Dividendenkontinuität

Dividendenkontinuität

Dividendenkontinuität ist die Strategie von Unternehmen im Rahmen ihrer Ausschüttungspolitik, eine möglichst konstante und von aktuellen Ertragsschwankungen unabhängige Dividende an Aktionäre auszuschütten.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Faktoren der Ausschüttungspolitik eines Unternehmens sind die Dividendenrendite, absolute Höhe der Dividende pro Aktie, die Ausschüttungsquote (gezahlte Dividende im Verhältnis zum erwirtschafteten Jahresüberschuss) und Rückkäufe eigener Aktien. Je niedriger die Ausschüttungsquote, umso höher ist folglich die Quote der Gewinnthesaurierung. Dividendenkontinuität spielt Prokot zufolge eine dominante Rolle im Ausschüttungsverhalten deutscher Aktiengesellschaften, weil sich Dividenden deutlich träger als die Gewinne der deutschen Unternehmen verhalten hätten.[1] Ein derart hoher Stellenwert der Dividendenkontinuität ist im Ausland weitgehend unbekannt. Insbesondere in den USA und Großbritannien sind die Quartalsdividenden genauso volatil wie die Ergebnisse, auf denen sie beruhen. Das liegt vor allem daran, dass die Mobilisierung ergebnisglättender stiller Reserven weitgehend unbekannt ist und ein Rückgriff auf offene Rücklagen zur Stabilisierung der Dividende unüblich ist.

Bilanzielle Fragen

Dividendenausschüttungen sollen im Regelfall das Resultat eines erwirtschafteten Jahresüberschusses sein und die Ertragslage eines Unternehmens angemessen reflektieren. Demzufolge führt eine schwankende Ertragslage auch zu schwankenden Dividendenzahlungen, in Verlustjahren wird keine Dividende ausgeschüttet. Hierin kommt zum Ausdruck, dass Aktien einen Teilhaberwert verbriefen. Dividendenkontinuität indes lässt die aktuelle Ertragslage eines Unternehmens völlig unberücksichtigt und gewährleistet Aktionären eine konstante, zinsähnliche Ausschüttung wie bei Schuldverschreibungen.

Liegen die Dividendenzahlungen im Rahmen der Dividendenkontinuität in einem Geschäftsjahr über dem erwirtschafteten Jahresüberschuss oder ist sogar ein Verlust angefallen, stellt sich die Frage, wie die auszuschüttenden Dividenden gegenfinanziert werden sollen. Typischer Fall ist die Auflösung von Gewinnrücklagen und Gewinnvorträgen, die ein Niveau erreicht haben müssen, bei dem die in § 150 Abs. 3 und 4 AktG vorgesehene Ausschüttungssperre nicht wirkt. Diese Reserven stammen aus früheren, nicht ausgeschütteten Gewinnen. Dividendenkontinuität bewirkt somit in ertragsschwachen oder gar verlustbringenden Geschäftsjahren, dass die Unternehmenssubstanz angegriffen wird. Das führt wiederum zu einer Schwächung der Gläubiger, weil für deren Forderungen das um die Ausschüttungen reduzierte Eigenkapital – zu dem Rücklagen gehören - des Unternehmens haftet. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Unternehmen die Dividenden sogar durch Kreditaufnahme finanziert in der Annahme, dass die gezahlten Dividenden künftig erwirtschaftet werden können.

Kritik

Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive kann bei der Dividendenkontinuität kritisiert werden, dass die betreffenden Aktien in Wirklichkeit kaum noch unternehmerische Risiken entfalten, sondern bereits den Schuldverschreibungen angenähert sind; die Zinsen auf Schuldverschreibungen sind vom Emittenten ebenfalls unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens zu zahlen. Zudem zwingt die Dividendenkontinuität in Zeiten schwacher Ertragslage die Unternehmen zur Auflösung von Rücklagen, weil die Finanzierung der Dividendenzahlung durch aktuelle Gewinne nicht oder nur teilweise gelingt. Gesetzlicher Zweck der Rücklagen ist jedoch einzig der Ausgleich entstandener Verluste.

Siehe auch

Wiktionary Wiktionary: Dividende – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Alexander Prokot, Strategische Ausschüttungspolitik deutscher Aktiengesellschaften, 2006, S. 12

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