- Cabibbo-Kobayashi-Maskawa-Matrix
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Die Cabibbo-Kobayashi-Maskawa-Matrix (CKM-Matrix ) ist eine unitäre 3×3-Matrix, die im Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik repräsentiert, in welchen statistischen Anteilen sich Quarks dreier Flavour-Generationen (jeweils -Typ Quarks mit Ladung 2⁄3 e; beziehungsweise -Typ-Quarks mit Ladung −1⁄3 e) durch Wechselwirkung mit einem (geladenen) -Boson in andere Quarks der entsprechenden Ladung umwandeln können (das heißt nach Normalisierung bezüglich aller anderen Phasenraumabhängigkeiten). Die CKM-Matrix wird deshalb auch als Quark-Mischungsmatrix bezeichnet.
Das von Nicola Cabibbo in Betrachtung von zwei Quarkgenerationen entwickelte theoretische Konzept der Vermischung von Quarkgenerationen durch Flavour-ändernde geladene Ströme (FCCC) wurde von Makoto Kobayashi und Toshihide Masukawa mit der CKM-Matrix auf drei Generationen erweitert.
Ihre Definition ergibt sich aus der Betrachtung bestimmter Übergangswahrscheinlichkeiten:
Falls sich ein -Typ Quark von bestimmtem Flavour, , unter Emission eines positiv geladenen -Bosons in ein -Typ-Quark umgewandelt hat, dann entspricht das Betragsquadrat des Matrixelements, , der (geeignet normalisierten) Übergangswahrscheinlichkeit zu einem Quark des Flavours .
Ebenfalls definitionsgemäß entspricht der Wert auch umgekehrt der (geeignet normalisierten) Wahrscheinlichkeit für den Übergang eines Quarks zu Quark ; unter Voraussetzung der damit einhergehenden Emission eines -Bosons.
Die CKM-Matrix wird physikalisch eindeutig durch drei reelle Parameter sowie eine komplexe Phase beschrieben (weitere fünf Phasen, die mathematisch auftreten, haben keine physikalische Bedeutung). Die Übergangswahrscheinlichkeiten der Quarks sind deswegen nicht völlig unabhängig voneinander, sondern gehorchen gewissen Relationen – entsprechend der Forderung des Standardmodells, die experimentell überprüfbar ist und bisherigen Tests standgehalten hat. Deshalb wird die experimentell zu bestimmende Matrix von Werten, deren Betragsquadrate die experimentell festgestellten Quark-Übergangswahrscheinlichkeiten insgesamt repräsentieren, ebenfalls CKM-Matrix genannt.
Die physikalische Bedeutung der komplexen Phase ist, dass durch sie die CP-Verletzung der schwachen Wechselwirkung erklärt werden kann. Bemerkenswert ist, dass erst ab einer Dimension von drei eine physikalische komplexe Phase auftreten kann, also CP-Verletzung (mindestens) drei Quarkgenerationen erfordert. Für ihre auf dieser Überlegung basierende Voraussage einer dritten Generation von Quarks erhielten Kobayashi und Maskawa zusammen mit Yōichirō Nambu 2008 den Physik-Nobelpreis.
Aus Neutrino-Experimenten ist bekannt, dass es in Analogie zur CKM-Matrix auch eine leptonische Mischungsmatrix gibt. Diese wird als Maki-Nakagawa-Sakata-Matrix (MNS-Matrix) bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Die CKM-Matrix und Transformationen zwischen Eigenzustandssystemen
Wie oben bereits skizziert, beschreibt die CKM-Matrix den Zusammenhang zwischen den Quarkflavour-Gehalten eines gegebenen Anfangszustandes und eines entsprechenden Endzustandes, deren Übergang vollständig durch Flavour-ändernde geladene Ströme (also durch -Boson-Wechselwirkung erster Ordnung) bewirkt wurde.
Entsprechende Matrixgleichungen (in denen die neun CKM-Matrix-Elemente und die Flavour-Eigenzustände der sechs Quarks explizit benannt sind) lauten
für einen Anfangszustand der ausschließlich -Typ-Quarks enthielt; und definitionsgemäß ebenso
für einen Anfangszustand der ausschließlich -Typ-Quarks enthielt.
