum C64 voll kompatibel sein. Dies gelang jedoch nur teilweise: Nur etwa 60–70 % der C64-Programme sind auf dem C65 lauffähig. Das liegt daran, dass im Unterschied zum C128, welcher einen vollwertigen C64 in sich enthält, beim C65 ein C64 quasi auf ein und derselben Hardware emuliert wird. Probleme bereiten vor allem Spiele und Demos, die exzessiven Gebrauch von geläufigen Programmiertricks des C64 machen. Dafür können die meisten der neuen Features des C65 auch im C64-Modus genutzt werden. Außerdem steht ebenfalls wie schon beim C128 ein Maschinensprache-Monitor zur Verfügung. Zwischen den einzelnen Betriebsmodi (C65, C64, Monitor) kann jederzeit gewechselt werden, ohne einen Neustart hervorzurufen. Der eingebaute BASIC-Interpreter des C65-Modus trägt die Version V10.0.

Es gibt jedoch eine Handvoll kleiner Demoprogramme, welche nativ auf dem C65 laufen und die für die damalige Zeit fortschrittlichen Grafikfähigkeiten demonstrieren.

ROM

Das ROM enthält in seinen 128 KB BASIC 2.2, BASIC 10.0, DOS und einen Monitor. Es wird jeweils bei Bedarf per Bankswitching der entsprechende Speicherbereich im Kernal eingeblendet.

BASIC

Das Commodore BASIC basiert von jeher auf dem ersten BASIC-Interpreter von Microsoft aus dem Jahr 1977. Der C64 verfügte über die Version 2.0, welche ebenfalls für den C64-Modus mit 20 KB im 128 KB großen ROM des C65 enthalten ist. Zwar klingt das im C65 implementierte BASIC 10.0 aufgrund der Versionsnummer nach einer erheblich erweiterten Version, doch leider wurden nie alle Befehle implementiert, und so weist der Befehlssatz funktionell große Lücken auf.

BASIC 10.0 hat viele Gemeinsamkeiten mit BASIC 7.0 auf dem C128. Zusätzlich gibt es noch eine Reihe neuer interessanter Befehle:

GENLOCK      (Videosynchronisation)
MOUSE/RMOUSE (Maus)
TYPE         (Zeigt eine sequentielle Datei auf dem Bildschirm an)
FIND/CHANGE  (Suchen und Ersetzen in Strings)
FRE(0|1|2)   (zeigt den freien Speicher der jeweiligen Bank an)
PALETTE      (Farbdefinition)
DMA          (unklar, DMA Operationen)

Folgende Befehle geben einen ?UNIMPLEMENTED COMMAND ERROR aus:

PAINT
PASTE
CUT
LOCATE
SCALE
WIDTH
QUIT
OFF
SET
VIEWPORT

Wie bei BASIC 7.0 sind die Funktionstasten programmierbar. Belegt sind sie standardmäßig mit folgender Belegung:

F1:   Umschaltung 40/80 Spalten
F2:   löscht alles unterhalb des Cursors
F3:   schreibt DIR an die Position des Cursors
F4:   schreibt DIR „*=PRG“ an die Position des Cursors
F5:   setzt den Cursor an den Anfang des vorherigen Wortes
F6:   schreibt KEY 6 an die Position des Cursors (vermutlich noch nicht implementiert)
F7:   setzt den Cursor an den Anfang des nächsten Wortes
F8:   schreibt MONITOR an die Position des Cursors
HELP: schreibt HELP an die Position des Cursors

Grafik

Die Grafik ist vergleichbar mit den Leistungen des ersten Amiga. Neuheit ist der CSG 4569 Grafikprozessor, ein „VIC III“ mit einem MOS 6569 und einer eigenen integrierten MMU. Der Chip kann 256 Farben in 16 Helligkeitsabstufungen darstellen. Das ergibt eine Palette von 4096 verschiedenen Farben, von denen jedoch nur 256 gleichzeitig dargestellt werden können. Die MMU lässt sich sehr ähnlich wie mit dem Blitter des Amiga separat und autark programmieren und ermöglicht somit erstaunliche Möglichkeiten in der Programmierung von dynamischen Grafik- und Farbeffekten. Die Auflösung kann bis zu 1280 × 400 Pixel (interlaced) betragen. Die Darstellung von 256 Farben bei 320 × 200 Pixel war einem damals modernen PC ebenbürtig. Selbst der Amiga konnte im Normalmodus nur 16 bzw. 32 Farben darstellen. Die Anzeige kann über einen eingebauten HF-Modulator oder einen Composite-Ausgang auf einen Fernseher ausgegeben werden. Für bessere Monitore steht ein RGB-Ausgang zur Verfügung, was eine wesentlich höhere Bildqualität verspricht.

