Abgüsse

Abgüsse

Abformen ist die Nachbildung körperlicher Gegenstände mit Hilfe von flüssigen, aber bald erstarrenden Substanzen (Abguss) oder formbaren festen Materialien (Abdruck). Abformen gehört nach DIN 8580 Fertigungsverfahren zu der Gruppe der Urform-Verfahren.

Inhaltsverzeichnis

Verwendung

Abformen dient der Reproduktion von Originalen, etwa in der Archäologie und Restaurierung, zur Herstellung von Kunstwerken aus einer Urform, dem Modell im Kunstguss, dem Kopieren von Originalen, in der Kriminalistik zur Spurensicherung und in der Medizin beispielsweise zur Herstellung von Zahnersatz.

Technik

Die erste Abformung des Gegenstands ergibt die Matrize und erst wenn man von dieser wieder einen Abguss nimmt, erhält man einen Körper, welcher dem Original völlig gleicht. Die Matrize kann durch Abguss oder Abdruck dargestellt werden.

Bis um 1900 benutzte man zu Abgüssen am häufigsten gebrannten Gips (s. a. Gipsabdruck), Ton, feinen Sand oder Tripel (besonders für die Metallgießerei), Glas, Schwefel, Siegellack, Alaun, Salpeter, Metalllegierungen, Guttapercha, Wachs, Schellack, Brotkrume, Leim- und Hausenblasenlösung, Metallfolie, Seidenpapier und ähnliche. Die moderne Medizinaltechnik kennt Silikone, Latex, Alginat und Polyether, die flexible Abdruckformen ermöglichen[1].

Für die Erstellung der Form gibt es sehr unterschiedliche Techniken:

  • Darf das Original zerstört werden (verlorene Form) und ist dieses verbrennbar, so befestigt man es in einem Gießkasten auf ein kegelförmiges Stück (etwa Holz oder Wachs), das später den Gusstrichter bildet, fixiert es mit starken Drähten – oder gewachsten Schnüren, die später Entlüftungskanäle bilden – , und füllt den Kasten mit einer erstarrenden Masse (Gips, Silikon). Nach dem Aushärten glüht man das Stück, um das Original und allfällig auch Trichter und Fixierung zu zerstören, entascht und gießt in erwünschtem Verfahren.
  • Von Gegenständen, die nicht zerstört werden dürfen, kann man eine Kopie in Wachs ausführen und diese verlieren lassen.
  • Im Allgemeinen stellt man aber mehrteilige Matrizen her, indem man Hinterscheidungen vermeidet oder eine hinreichend elastische Formmasse benutzt. Zusammengefügt ergeben die einzelnen Teile eine brauchbare Matrize, wenn vorher mittels Passermarken für eine exakte und stabile Passung gesorgt wurde. In diesem Fall zeigt der Abguss feine Unreinheiten an den Stellen, wo die Teile der Matrize zusammenstießen (Gussnaht), die umso schwächer sind, je sorgfältiger die Matrizen angefertigt wurden.
  • In der Medizin muss der Abformprozess physiologisch verträglich sein.

Kopie und Original

Beim Kunstguss entfernt man die Gussnähte und den Ansatz des Gusstrichters oder lässt sie je nach künstlerischer Absicht stehen, um jede Möglichkeit der Beschädigung auszuschließen oder die Entstehung des Werk miteinfließen zu lassen (Werkspur) – genauso beim Abformen wertvoller Originale, um die Reproduktion vom Original zu unterscheiden und den Abformungsprozess zu dokumentieren. Entfernen der Gussnähte hieße hier, den Abguss in die Nähe einer Fälschung zu bringen.

