De duodecim abusivis saeculi

De duodecim abusivis saeculi

De duodecim abusivis saeculi („Über die zwölf Missstände der Welt“) ist ein anonym überliefertes lateinisches Werk des 7. Jahrhunderts über Moral, Ethik und rechtlich korrektes Verhalten innerhalb der Gesellschaft.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Irische Missionare übermittelten im 8. Jahrhundert die Kenntnis des Werkes nach Kontinentaleuropa. Im Mittelalter wurde das viel gelesene Werk den Heiligen Patrick von Irland, Augustinus von Hippo und Cyprian von Karthago zugeschrieben. Tatsächlich wurde es aber, wie Siegmund Hellmann 1909 als erster feststellte, im 7. Jahrhundert in Südirland von einem unbekannten Autoren verfasst. Grundlagen waren neben anderen Quellen das siebente Kapitel der Regula Benedicti („Benediktsregel“) und der Kommentar des Hieronymus zum Matthäus-Evangelium. Auch Grundsätze des ursprünglichen irischen Rechts sind vorzufinden, besonders im Abschnitt über die Gerechtigkeit des Königs (fír flathemon).

Die zwölf Missstände

Ohne weitere Einleitung werden vom Autor sofort die zwölf Missstände als Überschriften mit knapper Erläuterung angeführt und dann einzeln abgehandelt. Auch in dieser Gliederung ist der Einfluss der Benediktsregel zu erkennen, denn wie dort beginnt jeder Abschnitt mit einer Definition des zu behandelnden Themas. Ausgehend von eher moraltheologischen Betrachtungen (der Weise ohne gute Werke, der Alte ohne Religion,...) werden dann aber auch weltliche Dinge angesprochen (der ungerechte König, das gesetzlose Volk,...). Dem Missstand wird dann die entsprechende Tugend entgegengehalten.

Abusivum Missstand
sapiens sine operibus der weise Mann ohne gute Werke
senex sine religione der alte Mann ohne Religion
adolescens sine oboedientia der junge Mann ohne Gehorsam
dives sine elemosyna der reiche Mann ohne Wohltätigkeit
femina sine pudicitia die Frau ohne Sittsamkeit
dominus sine virtute der Edelmann ohne Tugend
Christianius contentiosus der streitsüchtige Christ
pauper superbus der stolze Arme
rex iniquus der ungerechte König
episcopus neglegens der pflichtvergessene Bischof
plebs sine disciplina die Gemeinschaft ohne Ordnung
populus sine lege das Volk ohne Gesetz

Rezeption

Das Werk, im 10. Jahrhundert besonders in England sehr populär, wirkte bis in die Renaissance hinein und beeinflusste etwa den unvollendeten Prinzenspiegel („Institutiones principales“) des Michael Marullus.

Siehe auch

Literatur

  • Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. Kröner, Stuttgart 1994, ISBN 3-520-46601-5.
  • Siegmund Hellmann (Hsg.): Ps.-Cyprianus. De xii abusiuis saeculi. Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 34, Leipzig, 1909.
  • Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters. Verlag C.H.Beck, 1974 [1].
  • Hans Hubert Anton: Pseudo-Cyprian: „De duodecim abusivis saeculi“ und sein Einfluss auf den Kontinent, insbesondere auf die karolingischen Fürstenspiegel. In: Die Iren und Europa im früheren Mittelalter. Vol. 2, Edition Heinz Löwe, Stuttgart, 1982.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Duodecim abusivis saeculi — De duodecim abusivis saeculi On the Twelve Abuses of the World is a treatise on social and political morality written by an anonymous Irish author between 630 and 700. During the Middle Ages the work was very popular throughout Europe. Contents 1 …   Wikipedia

  • Mirrors for princes — The mirrors for princes (Latin: specula principum or rather, principum specula, German: Fürstenspiegel) refer to a genre – in the loose sense of the word – of political writing during the Early Middle Ages, Middle Ages and the Renaissance. They… …   Wikipedia

  • Fürstenspiegel — Als Fürstenspiegel bezeichnet man ermahnende und belehrende Schriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit, die meist an einen König, Fürst (princeps) oder dessen Sohn gerichtet sind und ihm die Tugenden und Pflichten eines Herrschers und… …   Deutsch Wikipedia

  • Tugendspiegel — Fürstenspiegel ist ein Begriff, der durchweg unscharf verwandt wird, für ein breites Spektrum von Schriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Eine Definition nach literarischen Gattungskritierien im engeren Sinn ist nicht möglich. Sie läßt …   Deutsch Wikipedia

  • Cyprien de Carthage — Pour les articles homonymes, voir Saint Cyprien et Saint Cyprien. Cyprien de Carthage Cyprien de Carthage, de son vrai nom Thascius Caecilius Cyprianus, né vers 200 et décédé en martyr le 14  …   Wikipédia en Français

  • Audacht Morainn — [ auðaxt moriNʴ] („Moranns Vermächtnis/Testament“) ist der Name einer Sammlung von Lehrsprüchen in altirischer Sprache, die vermutlich im 8. Jahrhunderts verfasst wurde. Sie sollen von dem sagenhaften Richter Morann zur Belehrung seines… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste inselkeltischer Mythen und Sagen — Eine Seite des Lebor Laignech, einem der bedeutendsten mittelalterlichen Sammelwerke der irischen Mythologie Mythen und Sagen sind aus dem gesamten einst keltischen Raum lediglich von den Inselkelten, also den Bewohnern der Britischen Inseln,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”