Bei der Übersetzung der komplizierten Adressierung von Koordinaten im Grafikspeicher hilft ein Display Adress Translator (DAT).

Grafikmodi

Non-Interlaced
  • 320 × 200, 256 Farben (8 Bitplanes)
  • 640 × 200, 16 Farben (4 Bitplanes)
  • 1280 × 200, 4 Farben (2 Bitplanes)

Interlaced
  • 320 × 400, 256 Farben (8 Bitplanes)
  • 640 × 400, 16 Farben (4 Bitplanes)
  • 1280 × 400, 4 Farben (2 Bitplanes)

Sound

Auch die Tonausgabe (Sound) wurde verbessert. Man spendierte dem C65 gleich zwei SIDs in Zweikanaltechnik (Stereo), einen für den linken und einen für den rechten Kanal. Somit waren mit dem seinerzeit überlegenen und extravaganten SID-Sound des C64 erstmals sogar aufwändige und anspruchsvolle Stereo-Effekte möglich.

DOS

Im Gegensatz zu den meisten bisherigen 8-Bit-Computern von Commodore verfügt der C65 über ein vollständiges DOS, über welches die eingebaute 3,5″-Floppy gesteuert wird. Das Laufwerk ist kompatibel zur VC1581. Die Disketten haben eine Speicherkapazität von 880 KB. Da dieses Format jedoch bei den damaligen C64-Besitzern nicht sehr verbreitet war, verfügt der C65 auch zusätzlich über den schon bekannten seriellen Port für Commodore-Floppys. Hierüber kann auch eine VC1541, wie sie für den C64 Verwendung findet, am C65 betrieben werden.

Das DOS selbst basiert auf dem alten DOS im Commodore PET für IEEE 8250-Laufwerke. Es kann nur mit zwei Floppys umgehen, das interne mitgezählt. Vermutlich hat der Programmierer des C65 Betriebssystems Dennis Jarvis es so gelöst, damit er zunächst überhaupt ein DOS für seine Programmierarbeit zur Verfügung hat. Vermutlich wollte er es später durch eine neue spezielle Version für den C65 ersetzen.

Schnittstellen

Der C65 verfügt über die üblichen Schnittstellen des C64, zusätzlich existiert ein DMA-Port für die Speichererweiterung. Letztere wird genau wie beim Amiga 500 über eine Klappe im Boden von unten auf die Platine aufgesteckt. Das eingebaute Diskettenlaufwerk ist parallel angebunden, serielle Laufwerke von Commodore können über den üblichen IEC-Port angeschlossen werden. Außerdem wurde ein Stecker für ein Genlock vorgesehen. Nur der Port für die Datasette des C64 ist nicht mehr vorhanden, und dem Userport fehlt – wie schon beim Aldi-C64 – die 9 Volt Leitung. Der Expansionsport weicht gänzlich von allen bisher dagewesenen Varianten erheblich ab und gleicht eher dem des C16.

Dokumentation

Ein Handbuch gibt es nicht. Es existieren lediglich ein paar Unterlagen aus der Entwicklung mit technischen Beschreibungen.

Markt

Der Preis sollte zur Markteinführung etwa zwischen dem des C64 (~300 DM/~150 Euro) und dem des Amiga 500 (~1000 DM/~500 Euro) liegen. Die Prototypen wurden dann für um die 600 DM (~300 Euro) ausverkauft.

Wer heute ein Exemplar dieser sehr seltenen Computer sein eigen nennt, darf sich glücklich schätzen. Obwohl es sich hier um veraltete Prototypen mit einem keinesfalls kompletten Funktionsumfang handelt, werden heute bereits mehrere tausend Euro für einen funktionierenden C65 gezahlt. Als Funktion ist hier die Darstellung des Startbildschirmes schon ausreichend. Die meisten Eigentümer eines C65 sind Sammler und viele sogar namentlich in der Szene bekannt.

Ein funktionierender C65 ist der Heilige Gral unter Sammlern von Commodore-Computern.

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