Caroline Neuber

Caroline Neuber

Friederike Caroline Neuber, genannt: die Neuberin (* 8. März 1697 in Reichenbach im Vogtland; † 29. November 1760 in Laubegast bei Dresden, Grab auf dem Leubener Friedhof) war eine Schauspielerin und Mitbegründerin des regelmäßigen deutschen Schauspiels.

Die Neuberin
Theaterzettel der Neuberschen Schauspieltruppe für den 8. September 1738 in Hamburg.

Inhaltsverzeichnis

Lebensweg

Sie kam in Reichenbach im Vogtland als Tochter des Advokaten Daniel Weißenborn und seiner Frau Anna Rosine Wilhelm zur Welt. Von ihrer hochgebildeten Mutter erhielt sie Unterricht in Lesen, Schreiben und Französisch. Nach deren frühem Tod 1705 lebte sie alleine mit ihrem Vater, einem Advokaten und Gerichtsinspektor, in Zwickau. Der tyrannische Mann, der bereits seine Frau geschlagen hatte, mißhandelte das ungeliebte Kind. Von einem Peitschenschlag behielt sie zeitlebens eine Narbe im Gesicht.

Ihren ersten Fluchtversuch unternahm sie als 15-jährige - wurde jedoch wieder eingefangen und vom Vater des Ungehorsams und Diebstahls angeklagt und zu 13(!) Monaten Haft verurteilt. 1716 entfloh sie mit ihrem Geliebten Johann Neuber, einem Gehilfen ihres Vaters. Sie heirateten ein Jahr später, am 5. Februar 1718, im Braunschweiger Dom. Zunächst schlossen sie sich der Spiegelberg'schen Schauspielertruppe in Weißenfels an, dann der Haack-Hoffmann'schen Truppe, die die Neuberin 1725 neu organisierte und mit der sie nach Leipzig ging.

Im Jahr 1727 gründete sie die Neuber'sche Komödiantengesellschaft. Im selben Jahr erhielt sie das sächsische Hofprivileg, in Leipzig ein fest stehendes Theater im Haus Großer Blumberg am Brühl zu errichten. Sie achtete streng auf die Disziplin der Schauspieler, bildete sie künstlerisch aus, mietete Unterkünfte an und zahlte feste Gehälter. Damit trug sie maßgeblich zur Anerkennung des Berufsstandes der Schauspieler bei, die bis dahin als ein sittenloses, unehrliches Gesindel galten. Unterstützt von dem Literaturprofessor und Aufklärer J. C. Gottsched, den sie 1724 kennen gelernt hatte, verbannte sie den "Hanswurst" sowie die bis dahin üblichen "Haupt- und Staatsaktionen" von der Bühne und ließ Dramen in deutscher Hochsprache aufführen. Im Gegensatz zum französischen Theater, das an Höfen gespielt wurde und viele Balletteinlagen hatte, führte Neuber ein bürgerliches Theater ein, in dem hauptsächlich Themen des Bürgertums behandelt wurden und regte damit zu einer der wichtigsten Reformen der deutschen Theatergeschichte an. Neuber trat auch selbst als Schauspielerin auf und schrieb zahlreiche Vorspiele und Dramen, von denen aber nur wenige erhalten sind.

Sie wird als scharfsinnig, ausdauernd, gewandt und kühn bis zur Verwegenheit beschrieben. Obwohl lebenslustig, achtete sie aber streng auf Moral in ihrer Truppe, Liebespaare mussten heiraten oder abgehen. Als Direktrice dieser Truppe zog sie die besten Talente an sich und wusste mit ihnen für die damalige Zeit Außerordentliches zu leisten.

1730 begann sie zusammen mit Johann Christoph Gottsched die Theaterreform mit vier aus dem Französischen übersetzten Dramen (Regulus, Cid, Cinna, Berenice) in Leipzig, es folgten Stücke von Destouches, Pierre Marivaux und Voltaire.