Nun besteht eine selbstverständliche theoretische Möglichkeit (und auch ein gesicherter experimenteller Befund) darin, dass sich die (entsprechende) CKM-Matrix von einer Einheitsmatrix unterscheidet:
In anderen Worten sagt man, dass die elektroschwache Wechselwirkung die drei betrachteten Quarkgenerationen vermischt, wobei die Zuordnung des Quarkflavour-Gehalts bestimmter Anfangs- sowie Endzustände in die drei Generationen experimentell aufgrund ihrer deutlich verschiedenen Quarkmassen erfolgt.
Ein Bezugssystem zur Darstellung der beschriebenen Anfangs- und Endzustände kann aber stattdessen auch so gewählt werden, dass ihr durch Flavour-ändernde geladene Ströme bewirkter Zusammenhang doch durch eine Einheitsmatrix dargestellt ist. Eine solche Diagonalisierung wird durch Bezug auf das System sogenannter Eigenzustände der elektroschwachen Wechselwirkung (, , und so weiter) erreicht:
(In einer verbreiteten Notation werden Eigenzustände der elektroschwachen Wechselwirkung auch als , , und so weiter bezeichnet.)
Der Vergleich mit der ersten Matrixgleichung zeigt, dass die CKM-Matrix als Produkt zweier unitärer Transformationsmatrizen beziehungsweise aufgefasst werden kann, die, getrennt für - beziehungsweise -Typ-Quarks, den Zusammenhang zwischen dem System der Eigenzustände der elektroschwachen Wechselwirkung und dem System von Quarkmasse-Eigenzuständen (das heißt auch Eigenzuständen des Flavours) darstellen:
In kompakterer Form lautet dieses Matrixprodukt:
Die CKM-Matrix kann selbst ebenfalls als Transformationsmatrix aufgefasst werden, die zwischen dem Bezugssystem der -Typ-Quarks und einem geeigneten anderen Bezugssystem vermittelt, dessen drei voneinander unabhängige Elemente in einer anderen, ebenfalls verbreiteten Notation , und bezeichnet werden (die aber konzeptionell von den oben genannten Eigenzuständen der schwachen Wechselwirkung unterschieden werden müssen). Es handelt sich dabei gerade um die Zustände, die unter -Boson-Wechselwirkung erster Ordnung jeweils genau und vollständig zu den -Typ-Quarks oder beziehungsweise koppeln. Entsprechend schreibt man:
Unitarität der CKM-Matrix als Forderung des Standardmodells und Gegenstand aktueller Forschung
Wie schon eingangs bemerkt, wird die Bezeichnung „CKM-Matrix“ sowohl für die Matrix verwendet, die Kobayashi und Maskawa im Rahmen der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung definierten, um einen Mechanismus der CP-Verletzung zu konstruieren, als auch für die im Rahmen der Experimentalphysik zu ermittelnde Matrix von Werten, deren Betragsquadrate gemessene Quark-Übergangswahrscheinlichkeiten repräsentieren.
Die CKM-Matrix im theoretischen Sinne einerseits ist als unitär definiert und insbesondere exakt darstellbar als ein Produkt zweier unitärer Transformationsmatrizen (die, jeweils für die Quarks gleicher Ladung, den Zusammenhang beziehungsweise die Mischung von Masseeigenzuständen und Eigenzuständen der schwachen Wechselwirkung beschreiben).
Die CKM-Matrix im experimentellen Sinne andererseits erfüllt nicht zwangsläufig und von vornherein die Unitaritäts-Bedingung. Stattdessen ist nur experimentell, durch Gewinnung von Messwerten zu beantworten, ob beziehungsweise innerhalb welcher Genauigkeit diese Matrix unitär ist, oder nicht.
Die Vorhersage, dass auch die experimentelle Matrix tatsächlich unitär ist, und dass folglich die Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung (GWS-Theorie) mit drei Generationen von Quarkflavours geeignet ist und ausreicht, um alle auffindbaren Änderungen von Quarkflavour-Gehalten auch quantitativ korrekt zu beschreiben und in Form von Werten der Elemente einer exakt unitären 3×3-Matrix zusammenzufassen, ist ein wesentlicher (also keineswegs trivialer) Aspekt des Standardmodells.
