Erfurter Malzwerke

Erfurter Malzwerke

Die Erfurter Malzwerke sind ein traditionsreiches, seit 1990 als GmbH geführtes Unternehmen in Erfurt, deren Anfänge bis 1864 zurückgehen.

Die Malzwerke an der Moltkestraße vor dem Umbau 1933

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

1864 gründete der Seifensiedermeister Johann Georg Wolff (1806-1888) in Erfurt, das seit dem Mittelalter ein wichtiger Umschlagplatz für landwirtschaftliche Produkte aus dem Thüringer Becken war, einen Getreidegroßhandel, den er unter der Firma J. G. Wolff & Söhne mit seinen Söhnen Ernst Friedrich (Fritz) und Hermann betrieb. 1869 pachteten sie eine kleine Mälzerei. Wenige Jahre später wurde ein eigener Neubau in der Straße Am Kochlöffel (heute Am Johannistor) gebaut, in dem 1873 bereits 60.000 Zentner produziert wurden. Nach drei Jahren wurde die Malzherstellung verdoppelt und der bestehende Neubau erweitert.

Neubau in der ehemaligen Moltkestraße 1885

Heutiger Zustand der Gebäude an der ehemaligen Moltkestraße

Der wirtschaftliche Erfolg veranlasste 1885 die Inhaber, eine große Malzfabrik in der damaligen Moltkestraße (heute Thälmannstraße), Ecke Iderhoffstraße, zu errichten. Zum Zeitpunkt der Entstehung des ersten Gebäudekomplexes der Mälzerei (Tennen- und Darrhaus) waren im näheren Umfeld keine Wohngebäude vorhanden. 1887 kam es zur Teilung des Unternehmens zwischen den Brüdern. Ernst Friedrich übernahm den neuen Standort Moltkestraße unter der Firma Fritz Wolff Malzwerke Erfurt, Hermann betrieb den Standort Am Kochlöffel weiter.

In den 1930er Jahren erfolgte eine große Erweiterung im Stil des Expressionismus. 1940 zählte Malzwolff, wie die Fabrik in Erfurt genannt wurde, zu einer der bedeutendsten Malzfabriken Deutschlands mit einer jährlichen Gesamtproduktion von über 300.000 Zentnern. Die ursprüngliche Tennenmälzerei, die große Lagerflächen und enorme körperlich schwere Arbeit erforderten, konnte später durch die verbesserte Transporttechnologie (Ketten- und Schneckenförderer), den Bau von Siloanlagen mit Getreide-Nachtrocknung und durch den Umbau der Darren modernisiert werden.


Es entstand am Erfurter Nordbahnhof nahe der Magdeburger Allee eine weitere Mälzerei, die Malzfabrik der Familie Eisenberg. Diese wurde als AG mit Sitz in Erfurt am 15. August 1918 gegründet, firmierte später zu Malzfabriken J. Eisenberg & Etgersleben Aktiengesellschaft, umbenannt am 29. August 1941 in Vereinigte Malzfabriken Erfurt & Etgersleben AG.

Verstaatlichung 1945

1945 wurden die Betriebe enteignet, verstaatlicht und unter dem Namen VEB Erfurter Malzwerke weiterbetrieben. Der Standort Roststraße (am Nordbahnhof) wurde Mitte der 60er Jahre durch den Bau eines modernen Gersten- und Malzsilos sowie eines Produktionsgebäudes (Weichhaus und Keimkästenanlage) modernisiert, während am Standort Thälmannstraße die Maschinen der dreißiger Jahre - nach teilweisem Umbau auf Elektromotorantrieb - zum großen Teil bis zur Stilllegung der Betriebsstätte im Jahre 2000 noch in Benutzung blieben.

Reprivatisierung und Modernisierung nach 1991

1991 erfolgte die Reprivatisierung und 1993 die Übernahme durch die Getreide AG Rendsburg. Danach konzentrierten sich die Investitionen auf die Betriebsstätte in Erfurt Nord (ehemals Roststraße), um sie zu einer hochmodernen Mälzerei umzurüsten. In diesem Zusammenhang wurden bereits 1994 über 8 Mio. Euro investiert. Das Kernstück dieser Investition ist eine Zweihordenhochleistungsdarre. Das Darrgebäude wurde in Skelettbauweise mit einer Edelstahl-Innenverkleidung ausgeführt. Durch den Einsatz von Außenisolierung und Glasrohr-Wärmeaustauscher verringerte sich der Energieverbrauch massiv. Eine elektronische Steuerung des Produktionsprozesses ermöglicht die automatische Be- und Entladung bei geringem Energiebedarf. Im Jahr 2000 erfolgte für weitere 8 Mio. Euro die geplante Erweiterung des Malzwerkes mit dem Bau eines Weich-, Keim- und Darrturmes. Die entstandene Turmmälzerei ist in Kompaktbauweise errichtet und für eine Charge von 240 Tonnen Braugerste ausgelegt. Der gesamte Produktionsprozess wird durch ein computergestütztes Kontroll- und Steuerungssystem überwacht. Auf der obersten Etage des Malzturmes befinden sich vier Konusweichen aus Edelstahl - welche über einen Elevator die sortierte und gereinigte Braugerste zugeführt bekommen. Drei Keimeinheiten mit jeweils 23 Metern im Durchmesser sind in den darunter liegenden Etagen des Turmes angeordnet. In der untersten Etage befindet sich eine Einhorden-Darre. Nach dem Darren gelangt das fertig getrocknete Malz zum Malzsilo, wo es eingelagert und später für den Versand zum Kunden vorbereitet wird. Seit dem Januar 2001 läuft die Turmmälzerei erfolgreich mit voller Produktion. Das Unternehmen hat mit der Turmmälzerei den Grundstein für eine erfolgreiche Positionierung im hart umkämpften Mälzereimarkt gelegt und verfügt somit über eine Hightech-Produktionsanlage, welche bezüglich Produktionsqualität, Hygienestandards, Energieverbrauch und Personaleinsatz den internationalem Standard entspricht. 2008 wurde am Standort eine weitere Turmmälzerei, Keim- und Darrturm, für ca. 15 Millionen Euro errichtet, welche im 4. Quartal 2009 in den Probebetrieb ging.

Heutige Bedeutung

Das Unternehmen gehört zu den wichtigsten Lieferanten vor allem deutscher Brauereien. Die Gesamtproduktionskapazität der Erfurter Malzwerke GmbH beträgt seit 2010 ca. 120.000 Tonnen Malz (2008: 80.000 Tonnen) pro Jahr. Seit 1996 wird das Unternehmen regelmäßig nach der DIN ISO 9002 zertifiziert.

Die seit 2000 nicht mehr produzierende Mälzerei in der Thälmannstraße ist als ein städtebaulich bedeutendes Ensemble der Industriearchitektur als Kulturdenkmal ausgewiesen und steht zum Verkauf.

Literatur und Quellen

  • Johannes Biereye: Der geheime Kommerzienrat Friedrich Ernst Wolff und sein Geschlecht, Erfurt 1933
  • Hermann Böhlaus Nachfolger: Geschichte der Stadt Erfurt, Kap. 17, Weimar 1989
  • Hytrek, Thomas, Weyell und Weyell: Bestands- und Entwicklungsgutachten zur Malzfabrik in Erfurt (unveröffentl.), Erfurt 1994

Weblink

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