Aborigines-Botschaft

Aborigines-Botschaft
Zelt-Botschaft und Mount Ainslie
Zelt-Botschaft und das Old Parliament House

Die Zelt-Botschaft (Aboriginal Tent Embassy) ist ein politisch umstrittener, halb-provisorischer Zeltbau, der zuerst 1972 errichtet wurde und die Ansprüche der Aborigines auf ihre politischen Rechte verkörpern soll. Abgeleitet von diesem Zeltbau steht der Begriff für einen Teil der politischen Bewegung der Aborigines, die sich in der Zelt-Botschaft mit Aktivisten, Zeichen und Zelten auf dem Rasen des Old Parliament House in Canberra, der australischen Hauptstadt, manifestiert. Von der australischen Regierung wurde diese Botschaft nicht als offizielle Botschaft anerkannt; sie leitete jedoch den Wandel des offiziellen Australiens zu den Landrechten der Aborigines ein.[1]

Inhaltsverzeichnis

Themen

Die Zelt-Botschaft befasst sich mit der Unabhängigkeit der Aborigines. Die Forderungen beinhalten Landrechte und Minenrechte am Land der Aborigines, rechtliche und politische Kontrolle bestimmter geheiligter Stätten; Kompensation für Land, von dem sie sagen, dass es ihnen gestohlen worden sei. Diese Forderungen wurden von allen ehemaligen und gegenwärtigen Regierungen zurückgewiesen.

Das Zelt wurde auch als ein Ort genutzt, um gegen andere Themen zu protestieren, so zum Beispiel gegen den Uranabbau in Jabiluka im Northern Territory während der 1990er Jahre. Zur Zeit arbeiten Ältere wie Neville Williams von der Zelt-Botschaft für das traditionelle Land der Wiradjuri am Lake Cowal im Westen von New South Wales, um den Abbau von Gold zu verhindern.[2]

Diese Gruppe bezeichnet sich selber als eine Botschaft, die die vertriebenen Völker repräsentiert, dagegen erhebt die australische Regierung Einspruch.

Geschichte

Am Australia Day 1972 wurde die Zelt-Botschaft errichtet, um auf die Ablehnung des Native Title der Regierung unter McMahon aufmerksam zu machen und gegen den Vorschlag einer neuen Verpachtungsregel zu protestieren, die vorsah, dass Verpachtungen an Aborigines davon abhängig würden, ob sie die „Intention und Fähigkeit haben, vernünftige ökonomische und soziale Nutzung des Landes zu leisten“; außerdem sollten alle Rechte ausgeschlossen werden, die sie bis dahin an Land mit Mineralien und Wäldern hatten.

Die Zelt-Botschaft besteht seither mit Unterbrechungen, seit 1992 kontinuierlich. Einige der Persönlichkeiten, die an der Errichtung beteiligt waren, sind: Gary Foley, Chicka Dixon, Pearl Gibbs und Paul Coe.

Im Februar 1972 präsentierte die Zelt-Botschaft eine Liste von Forderungen:

  • Kontrolle des Northern Territory als einen eigenen Staat innerhalb des Commonwealth of Australia; das Parlament im Northern Territory hauptsächlich besetzt von Aborigines sowie einem gesicherten Rechtsanspruch am Land
  • Rechtsanspruch und Minenrechte in allen Reservaten und Aborigine-Siedlungen in Australien
  • Erhaltung aller geheiligter Stellen der Aborigines in Australien
  • Rechtsanspruch und Minenrechte an Aborigine-Gebieten in und um die Landeshauptstädte
  • Kompensationszahlungen für Land, das nicht zurückgegeben werden kann: Zahlung von 6 Milliarden australischen Dollars und ein jährlicher prozentualer Anteil am Bruttosozialprodukt.

Die Forderungen wurden zurückgewiesen und im Juli 1972 rückte die Polizei an, entfernte die Zelte und verhaftete acht Personen.

