Historischer Postkurs

Historischer Postkurs
Postkurs Mecheln-Innsbruck, frei nach dem Stundenpass von 1506

Der Historische Postkurs war eine Rekonstruktion des ehemaligen Niederländischen Postkurses. Die Idee entstand 1988 anlässlich der Feier 500 Jahre Post im Jahr 1990.

Inhaltsverzeichnis

Rekonstruktion

Im Sommer 1988 bat der Postkutschenbesitzer Andreas Nemitz aus Pähl (Oberbayern) den Inhaber der PR-Agentur medien+kommunikation Harry P. Jost (Starnberg), ihm ein Konzept für eine historische Postkutschenreise zwischen Innsbruck (Österreich) und Mechelen (Belgien) zu entwickeln, die er dem damaligen Bundesministerium für Post und Telekommunikation anlässlich der bevorstehenden 500-Jahr-Feier (1990) anbieten wollte. Der Journalist Jost legte wenige Wochen später zusammen mit Nemitz diese Konzeption der dem Ministerium angegliederten Firma Detecon vor. Sie erhielten daraufhin den Auftrag, nicht nur die vorgeschlagene historische Postkutschenfahrt durchzuführen, sondern auch historisch getreu eine Winter- und eine Sommerpostreiterstafette zwischen Innsbruck und Mechelen auszuarbeiten und zu organisieren. Im Laufe der Recherchen und in Zusammenarbeit mit den Postverwaltungen in Deutschland, Österreich und Belgien wurde der Historische Postkurs entwickelt und von Jost und Nemitz hierzu eine GmbH gegründet. Für Deutschland entwickelte diese GmbH, die personell von der PR-Agentur bestückt wurde, auf Wunsch des Ministeriums zwei vier- bzw. fünfstrahlige Postkutschen-Sternfahrten, deren Ziel im Frühsommer die damalige Bundeshauptstadt Bonn und im Spätsommer Frankfurt am Main war. Über sämtliche Postämter bundesweit konnte man 1989 und 1990 Tagesreisen oder sogar komplette Sternfahrtstrecken mit den Kutschen, Übernachtungen und Vollpension buchen, die u. a. in Garmisch-Partenkirchen, Hof (Saale), Glücksburg, Saarbrücken und Berlin starteten. Die Gäste erhielten an den jeweiligen Startorten historische Kostüme und wurden von mehreren Maskenbildnerinnen geschminkt und mit Perücken oder Bärten versehen.

Der große Start der ersten Reiterstafette erfolgte in Innsbruck während einer TV-Live-Schaltung am 1. Januar 1990 um exakt 12 Uhr, wodurch der Beginn des traditionellen Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker verschoben werden musste. Nach dieser ersten, von ihm erfolgreich durchgeführten Großveranstaltung zog sich allerdings der Geschäftsführer Andreas Nemitz von der Firma zurück, nachdem sein Partner, Harry P. Jost, den Kostenumfang von ursprünglich ca. 2 Millionen DM auf schließlich 24 Millionen DM aufgeblasen hatte und überdies die fachliche Kompetenz des zu beauftragenden Krefelder Kutschenkontors ihm nicht ausreichend erschien. Jost führte fortan die Planung und Organisation mit seinem Team von rund 20 festen und über 60 freien Mitarbeitern alleine durch, wobei die hippologische Vorbereitung und Durchführung, an der bis zu sechzig Pferde und Postreiter sowie etliche Tierärzte beteiligt waren, in der Verantwortung von Barbara Rieser (Alzheim/Eifel), Mathematikerin und erfahrene Wanderreiterin, lag. Sie führte die Stafetten historisch korrekt im Sommer in 5,5 Tagen an ihr Ziel in Mechelen bzw. Innsbruck. In Mechelen sogar auf die Minute genau in eine Live-Sendung des belgischen Fernsehens und auf einen völlig überfüllten Platz mit über 5.000 Besuchern. Ein Chaos drohte, als im gleichen Moment, entgegen den vorherigen Absprachen, ein Feuerwerk gestartet wurde. Zum Glück ohne Folgen.

Nach der Sommerstafetten übernahm Frau Rieser als stellvertretende Einsatzleiterin auch die Mitverantwortung der Postkutschreisen, deren krönender Abschluss auf dem Frankfurter Römer stattfand, der ebenfalls mit mehreren Tausend Besuchern und einem historischen Markt so überfüllt war, dass die Postkutschen, die teilweise 12- und sogar 16-spännig vorfuhren, in der Menschenmenge stecken blieben. Die Ehrengäste, Postminister Christian Schwarz-Schilling und Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, mussten sich deshalb von ihrer Postkutsche aus durch die Menschenmenge zur Bühne zwängen, wo sie von dem Postkurs-Team erwartete wurden.

