- Ishizuri-e
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Ishizuri-e (jap. 石折絵, dt. Steinabreibungsbild) ist eine besondere Art des japanischen Farb-, Holzschnitts, der eine Steinabreibung imitieren sollte.
Gelegentlich findet für Ishizuri-e auch der Begriff Takuhanga (拓版画, dt. Steinabreibungs-Druck) Anwendung. Dieser Begriff ist abgeleitet von Takuhon (拓本, dt. Steinabreibung), der wiederum auf den chinesischen Begriff Tàpiàn (拓片, dt. Steinabreibung) zurückgeht. In Japan wird für Drucke dieser Art auch der Begriff Mokutaku zuri-e (木拓折絵, dt. Holz-Steinabreibungsbild) verwendet.[1] Während der Edo-Zeit waren auch die Bezeichnungen Kuro-e (dt. Schwarzbilder) und Shironuki-e (dt. Weißlinienbilder) gebräuchlich.[2]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Technik
Steinabreibungen waren bereits im China der Han-Dynastie erfunden worden und mit buddhistischen Mönchen auch nach Japan gekommen. Zum Verkauf an Pilger wurden in den buddhistischen Klöstern Japans noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Abreibungen von in Stein gehauenen Reliefs der Heiligen und der beliebtesten Sutras angefertigt.
Hergestellt wurden Steinabreibungen sowohl als Positiv- als auch als Negativdruck. Für die Herstellung des Negativdrucks wurde auf die hochstehenden Teile des Reliefs Farbe aufgetragen, angefeuchtetes Papier über die eingefärbte Stelle gelegt und das Papier von hinten mit einem Ballen abgerieben. Der somit entstandene Druck zeigt das zu druckende Motiv in dunklen Linien auf dem hellen Hintergrund des Papiers.
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Shunshō, der General Guān Yǔ, um 1790, links Ishizuri-e, rechts als „Normaldruck“
Beim Positivdruck hingegen wurde das Papier auf die zu druckende Fläche gelegt und mit einem feuchten Ballen oder Pinsel von der Rückseite in die Vertiefungen des Reliefs hineingedrückt. Anschließend wurde das Papier mit einem in Farbe getauchten Ballen auf den nach oben abstehenden Flächen eingefärbt. Beim Trocknen wurde das Papier zugleich wieder geglättet und es entstand so ein Positivabdruck des abzubildenden Reliefs, der das Motiv in der hellen (weißen) Farbe des Papiers auf dunklen Hintergrund zeigte.
Dieser Effekt, helle Konturlinien auf dunklen Hintergrund, sollte durch die Ishizuri-e imitiert werden. In die hölzernen Druckplatten wurden zu diesem Zweck nur die Konturlinien des Motivs eingeschnitten, so dass sich diese nach dem Druck in der Farbe des Papiers vom eingefärbten Hintergrund abzeichneten. Für das Druckverfahren selbst war es einfacher, die Druckplatten als Negativ des zu druckenden Motivs zu schneiden und die Druckfarbe von der eingefärbten Druckplatte auf das Papier zu übertragen, als das Papier von er Rückseite in die Vertiefungen der Konturen einzutreiben, um die dann überstehenden Flächen einzufärben. F. Schwan erwähnt allerdings, dass Ishizuri-e auch auf diese Weise gedruckt wurden.[3]
Am häufigsten finden sich Ishizuri-e in schwarzer Farbe, aber auch andere Farben wurden verwendet wie Blau (ab ca. 1830 auch Preußischblau), Grün, Gelb und Rot. In seltenen Fällen finden sich auch Mehrfarbendrucke oder Drucke mit handkolorierten Flächen.
Künstler und Motive
Künstler, von denen Drucken in der Technik des Ishizuri-e bekannt sind, sind die Ukiyo-e-Künstler Nishimura Shigenaga, der wohl um 1750 als erster Ukiyo-e-Künstler Entwürfe für Drucke dieser Art anfertigte, sein Zeitgenosse Okumura Masannobu, Isoda Koryūsai, Katsukawa Shunshō, Katsushika Taito II. (ein Hokusai-Schüler) und Utagawa Hiroshige I., der sie in Einzelfällen auch zusammen mit seinem Schüler Hiroshige II. fertigte. Utagawa Kunisada und Utagawa Kuniyoshi haben gelegentlich Inhaltsverzeichnisse und Titelblätter von Serien in der Technik gestaltet.
Die Vertreter des Ukiyo-e verwendeten die Technik überwiegend, um Motive im chinesischen Stil darzustellen. Ihre Drucke zeigen zumeist chinesische Helden, wie z. B. den General Guān Yǔ aus der Erzählung Die Geschichte der Drei Reiche, Landschaften, Pflanzen- und Tierdarstellungen im chinesischen Stil und ebenso chinesische Hofdamen. Die Drucke selbst gehören nicht zum Genre des Ukiyo-e, sondern entstanden als Reaktion auf das Mitte/Ende des 18. Jahrhunderts neu aufkommende Interesse an chinesischer Kunst und Kultur in Japan.[4]
Der von der Kanō- und Rinpa-Schule beeinflusste Maler Itō Jakuchū verwendete die Technik des Ishizuri-e für eine Reihe beeindruckender Naturdarstellungen. Sein 1768 erschienenes Buch „Jadeblumen in geheimnisvollen Gärten“ enthält 55 Holzschnitte mit Pflanzen und Tieren, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder neu gedruckt worden waren.
Auch von Kikuchi Yōsai und einigen anderen Künstlern sind einzelne Ishizuri-e bekannt, die z. B. Szenen aus dem Chūshingura, Landschaften im japanischen Stil oder in der Meiji-Zeit aktuelle politische Ereignisse darstellen.
Aber auch schlichte Gebrauchsgrafik wie Kalender wurden als Ishizuri-e produziert.
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag auf JAANUS, Terminology of Japanese Architecture & Art (englisch), abgerufen am 10.November 2011
- ↑ Schwan, S. 126
- ↑ Schwan, S. 261
- ↑ Marks, S. 95
Literatur
- A. Marks und S. R. Quintanilla: Dreams and Diversions, Seattle, 2010, ISBN 978-0-937108-47-5
- Friedrich B. Schwan: Handbuch Japanischer Holzschnitt. Hintergründe, Techniken, Themen und Motive. Iudicium, München 2003, ISBN 3-89129-749-1
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