Beispiele

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden sehr viele Gipsabgüsse von Kunstwerken für Museen und Privatpersonen hergestellt. So besaß das Germanische Nationalmuseum damals mehr Abgüsse als Originalskulpturen. Keineswegs darf man jedoch davon ausgehen, dass derartige Abgüsse immer das Original 1:1 abbilden; so konnte Röding anhand der Hildesheimer Chorschranken zeigen, dass durchaus starke Abweichungen vorkommen können, wenn sich so ein komplexes Werk „besser“ in den Museumskontext einfügen lässt.[2]

Literatur

  • G. Spur, Th. Stöferle: Handbuch der Fertigungstechnik. Band 1 Urformen. Carl Hanser Verlag, München Wien 1981

Einzelnachweise

  1. Abformwerkstoffe in der Medizin
  2. Christine Rödling, Die museale Inszenierung der Hildesheimer Chorschranke. In: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2000, S. 145-157.

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke — Im Haus der Kulturinstitute ist u.a. auch das Museum untergebracht Das Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke ist ein im Rahmen der Gründung eines Lehrstuhls für Klassische Archäologie an der Ludwig Maximilians Universität München im Jahre 1869 …   Deutsch Wikipedia

  • Abgußsammlung des Archäologischen Instituts der Universität Göttingen — Die Abgußsammlung des Archäologischen Instituts der Universität Göttingen ist die älteste und eine der bedeutendsten Sammlungen ihrer Art. Sie besteht aus mehr als 2000 Abgüssen, deren Originale auf mehr als 150 archäologische Sammlungen weltweit …   Deutsch Wikipedia

  • Neues Museum (Berlin) — Das Neue Museum ist Teil des Weltkulturerbes Berliner Museumsinsel. Das zwischen 1843 und 1855 errichtete Gebäude gilt als Hauptwerk des Architekten und Schinkel Schülers Friedrich August Stüler und bildet sowohl als Teil der Gesamtanlage der… …   Deutsch Wikipedia

  • Neues Museum Berlin — Westfassade des Neuen Museums, 2009 Der …   Deutsch Wikipedia

  • Archäologisches Museum Münster — Fürstenberghaus am Domplatz Das Archäologische Museum der Westfälischen Wilhelms Universität im „Fürstenberghaus“ am Domplatz in Münster dient in erster Linie dem Institut für Klassische Archäologie und Frühchristliche Archäologie der Universität …   Deutsch Wikipedia

  • Andrej Barov — (* 6. Oktober 1958 in Leningrad) ist ein deutscher Fotokünstler. Zentral für sein Schaffen ist die Auseinandersetzung mit den jüngsten Erkenntnissen der Hirnforschung. Barov gilt als Begründer der Brain Art. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Brain Art …   Deutsch Wikipedia

  • Glyptothek München — Die Glyptothek in München bezeichnet sowohl die Sammlung antiker griechischer und römischer Skulpturen des bayerischen Staates als auch das Gebäude, in welchem diese untergebracht ist. Wichtige ausgestellte Werke sind vor allem der Barberinische… …   Deutsch Wikipedia

  • Gips — (aus mittellat. gypsum, griech. gýpsos), Mineral, wasserhaltiger schwefelsaurer Kalk, CaSO4+2H2O, mit 32,55 Kalk, 46,52 Schwefelsäure und 20,98 Wasser, bildet monokline, säulen oder tafelförmige, auch linsenförmige, bis fußgroße Kristalle, die… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Eisengießerei [1] — Eisengießerei, die Herstellung von Gegenständen aus Roh oder Gußeisen durch Gießen oder die Anlage, in der das Gießen ausgeführt wird. Die Begriffsfestsetzung flammt aus einer Zeit, in der eben nur die Verflüssigung des Roheisens bekannt war.… …   Lexikon der gesamten Technik

  • Abgusssammlung — Saal mit Abgüssen mittelalterlicher Kunstwerke im Victoria Albert Museum Eine Abgusssammlung bewahrt Kopien kunsthistorisch bedeutender Skulpturen und stellt sie einer interessierten Öffentlichkeit zu Studienzwecken zur Verfügung. Der Ursprung… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”