Anarchismus in den USA

Anarchismus in den USA

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Ein explizierter Anarchismus entwickelte sich in den USA im Anschluss an die Unabhängigkeit des Landes und begann ab etwa 1850 sich auszuweiten. Dabei gab es zwei (zum Teil) stark entgegengesetzte Strömungen: die individualanarchistische und die sozialanarchistische Tradition. [1]

Individualanarchismus

Der individualistische Anarchismus basiert auf den gesellschaftlichen und weltanschaulichen Voraussetzungen des Landes selbst. Bezeichnet wird er auch als native, das heißt einheimischer Anarchismus. Sein Merkmal ist der ausgeprägte individuelle Freiheitsgedanke. Nach der individualanarchistischen Tradition sei die beste Regierung die, die gar nicht regiert, was aus der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (Verfasser: Thomas Jefferson) abgeleitet ist, die besagt: die beste Regierung ist jene, die am wenigsten regiert. C.L. James und Rudolf Rocker vertraten die Meinung, dass der amerikanische Anarchismus viel älter sei als der europäische, demnach sei der Anarchismus keine ausländische Besonderheit.

Eine bekannter Vertreter des Sozialanarchismus war Josiah Warren. Dieser begann 1825, sich für soziale Reformen zu engagieren, er war für gerechte Entlohnung. Durch ihn entwickelte sich eine starke Kommunenbewegung (zum Beispiel Oneida, 1848-1881) in den USA, diese waren meist christlich geprägt und waren der stärkste Widerstand gegen staatliche Intervention. Die Kommunenbewegung war größtenteils ländlich beziehungsweise agrarisch orientiert und hatte einen konservativen Charakter. Einige Individualanarchisten hatten eine bewusste Distanz zum Industrialisierungsprozess eingenommen.

Warren glaubte an die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit und gegenseitiger Hilfe, ohne dass ein organisatorischer Rahmen die individuelle Freiheit einschränken dürfe. Die von Warren gegründete Kommunen lehnten ein Kollektivleben ab: Individuen beziehungsweise einzelne Familien lebten relativ zurückgezogen und die sozialen Aktivitäten waren auf notwendige Gemeinschaftsarbeiten zum Erhalt der Kommune reduziert. Zudem gab es kaum Engagement für soziale Gerechtigkeit, das über die Kommune hinausging. Viele für Warrens Politik charakteristischen Züge bestimmten die Schwerpunkte der gesamten Epoche des amerikanischen Individualanarchismus: Pazifismus, Gleichberechtigung der Geschlechter, sexuelle Freiheit, Ablehnung bestehender Steuersysteme und Pragmatismus. Warren starb 1874, sein Einfluss war groß, auch auf den literarischen Kreis (zum Beispiel Henry David Thoreau). Warrens Projekt wurde von Benjamin Tucker abgeschlossen, der als letzter großer Vertreter gilt.

Sozialanarchismus

Im 19. Jahrhundert rückte in den USA die soziale Frage besonders in den Industriezentren ins Zentrum. Die Arbeiterschaft bestand großteils aus Immigranten, vor allem aus Osteuropa, Deutschland und Italien. Aus ihnen bestand auch der größte Teil der anarchistischen Kreise der Arbeiterschaft, deshalb wird der Sozialanarchismus auch als ausländischer Anarchismus bezeichnet. Es ging beim Gegensatz zwischen Individual- und Sozialanarchismus [2] um die Gewaltfrage angesichts des expliziten und praktizierten Pazifismus der Individualanarchisten bei gleichzeitiger Teilnahme von Sozialanarchisten an vorderster Front der Klassenkämpfe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Es bestand eine Militanz der radikalen anarchistischen Arbeiterbewegung. Die Sozialanarchisten standen an forderster Front der Klassenkämpfe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Johann Most war ein wichtiger Akteur der anarchistischen Bewegung, er gründete die deutschsprachige anarchistische Zeitschrift Freiheit in den USA. Primäres Zentrum der Arbeiteragitation war Chicago mit dem Kampf um die Einführung des Acht-Stunden-Tags, Chicago stellte beim Kongress der anarchistischen Working People's Association in Pittsburgh die Hälfte der 6.000 Teilnehmer. Chicago war ein bevorzugtes Ziel bei Immigranten, zu denen hauptsächlich wegen der Bismarkschen Sozialistengesetze zahlreiche deutsche Sozialisten zählten. Im Mai 1886 eskalierten zuerst friedlich gebliebene Streiks in die Haymarket-Affäre.

Weiterführende Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Buchkritik zu Gabriel Kuhn - Neuer Anarchismus in den USA
  2. Auf: „infopartisan.net“. Autor: Janet Biehl: Sozialanarchismus oder Lebensstilanarchismus? Eine Antwort auf die Kritik am Libertären Kommunalismus. Zitat: „Wir dürfen nicht zulassen, dass der Sozialanarchismus als ein historisches Überbleibsel, eine archäologische Antiquität eingestuft wird. Trotz der jetzigen kulturellen Konterrevolution müssen wir einen sozialen, organisierten, programmatischen Links- Libertarismus aufrechterhalten und erweitern. Auf dem Spiel steht die fortgesetzte Existenz der revolutionären libertären Linken

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