Milchname

Milchname

Der Milchname 乳名 ru4ming2 oder 小名 xiao3ming2 auch Kindheitsname, Kinderkosename ist ein vorläufiger persönlicher Name, der unter anderem in China dem Baby nach der Geburt im Kreise der Familie gegeben wird. Dies geschieht oft, weil die Eltern noch keinen offiziellen Namen gewählt haben. Er wird gewechselt sobald das Überleben des Kindes wahrscheinlich ist[1].

Inhaltsverzeichnis

Namensgebung

Erscheinungsform

Richard Wilhelm (Die Seele Chinas, 1926) schreibt:

(…) Ein besonderer Tag ist der hundertste Tag nach der Geburt des Kindes, der ungefähr unserem Tauftag entspricht. Von Bekannten und Verwandten kommen Geschenke an. Armspangen, Glöckchen, Halsringe mit Schlössern, auf denen gute Wünsche eingraviert sind, die das Kind an das Leben anschließen sollen, werden überreicht. Meist sind die Sachen aus Silber und vergoldet. Es sind Gaben, die ungefähr den Patengeschenken in Europa entsprechen. Der Knabe wird auf einen Tisch gesetzt, auf dem Bücher und Schwerter, Beamtenabzeichen und Geld liegen. Er wählt seinen künftigen Beruf durch das Ding, das er zuerst ergreift. Den Mädchen breitet man Schere und Elle, Puder und Schminke, Diademe und Geld aus. Sie werden entweder gute Hausfrauen oder gefeierte Schönheiten oder haben das Glück, einen vornehmen oder reichen Mann zu bekommen. Zu dieser Zeit bekommen die Kinder ihren Milchnamen, der meist recht unscheinbar ist, um die Dämonen nicht aufmerksam zu machen. So werden Knaben etwa »kleines Mädchen« genannt, oder der Name richtet sich nach irgendeinem Ding, das in der Nähe ist oder zufällig erblickt wird. Erst beim Eintritt in die Schule wird der richtige Rufname erteilt. (…) Richard Wilhelm: Das Gewebe des Lebens. In: Die Seele Chinas. 1926, abgerufen am 7. November 2010 (deutsch).

Ursachen

Die schlechten Lebensbedingungen der Alten sowie eine hohe Sterberate der Babys, lässt die Eltern alle Hoffnung in die Kleinen setzen und sie mit Kosenamen von z.B. Tieren belegen, in der Hoffnung, dass die Kinder gesund aufwachsen. Viele Spitznamen sind Ausdruck der elterlichen Zuneigung, die sich dann im Kosenamen widerspiegelt. Viele haben als Spitznamen verdoppelte Silben oder mehrere Silben: 寶寶 bǎobǎo ("Baby"),貝貝 bèibei ("Babe"), 小寶貝 xiǎobǎobèi "Schätzchen") usw.

Die Namensgebung spiegelt die Beobachtung wieder, daß das menschliche Leben in unterschiedlichen Phasen erscheint. Hieraus ergeben sich Anhaltspunkte für den Anspruch des Einzelnen auf persönliche Hochachtung, nicht aber auf den ethischen Status der menschlichen Existenz zu einem bestimmten Zeitpunkt.[2]

Analyse

Für Max Weber steht die Vergabe eines Milchnamens in größerem - religionssoziologischen - Zusammenhang, der aber heute in den Hintergrund getreten ist (ähnlich wie die Konfirmation). Er gehört somit zu den Wiedergeburtsriten (Wecken und Erproben des Charismas einer Person) aus früherer Zeit, an deren Stelle heutzutage die Facherziehung getreten ist (praktische Brauchbarkeit der Zöglinge und Abrichtung derselben für Verwaltungszwecke „im Betrieb einer Behörde, eines Kontors, einer Werkstatt, eines wissenschaftlichen oder industriellen Laboratoriums, eines disziplinierten Heeres" und/oder die Kultivationspädagogik, die einen „je nach dem Kulturideal der maßgebenden Schicht verschieden gearteten, »Kulturmenschen«, das heißt hier: einen Menschen von bestimmter innerer und äußerer Lebensführung, erziehen (will).[3]

„Hier kommt es auf die Stellung der chinesischen Erziehung innerhalb dieser Formen an. Die Reste der urwüchsig charismatischen Wiedergeburts-Erziehung; der Milchname, die (früher kurz erörterte) Jünglingsweihe, der Namenswechsel des Bräutigams usw. waren längst zur Formel (nach Art unserer Konfirmation) geworden neben der von der politischen Gewalt monopolisierten Prüfung der Bildungsqualifikation. Diese aber war, wenn man auf die Bildungsmittel sieht, eine »Kultur«-Qualifikation im Sinne einer allgemeinen Bildung, von einer ähnlichen, aber noch spezifischeren Art, als etwa die überkommene okzidentale humanistische Bildungsqualifikation, welche bei uns, bis vor kurzem fast ausschließlich, den Eintritt in die Laufbahn zu den mit Befehlsgewalt in der bürgerlichen und militärischen Verwaltung ausgerüsteten Aemtern vermittelte und die dazu heranzuschulenden Zöglinge zugleich auch als sozial zum Stande der »Gebildeten« gehörig abstempelte. Nur ist bei uns – darin liegt der sehr wichtige Unterschied des Okzidents gegen China – neben und zum Teil an Stelle dieser ständischen Bildungsqualifikation die rationale Fachabrichtung getreten.“

– Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Vergleichende religionssoziologische Versuche

Aussprache

Reduplikation

  • Hochchinesisch (Mandarin)
1. Normaler Ton + nicht markierer Ton (Die Dauer des Tones liegt im normalen Bereich.)
Bei einigen Dialekten ist das zweite Wort geändert, zum Beispiel wird im Kantonesischen das zweite Wort geändert (wenn im 2. Ton (阳平yángpíng) wird dieser zum 3. Ton (上声shǎngshēng).
2. Der Name selbst wird normal gesprochen, aber die Aussprache eines Wortes nach der Verdopplung wird gedehnt und hervorgehoben.

Einzelnachweise

  1. Ole Döring: Zwischen moralischem Rubikon und rechtlichem Limes: Chinas bioethisches Selbstverständnis nimmt Gestalt an (erschienen in China aktuell 7/04 (Juli 2004): 750-761, Kap. 5.4.1
  2. Ole Döring: Der menschliche Embryo in China: im Spannungsfeld zwischen Forschungsmaterial, Fürsorge und Charakterfrage, Bochum, Abschnitt 4 Exkurs zur Begründung von Schutzwürdigkeit (stark bearbeitete Fassung des Aufsatzes „Bioethische und politische Aspekte der Stammzellforschung in China“, in Wolfgang Bender / Christine Hauskeller /Alexandra Manzei (Hg.), Grenzüberschreitungen. Kulturelle, religiöse und politische Differenzen im Kontext der Stammzellforschung; Münster: Agenda Verlag 2004)
  3. Max Weber: Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen. Vergleichende religionssoziologische Versuche. In: Schriften zur Religionssoziologie. 1986, abgerufen am 7. November 2010 (deutsch).
  • 南宋 陳思著:《 小字錄 》 Nan Song Chen Si: " Kleingedruckter Katalog "

Weblinks

Siehe auch


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