Richilde (Hennegau)

Richilde (Hennegau)

Richilde († 15. März 1087 in Messines) war eine Gräfin des Hennegau und Regentin von Flandern. Ihre familiäre Herkunft ist unbekannt.

Richilde war die Ehefrau des Grafen Hermann von Hennegau, der um 1051 starb und sie mit dem unmündigen Sohn Roger in der Herrschaft über den Hennegau zurückließ. Um diese zu sichern heiratete sie noch im selben Jahr Balduin den Guten, den Erbsohn des mächtigen Grafen von Flandern, für den sie ihren Sohn verdrängte um sie ihn zum neuen Grafen des Hennegau zu machen. Ihr übergangener Sohn Roger wurde später Bischof von Chalons.

Im Jahr 1067 wurde Balduin auch Graf von Flandern, starb aber schon 1070. Richilde übernahm somit die Regentschaft für ihren ältesten aber noch unmündigen Sohn Arnulf III./I., was unter den flämischen Vasallen aber zu Unstimmigkeiten führte, die ihr Schwager Robert der Friese, der bisher in Holland herrschte, ausnutzte und in Flandern einfiel. Zwar wurde Robert bald gefangen genommen, doch um die gleiche Zeit fiel auch Richilde in die Gefangenschaft dessen Anhänger. Nachdem beide in einem Tausch frei gelassen wurden, erbat Richilde erfolgreich bei König Philipp I. von Frankreich, dem Oberlehnsherr Flandersn, um militärische Unterstützung. Auch ihre Schwägerin Mathilde leistete ihr Beihilfe, wenngleich aus der Normandie nur zehn Ritter unter der Führung des William FitzOsbern nach Flandern zogen. Der König von Frankreich vermittelte sogleich die Heirat Richildes mit William FitzOsbern, der so als Beschützer für ihre Söhne gewonnen werden sollte. Aber in der entscheidenden Schlacht von Cassel am 22. Februar 1071 wurden Richildes Truppen vernichtend geschlagen. Ihr ältester Sohn wie auch ihr dritter Ehemann wurden im Kampf getötet.

Richilde floh nach der Schlacht mit ihrem zweiten Sohn, Balduin II., in ihren heimatlichen Hennegau. Chancen auf eine etwaige Rückgewinnung Flanderns zerschlugen sich schnell, nachdem der siegreiche Robert der Friese von König Philipp I. als Graf Flanderns anerkannt wurde. Um den Hennegau für ihren Sohn zu bewahren verkaufte Richilde im April 1071 in Fosses die Grafschaft mit der Zustimmung Kaiser Heinrichs IV., dem Oberlehnsherrn des Hennegau, an den Bischof von Lüttich. Dieser vergab den Hennegau an Herzog Gottfried den Buckligen von Niederlothringen weiter, von dem wiederum Richilde zum Lehen nahm. Nachdem der Herzog 1076 einem Attentat Roberts des Friesen zum Opfer gefallen war, wurde der Hennegau ein direktes Lehen des Bischofs von Lüttich.

Richilde zog sich in ihren letzten Jahren in die Abtei von Messines zurück, wo sie auch starb.

Literatur

  • W. Mohr: Richilde vom Hennegau und Robert der Friese: Thesen zu einer Neubewertung der Quellen, in: Revue belge de philosophie et d’histoire lviii (1980), S. 265-292

Weblink


Vorgänger Amt Nachfolger
Hermann Gräfin von Hennegau
1051–1070 mit Balduin I. den Guten
1070–1071 mit Arnulf I. dem Unglücklichen
1071–1087 mit Balduin II.

1051–1087
Balduin II.

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