1991 wurde die Historische Postkurs GmbH wieder aufgelöst. Die bei den Stafettenritten angefertigten und auf den Pferden mitgeführten Stafettenzettel mit den Originalstempeln aller Wechselstationen gingen an die drei Postmuseen in Deutschland, Österreich und Belgien. Die Veranstaltungen des Historischen Postkurs verzeichneten insgesamt eine Berichterstattung von mehr als Hundertmillionen Auflage in den Printmedien und über zehn Stunden Sendezeit in Hörfunk und Fernsehen.

Philatelie

Bundesdeutsche und Berliner Marke mit dem Stempel aus Bonn

Das Jubiläum 500 Jahre Europäische Postverbindungen wurde auch in den beteiligen Ländern Belgien, Deutschland (Bundespost, Bundespost Berlin und DDR) und Österreich dazu benutzt um eine Gemeinschaftsbriefmarke auszugeben. Das Motiv war Der Kleine Postreiter nach einem Stich von Albrecht Dürer.

Weblinks

Literatur

  • Gottfried North: Das Jubiläum »500 Jahre Post«. Ereignisse und Planungen, in: Archiv für deutsche Postgeschichte 1/1990, S. 42–49.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Niederländischer Postkurs — Der Niederländische Postkurs war seit der Gründung unter König Maximilian I. im Jahre 1490 ein europäischer Hauptpostkurs und zugleich die erste dauerhaft betriebene Postlinie im Heiligen Römischen Reich. Die Route verlief über Alt und… …   Deutsch Wikipedia

  • Habsburger Post (1557-1597) — Dieser Artikel behandelt die Anfänge des organisierten europäischen Postwesens im HRR, nicht die Territorialpost der Österreichischen Habsburger. Diese wird im Artikel Österreichische Postgeschichte bis 1806 dargestellt. Postkurse 1563, nach dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Habsburger Post (1557–1597) — Postkurse 1563, nach dem Postreisebuch des Giovanni da l Herba In diesem Artikel über die länderübergreifende Habsburger Post von 1557 bis 1597 werden hauptsächlich die Schwierigkeiten auf dem Niederländischen Postkurs von Brüssel bis Italien… …   Deutsch Wikipedia

  • Kaiserliche Reichspost — Posthausschild Kaiserliche Reichspost mit Salvaguardia 1770 Die Kaiserliche Reichspost war das erste überregionale Postunternehmen im Heiligen Römischen Reich. Sie stützte sich auf ein Postregal Rudolfs II. und stand damit offiziell unter dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Kaiserliche Reichspost (1597-1648) — Posthausschild Kaiserliche Reichspost 1770 Die Geschichte der Kaiserlichen Reichspost ist eng mit dem Namen der Taxis, ab 1650 Thurn und Taxis, verbunden. Diese stellten die Generalpostmeister und waren somit die Betreiber. Die Zentrale war bis… …   Deutsch Wikipedia

  • Kaiserliche Reichspost (1597–1648) — Posthausschild Kaiserliche Reichspost 1770 Die Geschichte der Kaiserlichen Reichspost ist eng mit dem Namen der Taxis, ab 1650 Thurn und Taxis, verbunden. Diese stellten die Generalpostmeister und waren somit die Betreiber. Die Zentrale war bis… …   Deutsch Wikipedia

  • Gabriel von Taxis — Gabriel von Taxis, eigentlich Gabriel de Tassis, (* um 1480; † 31. März 1529 in Innsbruck) entstammte der italienischen Kurierfamilie der Taxis aus Camerata Cornello. Er war in der Zeit von 1505 bis 1529 Innsbrucker Postmeister unter Maximilian I …   Deutsch Wikipedia

  • Memmingen — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Frühbußer Pass — Die historischen Pässe über das Erzgebirge Postverbindungen über das Erzgebirge (1825) Erzgebirgspässe sind Übergänge und Durchlässe im Kamm des …   Deutsch Wikipedia

  • Graslitzer Pass — Die historischen Pässe über das Erzgebirge Postverbindungen über das Erzgebirge (1825) Erzgebirgspässe sind Übergänge und Durchlässe im Kamm des …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”