Im Oktober 1973 führten 70 protestierende Aborigines ein Sit-in auf den Stufen des Old Parliament House durch und bauten die Zelt-Botschaft wieder auf. Das Sit-in wurde beendet, als der Premier Minister Gough Whitlam einwilligte, sich mit den Protestierenden zu treffen. Im Februar 1975 verhandelte der Aktivist Charles Perkins eine zeitweilige Entfernung der Botschaft mit der Regierung im Falle eines Zugeständnisses der australischen Regierung bezüglich der Landrechte. Im März 1976 wurde die Botschaft der Aborigines in einem Haus im Vorort Red Hill eingerichtet, aber 1977 wieder geschlossen. Für eine kurze Zeit wurde die Botschaft als „National Aboriginal Government“ auf dem Capital Hill, der Stelle des zukünftigen neuen Parliament Houses errichtet. Am 20. Jahrestag seit ihrer Gründung wurde die Zelt-Botschaft auf dem Rasen des Old Parliament House aufgebaut. Obwohl sie eine andauernde Quelle der Kontroverse blieb und es viele Rufe nach ihrer Entfernung gab, besteht sie auf dieser Stelle seither.

Abgesehen vom politischen Druck war die Zelt-Botschaft auch mehreren gewaltsamen Attacken ausgesetzt; so wurde sie mehrere Male mit Molotow-Cocktails beworfen. Es gab eine Reihe von Brandanschlägen, wovon der zerstörerischste im Juni 2003 den Verlust eines Containers zur Folge hatte, in dem sich das Archiv der Zelt-Botschaft der vergangenen 31 Jahre befand.[3]

Trotz der Auseinandersetzungen wurde die Zelt-Botschaft 1995 beim Natural Heritage Trust als einzige Stelle gelistet, die Aborigines und Torres Strait Insulaner in ihrem politischen Kampf repräsentiert.[4]

Als die Olympischen Sommerspiele 2000 in Sydney stattfanden, errichteten Aborigines eine zweite Zelt-Botschaft auf dem Boden der Spiele. Zeitweise gab es in den letzten Jahren auch eine Zelt-Botschaft in Victoria Park in Sydney.

Ein Symbol der Zelt-Botschaft ist das sogenannte heilige Feuer, das Frieden, Gerechtigkeit und Souveränität repräsentiert. Das heilige Feuer brennt seit 1998.

Zelt-Botschaft in der Kunst

Vierzehn Jahre nach der Errichtung der Zelt-Botschaft, im Jahre 1986, malte Robert Campbell Junior das Bild Aboriginal Embassy mit durchsichtig nackten Figuren mit einer erkennbaren Speiseröhre, die die Sichtweise der Aborigines von den Weißen mit ihrer Interessenslage symbolisiert. Er brachte damit mit Nachdruck zum Ausdruck, dass die Aborigines enteignet wurden und dass ihnen die Rechte an ihrem eigenen Land vorenthalten werden.[5] Dieses und andere seiner Werke fanden im Jahre 1987 größere Beachtung, weil er sehr deutlich kritisch auf die herrschende Rassentrennung und die Sichtweise der Aborigines über die Weißen anspielte.

Zukunft der Zelt-Botschaft

Im August 2005 kündigte die Bundesregierung an, die Zelt-Botschaft zu überprüfen. Sie berieten sich mit den Gemeinschaften der Aborigines in ganz Australien, um herauszufinden, welche Form die Botschaft in Zukunft haben solle.[6] Der Vorsitzende der Gruppe „Mutual Mediations“ war Minister Jim Lloyd, andere Mitglieder waren Ältere der Aborigines von ganz Australien. Professionelle Mediatoren wie Callum Campbell und Tom Stodulka wurden mit einbezogen, um im Prozess Ansichten zum Thema zu erhalten, zu fördern und indigene wie auch nicht-indigene Australier zu beraten. Im Dezember 2005 veröffentlichte Jim Lloyd eine Pressemitteilung; demnach wird in der Botschaft niemand wohnen und das Zelt durch eine dauerhafte Struktur ersetzt werden. Ein Zeichen No Camping wurde errichtet, und der Minister Lloyd sagte zu, dass keine Bewohner gegen ihren Willen entfernt würden.

Die Botschaft besteht weiterhin. Von dort aus wird das alljährliche Corroboree for Sovereignty, das seinen Ursprung in einem traditionellen Treffen der Aborigines im Nordwesten Australiens hat, geplant. Es findet am Australia Day am 26. Januar statt, ein Tag, der unter Aborigines auch „Invasion Day“ oder „Survival Day“ genannt wird.

Einzelnachweise

  1. Willy Caruana: Die Kunst der Aborigines (deutsche Ausgabe). S. 198. Thames & Hudson, London 1999. ISBN 0500 950 512
  2. Tent Embassy article by Uncle Neville Williams in Canberra Times
  3. ABC-Reportage
  4. Natural Heritage Trust
  5. Willy Caruana: Die Kunst der Aborigines. S. 198
  6. Presseerklärung der Regierung

Weblinks


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