1734 verlor sie das Privileg auf einen festen Theaterbetrieb in Leipzig und ging wieder auf Tournee. Sie gab zahlreiche erfolgreiche Gastspiele im deutschen Sprachraum, z.B. in Hamburg, Frankfurt am Main und Straßburg. Zwischen 1734 und 1755 gastierte sie acht Mal in Dresden. Sie spielte anfangs im Gewandhaus auf dem Neumarkt „actiones comico- tragicas“, gegen 2, 4, 6 oder 8 Groschen Eintritt, je nachdem, ob die Zuschauer „dem Teatro entfernt oder nahe sein wollten“.

1737 spielte sie an fünf Abenden hintereinander im Jagdschloss Hubertusburg vor August III. 1740 folgte sie einem Ruf nach Petersburg, kehrte aber bereits 1741 enttäuscht nach Dresden und Leipzig zurück, überwarf sich mit Gottsched und sah sich 1743 gezwungen, ihre Gesellschaft erstmals aufzulösen.

1741 Darstellung Gottscheds als riesengroße Nachtgestalt mit Fledermausflügeln. Hans Moritz von Brühl unterstützte die Aufführung, weil er den besserwisserischen Gottsched nicht leiden konnte.

1743 Spottgedicht („Probe eines Heldengedichtes in 8 Büchern... Leben und Taten der weltberüchtigten und besten Komödiantin unserer Zeit... Friederica Carolina Neuberin“).

1748 Inszenierung von Lessings erstem Stück „Der junge Gelehrte“.

Nach 1740 durfte sie nicht mehr im Leipziger Gewandhaus auftreten, spielte nur noch in kleinen Gastwirtschaften. Auch nachdem sie ihre Gesellschaft 1744 neu organisiert hatte, musste sie 1750 in Zerbst wegen finanzieller Probleme abermals die Truppe auflösen und versuchte nun noch einmal 1753 ihr Glück als Schauspielerin in Wien, aber ohne Erfolg.

1759 starb Johann Neuber in Dresden. Durch das preußische Bombardement im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurde sie aus Dresden vertrieben, lebte in bitterer Armut bis zu ihrem Tode in Laubegast bei Dresden. Von der Bühne gänzlich zurückgezogen, starb sie 1760. Sie wurde ohne Trauerfeier bestattet. Kunstfreunde setzten ihr 1776 in Laubegast ein Denkmal.

Das Auftreten der „Neuberin“, einer energischen, fein gebildeten Frau, bildet den Hauptwendepunkt in der Geschichte der deutschen Schauspielkunst. Indem sie dem regelrechten Drama theatralisch zu seinem Recht verhalf, reformierte sie zugleich das Spiel, da Literatur und Theater keine Gegensätze mehr bildeten.

Als "Madame de Retti" im Roman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" setzte Goethe ihr ein literarisches Denkmal.

Gedenken

Literatur

  • Gisela Stockmann: Caroline Neuber. Reformatorin, In: Gisela Stockmann, Schritte aus dem Schatten. Frauen in Sachsen-Anhalt, Dingsda-Verlag Querfurt 1993, ISBN 3-928498-12-6
  • Petra Oelker: Die Neuberin. Die Lebensgeschichte der ersten großen deutschen Schauspielerin. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 2004. ISBN 3-499-23740-7
  • Friederike Caroline Neuber. Das Lebenswerk der Bühnenreformerin. Poetische Urkunden. 1. 2. Teil. Hrsg. von Bärbel Rudin und Marion Schulz. Neuberin-Museum Reichenbach i. V., 1997, 2002 = Schriften des Neuberin-Museums. 1 + 8. ISBN 3-932626-00-1; 3-932626-08-7.
  • Vernunft und Sinnlichkeit. Beiträge zur Theaterepoche der Neuberin. Ergebnisse der Fachtagung zum 300. Geburtstag der Friederike Caroline Neuber, 8.- 9. März 1997, Neuberin-Museum Reichenbach i. V. Hrsg. von Bärbel Rudin und Marion Schulz. Neuberin-Museum Reichenbach i. V., 1999 = Schriften des Neuberin-Museums. 2. ISBN 3-932626-03-6.

Weblinks


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