In der mathematischen Bedingung der Unitarität einer 3×3-Matrix können Teilbedingungen unterschieden werden, denen wiederum einzelne Aspekte des Standardmodells entsprechen. Insbesondere kann die folgende sogenannte Diagonalbedingung separat betrachtet werden:
für jeden einzelnen Quarkflavour oder . Dem entspricht die experimentelle Erwartung schwacher Universalität, dass jegliche Wechselwirkungsstärke, die zu Änderungen des Quarkflavour-Gehaltes führt, für alle Quarks insgesamt gleich ist (und demnach bei der Normalisierung nicht ausdrücklich berücksichtigt werden muss). Damit verbindet sich außerdem die Modell-Erwartung und der bisherige experimentelle Befund, dass jegliche Änderungen des Quarkflavour-Gehaltes (das heißt abgesehen von Paarerzeugung beziehungsweise -vernichtung) ausschließlich durch die elektroschwache Wechselwirkung (also Kopplung zu -Bosonen) innerhalb von drei Quarkgenerationen erfolgen.
Die verbleibenden Teilbedingungen zur Unitarität einer 3×3-Matrix (Nebendiagonalbedingungen) lassen sich durch sogenannte unitäre Dreiecke darstellen. Die entsprechenden zum Standardmodell gehörigen experimentellen Erwartungen oder Vorhersagen beziehen sich unter anderem ausdrücklich auf Messwerte zur CP-Verletzung.
Die Beträge der Koeffizienten der CKM-Matrix lauten:[1]
Abzählung der freien Parameter
Um die freien Parameter der CKM-Matrix abzuzählen, geht man folgendermaßen vor:
- Eine komplexe N×N Matrix hat 2N2 reelle Parameter.
- Die CKM-Matrix ist unitär, es gilt also. Es ergeben sich N2 Bedingungen, die die Anzahl der freien Parameter auf N2 reduzieren.
- Jedes Quarkfeld kann eine Phase absorbieren. Eine globale Phase ist unbeobachtbar. Daher reduzieren sich die freien Parameter um weitere 2N-1 und es verbleiben (N-1)2.
Von den (N-1)2 freien Parametern sind N(N-1)/2 Rotationswinkel und werden Quarkmischungswinkel genannt. Die verbleibenden (N-1)(N-2)/2 sind komplexe Phasen, die die CP-Verletzung verursachen.
Für den Fall N=2 bleibt also nur ein Mischungswinkel für die Quarks, der Cabibbo-Winkel.
Der Fall N=3 für das Standardmodell ergibt drei Quarkmischungswinkel und eine CP-verletzende komplexe Phase.
Beobachtungen und Vorhersagungen
Man erkennt, dass Quark-Übergänge innerhalb einer Generation mit der größten Wahrscheinlichkeit auftreten (Diagonalelemente nahe bei eins), während Übergänge zwischen verschiedenen Generationen (zum Beispiel der Zerfall eines s-Quarks in das leichtere, stabile u-Quark) unterdrückt sind. Dies erklärt die relativ lange Lebensdauer für einige Mesonen, die Quarks höherer Generationen enthalten.
Aus der Unitaritätsbedingung erhalten wir folgende Beziehungen:
Da die Produkte der Matrixelemente wiederum komplex sind, kann man diese als Vektoren in der komplexen Zahlenebene darstellen. Da die Summe dieser Vektoren Null ergibt, kann man diese Vektoren zu einem Dreieck zusammenfügen und erhält somit das sogenannte Unitaritätsdreieck. Viele Forschungsgruppen beschäftigen sich aktuell mit der Winkelbestimmung dieses Dreiecks über die Zerfälle von B- und K-Mesonen.
Die Unitarität der CKM-Matrix ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Man versucht beispielsweise über die elektroschwache Top-Quark-Produktion das Matrixelement zu messen oder Unstimmigkeiten im Unitaritätsdreieck zu finden. Sollte die Unitarität der CKM-Matrix verletzt sein, wäre dies ein Hinweis auf eine Physik jenseits des Standardmodells.
Bisher hat die Unitarität der CKM-Matrix jedoch den experimentellen Überprüfungen standgehalten. Im Dezember 2006 ist eine solche direkte Messung erstmals geglückt. Man stellte fest, dass die Unitarität mit einer Signifikanz von 3,4σ gewahrt bleibt. Die Aufgabe besteht nun darin, die Genauigkeit der Messung zu steigern.
Einzelnachweise
- ↑ CKM quark-mixing matrix. C. Amsler et al. (Particle Data Group): Physics Letters B667, 1, 2008. Für die genauen Fehlerangaben sei hier auf die Daten der Particle Data Group verwiesen.
Literatur
- Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa: CP-Violation in the Renormalizable Theory of Weak Interaction. In: Progress of Theoretical Physics. Band 49, Nr. 2, 1973, S. 652–657 (Online (PDF; 1,1 MB)).
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